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Samstag, 2. März 2019

»Der Scherz« von Milan Kundera


Milan Kundera

1967 veröffentlichte er seinen ersten Roman »Der Scherz«. In diesem Roman zeichnet er ein sehr drastisches Bild, was der Sozialismus Anfang der 1950er Jahre in seinem Land angerichtet hat.

Ein naiver Student schickt in der kommunistischen Welt seiner Freundin in Postkarte, weil er sie durch Kessheit beeindrucken möchte. Dieser bringt dabei folgendes zu Papier:

"Optimismus ist das Opium der Menschheit.
Ein gesunder Geist trieft nach Dummheit. Es lebe Trotzki!"

Die Partei begreift all dies und nimmt den Scherz des Studenten todernst. Der naive Student wird zum Verhör zitiert, gemaßregelt und anschließend aus seiner Lebensbahn geworfen. Der Kommunismus, indem er nicht zu Scherzen aufgelegt ist, erweist sich als humorlos.

Die tiefere Botschaft bzw. Moral lautet: In einer Welt, in der das Lachen verboten ist, gibt es auch keine Freude unter den Menschen.

Fanatiker und totalitäre Menschen sind immer humorlos. In ihrer Welt ist das Lachen verboten und es darf daher nicht gelacht werden. Dies erinnert sehr stark an Umberto Ecos Roman »Der Name der Rose«, wo religöse Fanatiker die Bibliothek und schließlich die ganze Abtei wegen eines geheimen Buch des Aristoteles in Brand setzen.

Literatur:

Der Scherz
Der Scherz
von Milan Kundera

Donnerstag, 1. November 2018

»Die Unsterblichkeit« von Milan Kundera

Die Unsterblichkeit
Die Unsterblichkeit

»Die Unsterblichkeit« ist ein 1988 erschiener Roman von Milan Kundera. Der Roman besteht aus sieben Teilen, ist in Episodentechnik geschrieben und appetitlich wie eine Menuefolge konzipiert.

"Wer heute noch so verrückt ist, Romane zu schreiben, sollte wenigstens darauf achten, dass der Inhalt nicht nacherzählbar ist. Ein Roman ist schließlich kein Fahrradrennen mit Start und Ziel, er gleicht vielmehr einem Menü aus mehreren Gängen.", erklärt Milan Kundera seinem Freund Prof. Avenarius, um ihm die ungewöhnliche Struktur seines entstehenden Romans zu verdeutlichen.

Damit hat er gleichfalls den Duktus des Buches umrissen. Dessen Inhalt ist wahrhaftig schwer nacherzählbar und zum Verständnis der wunderbaren Zeilen aus der Feder des tschechischen Schriftstellers, der seit 1975 in Frankreich lebt, auch gar nicht wichtig. Kundera selbst legt die Begründung in seinen zweiten Satz. Denn wer muss und will schon die exakte Zubereitung, die detaillierten Zutaten einer genussvollen Speisenfolge kennen. Als solche zumindest kann man Milan Kunderas Werk ohne Zweifel bezeichnen. "Die Unsterblichkeit" ist ein vorzüglich "konfektioniertes", mit feinsten Ingredienzien veredeltes und perfekt angerichtetes Menü in sieben Gängen (Kapiteln).


Ein Roman soll kein Radrennen sein, sondern ein Festmahl mit vielen Gängen.

Schon die "Vorspeise" (erstes Kapitel) zeichnet sich als kleine Delikatesse aus. Kundera platziert sich selbst in einen mondänen Pariser Fitness-Club, wo er eine etwa sechzigjährige Dame beim Schwimmunterricht beobachtet. Beim Abschied von ihrem jungen Lehrer fasziniert ihn eine graziöse Handbewegung der reifen Frau, die beinahe losgelöst von ihrem nicht mehr jugendlichen Körper im Raum stehen bleibt ("Mit einem bestimmten Teil unseres Wesens leben wir außerhalb der Zeit. Vielleicht wird uns unser Alter überhaupt nur in außergewöhnlichen Momenten bewusst, und wir leben die meiste Zeit alterslos.").

Seine Protagonistin nennt er Agnes - eine Mittvierzigerin. In den folgenden zwei Jahren kreiert er häppchenweise seine "delikate Speisenfolge" - ihr familiäres Umfeld - um sie herum. Das sind zum einen ihr Mann Paul, ihre Tochter Brigitte, die so ungleiche Schwester Laura und deren Lebensgefährte sowie ihren bereits verstorbenen Vater.

