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Samstag, 4. Juli 2020

Franz Kaka ist der rätselhafteste Autor der Moderne

Kafka: Die Jahre der Erkenntnis
Kafka: Die Jahre der Erkenntnis

Franz Kafka gilt als bekanntester, weltberühmter Vertreter der deutschen Prager Literatur, Autor der Moderne und einer der bedeutendsten Erzähler des 20. Jahrhunderts. Er gilt als der wohl rätselhafteste und vielschichtigste Autor der Moderne. Alle seine Prosawerke stellten den Menschen in einer Art Selbstentfremdung dar.

Franz Kafka war ein Mensch mit einer überbordenden Phantasie und einer überdurchschnittlich hohen Auffassungsgabe, was seine Mitmenschen und deren Verhalten anging. Sein Leben war Leiden, doch Leiden sind auch Erkenntnis und ein Gewinn war und ist dies allemal für die Welt.

Er war nun deutscher Jude mit tschechischem Pass, und er litt an einer Krankheit, welche die seit Jahren erträumte literarische Existenz unmöglich machte. Sein Werk gilt als rätselhaft wie der Autor selber, ein zu Papier gebrachtes Seelen-Labyrinth.

Kafka war ein Autor, der Zeit seines Lebens keine Bestätigung bekommen hat für sein Werk und das, was er tat. »Gott wöll nicht, daß ich schreibe«, sagte er vor einem leeren Blatt Papier.

Bereits 1921, also noch zu Lebzeiten Franz Kafkas, legte Max Brod in einem Aufsatz in der «Neuen Rundschau» den Grundstein für diese Mythisierung: Kafka sei ein Dichter des «Seelenguten», «Heiligen», mit dem «tiefen Ernst des religiösen Menschen», der nichts so sehr liebe wie den «ewig rettenden … blauen, unbefleckten Himmel über sich».

1924 war eine Zeit, in der Kafkas vertraute Welt unterging, politisch ebenso wie physisch. Franz Kafka hatte ein außergewöhnliches Leben hinter sich, als er 1294 an Tuberkulose starb.

Literatur:

Kafka: Die Jahre der Erkenntnis
Kafka: Die Jahre der Erkenntnis



Weblinks:

Franz Kafka- Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de


Ein Roman als Biografie - oder umgekehrt - www.cicero.de

Samstag, 23. November 2019

»Das Schloß« von Franz Kafka

Das Schloß

Das Schloß

»Das Schloß« von Franz Kafka ist ein 1922 entstandenenes Romanfragment von Franz Kafka. Das letzte, von Januar bis September 1922 entstandene Romanfragment von Franz Kafka greift das in »Der Prozess« entworfene Thema der unendlichen, letztlich scheiternden Suche des Individuums nach Erkenntnis auf. Der Roman ist eine schillernde Parabel für das Ausgeliefertsein an anonyme Mächte.

Kafkas Roman »Das Schloß« ist eines der bedeutendsten Werke des 20. Jahrhunderts, eine zeitlose Parabel über die Labyrinthe moderner Bürokratie und die Abgründe der eigenen Existenz. In Form einer Parabel auf die Existenzsituation des Menschen der Moderne schildert Kafka, wie eine anonyme Macht – das Schloss – die Sehnsucht des Menschen nach Wahrheit und Sinn manipuliert, den Suchenden bannt, unterdrückt und vernichtet.

»Das Schloß«, Kafkas letzter großer Roman, erzählt von K., der vom Grafen eines ländlich gelegenen Schlosses als Landvermesser beauftragt wird. Doch K.s Versuche, ins Schloß zu gelangen, scheitern ebenso wie sein Bemühen, im Dorf seinen Platz zu finden; und sein Kampf gegen die allgegenwärtige, anonyme und undurchdringliche Bürokratie der Schloßverwaltung endet für ihn in einem Dickicht aus Geheimnissen und Erniedrigungen.

