Posts mit dem Label Gesellschaft werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Gesellschaft werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Donnerstag, 3. April 2014

Schweizer Schriftsteller Urs Widmer ist tot

Schweizer Autor Urs Widmer

Urs Widmer, geboren 1938 in Basel, zählt zu den bekanntesten deutschsprachigen Autoren der Gegenwart. Das Spektrum seines Schaffens ist groß: Erzählungen, Romane, Theaterstücke, Hörspiele und Essays. Jetzt starb er im Alter von 75 Jahren nach schwerer Krankheit. Urs Widmer hat maßgeblich die Literaturszene in der Schweiz mitgeprägt. Mit ihn verliert die Schweiz einen ihren großen Gegenwartsautoren.

Mit Widmer verliere Schweiz nicht nur einen großen Schriftsteller, schrieb die "Neue Zürcher Zeitung" in ihrer Online-Ausgabe: "Urs Widmer hat mit seiner heiteren Besonnenheit und seinem temperamentvollen Esprit das intellektuelle Leben hierzulande maßgeblich mitgeprägt und belebt."

Widmer zählte zu den bekanntesten deutschsprachigen Autoren der Gegenwart und war "einer der vielseitigsten und erfolgreichsten Schweizer Schriftsteller der Generation nach Friedrich Dürrenmatt und Max Frisch", wie es in der Mitteilung des Diogenes-Verlags heißt. Er galt als würdiger Nachfolger von Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt.

Urs Widmer studierte Germanistik, Romanistik und Geschichte in Basel, Montpellier und Paris. Danach arbeitete er als Verlagslektor im Walter Verlag, Olten, und im Suhrkamp Verlag, Frankfurt. In Frankfurt rief er 1968 zusammen mit anderen Lektoren den »Verlag der Autoren« ins Leben. Erst mit 30 Jahren fing er an, zu schreiben.

Kurz nach dessen Gründung wurde er mit seinem Erstling, der Erzählung »Alois«, selbst zum Autor. Widmer lebte als Schriftsteller in Zürich. Zuletzt wurde er für sein umfangreiches Werk mit dem »Friedrich-Hölderlin-Preis« 2007 der Stadt Bad Homburg ausgezeichnet. Noch im August 2013 hat er seine Autobiographie »Reise an den Rand des Universums« veröffentlicht.

Weblinks:

Weltliterat - Der Schweizer Autor Urs Widmer ist gestorben - 3 Sat Kulturzeit - www.kulturzeit.de

Reise an den Rand des Universums: Autobiographie
Reise an den Rand des Universums: Autobiographie
von Urs Widmer





Mittwoch, 26. März 2014

»Vor dem Fest« von Saša Stanišic


»Vor dem Fest« ist ein humorvoll, poetischer Roman von Saša Stanišić, eines 1978 geborenen Autoren, der erst im Alter von 14 Jahren mit seiner Familie aus dem heutigen Bosnien-Herzegowina vor dem jugoslawischen Bürgerkrieg nach Deutschland floh. Umso erstaunlicher ist es, welch souveräne Gewandtheit Stanišić in einer Sprache entwickelt hat, die nicht seine Muttersprache ist.

In seinem zweiten Roman »Vor dem Fest« lässt Saša Stanišić ein Dorf in der Uckermark entstehen. Ein Dorf in der Uckermark ist im Begriff, das jährliche Annenfest zu feiern, aber warum, weiß eigentlich keiner mehr so recht. Da ist es gut, dass in der Nacht vor dem Fest viele Geschichten über das Dorf wieder ans Licht kommen und jedenfalls dem Leser etwas Einsicht in das gelebte und lebendige Leben des Dorfes schenken.

Irgendwie haben die Geschichten ein Eigenleben entwickelt, so wie das Dorf selbst schon eine Art Persönlichkeit geworden ist, das sich zwischendurch immer mal wieder meldet und das Geschehen kommentiert. Auf diese Weise trifft man viele interessante, natürlich stets skurrile Figuren, die im Dorf leben und dem Leser ihre Geschichte offenbaren.

Uckermark

Zu nennen sind der Glöcknerlehrling Johann, die verschrobene alte Malerin Frau Kranz, den lebensmüden Herrn Schramm, Poppo von Blankenburg, um dessen Tod sich so mancher Mythos rankt. Schnell gewinnt man die Figuren lieb und möchte mehr über sie erfahren. Das ist aber gar nicht so einfach. Denn diese Geschichte ist keinesfalls chronologisch erzählt, sondern springt von einem Fragment zum nächsten.

Stilistisch ist das Buch eine kleine Herausforderung. Dann lohnt sich die Lektüre aber sehr. Vor allem wird man mit sehr viel intelligentem Humor und fast genialen Ideen belohnt. Dass Autor Saša Stanišić dafür den Preis der Leipziger Buchmesse erhalten hat, ist mehr als berechtigt und freut mich sehr.