Dabei scheinen einige Zwischengänge "geschmacklich" aus der Menüfolge auszubrechen. Neue Episoden werden scheinbar losgelöst eingeflochten So begegnet der Leser in einem Kapitel Goethe und Hemingway im Jenseits, die sich u. a. über Bettina von Arnim unterhalten oder er wird mit den scheinbar völlig losgelösten erotischen Abenteuern eines Mannes mit Namen Rubens konfrontiert.
Doch der Schein trügt. Alles ist wohlüberlegt, die Grundkomposition bleibt stets bewahrt. Der sogenannte rote Faden - Gibt es eine Unsterblichkeit der Seele? Falls nicht, wenigstens die Erinnerung an eine Seele in der Nachwelt? - durchzieht latent metaphorisch die gesamte Romanstruktur.

Kundera verwebt die Rahmenhandlung (der Ich-Erzähler Milan Kundera erfindet, konzipiert und vollendet seinen Roman "Die Unsterblichkeit") virtuos mit einer Binnenhandlung (Agnes und ihr direktes Umfeld). Von Zeit zu Zeit interagieren beide und beeinflussen sich gegenseitig. Fiktion und Realität interferieren kontrapunktisch, "wie wenn zwei Melodien in einer Komposition verbunden werden". Diese raffiniert verknüpften Handlungsstränge variiert er zusätzlich mit kunstvoll eingestreuten Rückblenden, Vergleichen und "poetische Zufällen" und setzt damit eine delikate, in sich absolut stimmige "Speisenfolge" zusammen, der ein lang anhaltender "Abgang" - um einen Begriff aus der Degustation zu verwenden - beschienen ist.

Mit dem "Dessert" erhalten letztendlich alle Personen ihre wohldosierte Bestimmung oder besser: tragen zur vollendeten Würze bei. Kunderas wunderbares Kaleidoskop findet seine genussvolle Gesamtvollendung.

Aber auch nach dem Zusammenschluss der einzelnen Episoden war es nie so unwichtig, über die Handlung eines Romans zu diskutieren. Jedes Kapitel ist ein Amüsement seiner selbst. Der Autor philosophiert auf genussvolle Art und Weise über die Grundstruktur des Menschseins: mal melancholisch, dann wieder durchzogen von einer schwebenden Leichtigkeit, mal ironisch oder von Zeit zu Zeit mit einer Spur Bitterkeit. Kundera spricht Themen wie Liebe, Ehe, die Bedeutung von Gesten, Körper, Geist, das Sein und die Originalität des Ichs eines Menschen, Schicksal, Tod, Trauer und Glück, Hässlichkeit und Schönheit, gemeinsames Erleben und Alleinsein, ja, die Grenzen der Welt an sich an.

Milan Kunderas Roman offenbart sich als "eine wahre Brandung von Musik": ein Buch, das philosophisch über die Grundessenzen des menschlichen Lebens nachdenkt, in die Ferne jenseits von Raum und Zeit lockt und eine unbestimmte, grenzenlose Sehnsucht verspüren lässt und alle Sinne des Lesers gefangen nimmt.

Milan Kundera hatin seinem Buch »Die Unsterblichkeit« einzelne Erzählungen zu einem Roman verdichtet. Er schreibt in dIesen Geschichten auch über sich selbst. Daneben geht es auch um einen Paul, der zwei Frauen liebt und um eine Laura, die mit Bernard nicht glücklich werden kann und um eine Dame im Schwimmbad mit einer unsterblichen Geste.

Im Literaturhimmel schwadronieren derweil Hemingway und Goethe über Ruhm und Ehre. Das ist alles ganz wunderbar, was Milan Kundera da geschrieben hat. Der Autor sinniert über Leben und Tod und über Gott und die Welt. Er tut dies mit viel Ironie und Melancholie. Der Roman ist ebenso schlicht wie grandios und sehr gescheit, mit einem Wort: meisterhaft.

Literatur:

Die Unsterblichkeit
Die Unsterblichkeit
von Milan Kundera

Samstag, 18. August 2018

»Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins« von Milan Kundera

Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins


»Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins« von Milan Kundera ist 1984 knapp zehn Jahre nach seiner Emigration nach Frankreich erschienen - der Roman Kunderas, der zum Welterfolg wurde. Seit Veröffentlichung jenes Romans gilt Kundera als der international bekannteste tschechisch schreibende Autor seit Jaroslav Hasek.