In einer Winternacht gelangt der Landvermesser K. in ein Dorf, das von einem mysteriösen Schloss und dessen »Beamten« beherrscht wird. Erfolglos versucht K. während der kommenden sieben Tage ins Schloss vorzudringen. Hilfe erhofft er sich von den Dorfbewohnern, obskure und tragische Gestalten, die K. in undurchschaubare Ereignisse verstricken, deren widersprüchliche Hinweise er aber nicht zu entschlüsseln vermag. K. konzentriert seine eigennützigen, irrationalen Anstrengungen alsbald auf den Schlossbeamten Klamm: Er verführt dessen Geliebte, dringt nachts in Klamms Kutsche ein und berauscht sich am Cognac des Beamten.

Als diese Provokation der autoritären Instanz scheitert, schließt sich K. einem Schlossboten an, dessen Familie im Dorf geächtet wird, seitdem sich die Schwester einem Beamten verweigert hat. Die Ereignisse überstürzen sich, als K. zu einem »Verhör« bestellt wird: Klamms Geliebte, die vom Besuch bei der verfemten Familie erfahren hat, trennt sich von K.; während ein Sekretär dem entkräfteten K. versichert, dass das Amt seine Bitten nun erfüllen würde, fordert ihn ein anderer Sekretär auf, Klamms Geliebte freizugeben.

Bevor der zu Tode erschöpfte K. in tiefen Schlaf sinkt, beobachtet er die hektische Betriebsamkeit der Schlossdiener und erfährt, dass seine Anwesenheit das Amt erheblich behindern würde. Nachdem ein Zimmermädchen K. am folgenden Morgen anbietet, fortan bei ihr zu wohnen, bricht die surreale Handlung ab.

Kafka schildert die Veränderungen, die in den einheimischen Menschen und dem fremden Landvermesser ablaufen.

Max Brod (1884–1968), Herausgeber der Werke von Kafka, berichtet, dass geplant war, den Roman mit K.s Tod enden zu lassen. Im gleichen Moment sollte dem Protagonisten vom Schloss die endgültige Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis erteilt werden.

Ins Zentrum des Bannkreises, der K. und die Dorfbewohner gefangen hält, setzt der Autor das unerreichbare Schloss bzw. das Phantom des übermächtigen Klamm. Schloss und Beamte sichern ihre absolute Machtposition, indem sie vorgeben, das Ziel aller menschlichen Sehnsüchte zu sein, sich zugleich aber jedem Verlangen nach deren Erfüllung entziehen.


Das Schloß

Das Schloß

»Das Schloss« ist neben »Der Verschollene« und »Der Process« einer der drei unvollendeten Romane von Franz Kafka, entstanden zwischen 1911 und 1914 und 1927 von seinem Freund und Herausgeber Max Brod postum veröffentlicht. In den frühen Ausgaben wurde der Roman unter dem von Brod bestimmten Titel »Amerika« veröffentlicht.

Wie »Der Process« hat »Das Schloss« eine Vielzahl psychologischer, soziologischer bzw. theologischer Deutungsversuche nach sich gezogen. Die bleibende Faszination, die der Roman bis heute ausübt, resultiert aus dem Verzicht des Autors, einen eindeutigen Sinngehalt anzubieten. Die »offene« Struktur, die schon Der Prozess aufwies, beeinflusste die moderne Dichtung maßgeblich und trug mit dazu bei, dass Das Schloss weit über die Grenzen der Literatur hinaus Aufmerksamkeit fand.

Es ist eine Geschichte, die unweigerlich auch an die Situation vieler Flüchtlinge erinnert: Der Kampf mit der Bürokratie, die Hoffnung auf eine bessere Zukunft, der Wunsch, einen Platz in der Gesellschaft zu finden.

Und so wird "Das Schloss” zum Symbol für die Unerreichbarkeit all dessen. Auch deshalb ist es so beklemmend, sich diesem zehn Stunden langen Hörspiel auszusetzen.

Das Schloss. Umrisse. Still wie immer. Niemals das geringste Zeichen von Leben. Nicht möglich aus dieser Ferne etwas zu erkennen.

