Samstag, 18. August 2018

»Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins« von Milan Kundera

Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins


»Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins« von Milan Kundera ist 1984 knapp zehn Jahre nach seiner Emigration nach Frankreich erschienen - der Roman Kunderas, der zum Welterfolg wurde. Seit Veröffentlichung jenes Romans gilt Kundera als der international bekannteste tschechisch schreibende Autor seit Jaroslav Hasek.

Der essayistische Roman erzählt eine verschlungene Liebesgeschichte, welche mit unterschiedlichen Konstellationen von Liebespaaren in Prag, Genf und in der böhmischen Provinz spielt.

Der Roman ist eine Geschichte über unterschiedliche Lebensentwürfe. Die Geschichte von Tomas, dem Chirurgen, Teresa, der Serviererin, Sabina, der Malerin und den anderen ist nicht gerade umwerfend, aber sie passt sehr gut in die 80er Jahre. Sie hat etwas von französischem Lebensgefühl der Leichtigkeit des Seins - oder dem, was in Filmen von Sautet oder Lelouche dargestellt wird.

Der komplizierte, nachdenkliche Chirurg, der seinen Beruf fast mehr liebt als die Frauen, diese aber sehr und sehr zahlreich. Über seinen guten Frauengeschmack hinaus ist der Held nicht nur beruflich sondern auch politisch engagiert. Er verdirbt es sich mit dem kommunistischen Regime und muss emigrieren. Als Widerpart zum unsteten, polygamen, was auch immer suchenden Mann, betritt Teresa, die geerdete, mütterliche und stete auf den Plan. Tomas und Teresa bleiben einander, durch viele Widerstände und Umwege bis zur Idylle im ländlichen Exil, zurück in der Tschechoslowakei. Am Ende stirbt Teresas liebes Tier, der Hund Karenin. Seine Schilderung, so ergreifend, dass sie jedem Hundefreund die Tränen in die Augen treiben muss.


Die Geschichte endet tragisch, denn Tomas und Teresa sterben bei einem Lastwagenunfall. Der Autor hält es wohl mit Friedrich Dürrenmatt: "Eine Geschichte ist erst dann zu Ende erzählt, wenn sie die schlimmstmögliche Wendung genommen hat."

Prager Invasion 1968

Der Prager Frühling und der Einmarsch der Sowjettruppen im August 1968 bilden die Kulisse der Romans. Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings geht ein Risss durch die Gesellschaft und durch die Biografien der Figuren des Romans. Viele Tschechen verlassen das okkupierte Land und gehen in die Emigration.

Diese letzten Endes trotz des politischen Hintergrundes banale Geschichte zweier Menschen ist in typisch Kunderascher Weise hoch aufgeladen mit philosophisch-essayistischen Passagen. Er nimmt sich die Freiheit, die klassische auktoriale Erzählweise zu potenzieren und Charakter und Verhalten seiner Protagonisten zu kommentieren und als Autor in Erscheinung zu treten.


Was auch passiert im Laufe des Romans, Kundera nimmt Momente der Erzählung zum willkommenen Anlass, Exkurse in die Philosophie und Psychologie zu unternehmen, Mythisches und Archaisches zu assoziieren. Dieses Querdenken und Räsonieren des großen Musil-Verehrers ist Kunderas Markenzeichen geworden. Über Qualität und Funktion dieser ausgeprägten Essayistik kann man geteilter Meinung sein. Ein Sache ist, ob sie dem Fluß der Erzählung gut tut, die andere, wie überzeugend und schlüssig sie ist. Manchmal möchte man dem Autor empfehlen, noch einmal über einen Gedankengang nachzudenken.

Es ist ein selbstverständlicher, geläufiger, fast musikalischer Stil. Er wirkt präzise, gleichzeitig intellektuell und scheut den Tiefsinn nicht. Manchmal drängt sich der Verdacht auf, dass es sich um Pseudotiefsinn handelt. Da liegt schon der besonderen Reiz des Romans. Er betonte stets: »Es ist das Werk, das zählt. Vergeßt den Autor!«



Literatur:

Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins
Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins
von Milan Kundera

Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins
Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins
von Milan Kundera




Weblink:

Prager Frühling - www.planet-wissen.de

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