Der essayistische Roman erzählt eine verschlungene Liebesgeschichte, welche mit unterschiedlichen Konstellationen von Liebespaaren in Prag, Genf und in der böhmischen Provinz spielt.

Der Roman ist eine Geschichte über unterschiedliche Lebensentwürfe. Die Geschichte von Tomas, dem Chirurgen, Teresa, der Serviererin, Sabina, der Malerin und den anderen ist nicht gerade umwerfend, aber sie passt sehr gut in die 80er Jahre. Sie hat etwas von französischem Lebensgefühl der Leichtigkeit des Seins - oder dem, was in Filmen von Sautet oder Lelouche dargestellt wird.

Der komplizierte, nachdenkliche Chirurg, der seinen Beruf fast mehr liebt als die Frauen, diese aber sehr und sehr zahlreich. Über seinen guten Frauengeschmack hinaus ist der Held nicht nur beruflich sondern auch politisch engagiert. Er verdirbt es sich mit dem kommunistischen Regime und muss emigrieren. Als Widerpart zum unsteten, polygamen, was auch immer suchenden Mann, betritt Teresa, die geerdete, mütterliche und stete auf den Plan. Tomas und Teresa bleiben einander, durch viele Widerstände und Umwege bis zur Idylle im ländlichen Exil, zurück in der Tschechoslowakei. Am Ende stirbt Teresas liebes Tier, der Hund Karenin. Seine Schilderung, so ergreifend, dass sie jedem Hundefreund die Tränen in die Augen treiben muss.


Die Geschichte endet tragisch, denn Tomas und Teresa sterben bei einem Lastwagenunfall. Der Autor hält es wohl mit Friedrich Dürrenmatt: "Eine Geschichte ist erst dann zu Ende erzählt, wenn sie die schlimmstmögliche Wendung genommen hat."

Prager Invasion 1968

Der Prager Frühling und der Einmarsch der Sowjettruppen im August 1968 bilden die Kulisse der Romans. Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings geht ein Risss durch die Gesellschaft und durch die Biografien der Figuren des Romans. Viele Tschechen verlassen das okkupierte Land und gehen in die Emigration.

Diese letzten Endes trotz des politischen Hintergrundes banale Geschichte zweier Menschen ist in typisch Kunderascher Weise hoch aufgeladen mit philosophisch-essayistischen Passagen. Er nimmt sich die Freiheit, die klassische auktoriale Erzählweise zu potenzieren und Charakter und Verhalten seiner Protagonisten zu kommentieren und als Autor in Erscheinung zu treten.


Was auch passiert im Laufe des Romans, Kundera nimmt Momente der Erzählung zum willkommenen Anlass, Exkurse in die Philosophie und Psychologie zu unternehmen, Mythisches und Archaisches zu assoziieren. Dieses Querdenken und Räsonieren des großen Musil-Verehrers ist Kunderas Markenzeichen geworden. Über Qualität und Funktion dieser ausgeprägten Essayistik kann man geteilter Meinung sein. Ein Sache ist, ob sie dem Fluß der Erzählung gut tut, die andere, wie überzeugend und schlüssig sie ist. Manchmal möchte man dem Autor empfehlen, noch einmal über einen Gedankengang nachzudenken.

Es ist ein selbstverständlicher, geläufiger, fast musikalischer Stil. Er wirkt präzise, gleichzeitig intellektuell und scheut den Tiefsinn nicht. Manchmal drängt sich der Verdacht auf, dass es sich um Pseudotiefsinn handelt. Da liegt schon der besonderen Reiz des Romans. Er betonte stets: »Es ist das Werk, das zählt. Vergeßt den Autor!«



Literatur:

Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins
Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins
von Milan Kundera

Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins
Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins
von Milan Kundera




Weblink:

Prager Frühling - www.planet-wissen.de

Mittwoch, 22. April 2015

»Das Fest der Bedeutungslosigkeit« von Milan Kundera

Kann man die Bedeutungslosigkeit seiner Existenz auch feiern? - Milan Kundera sagt »Ja«. Milan Kundera hat seine Leser 15 Jahre auf seinen neuen Roman warten lassen. »Das Fest der Bedeutungslosigkeit« lautet der neue Roman von Milan Kundera, ein altersmildes Werk voller Rückschau auf sein Leben. Wie so häufig, hat er ein philosophisches Thema als Grundlage für seinen Roman gewählt.