Literatur:

Das Schloß
Das Schloß
von Franz Kafka

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Das Schloss - Rezension



Franz Kafka, »Das Schloss«, Kritische Ausgabe,


Sonntag, 30. Dezember 2018

Amos Oz gestorben


Amos Oz ist am 28. Dezember 2018 im Alter von 79 Jahren in Tel Aviv gestorben. Amos Oz war ein israelischer Schriftsteller, Erzähler und Journalist. Er gehört zu den großen Schriftstellern der Weltliteratur.

1954 trat er dem Kibbuz Chulda bei und nahm den Namen Oz an, der auf Hebräisch Kraft, Stärke bedeutet. Seit dem Sechs-Tage Krieg war er in der israelischen Friedensbewegung aktiv und befürwortete eine Zwei-Staaten-Bildung im israelisch-palästinensichen Konflikt.

Amoz Oz setzte sich für die Aussöhnung von Isaraelis und Palästinensern ein.
Er ist Mitbegründer und herausragender Vertreter der seit 1977 bestehenden Friedensbewegung »Schalom achschaw« (»Peace now«).

"Die tiefere Bedeutung von Kultur ist Neugier,
die Fähigkeit sich in den anderen hineinzuversetzen."


Amoz Os

Zu seinen bekanntesten Romanen gehören »Keiner bleibt allein« (1976), »Mein Michael« (1983), »Der perfekte Frieden« (1987), »Black Box« (1991), »Eine Frau erkennen« (1991), »Der dritte Zustand« (1992), »Nenn die Nacht nicht Nacht« (1995), »Ein anderer Ort« (2001), »Allein das Meer« (2002), »Eine Geschichte von Liebe und Finsternis« (2004), »Verse auf Leben und Tod« (2008) und »Judas« (2015).


Amos Oz ist ein Meister des Erzählens. Sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. der »Friedenspreis des Deutschen Buchhandels« (1992), »Goethe-Preis der Stadt Frankfurt am Main« (2005), »Siegfried Lenz Preis« (2014).

Sein Roman »Eine Geschichte von Liebe und Finsternis« erzählt die Geschichte des Jungen Amos, der im Jerusalem der vierziger Jahre aufwächst – eine große Familien-Saga, ein Epos vom Leben und Überleben, ein Buch der Enttäuschungen und der Hoffnung. Das Werk wurde in alle Weltsprachen übersetzt und 2016 als Film adaptiert.

Amos Oz wurde am 4. Mai 1939 als Amos Klausner in Jerusalem geboren.

Literatur:

Eine Geschichte von Liebe und Finsternis
Eine Geschichte von Liebe und Finsternis
von Amos Oz

Samstag, 12. Mai 2018

»Hochdeutschland« von Alexander Schimmelbusch


»Hochdeutschland« ist ein Untergangs- und Aufbruchsroman von Alexander Schimmelbusch, welcher im Finanzbereich spielt.
Aus der Perspektive des Investmentbankers Victor erlebt man in »Hochdeutschland« einen zynischen Blick auf das Deutschland unserer Zeit. Seine Ehe ist gescheitert, sein Job scheint ihn nicht auszufüllen und überhaupt scheint ein Leben, das kaum bis keine Herausforderungen mehr bietet, bei genauerer Betrachtung gar nicht so erstrebenswert zu sein.

In dem Buch geht es um den Investmentbanker Victor, der beruflich schon sein ganzes Leben auf der Überholspur unterwegs ist. Er hat sich über den typischen Karriereweg des Investment-Bankers ("Einige Jahr tot arbeiten") ganz nach oben gebracht und ist jetzt einer der drei Chefs der fiktiven Birken Bank, als der er wiederum andere junge Investment Banker ausbeutet, Politiker und Firmen berät und Lobbyismus betreibt.

