Dienstag, 10. September 2013

Leo Tolstois innere Abkehr

Leo Tolstoi

Graf Tolstoi pflegte bis zum Beginn der 1880er Jahre den aufwendigen Lebensstil eines russischen Adligen, lud Aristokraten und Künstler zu Bällen und zur Jagd. Das Leben als Graf und Gutsbesitzer verschaffte ihm jedoch keine Erfüllung.

Im Inneren strebte der reiche Gutsbesitzer jedoch längst nach einem einfachen und geistigen Leben. Die Jahre, in denen er sich konsequent auf seine Romane konzentrierte, in denen er "Krieg und Frieden" oder "Anna Karenina" schrieb, waren vorüber.

Stattdessen interessierte er sich jetzt für Religion, Philosophie und Sozialkritik. Nach dem Besuch in einem Moskauer Armenviertel quälten ihn die Widersprüche zu seiner eigenen Lebensweise. Überwältigt von Mitleid, beschloß er, seinem Vermögen zu entsagen.

Tolstoi bevollmächtigte seine Frau, alle Geldangelegenheiten zu übernehmen und auch die Drucklegung seiner Werke zu führen. Seinen Angehörigen überschrieb er Jasnaja Poljana und lebt fortan wie ein Gast auf dem Landgut. Er trug nun einfache Bauernkleidung zu einem wild un düppig sprießenden Bart.

Seine nach 1881 veröffentlichten Werke durfte jeder unentgeltlich veröffentlichen. Tolstoi fühlte sich befreit von der Last des Besitzes, dennoch führten seine Entschlüsse in den folgenden Jahren immer wieder zu Streit mit seiner herrischen Frau Tolstaja.

Beide entfremdeten sich immer mehr. "Sie können sich nicht vorstellen, wie einsam ich bin", schrieb Tolstoi an Freunde, "alles was mir teuer ist, wird von meiner Frau verachtet."

In einer Verfügung verlangte er, dass die Urheberrechte seiner Werke nach dem Tod dem russischen Volk überlassen werden. Tolstaja hielt diesen Wunsch "für dumm und sinnlos", sie fürchtete um das familiäre Wohl und wollte mit den nun freien Rechten nicht "reiche Verleger beschenken".
Weblink:
Krieg und später Frieden - www.sueddeutsche.de

Freitag, 6. September 2013

»Väter und Söhne« von Iwan Turgenew

Moskau

Iwan Turgenew verfasste den Roman »Väter und Söhne« 1861, im Jahr der Aufhebung der Leibeigenschaft in Russland. Der Roman, der den Vater-Sohn-Konflikt thematisiert, gilt als sein bedeutendstes Werk. Die Handlung des Romans ist im Jahr 1859 - am Vorabend der längst überfälligen Reform - angesiedelt.

Der Titel des Buches von Iwan Turgenew steht nicht nur für einen Widerstreit der Generationen, sondern auch für einen gesellschaftlichen, kulturellen und weltanschaulichen Konflikt. Auf Seiten der »Väter«, denen sich der Autor selbst verbunden fühlt, stehen Vertreter einer liberalen, westeuropäisch orientierten Adelskultur, die Missstände in Russland durch vorsichtige Reformen unter Wahrung der traditionellen Werte beseitigen wollen. Mit den »Söhnen« dagegen wird ein neuer und zukunftsträchtiger sozialer Typus porträtiert – radikal-demokratisch gesinnte Vertreter des dritten Standes (der nichtadligen Intelligenz), die revolutionäre Veränderungen im Land anstreben.

Zar Nikolaus
Basarow, ein junger Mediziner, wird von seinem Freund Arkadij zu einer Reise in die Provinz eingeladen und gerät dort mit der Vätergeneration aneinander. Kein Prinzip ist ihm heilig, alle Werte und Normen will er aufgeben, um Platz für Neues zu schaffen. Er duelliert sich mit Arkadijs adligem Onkel Pawel, entbrennt trotz seines nüchternen Gemüts in heftiger Liebe zur schönen Anna Odinzowa und lernt eine Instanz kennen, die selbst ein Revolutionär nicht verneinen kann: den Tod.


