Freitag, 31. Mai 2013

Swetlana Alexijewitsch 65. Geburtstag

Swetlana Alexandrowna<br />
Alexijewitsch

Die weißrussische Schriftstellerin Swetlana Alexijewitsch wurde vor 65 Jahren am 31. Mai 1948 in Stanislaw, Ukraine, als Tochter einer Lehrerfamilie geboren. Ihre Mutter war Ukrainerin, ihr Vater Weißrusse.

Sie studierte in Minsk Journalistik. Im Anschluss war sie für eine Lokalzeitung sowie als Lehrerin tätig. Ein Jahr später arbeitete sie für die Land-Zeitung in Minsk. Im Jahr 1976 wechselte sie als Korrespondentin zum Literaturmagazin »Neman«.

Sie befasste sich mit unterschiedlichen literarischen Genres wie Kurzgeschichten, Essays und Reportagen und entwickelte eine Methode, die literarisch eine größtmögliche Annäherung an das wahre Leben erlaubt, eine Zusammenfassung individueller Stimmen als Collage des tagtäglichen Lebens.

Wäre die Autorin Swetlana Alexijewitsch an einem anderen Ort groß geworden, hätte sie womöglich einen anderen Blick auf die Conditio humana entwickeln können. Aber ihre Heimat Weißrussland war blutgetränkte und verbrannte Erde.

Ein Drittel der Bevölkerung war im Zweiten Weltkrieg umgekommen. Die Überlebenden, überwiegend Frauen und Kinder, blieben im verwüsteten Land zutiefst traumatisiert zurück. Schauergeschichten und Weiberklagen gehörten zu ihrer Kindheit ebenso wie die Schwarzmärkte in den zerstörten Städten, wo Kriegsversehrte ohne Gliedmaßen auf ihren Holzbrettern kauerten.

Mit ihrer Affinität zum Abgründigen im Menschen steht Swetlana Alexijewitsch in der russischen Tradition einer großen Literatur des Leidens. Doch ihre Erzähler sind nicht nur Nachfahren Dostojewskis. Sie sind ebenso Kafkas Enkel, deren eigentümliche Welt bereits zerfallen ist und die ihr Leben wie im Schock erfahren.

Donnerstag, 23. Mai 2013

»Doktor Faustus« von Thomas Mann

Doktor Faustus
Doktor Faustus

»Doktor Faustus: Das Leben des deutschen Tonsetzers Adrian Leverkühn erzählt von einem Freunde« ist ein Roman von Thomas Mann, ein Künstlerroman, der an der Faust-Mythos anknüpft und der zwischen dem 23. Mai 1943 und dem 29. Januar 1947 entstand.

Manns »Doktor Faustus« ist eine moderne Adaption des Faust-Themas. Vordergründig handelt es sich bei diesem Alterswerk um einen an den Faust-Mythos anknüpfenden Künstlerroman. Daneben ist es ein „Epochen-Roman“, ein Münchener Gesellschaftsroman, ein Roman zur Rolle der Musik bzw. der dichterische Versuch, Musik mit Sprache wiederzugeben, und ein kunsttheoretischer Essay, dessen Bemerkungen und Sentenzen sich über das gesamte Buch verteilen.

Vor allem aber ist der vielschichtige Text, laut Thomas Mann selbst, eine Lebensbeichte, eine selbstironische Parodie sowohl des Stils als auch des Hauptthemas seines Autors: der sein gesamtes Werk bestimmenden Künstlerproblematik, der Kluft zwischen ästhetischem Geist und bürgerlichem Leben. Selbstironisch auch insofern, als es kaum einen kritischen Gedanken gibt, den [das] Buch nicht über sich selbst denkt.

Bereits 1904 hatte Thomas Mann als junger Mann den Plan gefasst, einen Faust-Roman zu schreiben. Jedoch setzte er diesen Plan erst nach Beendigung seiner „Joseph“-Tetralogie in die Tat um. Thema des Romans ist die sogenannte „deutsche Tragödie“: Der Roman handelt von den kulturhistorischen und geistesgeschichtlichen Wurzeln des Nationalsozialismus.