Obwohl er das Luxusleben durchaus genießt, sein Privatleben besteht weitgehend aus einer losen Affäre mit seiner Nachbarin und der Zeit die er mit seiner 6-jährigen Tochter verbringt, die er abgöttisch liebt, plagt ihn doch irgendwie auch ein schlechtes Gewissen. Victor ist praktisch neoliberaler Raubtierkapitalist, hängt aber gleichzeitig theoretisch Fantasien von fast schon kommunistischer Umverteilung an und träumt zudem klischeehaft vom Schreiben eines "großen Romans".

Sein Name legt es eigentlich schon nahe: Victor ist ein Siegertyp. Als Investmentbanker hat er mehr Geld verdient, als er jemals ausgeben kann und in der Birken Bank kann er sein in den Jahren in verschiedensten renommierten Geldhäusern gesammeltes Wissen vollends ausleben. Dies trifft vor allem die jungen und geldhungrigen Mitarbeiter, von denen er vollen Einsatz und Verzicht auf ein Leben außerhalb der Bak einfordert. Doch Victor erkennt im Laufe der Zeit, dass weder Status noch Geld zu wirklichem Glück und Zufriedenheit führen und er sucht sich ein neues Betätigungsfeld: er will eine politische Bewegung gründen, eine neue Partei, die aus dem Land eine zukunftsorientierte und gewinnbringende AG macht. Mit seinem Wirtschaftswissen ist es nicht schwer, die Grundzüge eines neuen Staates zu skizzieren, der zu allgemeinem Wohlstand führen wird.

Victor nimmt sein albernes Siegerdasein als erfolgreicher Investmentbanker schon lange nicht mehr ernst. Alle Versuche, sich zu verlieben, scheinen ebenso zum Scheitern verdammt zu sein, wie es seine Ehe war. Der Autor zeichnet seinen Protagonisten als ein Produkt der marktorientierten deutschen Gesellschaft. Er ist ein Produkt der marktorientierten deutschen Gesellschaft und dieselben Fähigkeiten, auf denen sein Erfolg in diesem System basiert, weisen ihm jetzt den Ausweg – eine Revolution.

Er bewohnt eine gläserne Villa im Taunus, hat bei Bedarf Sex im Spa-Bereich des Hotel Adlon und schafft es, die Work-Life-Balance der Mitarbeiter seiner Bank in einem rentablen Ungleichgewicht zu halten. Doch all das führt zu nichts. Zum Glück lernt er den italophilen Finanzminister der Bundesrepublik Deutschland kennen, dessen Lebenstraum es ist, nach seiner politischen Laufbahn als steinreicher Investmentbanker mit dem Ferrari durch Mailand zu gleiten. Dafür braucht er Victors Hilfe und unterstützt ihn im Gegenzug dabei, eine populistische Bewegung zu gründen, deren rohe Lebendigkeit Victor erlösen wird.

In seinem Roman wirft Alexander Schimmelbusch ein grelles Licht auf die deutsche Volksseele und stellt die zentralen Fragen unserer Zeit: Ist unser System kaputt? Was ist Elite? Können wir überhaupt noch kommunizieren? Haben wir Prinzipien? Welchen Preis zahlt man dafür, nach seinen eigenen Regeln zu leben? Ist es Zeit für einen radikalen Neuanfang? Für eine Stunde null, wie nach einem Krieg? Schimmelbusch hat einen wahnsinnig lustigen, bösen, politisch klugen Untergangs- und Aufbruchsroman geschrieben.

Literatur:

Hochdeutschland
Hochdeutschland
von Alexander Schimmelbusch

Samstag, 14. April 2018

»Die Ladenhüterin« von Sayaka Murata

Die Ladenhüterin

»Die Ladenhüterin« von Sayaka Murata ist eine literarische Sensation aus Japan: Eine Außenseiterin findet als Angestellte eines 24-Stunden-Supermarktes ihre wahre Bestimmung. Beeindruckend leicht und elegant entfaltet Sayaka Murata das Panorama einer Gesellschaft, deren Werte und Normen unverrückbar scheinen. Ein Roman, der weit über die Grenzen Japans hinausweist.