»Das Fest der Bedeutungslosigkeit« von Milan Kundera ist ein Roman über die ernstesten Fragen der menschlichen Existenz – komisch, humorvoll und ironisch und immer wieder mit philosophischen Anklängen.

Vier Männer streifen durch Paris, besuchen ein elegantes Fest, beobachten die erotischen Strategien ihrer Mitmenschen. Alain entwickelt komplizierte Theorien über die Lust der jungen Mädchen, den Bauchnabel zu zeigen. Ramon würde endlich gern die Chagall-Ausstellung besuchen. Charles erläutert Stalins Witze, bei denen niemals jemand lachte.

Und Caliban, der Schauspieler ohne Rollen, erfindet eine eigene Sprache, über die nur er sich kaputtlachen kann – bis das junge portugiesische Hausmädchen ihn versteht. Mit seinem ersten Roman nach vierzehn Jahren hat Milan Kundera das Porträt einer Epoche gezeichnet, die komisch ist, weil sie ihren Humor verloren hat.




"Die Bedeutungslosigkeit ist
die Essenz der Existenz."





Ist es etwa die Bedeutungslosigkeit des Alters, die Kundera hier meisterhaft literarisch auszuformen versucht? - Kundera liefert die Erklärung gleich mit: „Die Bedeutungslosigkeit“, erklärt Ramon, „ist die Essenz der Existenz. Sie ist überall und immer bei uns. Sie ist sogar dort gegenwärtig, wo niemand sie sehen will: in den Greueln, in den blutigen Kämpfen, im schlimmen Unglück.

Das erfordert oft Mut, sie unter so dramatischen Umständen zu erkennen und bei ihrem Namen zu nennen. Aber es geht nicht nur darum, sie zu erkennen, man muss sie lieben, die Bedeutungslosigkeit, man muss lernen, sie zu lieben.“

Der Roman ist eine abgeschmackte Männerphantasie. Beim Lesen der Lektüre stellt sich die Frage: Was soll man bloss anfangen mit diesem lockeren Geplaudere, jener Herren die sich in Konversationen, Cocktailparties und Erinnerungen verlieren. Und was soll bloss dieser ganze Quatsch von entblößten Nabeln, wie bei jungen Mädchen heutzutage zu finden sind?

Es lässt sich kaum vermeiden, dass ein Autor immer an seinem besten Werk gemessen wird. Zumindest weckt die Lektüre von »Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins« Erwartungen, welche »Das Fest der Bedeutungslosigkeit« nicht einlösen konnte. Allerdings schreibt Milan Kundera auf einem so hohen Niveau, dass auch sein neustes Werk offenbar vielen gefällt.

Literatur:

Das Fest der Bedeutungslosigkeit
Das Fest der Bedeutungslosigkeit
von Milan Kundera

Rezension Empfehlung:

Rezension
Das Fest der Bedeutungslosigkeit
- Rezension







Samstag, 7. März 2015

»Das Fest der Bedeutungslosigkeit« von Milan Kundera

Das Fest der Bedeutungslosigkeit
Das Fest der Bedeutungslosigkeit

»Das Fest der Bedeutungslosigkeit« lautet der neue Roman von Milan Kundera, ein altersmildes Werk voller Rückschau auf sein Leben. Nach seinem Bestseller »Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins« nun also die "erträgliche Leichtigkeit des Seins" - quasi als literarisches Gegenstück.

Mit seinem ersten Roman nach vierzehn Jahren hat Milan Kundera das Porträt einer Epoche gezeichnet, die komisch ist, weil sie ihren Humor verloren hat, um dem Leben eine philosophische Note zu verleihen - die bedeutungslose Seite des Seins.

Nach 14 Jahren schriftstellerischer Abstinenz hat der in Paris lebende Tscheche Milan Kundera wieder zur Feder gegriffen. Im hohen Alter scheint es ihm um etwas zu gehen, was die Vergangenheit mit der Gegenwart zusammenfasst sowie erträglich machen soll. Denn in allem sollte Humor stecken. Es ist nichts anderes, wenn man dieses Alterswerk liest, als ein Rückblick auf die humorlose Zeit, die dann nur noch mit der Hegelschen unendlichen Wohlgemutheit zu betrachten ist.