Iwan Turgenew handelte sich mit dem Roman den Ärger vieler Landsleute ein und verbrachte große Teile seines Lebens unversöhnt im Ausland. Dennoch wurde »Väter und Söhne« zu einem Klassiker des russischen Realismus. Der Begriff des »Nihilismus« ging nicht nur in die Literaturgeschichte, sondern auch in das philosophische Vokabular und in den täglichen Sprachgebrauch ein.

Sehen Sie nur, was Ihre Nihilisten anrichten!
Sie brennen St. Petersburg nieder!“
Der Roman »Väter und Söhne«, der als sein bedeutendster gilt, löste in Russland heftige politische Diskussionen aus. Als Turgenjew 1862 nach der Veröffentlichung seines Romans erstmals in die von Unruhen geplagte Stadt St. Petersburg zurückkehrte, musste er sich schwere Vorwürfe gefallen lassen, hatte der Autor den Begriff „Nihilist“ selbst geprägt. In »Väter und Söhne« wird die Figur des Jewgenij Basarow damit bezeichnet.

Weblink:

Das Ende der Leibeigenschaft - erlangenwladimir.wordpress.com

Dienstag, 3. September 2013

Franz Kafka 130. Geburtstag

Franz Kafka


Franz Kafka wurde vor 130 Jahren am 3. Juli 1883 im jüdischen Viertel von Prag geboren. Der Prager Schriftsteller gilt als der wohl rätselhafteste und vielschichtigste Autor der Moderne. Alle seine Prosawerke stellten den Menschen in einer Art Selbstentfremdung dar.

Kafka zählt zu den wenigen Autoren des frühen 20. Jahrhunderts, die den größten Teil ihres literarischen Werkes nicht als freie Schriftsteller, sondern neben einer sie voll in Anspruch nehmenden Berufsarbeit geschrieben haben. Dieser Umstand führte dazu, dass Kafka zeit seines Lebens nicht als Schriftsteller wahrgenommen wurde.


Franz Kafka zeichnete in seinen Romanen das Bild einer düsteren Welt, in der der ohnmächtige Einzelne anonymen, undurchschaubaren Mächten und Machtinstanzen gegenübersteht und denen er ausgeliefert ist. Wie in einem Albtraum bewegen sich Kafkas Protagonisten durch ein Labyrinth undurchsichtiger Verhältnisse und sind anonymen Mächten ausgeliefert.

Zu Lebzeiten war Kafka der breiten Öffentlichkeit noch weitgehend unbekannt. Seine Skepsis gegenüber seinem Werk und seiner Dichterexistenz überhaupt ging so weit, dass er seinem engsten Freund und Nachlassverwalter Max Brod auftrug, seine unveröffentlichten Texte (darunter alle seine Romane) zu vernichten.

Überzeugt, "daß ich mich mit meinem Romanschreiben in schändlichen Niederungen befinde", hatte Franz Kafka vor seinem Tod, 1924, in "letzter Bitte" an seinen "liebsten" Freund Max Brod verfügt, "alles, was sich in meinem Nachlaß ... findet, restlos und ungelesen zu verbrennen".

Weltweit bekannt wurde Kafkas Werk erst nach dem Zweiten Weltkrieg, zunächst in den USA und Frankreich, in den 1950er-Jahren dann auch im deutschsprachigen Raum.

Heutzutage wird er als einer der wichtigsten Autoren des 20. Jahrhunderts eingeschätzt. Seine Werke wurden in alle Sprachen übersetzt und seine Bücher werden in anerkannten Universitäten analysiert.


Weblinks:

Franz Kafka-Biografie - www.die-biografien.de

Franz Kafka-Zitate - www.die-zitate.de

Samstag, 31. August 2013

1928 Uraufführung der "Dreigroschenoper"

Bertolt Brecht

Am 31. August 1928 wurde im Berliner Theater am Schiffbauerdamm die »Dreigroschenoper« uraufgeführt. Die »Dreigroschenoper« nach der Vorlage der „Beggar's Opera" von John Gay ist ein Theaterstück von Bertolt Brecht mit der Musik des Komponisten Kurt Weill.

Die »Dreigroschenoper« beschreibt die Unzulänglichkeiten des Lebens. Es ist eine Skizze für die korrupte Gesellschaft, in der die Moral nach dem Fressen kommt. In der heutigen Zeit hat sich nicht viel verändert, daher ist es ein zeitloses Stück. Das Stück könnte heutzutage in der Politik, Verwaltung oder in der Wirtschaft spielen. Die Korruption tritt in Abständen immer wieder zutage.

