Dienstag, 13. September 2011

»Extrem Laut Und Unglaublich Nah« von Jonathan Safran Foer

Extrem laut und unglaublich nah
Extrem laut und unglaublich nah




Jonathan Safran Foer bekennt sich als erster New Yorker Autor direkt zum Schrecken des Terrors. Jonathan Safran Foer ist 1977 geboren, er ist 28 Jahre alt, als er den Roman »Extrem Laut Und Unglaublich Nah« 2005 geschrieben hat und »9/11« ist ein sehr großes Thema für einen Mann in seinem Alter. Da ist es gut, wenn man sich bei der Annäherung und Bearbeitung an Vorbilder halten kann: der Plot ist an Paul Auster angelehnt und die Figur des Oskar an Günter Grass.







Ins Zentrum seines Romans stellt er Bilder, die sich uns allen in das kollektive Gedächtnis eingebrannt haben. Bilder, die an Schrecken nicht zu überbieten sind und die wir unauslöschlich gespeichert haben. So kreist der Roman um eine zentrale Szene, deren Vorstellung seit dem 11. September 2001 zum kollektiven Repertoire des Schreckens gehört:





Der Vater ist in einem der oberen Stockwerke des World-Trade-Centers gefangen und ruft zu Hause an – um sich zu verabschieden. Dies ist eine Szene, die unsere Vorstellungskraft sprengt. Der Tod kommt, wenn er mitten im Leben kommt, entweder überraschend, oder aber langsam. Er kommt nicht mit einem verzögerten Schlag, der es uns erlaubt, noch einmal im Vollbesitz unserer Kräfte von allen Lieben Abschied zu nehmen und ein paar letzte Worte zu sagen. Diese Erfahrung hat uns 9/11 beschert.




Auffällig ist das Buch vor allem aufgrund seiner postmodernen Referenzsysteme: Bilder, Schrifttypen und leere Seiten fungieren als Teil des Textkorpus' und Paratext zugleich.




"Natürlich habe ich die Hauptfigur an Oskar Matzerath ausgerichtet, »Die Blechtrommel« ist eines meiner Lieblingsbücher. Doch bei Grass möchte die Figur nicht wachsen und verfällt dem Wahnsinn, mein Oscar hingegen möchte so schnell wie möglich erwachsen werden und findet am Ende seine geistige Gesundheit."



Der große Erfolg von »Extrem Laut Und Unglaublich Nah« in den USA verspricht wohl eine neue Welle der Literatur über 9-11, gerade weil es Foer tatsächlich vorzüglich gelingt, experimentelle Literatur mit Creative-Writing-Mainstream zu verbinden. img title="«Extrem Laut Und Unglaublich Nah« von Jonathan Safran Foer " src="http://www.die-zitate.de/images/nav/quadrat-rot.gif">









Extrem laut und unglaublich nah







»Extrem laut und unglaublich nah«

von Jonathan Safran Foer,

Kiepenheuer & Witsch,
1. Auflage, 19. August 2005,
432 Seiten, 22,90 EUR
ISBN-13: 978-346-203607-6




Sonntag, 11. September 2011

Literatur zum 11. September - Nine-Eleven-Literatur

Literatur zum 11. September - Nine-Eleven-Literatur




Der 11. September 2001 hat auch in der Literatur seinen  Niederschlag gefunden, obwohl für dieses Schrecknis des Terrors durchaus die <font color="000099">Diktion Adornos</font> gelten könnte, ob es einem Autor überhaupt möglich sei, über den 11. September zu schreiben. - Aber die Welt der Literatur macht auch vor dem Terror nicht halt und so gab es einige literarische Nachbeben zum Anschlag vom 11. September.

Nicht alle Autoren nähern sich dabei so spektakulär wie der 2003 erschienene Roman „Windows of the World“ des französischen Skandalautors Frédéric Beigbeder, der ein Flugzeug in ein Gebäude rasen lässt, während ein Vater mit seinen beiden Söhnen in der 106. Etage des Nordturms im Restaurant „Windows of the World“ sitzt. Sein Minutenprotokoll in 109 Kapiteln ist gleichzeitig zynisch und banal - eine ausgedachte Inszenierung des Schreckens.

Bücher, die sich dem Thema indirekt nähern, erfassen auch die anhaltenden Zerstörungen des 11. Septembers. Zum Beispiel Don DeLillos „Falling Man“; von 2007. Seine Hauptfigur entkommt zwar den brennenden Türmen, wird aber zum sozialen Wrack. Der Roman vermeidet aber schnelle Schlussfolgerungen - und projiziert den Schrecken in die Aktion eines Künstler, der das Bild eines in den Tod springenden Mannes (»Falling Man«) nachspielt.