Der Hintergrund des Romans: Immer wieder wird das romantisch-irrationale Denken dargestellt, das nach Thomas Manns Ansicht letztlich zum Nationalsozialismus geführt hat: In den von „Wandervogel“-Romantik geprägten Gesprächen des Studenten Adrian Leverkühn mit seinen Kommilitonen, in den reaktionären, anti-humanen und zivilisationsfeindlichen Reden des Dr. Chaim Breisacher und in den „erzfaschistischen“ (so Thomas Mann) Gesprächsrunden bei Dr. Sixtus Kridwiß.

Vor diesem Hintergrund wird das Lebensschicksal des hochbegabten, aber menschlich kalten Adrian Leverkühn geschildert. Leverkühns persönliche Tragödie wird in Beziehung gesetzt zu der Tragödie des deutschen Volkes, der Pakt mit seinem inneren Teufel wird parallelisiert mit dem Bündnis des Bösen, das Deutschland eingegangen ist – wobei offen bleibt, was Thomas Mann mit diesem Bösen meint: Adolf Hitler persönlich, den Nationalsozialismus im Allgemeinen oder, noch umfassender, jegliches menschen- und zivilisationsfeindliche Denken überhaupt.

Der zeitliche Rahmen umgrenzt die Jahre von 1884 bis 1945 - seine eigene Epoche. Er selbst nannte den »Doktor Faustus«‹ »ein Lebensbuch von fast sträflicher Schonungslosigkeit, eine sonderbare Art von übertragener Autobiographie, ein Werk, das mich mehr gekostet und tiefer an mir gezehrt hat, als jedes frühere«.

Weblink:

Doktor Faustus
Doktor Faustus: Das Leben des deutschen Tonsetzers Adrian Leverkühn erzählt von einem Freunde
von Thomas Mann

Freitag, 19. April 2013

»Claraboia oder wo das Licht einfällt« von José Saramago

José Saramago

Der Roman »Claraboia oder wo das Licht einfällt« des großen portugiesischen Schriftstellers und Nobelpreisträgers José Saramago (1922-2010) hat seine eigene Geschichte, die selbst Gegenstand für einen Roman hätte sein können.

Saramago hat den Roman als junger Mann bereits im Jahr 1953 geschrieben, aber der Verlag, an den er das Manuskript sandte, ließ es sieben Jahre unbeachtet liegen. Der Roman galt lange Zeit als verschollen. Als das Manuskript 1999 wieder auftauchte, lehnte Saramago selbst die Veröffentlichung ab, obwohl es jetzt durchaus interessierte Verlage gab.

Womöglich saß die Kränkung, die er über 40 Jahre zuvor mit diesem Text erlitten hatte, immer noch zu tief. Drei Jahre nach dem Tod des Autors, ist »Claraboia oder wo das Licht einfällt« doch noch auch auf Deutsch erschienen.

Lissabon mit Blick auf den Tejo

Der frühe Roman des großartigen Romanciers spielt in Lissabon zu Beginn der fünfziger Jahre während der Diktatur Salazars. Licht fällt ein in die portugiesische Gesellschaft. Saramago beschreibt in seinem Werk das Schicksal der Bewohner eines Lissabonner Wohnhauses. José Saramago wählt ein Mietshaus in Lissabon als Schauplatz für seinen Roman. In die Geschichte der Bewohner eines Mietshauses in Lissabon lässt der Schriftsteller José Saramago Licht einfallen wie durch ein Oberlicht - was portugiesich übersetzt »Claraboia« heisst.


Claraboia oder wo das Licht einfällt

Dort, wo er das Licht einfallen lässt, tritt das Leben in dem Mietshaus zutage. Er blickt hinter jede Tür, lüftet die kleinen und großen Geheimnisse der Hausgewohner, erfasst ihre Sorgen und Nöte und beschwört dabei eindrucksvoll die Atmosphäre in Portugal während der Salazar-Diktatur. Hinter den Wohnungstüren lebt das ganz Gewöhnliche, herrscht der unveränderliche Alltag, jedoch köcheln verborgen sehr persönliche Geheimnisse, Schicksalen und deren (un)erwartete Umkehr.