Keiko Furukura ist 18 Jahre alt und besucht eigentlich die Uni, als sie an einem Gebäude vorbeikommt, in dem in Kürze ein Supermarkt eröffnet werden soll. Kurzerhand bewirbt sie sich dort als Aushilfe und wird schnell ein fester Bestandteil, des Konbini-Teams. 18 Jahre später, da arbeitet sie noch immer als Aushilfe in ebenjenem Konbini, sie sieht Mitarbeiter und Chefs Kommen und Gehen, doch sie bleibt.

Keiko Furukura ist anders. Gefühle sind ihr fremd, das Verhalten ihrer Mitmenschen irritiert sie meist. Um nirgendwo anzuecken, bleibt sie für sich. Als sie jedoch auf dem Rückweg von der Uni auf einen neu eröffneten Supermarkt stößt, einen sogenannten Konbini, beschließt sie, dort als Aushilfe anzufangen. Man bringt ihr den richtigen Gesichtsausdruck, das richtige Lächeln, die richtige Art zu sprechen bei. Keikos Welt schrumpft endlich auf ein für sie erträgliches Maß zusammen, sie verschmilzt geradezu mit den Gepflogenheiten des Konbini. Doch dann fängt Shiraha dort an, ein zynischer junger Mann, der sich sämtlichen Regeln widersetzt. Keikos mühsam aufgebautes Lebenssystem gerät ins Wanken. Und ehe sie sichs versieht, hat sie ebendiesen Mann in ihrer Badewanne sitzen. Tag und Nacht.

In Japan gilt es alles andere als schick mit Mitte 30 eine unverheiratete Aushilfe zu sein. Entweder man hat eine richtige Arbeit oder aber man heiratet und bekommt Kinder. Keiko fällt hier also total aus der Rolle, zudem ist sie auch noch absolut emotionslos. Sie hat kein Interesse an Mode, an Musik, am Leben ansich. Das Einzige was sie wirklich kann, ist ihr Job. Hier sehen, aufgrund der Arbeitsuniform, alle Mitarbeiter gleich aus, hier spult man sein Programm ab und trägt eine vorgegebene Maske. Außerhalb des Konbinis ist Keiko ein Sonderling.

Von ihrem Umfeld, Freunden ( die man ihr aufgrund ihrer Emotionslosigkeit gar nicht zutraut ) und Familie wird sie immer wieder bedrängt, weil ihr Leben einfach nicht voranschreitet. Irgendwann da reicht es ihr schließlich und da kommt ihr ihr Exkollege Shiraha gerade recht. Er ist ein zynischer Mann Anfang 30, der eine verdrehte Vorstellung vom Leben hat und mit seiner seltsamen Lebenseinstellung überall aneckt. Für Keiko allerdings wird er zum Projekt. Wenn sie ihn einfach bei sich aufnimmt und mit ihm zusammenlebt, dann wird man sie schon bald in Ruhe lassen. Was sie nicht bedacht hat, ist, wie kompliziert ihr Leben dadurch erst recht werden wird.



Eine aparte Erzählung aus dem heutigen Japan, die sich aber gut auf andere Gesellschaften übertragen lässt, ist Sayaka Murata mit ihrem Buch "Die Ladenhüterin" gelungen.

Sayaka Murata spiegelt hier ganz klar meine Vorstellung der japanischen Bevölkerung wider: Ausgesucht höflich, ja fast schon auf Höflichkeit und Perfektion programmiert, fleißig wie die Ameisen und bestrebt niemals negativ aufzufallen oder aus der Reihe zu tanzen. Da polarisiert Keiko mit ihren seltsamen Anwandlungen und ihrem Wunsch da irgendwie in den Haufen hineinzupassen schon irgendwie. Alles macht Sinn und trotzdem blieb ich am Ende mit der Frage zurück, was ich da eigentlich gelesen habe und was mir die Autorin letzten Endes vermitteln wollte, außer einem teilweise sehr fragwürdigen Gesellschaftsbild.