Der New Yorker Schriftsteller Jonathan Safran Foer bekennt sich als erster Autor direkt zum Schrecken des Terrors. In seinem Roman Extrem laut und unglaublich nah“ von 2005 verbindet Jonathan Safran Foer die Ereignisse des 11. Septembers mit der Bombardierung Dresdens. Die Geschichte eines neunjährigen Jungen, der dem sinnlosen Tod des Vaters hinterherforscht, weitet sich bei ihm ins Historische.

Mittwoch, 7. September 2011

»Tagebücher 1982-2001« von Fritz J. Raddatz

Als der ehemalige "DIE ZEIT"-Feuilletonist Fritz J. Raddatz, der 1985 seinen Posten wegen eines falschen Goethe-Zitates räumen musste, hat er seine Tagebücher veröffentlicht, die fast ausschließlich von dieser Kränkung und dem Versuch, diese Wunde zu lecken, handeln.

Die Tagebücher 1982-2001 dokumentieren in einer Rückschau den Kulturbetrieb der alten Bundesrepublik als eine Welt, die an eine Vorhölle erinnert. Es ist das eindrucksvoll erschütternde Dokument eines erstarrten Kulturbetriebes.

Tagebücher 1982-2001

Ein Buch wie dieses hat es noch nicht gegeben. In diesem Bildungsroman verarbeitet er seine Erfahrungen im deutschen Literaturbetrieb. Von Rudolf Augstein bis Marion Dönhoff, von Günter Grass bis Hans Magnus Enzensberger zeigt es die deutschen Intellektuellen, ja überhaupt die ganze bundesrepublikanische Gesellschaft, wie sie so hellsichtig nie beschrieben worden ist: wahrgenommen mit dem Sensorium eines Hochempfindsamen, subjektiv und treffend, anteilnehmend, scharfzüngig. Das Buch, das von der Kritik immer erhofft, von den Schriftstellern aber nie geschrieben worden ist - der große Gesellschaftsroman der Bundesrepublik, das Balzac'sche Porträt unserer Zeit -, hier ist es. Und vermutlich war niemand so geeignet, es zu schreiben, wie Fritz J. Raddatz.

Die Tagebücher 1982-2001 sind ein dunkler Roman aus dem Herzen der alten BRD, voll von Schmähungen, Lob und Freundschaft. Ein böses Sittengemälde und Medienpanorama aus jenen Jahren, als Geist und Macht noch alliiert waren und ein Streit zwischen Federn zur Staatsaffäre werden konnte. Ein Hamburger Sittengemälde in dieser gellenden Epoche. Und das Leidensbuch eines Mannes, der immer wieder Angst hat, an Deutschland krank oder verrückt zu werden.
»Nur wer unter Schriftstellern gelebt hat, weiß was Hass ist.«
Emile Zola
Raddatz erzählt von den Dramen der verbandelten, verfeindeten, ineinander verbissenen Hamburger Medien-Granden. Diese Dramen machen einen wesentlichen Teil der Tagebücher aus. Eine hermetisch, fast höfisch geprägte Welt tritt einem da entgegen, geprägt von Eifersucht, Egoismus, Intrigen. Da werden Briefe gewechselt, da werden die Messer in den Salons gewetzt, da redet man schlecht übereinander und stößt schließlich doch mit Champagner an.

Wie ein roter Faden zieht sich Raddatzs Verhältnis zur Wochenzeitschrift "Die ZEIT" durch das ganze Buch. Der einstige Feuilletonchef der "Zeit" musste 1985 seinen Posten wegen eines falschen Goethe-Zitates räumen. Der Großmeister und Neuerfinder des Feuilletons sinniert über die Gründe seines Falls. In der Kulturszene galt Raddatz wegen seines aufwendigen Lebensstils und seiesn Hangs zur Eitelkeit schon länger als Störenfried. Er war ein Störenfried im deutschen Kulturschrebergarten.

Am 12. Oktober 1985 bricht der "Skandal" los, über den Raddatz schließlich seinen Posten als Feuilletonchef der "Zeit" verliert: Er hatte Goethe in die Epoche der Eisenbahn versetzt. Ein kleiner - eigentlich banaler - Fehler mit großer Wirkung für Raddatz berufliche Karriere. Das war die Gelegenheit, den Störenfried mit seinem "Pörschlein", wie er sein Auto nannte, loszuwerden. "Gespenstisch, meine Vorahnungen", notiert er und sieht sich bestätigt, dass Nachkriegsdeutschland regiert wird vom "alltäglichen Faschismus".