Was sich vor 60 Jahren fiktiv in einem Lissaboner Mietshaus abspielte, könnte sich auch heute überall auf der Welt in der Realität genauso, wie von Saramago beschrieben, zutragen. Und das ist ein Merkmal von großer Literatur.

Sonntag, 14. April 2013

Lessings "Nathan der Weise" 1783 uraufgeführt

Gotthold Ephraim Lessing

Am 14. April 1783 - zwei Jahre nach dem Tod des Dichters - wurde "Nathan der Weise" von Gotthold Ephraim Lessing in Berlin uraufgeführt. Das aufklärerische Drama gilt als Inbegriff der "Humanitätsdichtung". Lessing (1729-1781) plädiert in der Parabel für ein friedliches Nebeneinander der verschiedenen Völker und Religionen.

Der Dichter gilt als Erneuerer des deutschen Schauspiels. Noch heute stehen seine bürgerlichen Trauerspiele und Schauspiele auf den Spielplänen vieler Theater. Er verfasste jedoch auch grundlegende theoretische Reflexionen zur Dramatik und zur Literaturkritik.

Als Aufklärer verfolgte Lessing mit seiner Kritik am bestehenden deutschen Theater und der Schaffung alternativer Formen das Ziel, den Bürgern mittels des Schauspiels, eine aufgeklärte, vernünftige Moral zu vermitteln.

Weblink:

Gotthold Ephraim Lessing-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Dienstag, 19. März 2013

Philip Roth 80. Geburtstag

Philip Roth

Der amerikanische Schriftsteller Philip Roth wurde am 19. März 1933 in Newark, New Jersey, als zweites Kind eines jüdischen Ehepaars geboren.

Philip Roth ist Autor gesellschaftskritischer Romane, die meist im jüdischen Millieu spielen. Um als der beklemmend empfundenen Atmosphäre dieses Mileus zu entkommen, greift Roth häufig zur Ironie.

Dabei beschreibt und entlarvt er die Neurosen und Psychosen der Intellektuellen in den USA. In "Portnoys Beschwerden" (1969)" gelang es ihm, die spezifisch jüdischen Tabus zu brechen und Schuldgefühle in befreiendes Gelächter zu verwandeln. Allerdings wurde Roth wegen der Karikierung des eigenen jüdischen Volkes auch der Vorwurf des Antisemitismus gemacht.

Seine Romane, Erzählungen und Essays wurden vielfach ausgezeichnet und brachten ihm den Ruf eines bedeutenden Romanciers der Gegenwart ein, der in der Öffentlichkeit seit Jahren als Kandidat für den Nobelpreis für Literatur gehandelt wird. 1998 erhielt er für "Amerikanisches Idyll" den Pulitzerpreis.

Roth ist der einzige lebende Amerikaner, dessen Werk in einer umfassenden, maßgeblichen Gesamtausgabe von der "Library of America" herausgegeben wird.

Freitag, 15. März 2013

»Heldenplatz« von Thomas Bernhard

Thomas Bernhard

Thomas Bernhard war einer der größten Literaten Österreichs und einer, der am wenigsten verstanden wurde. Thomas Bernhard war ein Querdenker. Ein Mensch, der die Welt verstand, doch die Welt verstand ihn nicht. Tragisch-komischer Gedanke.

Das Theaterstück »Heldenplatz« ist ein Kammerspiel um den "Anschluss" Österreiches 1938 und eines seiner umstrittensten Werke. Mit »Heldenplatz« unternahm Thomas Bernhard 1988, kurz vor seinem Tod, einen letzten Frontalangriff auf seine österreichischen Landsleute.

Bernhard, einer der bedeutendsten deutschsprachigen Autoren der Nachkriegszeit, schrieb das Theaterstück anlässlich des 100. Geburtstags des Wiener Burgtheaters und des 50. Jahrestags von Österreichs "Anschluss" an Nazi-Deutschland am 12. März 1938.