Literatur [ >> ]:

Die Ladenhüterin
Die Ladenhüterin
von Sayaka Murata

Donnerstag, 20. April 2017

»Der Mann ohne Eigenschaften« von Robert Musil


Der Mann ohne Eigenschaften

»Der Mann ohne Eigenschaften« von Robert Musil ist ein über einen längeren Zeitraum entstandener Roman. An seinem zur Weltliteratur zählenden Hauptwerk, das von autobiographischen Aspekten mitbestimmt ist, hat Musil seit den 1920er Jahren bis zu seinem Tode fortlaufend gearbeitet, ohne es jedoch abschließen zu können. Obwohl unvollendet, gilt »Der Mann ohne Eigenschaften« als das Magnum Opus des österreichischen Schriftstellers Robert Musil, das zum ersten Mal in den Jahren von 1930 bis 1932 erschien.

Sein Fragment gebliebener fast 1.000 seitiger Roman »Der Mann ohne Eigenschaften« zählt zu den Hauptwerken der modernen Weltliteratur. Der Roman ist eine Charakterstudie, die aus Reflexionen über das Leben besteht. Musils episch breit angelegter Roman ist ein Werk der Innerlichkeit und der Reflektion, welches die Gedanken der Handlung vorzieht.

Ulrich heißt Musils »Mann ohne Eigenschaften«, er ist Mathematiker, Philosoph und stellt sich permanent selbst in Frage. Ulrich steht für Robert Musils literarisches Vorhaben, die Wirklichkeit als das ziellose Ergebnis einer Überfülle von Möglichkeiten zu schildern.

Musils Protagonist Ulrich ist gar kein Mann ohne Eigenschaften. Der Romantitel führt da ein wenig in die Irre. Tatsächlich ist es eine "Welt von Eigenschaften ohne Mann", die im Buch nichts Charakteristisches mehr zu bieten hat.


Der Held dieses Romans begegnet einem wahren Panoptikum aus Mit- und Gegenspielern: Akteuren der Wiener Diplomatie und des Großkapitals, Schwärmern, Revolutionären, einem Sexualmörder, einer esoterischen Salonkönigin. Der Leser blickt hier in das 'unbestechliche Bild eines Zerrspiegels' gebannt und fasziniert.

Wie in Samuel Becketts »Murphy« darf auch hier die Sonne zunächst "auf nichts Neues" und Besonderes mehr scheinen. Diese Erkenntnis bringt Ulrich letztlich dazu, "Urlaub vom Leben" zu nehmen und sich in Reflexionen über eben dieses Leben zu ergehen. Die selbstgewählte "Eigenschaftslosigkeit" der Figur erweist sich so als ihre herausragendste Eigenschaft.


Die k. u. k. Monarchie wird gelegentlich als „Kakanien“ bezeichnet, das Leben in ihr als „kakanisch“. Damit verbindet man unter anderem die Baukunst in den Städten, die bunten militärischen Uniformen, die Vielsprachigkeit des Staates, das Gesellschaftsleben der damaligen Zeit und die Kaffeehaustradition. Dieser Ausdruck wurde – nach dem Untergang der Monarchie – von Robert Musil in seinem Roman »Der Mann ohne Eigenschaften« geprägt.

In Musils Roman »Mann ohne Eigenschaften« passiert nur wenig, aber es wird unendlich viel gedacht im Buch, und am Ende wird sogar noch intensiv gefühlt: In der Geschwisterliebe Ulrichs zu Agathe realisiert sich die Utopie eines "anderen Zustands" jenseits der absurden Welt. Der Leser erfährt so doch erstaunlich viel von dem angeblichen Mann ohne Eigenschaften.