"Seine Eitelkeit hat uns Qualitäten beschert, aber ihn auch dazu verlockt, bis an den Rand zu gehen und darüber hinaus", sagt Theo Sommer von der "Zeit", wo Raddatz 1977 als Feuilletonchef begann - und einen leidenschaftlichen, streitbaren, aufklärerischen, emphatischen, subjektiv geprägten Kulturteil prägte, neben dem die Streber- und Stipendiatenfeuilletons von heute noch papierener wirken.


Tagebücher 1982-2001



Fritz J. Raddatz: Tagebücher 1982-2001«

Rowohlt Verlag, September 2010.
944 Seiten, 34,95 EUR
ISBN-13: 978-389-805781-7

Mark Twain in politisch korrekter Auflage

Mark Twain

Gut 100 Jahre nach dem Tode Mark Twains erscheinen nun seine beiden bekanntesten Bücher in den USA jetzt in einer überarbeiteten und "politisch korrekten" Version.

Die neue Auflage der Abenteuer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn werde um zwei "schädliche Beiworte" bereinigt sein, teilte der Verlag NewSouth Books mit. Welche Worte das seien, ging aus der Erklärung nicht hervor.

Es ist aber bekannt, dass die Worte "Nigger" und "Injun", die als Schimpfwörter für Schwarze und für Indianer gelten, nicht mehr in den Büchern vorkommen. Statt des Wortes "Nigger" soll jetzt das Wort "Sklave" im Text stehen, statt der "Injun" das Wort "Indianer".

Stellt sich Frage, warum der Verlag erst jetzt auf die Idee gekommen ist, die Bücher zu überarbeiten, um sie von ihren "Schimpfwörtern" zu befreien.
"Es ist idiotisch, sieben oder acht Monate an einem Roman zu schreiben,
wenn man in jedem Buchladen für zwei Dollar einen kaufen kann."

Weblnks:

Mark Twain-Biografie

Mark Twain-Zitate

Mark Twain - Lesen und hören. - www.twain-lesen.de

Mark Twain - Alle Artikel, Hintergründe und Fakten

Montag, 29. August 2011

Petros Markaris, der zeitgenössische Kriminalautor

Petros Markaris gilt als Vertreter der neuen griechischen Literatur nach westeuropäischem Stil. Sein Vater ist Armenier, seine Mutter Griechin, sein Abitur machte er auf einem österreichischen Realgymnasium in Istanbul, um dann nach Wien und auch für ein Jahr nach Stuttgart zu gehen.

Markaris studierte Volkswirtschaft, bevor er zu schreiben begann. Er hat Theaterstücke, eine Fernsehserie sowie zwei Kriminalromane geschrieben und deutsche Dramen ins Griechische übersetzt, etwa Goethes »Faust« und Brechts »Mutter Courage«. Zudem ist er Co-Autor des international vielfach ausgezeichneten Filmemachers Theo Angelopoulos.

Insbesondere seine Werke um den exzentrisch-verbrummelten Kommissar Kostas Charitos machten den Griechen populär. Mit dem Schreiben von Kriminalromanen begann er erst Mitte der neunziger Jahre. Mit seinen beiden ersten Kriminalromanen »Hellas Channel« und »Nachtfalter« hat Petros Markaris die zeitgenössische Kriminal-Literatur bereichert.

Für Markaris ist ein Kriminalroman gleich ein Gesellschaftsroman. Ihn interessiert die »Globalisierung der kriminellen Tätigkeit, die parallel zur wirtschaftlichen Globalisierung läuft«.

Weblink:

Petros Markaris - www.krimi-couch.de

Samstag, 27. August 2011

»Faule Kredite« - Petros Markaris' Buch zur Griechenland-Krise

Das Buch zur Griechenland-Krise ist - wie sollte es anders sein - natürlich ein Krimi mit einem dazu passenden Titel: »Faule Kredite« heißt der neueste Thriller vom bekanntesten Krimiautor Griechenlands Petros Markaris.

Für Krimi-Autoren ist Griechenland zur Zeit das Paradies, sagt Petros Markaris, für alle anderen die Hölle. In »Faule Kredite« betrachtet Petros Markaris die griechische Krise wie einen komplexen Kriminalfall.