Dreigroschenoper Plakat

Die »Dreigroschenoper« ist eine eigene Kunstform. Durch die Vertonung von Kurt Weill ist sie zeitlos und poetisch zugleich. Die Musik Kurt Weills enthält Elemente aus Jazz und Unterhaltungsmusik sowie Kirchen- und Opernmelodien. Vor allem die eingestreuten Balladen wie das "Lied der Seeräuber-Jenny" oder die "Moritat von Mackie Messer" sorgten für den sofortigen Triumph des Stücks:

Die »Dreigroschenoper« ist Brechts bekanntestes und berühmtestes Stück . Das „Stück mit Musik in einem Vorspiel und acht Bildern“ wurde die erfolgreichste deutsche Theateraufführung bis 1933, einige Musiknummern wie die "Moritat von Mackie Messer" wurden zu Welthits. Für Brecht war es gleichzeitig der Anfangspunkt seiner steilen Karriere

Weblinks:

Ein Abend für Bertolt Brecht - radiobremen-Sendung www.radiobremen.de

Bertolt Brechts Dreigroschenroman oder: Kapitalismus als Roman - www.nachdenkseiten.de

Literatur-Nobelpreisträger Seamus Heaney gestorben

Der große irische Dichter Seamus Heaney, der 1995 mit dem Literatur-Nobelpreis ausgezeichnet wurde, ist am Freitag im Alter von 74 Jahren in Dublin gestorben. Heaney gilt als einer der größten Lyriker der Gegenwart.

Seamus Heaney war Lyriker, Essayist und Übersetzer. 1995 wurde er überraschend mit dem Literatur-Nobelpreis ausgezeichnet - nach Angaben der Jury für die „lyrische Schönheit und ethische Tiefgründigkeit“ seiner Literatur, „die alltägliche Wunder und eine lebendige Vergangenheit“ verarbeite. Er war nach William Yeats (1923), George Bernhard Shaw (1925) - geboren in Irland, wirkte aber in Großbritannien - und Samuel Beckett (1969) der vierte irische Literatur-Nobelpreisträger.


Heaney wurde am 13. April 1939 in der Grafschaft Derry westlich der nordirischen Hauptstadt Belfast als ältestes von neun Kindern einer katholischen Familie geboren. Bereits während seines Studiums der Englischen Philologie in Belfast publizierte er Gedichte. Nach seiner Lehrerausbildung schloß er sich "The Group" an, einer Gruppe junger Autoren, und veröffentlichte 1966 seinen ersten Gedichtband "Death of Naturalist".

Zu seinen bekannteren Gedichtbänden zählen "Wintering Out" (1972) und "North" (1975), hin zu "Station Island" (1984), "Seeing Things" (1991). Seine letzten Werke waren "District" and "Circle" (2006) und "Human Chain" (2010).

Heaney gelang, was in der heutigen Zeit eher ungewöhnlich erscheint: er schrieb Natur- und Stimmungsgedichte über seine Heimat Irland. Er verwandelte seine irische Heimat zu Literatur. Heaney sei ein großartiger Botschafter für die Literatur, aber auch für Irland gewesen, sagte der irische Kulturminister Jimmy Deenihan.

Weblinks:

Nobelpreisträger Seamus Heaney gestorben - FAZ Feuilleton - www.faz.net

Nobelpreisträger Seamus Heaney gestorben - ZEIT ONLINE www.zeit.de

Literaturnobelpreis.com

Mittwoch, 28. August 2013

Fjodor Dostojewski war eine Spielernatur

Fjodor Dostojewski

Über Fjodor Dostojewskis Leben und seinem geistigen Schaffen liegt etwas von der tiefen Tragik einer zwiespältigen Menschennatur. Er war nicht nur Schriftsteller, sondern auch ein leidenschaftlicher Spieler. In Sachen Roulette und dem Kartenglückspiel Trent-et-quarante war Dostojewski Fachmann. Das Spielen war für ihn einer der Versuche, der Armut zu entkommen.

Wiesbaden

Im August 1863, auf dem Weg nach Paris, wo er Apollinaria (Polina) Suslowa,die unstete Geliebte, treffen soll, machte er vier Tage in Wiesbaden halt und setzte sich zum erstenmal an den Roulette-Tisch. Er spielte wie besessen und wird über Jahre nicht mehr davon lassen können. Die Leidenschaft für Polina und die Ekstase des Spielens verschmolzen.