Aus diesem Grunde lässt er vier ältere Herren durch Paris ziehen. An Orte, die wechseln wie die Phantasie es möchte. Sie treffen auf Menschen, die in ihrer Schönheit berauschen, die alte Phantasien mit Witz bereichern, die in der Vorstellung von Erotik und Sex die Unendlichkeit langer Beine huldigen und letztendlich über die Mode des freien Bauchnabels philosophieren, weil in diesem die Unterscheidung von purem Sex und dem Sex als Praktik der Vermehrung offensichtlich wird. Selbst die Betrachtung, ob Engel wohl einen Bauchnabel haben, bringt ihn an den Rand der beginnenden Existenz.




"Die Bedeutungslosigkeit ist
die Essenz der Existenz."





Milan Kunderas Buch enthält Reflexionen von vier alten Freunden, die etwas außer der Gesellschaft zu stehen scheinen und im Stil gehobenen Plauderns ihre Geschichten, Erlebnisse und Enttäuschungen reflektieren. Die Beziehungen zu Frauen, der Hass auf Stalin - Kundera war der Verfolgung durch Stalinisten ausgesetzt - mit einer deutlichen Altersmilde, indem er einen der vier Freunde Stalin-Witze erzählen läßt, bis hin zu der Altersgelassenheit, die fast wie der Zen-Buddismus in der Erkenntnis mündet: "Die Bedeutungslosigkeit ist die Essenz der Existenz"

Sein neuer Roman erzählt von vier Freunden unterschiedlichen Alters, die sinnierend ihrem Alltag nachgehen. Der eine und andere spaziert durch den Jardin du Luxembourg in Paris. Charles, einer der Haupterzähler, amüsiert mit Anekdoten aus dem Leben Stalins. Alain denkt über die Beziehungen zum weiblichen Geschlecht nach, Caliban, der Schauspieler, schlüpft gerne in fremde Rollen. Ramon schließlich, der Älteste von allen, sieht dem Treiben seiner Freunde zu.

Ihre Gespräche zielen immer auf Fragen nach dem tieferen Sinn des Lebens, sind zuweilen schwierig meist jedoch leicht und humorig in ihrer Diktion. Nach der »Unerträglichen Leichigkeit des Seins« ist dieses neue Buch Kunderas ein Loblied auf die Gelassenheit im Leben.

Das beste Leseerlebnis hat man, wenn man ganz bewusst den Autor und seine Biografie vor Augen hat. Einen Mann von 85 Jahren, der in diesem Roman noch einmal seine Lebensthemen vor uns ausbreitet und dabei fortwährend ein bisschen vor sich hin kichert.

Weblink:

Das Fest der Bedeutungslosigkeit
Das Fest der Bedeutungslosigkeit
von Milan Kundera


Rezension Empfehlung:

Rezension
Das Fest der Bedeutungslosigkeit
- Rezension

Mittwoch, 2. April 2014

»Das Leben ist anderswo« von Milan Kundera

Milan Kundera

Jaromil ist ein Dichter, glaubt seine Mutter, seitdem er die ersten Worte spricht. Er selbst glaubt es auch, und vielleicht würde es ihm gelingen - Talent, Phantasie und Sprachgefühl besitzt er - wäre er nicht ein Muttersöhnchen. - Und damit beginnt die Tragödie des Dichters Jaromil.

Milan Kundera erzählt in diesem Buch Das Leben ist anderswo die Geschichte von Jaromil - einem jungen Mann, der nicht erwachsen wird. Als Kind sonnt er sich in der uneingeschränkten Bewunderung seiner Mutter, die, selbst schon nicht beziehungsfähig, eine innige Symbiose mit dem Sohn eingeht, den sie als Stück ihrer selbst empfindet. Sie schüttet ihn zu mit ungeteilter Aufmerksamkeit, besitzergreifender Liebe und endloser Bewunderung. Streng bewacht sie ihn und ordnet ihm jedes eigene Interesse unter.

Ob sie damit ihre Schuldgefühle kompensiert, denn Jaromil war ein ungewolltes Kind, das sie in die Ehe mit einem ungeliebten Mann zwang, lässt der Autor offen. Im Verlauf von Jaromils Kindheit spielt der Vater keine Rolle, zumal er früh stirbt.