Sein Roman »Faule Kredite« ist der sechste Band einer Reihe um den Athener Kommissar Kostas Charitos. Charitos bekommt in dem Roman zur Finanzkrise viel zu tun: Er muss gleich vier spektakuläre Morde aufklären, denn drei Bankiers und der Boss eines Inkassounternehmens werden enthauptet aufgefunden. Eine Serie geköpfter Männer, alle aus dem Dunstkreis der Finanzwelt, hält die Polizei der Hauptstadt mit Kostas Charitos an der Spitze der Ermittler in Atem.

Für einen Verlag ist ein Roman zu einem Ereignis natürlich ein Glücksfall.
Und schon wächst aus der Krise schenll ein Geschäft: Das druckfrische Buch des griechischen Krimi-Autors wurde in Italien schon zweimal nachgedruckt. Die deutsche Ausgabe ist am 5. Juli 2011 erschienen. Ursprünglich geplant war der September.




Faule Kredite








"Faule Kredite"
Ein Fall für Costas Charitos
von Petros Markaris



diogenes,
gebundene Ausgabe,
22,90 EUR.
ISBN-13: 978-3-257-06793-2





Donnerstag, 25. August 2011

»Das Gartenfest« von Václav Havel

Václav Havel

Vaclav Havel ist ein Vertreter des absurden Theaters und seine Erzählwerke stehen in dessen Tradition. Bestimmendes Grundthema in Havels dramatischem wie essayistischem Werk – als Ursache der Absurdität – war die Entfremdung des heutigen Menschen von der von ihm genannten Lebenswelt, einer Idealvorstellung der Menschen auf Erden.

Diese werde dadurch hervorgerufen, dass in der aufgeklärten Fortschritts-Gesellschaft die Wissenschaft die Position der obersten Instanz, die zuvor dem unbekannten Höheren - Gott oder ähnlichem - vorbehalten war, eingenommen hat.

1960 kam der junge Autor am Prager »Theater am Geländer« unter. Angestellt wurde er als Bühnenarbeiter. Doch Havel gelang es, die Schere zwischen zugewiesener sozialer Rolle und selbst bestimmter Identität zu schließen: Er setzte sich als Dramaturg und Hausautor des Theaters durch. Sein erstes abendfüllendes Stück war »Das Gartenfest«. Es geht darin, wie könnte es anders sein, um einen Menschen, der seine Identität verliert - gefangen im Mechanismus der Phrase.

Was kann es denn anderes sein als eine Parodie, wenn Vaclav Havel die Phrasen von Parteifunktionären zum Inhalt eines Theaterspiels macht. Václav Havels als »Spiel« bezeichnetes Drama »Das Gartenfest« ist eine Satire auf die vom Staat geforderte Phraseologie, die sich als Sprache verselbständigt, alles überwuchert und die Menschen zu blossen Erfüllungsgehilfen einer totalitären Ideologie abstempelt.

Im Mittelpunkt eines undurchschaubaren Machtkampfes zweier verfeindeter Funktionärs-Gruppierungen steht ein junger Mann namens Hugo Pludek. Er wird eines Tages mit einer "außergewöhnlichen Aufgabe" betraut, nämlich "auf den Trümmern des ehemaligen Amtes für Auflösung und des ehemaligen Eröffnungsdienstes ein neues, großes Amt aufzubauen: Die Zentralkommission für Eröffnung und Auflösung".




Auf einem Gartenfest sind die Funktionäre des Amts für Eröffnung und des Amts für Auflösung vertreten, einer dem andern misstrauend. Der junge Hugo fügt sich schnell in diese Gesellschaft ein und entwickelt sein Projekt eines Amts für Eröffnungs-Auflösungs-Eröffnung, das alle in Unkenntnis ihres eigentlichen Zweckes überschwänglich loben, weil es niemand so richtig durchschaut. Obwohl niemand so richtig weiß, was das sein soll, und wer dann wen schulen soll, aber der Plan wird gut geheißen. Schnell wird der mit Opportunisten konfrontiert, die sich allesamt als nonkormistisch empfinden und ihr Arrangement mit dem tyrannischen Staat mittels selbsttrügerischer Leerformeln verteidigen.

Václav Havel zeigt in seinem Drama auf, wie die vom Staat geforderte Sprache den Menschen durchdringt, wie diese Durchdringung der Sprache sich verselbständigt und dann schliesslich zur leeren Phraseologie wird, die keiner mehr durchschaut. Es zeigt die Entfremdung des heutigen Menschen von der sogenannten Lebenswelt deutlich auf.



Weblink:

Hintertürchen und so weiter - www.nachtkritik.de



Gartenfest
von Vaclav Havel