Literatur [ >> ]:

Der Mann ohne Eigenschaften
Der Mann ohne Eigenschaften
von Robert Musil

Der Mann ohne Eigenschaften I: Erstes und Zweites Buch
Der Mann ohne Eigenschaften I: Erstes und Zweites Buch
von Robert Musil
3499267802

Blog-Artikel:

Robert Musil 75. Todestag - Literatenwelt-Blog - literatenwelt.blogspot.de




Samstag, 12. November 2016

Ilse Aichinger gestorben

Ilse Aichinger

Die österreichische Schriftstellerin Ilse Aichinger ist tot. Sie starb am 11. November im Alter von 95 Jahren in Wien. Ilse Aichinger ist eine der bedeutendesten Schriftstellerinnen der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur. Bekannt wurd sie auch als Mitglied der »Gruppe 47«.

Im Jahr 1948 schrieb Ilse Aichinger ihren einzigen Roman »Die größere Hoffnung«, in dem sie autobiografisch das Schicksal rassisch verfolgte Kinder und einer jungen Halbjüdin während der Zeit des im Nationalsozialismus schildert. Der Roman ist eine wunderbare Parabel über die Flucht vor dem Faschismus über den Ozean.

Auf merkwürdige Weise dunkel, dabei irritierend lyrisch wirken viele ihrer Texte. Ganz ungewöhnlich erscheint auch ihr Verhältnis zur Welt in früheren Gesprächen. Heute gibt sie keine Interviews mehr. Das Leben sei eine „absurde Zumutung“, sagte sie einmal. Am liebsten würde sie verschwinden.

Dieses „Verschwinden“, das man auch Tod nennen könnte, war für sie dabei keine erschreckende Vorstellung: „Gute Literatur ist mit dem Tod identisch“. Auch beim Schreiben sei ihr das nicht Sichtbare am wichtigsten, erklärte sie:

Hätte man sie vor ihrer Geburt gefragt, ob sie zur Welt kommen wolle, sie wäre lieber weggeblieben. Für Ilse Aichinger war das Leben eine absurde Zumutung. Dieses Leben, diese Welt konterte sie lange in ihrem Schreiben - bis ihr die Sprache unbrauchbar wurde. Inzwischen ist sie im Schweigen angekommen.


„Alles, was man sagt oder schreibt,
ist nur Fazit dessen, was man nicht sagt.“

Geprägt wurde diese Weltsicht der »Poetin des Schweigens« durch dramatische Erfahrungen. Ihre Mutter, eine Ärztin, war Jüdin, der nichtjüdische Vater verließ die Familie. Im Juli 1939 konnte Ilses Zwillingsschwester Helga mit der Tante noch mit einem der letzten Kindertransporte nach England fliehen. Ilse sollte mit der übrigen Familie folgen, doch das Vorhaben scheiterte.

Nach einem abgebrochenen Medizinstudium begann sie zu schreiben. Ihren Mann Günter Eich, mit dem sie zwei Kinder hatte, hatte sie 1951 bei ihrem ersten Treffen der »Gruppe 47« kennengelernt. Das war im Frühjahr, Aichinger war 29 und ihr Roman »Die größere Hoffnung« hatte ihr zu einiger Bekanntheit verholfen. Dieser sollte ihr einziger Roman bleiben.

Für ihren Roman, ihre Gedichte, Hörspiele und Prosastücke, die in viele Sprachen übersetzt wurden, erhielt sie zahlreiche literarische Auszeichnungen, u. a. 1952 den Preis der Gruppe 47, 1982 den Petrarca-Preis, 1983 den Franz-Kafka-Preis, 1995 den Österreichischen Staatspreis für Literatur.

Im Alter aber hatte sich die Autorin des Romans »Die größere Hoffnung« (1948) zunehmend zurückgezogen. „Sie schreibt nicht mehr und ist nur noch Privatperson“, sagte ihr Wiener Verleger Reto Ziegler über die Größe der Nachkriegsliteratur.

Ilse Aichinger wurde am 1. November 1921 als Tochter einer jüdischen Familie in Wien geboren.




Die größere Hoffnung





"Die größere Hoffnung"
von Ilse Aichinger



Fischer-Verlag,
Gebundene Ausgabe,
14,00 EUR.

ISBN-13: 978-3100005228