Dienstag, 1. November 2011

Ilse Aichinger 90. Geburtstag

Ilse Aichinger

Die österreichische Schriftstellerin Ilse Aichinger wurde vor 90 Jahren am 1. November 1921 in Wien geboren. Genau in ihrer Beobachtung, rätselhaft poetisch in ihrer Sprache - mit ihrem ganz eigenwilligen Tonfall ist Ilse Aichinger zu einer festen Größe der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur geworden.

Auf merkwürdige Weise dunkel, dabei irritierend lyrisch wirken viele ihrer Texte. Ganz ungewöhnlich erscheint auch ihr Verhältnis zur Welt in früheren Gesprächen. Heute gibt sie keine Interviews mehr. Das Leben sei eine „absurde Zumutung“, sagte sie einmal. Am liebsten würde sie verschwinden.

Dieses „Verschwinden“, das man auch Tod nennen könnte, war für sie dabei keine erschreckende Vorstellung: „Gute Literatur ist mit dem Tod identisch“. Auch beim Schreiben sei ihr das nicht Sichtbare am wichtigsten, erklärte sie:

Hätte man sie vor ihrer Geburt gefragt, ob sie zur Welt kommen wolle, sie wäre lieber weggeblieben. Für Ilse Aichinger war das Leben eine absurde Zumutung. Dieses Leben, diese Welt konterte sie lange in ihrem Schreiben - bis ihr die Sprache unbrauchbar wurde. Inzwischen ist sie im Schweigen angekommen.




„Alles, was man sagt oder schreibt,
ist nur Fazit dessen, was man nicht sagt.“


Geprägt wurde diese Weltsicht der »Poetin des Schweigens« durch dramatische Erfahrungen. Ihre Mutter, eine Ärztin, war Jüdin, der nichtjüdische Vater verließ die Familie. Im Juli 1939 konnte Ilses Zwillingsschwester Helga mit der Tante noch mit einem der letzten Kindertransporte nach England fliehen. Ilse sollte mit der übrigen Familie folgen, doch das Vorhaben scheiterte.

Nach einem abgebrochenen Medizinstudium begann sie zu schreiben. Ihren Mann Günter Eich, mit dem sie zwei Kinder hatte, hatte sie 1951 bei ihrem ersten Treffen der Gruppe 47 kennengelernt. Das war im Frühjahr, Aichinger war 29 und ihr Roman »Die größere Hoffnung« hatte ihr zu einiger Bekanntheit verholfen. Dieser blieb ihr einziger Roman.

Im Alter aber hat sich die Autorin des Romans »Die größere Hoffnung« (1948) zunehmend zurückgezogen. „Sie schreibt nicht mehr und ist nur noch Privatperson“, sagte ihr Wiener Verleger Reto Ziegler über die Größe der Nachkriegsliteratur. Da die Schriftstellerin zurückgezogen lebt, müssen Veranstaltungen zu ihrem 90. Geburtstag ohne Ilse Aichinger auskommen.




Die größere Hoffnung








"Die größere Hoffnung"
von Ilse Aichinger



Fischer-Verlag,
Gebundene Ausgabe,
14,00 EUR.

ISBN-13: 978-3100005228






Weblink:

Die Poetin des Schweigens Ilse Aichinger zum 90. - br-online.de - kultur

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