Am 15. März 1938 verkündete Adolf Hitler unter den Jubelrufen der anwesenden Wiener auf dem Heldenplatz den »Anschluß« Österreichs an Deutschland. 50 Jahre später versammeln sich in einer Wohnung in der Nähe des Heldenplatzes die Familie Schuster und deren engste Freunde. Der Anlaß: das Begräbnis von Professor Josef Schuster. Für diesen philosophischen Kopf, von den Nazis verjagt, in den fünfziger Jahren auf Bitten des Wiener Bürgermeisters aus Oxford auf seinen Lehrstuhl zurückgekehrt, gab es keinen anderen Ausweg als den Selbstmord. Denn die Situation im gegenwärtigen Österreich sei »noch viel schlimmer als vor fünfzig Jahren«.


»Heldenplatz« spielt nach dem Selbstmord eines alten jüdischen Professors in Wien. Hausangestellte und Familie blicken auf dessen Verbitterung zurück und ereifern sich dabei in wütenden Schimpftiraden über den Judenhass der Wiener, die Stumpfsinnigkeit der Österreicher, die Verderbtheit der Politik und die Niederträchtigkeit des Menschen im Allgemeinen. Die Witwe des Verstorbenen hört im Wahn noch immer die Volksmassen schreien, die 1938 auf dem Wiener Heldenplatz Adolf Hitler begeistert willkommen hießen.

Das Theaterstück hat drei Szenen: Im ersten wird die Vorgeschichte erzählt. Im zweiten rechnet Professor Schuster in einem nur durch kurze Anmerkungen unterbrochenen Monolog ab. Im dritten stellt er sich mit seinen Aussagen einer Reihe von weiteren Figuren. Ohne große Gegenrede, ohne einen Widersacher. Das macht das Stück zwar nicht langweilig, aber reichlich einseitig. Eine weitere Abrechnung Bernhards eben.

Wer Thomas Bernhard kennt und seine Werke liest, der weiß von seinen Schimpftriaden über Systeme und Politik. In diesem Buch hat er die österreichische Gesellschaft speziell die Wiener, die Politik, den Antisemitismus aufs Korn genommen und zur Zielscheibe seiner Tirade gemacht.

Der wortmächtige Übertreibungskünstler Bernhard verzichtet auf einen klassischen Konflikt und macht den brillant aufbrausenden Text selbst zum eigentlichen dramatischen Zentrum seines Werks. Im Jahr der Premiere löste das Stück des Aufrüttlers und Mahners vor 25 Jahren einen landesweiten Skandal in Österreich aus. Die Wucht des Textes ist nach wie vor beeindruckend - heute allerdings lassen sich auch seine komischen Qualitäten genießen.

Literatur:

Heldenplatz
Heldenplatz
von Thomas Bernhard

Videos:

Thomas Bernhard - Heldenplatz (Uraufführung 1988) - YouTube

Thomas Bernhard "Heldenplatz" im Theater in der Josefstadt - YouTube


Weblink:

Thomas Bernhard-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Freitag, 8. März 2013

Walter Jens 90. Geburtstag

Walter Jens

Der deutsche Literaturwissenschaftler und Schriftsteller Walter Jens wurde am 8. März 1923 in Hamburg geboren. Walter Jens isat ein bekannter Schriftsteller, Philologe, Kritiker und Übersetzer.

Der bis zu seiner Emeritierung 1988 als Professor für Rhetorik in Tübingen lehrende Jens bezog in vielen gesellschaftspolitischen Debatten der Bundesrepublik klare Position.

So engagierte er sich in der Friedensbewegung der 1980er und setzte sich in der Debatte um das Holocaust-Denkmal in Berlin für eine Entscheidung des Bundestages ein. Jens war von 1989 bis 1997 Präsident der Akademie der Künste und wurde 1988 mit dem Büchner-Preis ausgezeichnet.

Jens ist der Verfasser zahlreicher belletristischer, wissenschaftlicher und essayistischer Bücher (darunter zuerst "Nein. Die Welt der Angeklagten" 1950, "Der Mann, der nicht alt werden wollte", 1955), Hör- und Fernsehspielen sowie Essays und Fernsehkritiken unter dem Pseudonym Momos; außerdem Übersetzer der Evangelien und des Römerbriefes.

Zu seinen bekanntesten Veröffentlichungen zählen "Ilias und Odysee. Nacherzählt von Walter Jens" (1958) und "Der tödliche Schlag "(1974).