Empfohlene Der Spieler-Romane:








Er war eine Spielernatur mit unstetem Glück, die häufitg in Spielschulden steckte. Zwei Jahre nach seinem ersten Besuch, wieder in Wiesbaden, dem mutmaßlichen Roulettenburg des Romans und wieder mit Polina, verlor er wieder einmal alles (Absturz in Roulettenburg). Er musste wieder Schulden machen, um seine Rechnungen zu begleichen und nahm Hypotheken auf künftige Werke auf.

Der Stoff des Spielers bot sich dafür gleichsam wie von selbst für einen Roman an. Seit seinem ersten Casinobesuch trug Dostojewski die Idee mit sich herum. 1866 machte sich Dostojewski in Petersburg daran, rund um die Gestalt eines dem Spiel verfallenen jungen Mannes eine Geschichte zu schreiben.

Der Stoff des Spielers bot sich dafür gleichsam wie von selbst für einen Roman an. Seit seinem ersten Casinobesuch trug Dostojewski die Idee mit sich herum. 1866 machte sich Dostojewski in Petersburg daran, rund um die Gestalt eines dem Spiel verfallenen jungen Mannes eine Geschichte zu schreiben.

Dostojewskis Casino-Besuche sind in die Literaturgeschichte eingegangen und zu Weltliteratur geworden. In diesem autobiografisch geprägten Werk hat er seine Spielsucht literarisch verarbeitet, die vor 150 Jahren in Wiesbaden ihren Anfang nahm.

Dostojewskis Casino-Besuche sind in die Literaturgeschichte eingegangen und zu Weltliteratur geworden. In diesem autobiografisch geprägten Werk hat er seine Spielsucht literarisch verarbeitet, die vor 150 Jahren in Wiesbaden ihren Anfang nahm.

Weblink:


Absturz in Roulettenburg - DER SPIEGEL-Reportage www.spiegel.de

Samstag, 24. August 2013

»Der Friseur und die Kanzlerin« von Eduardo Mendoza

Der Friseur und die Kanzlerin
Der Friseur und die Kanzlerin

Eduardo Mendoza zählt zu den großen Literaten Spaniens und hat zuletzt mit seinem Roman »Katzenkrieg« die deutschsprachigen Leser begeistert. Jetzt ist der neue Roman »Der Friseur und die Kanzlerin« erschienen.

Die ironische Geschichte spielt während der Wirtschaftskrise. Mendoza erzählt darin von einem Damenfrisör in finanziellen Nöten, der von einem geplanten Terrroanschalg gegen die in Spanien nicht sonderlich beliebte deutsche Bundeskanzlerin erfährt. Dennoch schmiedet der Frisuer einen kühnen Plan, indem der seine Schwester, dir frühere Prostituierte Cándida, als perfekt frisierte Kopie von Frau Merkel mit der echten Kanzlerin vertauscht.

Das Werk ist aus seiner Zeit heraus zu verstehen. Die Wirtschaftskrise hat Spanien fest im Griff, und die deutsche Kanzlerin ist aufgrund ihrer rigiden Sparpolitik nicht gerade beliebt. Doch als ein fast bankrotter Damenfriseur von den Plänen eines Terroranschlags während ihres Besuchs in Barcelona erfährt, muss er in einem Wettlauf gegen die Zeit eingreifen.

Seine Schwester, die Ex-Prostituierte Cándida, soll ihm dabei helfen und als perfekt frisierte Kopie von Doña Angela am Flughafen mit der echten Kanzlerin vertauscht werden. – Mendoza, ein Meister des komischen Genres, hat sich in seinem neuen Roman selbst übertroffen: eine geniale Satire über die Auswirkungen der Schuldenkrise und ein rasant erzählter Kriminalroman, in dem Not viel mehr als nur erfinderisch macht.

Das das Echo auf den Roman diesmal zwiespältig war, mag wohl daran liegen, daß hierzulande der angelsächsichse Humor und seine nordeuropäischen Varianten gängiger sind. Mendoza ironischer Roman hat seine Momente, ist im Grundton aber her eher harmlos-albern.

Weblink:

Der Friseur und die Kanzlerin
Der Friseur und die Kanzlerin
von Eduardo Mendoza