Sonntag, 5. September 2010

Verunglückte Reise in die Welt der Brüder Grimm


Günter Grass - ein Meister der Worte - mag eigentlich keine Märchen, aber der Wortgewalt und Sprachschöpfung von Märchenerzählern kann er sich dann doch nicht entziehen. Wer in seinem neuen Werk »Grimms Wörter« eine kunstvoll erdachte Geschichte oder eine unterhaltsame Erzählung erwartet hat, wird enttäuscht. Das neue Buch von Günter Grass »Grimms Wörter« sollte eigentlich eine Liebeserklärung an die deutsche Sprache sein. Doch es ist eher eine an sich selbst. Sein Alterswerk ist eine verunglückte Reise in die Welt der Brüder Grimm.

Grimms Wörter

»Grimms Wörter« ist ein literarischer Versuch, sich der Welt der Gebrüder Grimm sprachlich zu nähern. Dabei herausgekommen ist eine verunglückte sprachliche Hommage ohne kunstvoll erdachte Worte. Grass Versuch, sich über die Sprache den Brüdern Grimm zu nähern, ist misslungen, denn die Sprache, die er verwendet, ist nicht dieselbe der Brüder Grimm. Während die Brüder Grimm in und mit der radikalen Erneuerung der deutschen Sprache in der späten Aufklärung und frühen Romantik groß geworden sind, ist Grass Sprachstil eine phantastische Anverwandlung einer älteren Sprachvariante, nämlich der von den Dichtern der Zeit um 1800 verachteten Kanzleisprache.

Grass ist durchaus bemüht, persönliche Bezüge herzustellen: mit den Brüdern Grimm pflegt Günter Grass lebhaften Umgang, schaut ihnen über die Schulter, sitzt mit ihnen auf einer Parkbank, vertieft sich mit ihnen ins Gespräch. Der Mangel dieses Buches liegt aber in seiner Konstruktion, denn es hat die Schwäche, dass es in einer formalen Reihung besteht und somit dramaturgisch unergiebig ist. Was als Liebeserklärung an die deutsche Sprache gedacht war, ist eher eine Anbiederung an die Märchenbrüder geworden.

Weblink:

Günter Grass-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de





Grimms Wörter







Günter Grass: Grimms Wörter - Eine Liebeserklärung


Steidl Verlag, August 2010.
360 Seiten, 29,80 EUR.
ISBN-13: 978-3869301556




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