Jaromil wird als Heranwachsender von zweierlei getrieben: Der Suche nach Liebe und der Sucht nach Anerkennung. Liebe bedeutet für ihn jedoch Ausschließlichkeit. Das Objekt seiner Zuwendung und Begierde hat allein für ihn dazusein, hat seine familiären Bande zu zerschneiden und darf, außer für ihn, keinerlei Gedanken oder Gefühle hegen. Dabei treibt ihn seine Eifersucht sogar zum Verrat: Lieber verliert er die Geliebte ganz als dass er ein Quentchen ihres Herzens einem anderen überlässt.

Seine Sucht nach Anerkennung und Applaus treibt ihn dazu, sorgfältig diejenigen zu studieren, die anerkannt, beliebt und wortführend sind. Er kopiert deren Sätze, Gesten und Aussagen, um sie publikumswirksam bei passenden Gelegenheiten als eigene Gedanken zu präsentieren. Sobald er hinterfragt wird, widerlegt oder nur geringe Beachtung erfährt, stürzt er in ein Loch aus Verzweiflung.

Zwar weist er mehr und mehr die Kontrolle durch seine Mutter zurück, setzt sich selbst aber an deren Stelle und versucht, durch genaue Planung, Vorausdenken und Ausschalten möglicher Zufälle, die Situationen und Ereignisse schon im Vorfeld in den Griff zu bekommen. Der ständige Druck, sich auf dem in gemeinsamer Arbeit mit der Mutter errichteten Sockel zu halten, bestimmt sein Leben.

Jaromil wäre gern ein selbstständiger Denker und Vorreiter neuer umwälzender Ideen, doch auch sein politisches Engagement versickert in Mitläufertum und endet, wenn er nicht umjubelt wird. Das Verhalten seines Protagonisten öffnet Kundera die Pforte zur Kritik an der Politik seines Heimatlandes. Er bewertet nicht, er zeigt nicht mit dem Finger, er prangert nicht an; er lässt nur Jaromil agieren. Was aber reichte, um dem Roman in der ehemaligen Tschechoslowakei nicht veröffentlichen zu dürfen.






Weblinks:

Das Leben ist anderswo
Das Leben ist anderswo
von Milan Kundera

Milan Kundera-Biografie - Biografien-Portal www.die-biografien.de


Milan Kundera-Zitate - Zitate-Portal www.die-zitate.de

Samstag, 26. Oktober 2013

»Abschiedswalzer« von Milan Kundera

Abschiedswalzer
Abschiedswalzer

»Abschiedswalzer« ist ein 1970/71 erschiener Roman von Milan Kundera. Der Roman ist ein Abgesang auf seine Zeit unter der Herrschaft des Stalinismus in der Tschechoslowakei.

In dem Roman rechnete Kundera mit dem zurückgekehrten Stalinismus ab. Ohne jede Rücksicht auf Zensur und Politik: Milan Kundera nahm kein Blatt vor den Mund. Das Buch kam in seiner Heimat nicht mehr zur Veröffentlichung. Der Autor emigrierte mit seiner Ehefrau nach Frankreich.

»Abschiedswalzer« ist auch ein zutiefst politisches Buch. Die erst knapp 10 Jahre später von Kundera in die Welt posaunte „unerträgliche Leichtigkeit des Seins" ist dem hier auftretenden Walzer-Personal bereits anzumerken. Ein rasanter Walzer rund um die ewigen Fragen: warum macht die Liebe alles nur komplizierter? Und was bedeutet wirklich Freiheit?

Schauplatz der Handlung ist ein böhmischer Kurort von angejahrtem Charme. In nur fünf Tagen versündigt sich der seelenwunde Tanzreigen an sich und anderen. Ohne jede Rücksicht auf Verluste. Gevatter Tod schwingt euphorisch den Taktstock - und die Musik spielt eisig weiter.

In Kenntnis der persönlichen Biographie Kunderas liest sich »Abschiedswalzer« auch als Metapher für politische Willkür und tatsächlich als enttäuschte Abrechnung mit den Kommunisten in seiner tschechischen Heimat. Dabei ist der Roman aber auch pfiffig, spannend und voller Ironie geschrieben.

Mitunter bleibt dem Leser das Lachen auch im Halse stecken. Der Roman »Abschiedwalzer« ist nicht unbedingt Kunderas größter Wurf. In jedem Falle aber ein kurzweiliges Lesevergnügen.

Literatur:

Abschiedswalzer
Abschiedswalzer
von Milan Kundera