Humorvoll, poetisch und durchdrungen von einer tiefen Zuneigung zu den Figuren – so lässt sich wohl am besten der neue Roman beschreiben. An den Sätzen des jungen Poeten ist leicht zu merken, dass er sich auskennt, im Leben und auch dem Lebensgefühl der Uckermark.

Der Roman »Vor dem Fest« ist eine Hommage und Würdigung der literarisch bislang vollkommen vernachlässigten Uckermark und ihrer Menschen. Mit seiner Erzählkunst eroberte er auf Anhieb das deutsche Feuilleton und gewann den Preis der Leipziger Buchmesse.

Weblink:

Vor dem Fest
Vor dem Fest
von Sasa Stanisic

Samstag, 22. Februar 2014

»Aus meinem Leben« von Giacomo Casanova

Giacomo Casanova

Giacomo Casanova war ein Frauenheld und Verführer - sein Name ist sprichwörtlich geworden, seine Liebesabenteuer machten ihn zur Legende. Doch in Casanovas berühmter Autobiographie »Aus meinem Leben« geht es nicht nur um Liebe und Erotik. Vielmehr entwirft sie ein lebhaftes Bild des politischen und gesellschaftlichen Lebens im 18. Jahrhundert.

Casanova war ein seltener und wohl auch faszinierender Lebenskünstler und Zeitgenosse, der ohne eigenes Vermögen und mit einem Hang zur Verschwendung gesegnet, doch immer wieder irgendwie auf die Füße gefallen ist und nicht nur bei den Frauen immer in hohem Ansehen stand.

Casanova ist ein großer Gelehrter. Das mag den überraschen, dem nur seine sprichwörtlichen Verführungskünste geläufig sind. Nein, geistig konnte er einem Voltaire das Wasser reichen, wenigstens soweit man aus der Episode aus Casanovas Autobiographie schließen kann, in der Casanovas

Zusammentreffen mit dem französischen Philosophen beschrieben wird. So ist es nicht nur ein Genuß, von seinen romantischen Affären zu lesen, sondern man erfährt auch viel über das zeitgenössische geistige Leben in diesem Buch.

Dass Casanovas Erinnerungen »Aus meinem Leben« zur Weltliteratur gerechnet werden müssen, hat andere Gründe. Eine plausiblere und eindringlichere Schilderung des Lebens im Europa des 18. Jahrhunderts lässt sich wahrscheinlich schwerlich finden. Das reicht von den Sphären der Kirche, in deren Einflussbereich Casanova als Abbate beginnt, über das Militär, die Musik, den Adel, das gesellschaftliche Leben.

Wer eine Abfolge von mehr oder weniger lüsternen Szenen erwartet, welche sich mit dem Namen Casanova in erster Linie verbinden mögen, wird eher enttäuscht werden. Die Affären des Frauenliebhabers sind für heutige Verhältnisse eher prüde geschildert.

Weblink:

Aus meinem Leben
Aus meinem Leben
von Giacomo Casanova

Mittwoch, 25. Dezember 2013

»A Christmas Carol« von Charles Dickens

<center><img title="»A Christmas Carol« von Charles Dickens " src="https://encrypted-tbn0.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcRHjXIfzSPL01yO1yAkSuwQrK9CvHysVJpJ5z7aXO0Xn_BCOupb" alt="Ebenezer Scrooge"/></center>

Charles Dickens schrieb kurz vor Weihnachten den Roman unter dem Namen "A Christmas Carol". Es ist wohl eine der bekanntesten und schönsten Weihnachtsgeschichten der Welt: Der alte Ebenezer Scrooge, ein hartherziger Geizkragen, wie man ihn im ehrwürdigen London kein zweites Mal antrifft, wird in de Heiligen Nacht von drei Geistern heimgesucht.

Die besinnliche Weihnachtszeit lässt Ebenezer Scrooge kalt. Sogar am Heiligen Abend schikaniert der herzlose Geizkragen seine Mitmenschen. Doch dann prophezeit ihm der Geist eines Geschäftspartners ein düsteres Ende, falls er sich nicht ändern wird. Als ihn die Geister der Weihnacht aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft schließlich mit auf eine Reise durch die Zeit nehmen, kommt Scrooge zur Besinnung.

"Humbug!" - Als solchen bezeichnet Geschäftsmann Ebenezer Scrooge Weihnachten. Es ist Heiligabend gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Wie jedes Jahr schlägt Scrooge die Einladung seines Neffen zum Weihnachtsessen aus, bezichtigt seinen treuen Mitarbeiter der Faulheit und weigert sich, den Armen an den Feiertagen Geld zu spenden.

Doch in dieser Nacht erscheint ihm plötzlich der Geist von Jacob Marley, Scrooges ehemaligem Geschäftspartner. Dieser in schweren Ketten liegende Mann rät Scrooge, dringend sein Leben zu ändern: Wenn er weiterhin so kaltherzig und geizig bliebe, würde er nach dem Tod dafür büßen und kündigt ihm drei weitere Geister an. Sie zeigen ihm Bilder der vergangenen, gegenwärtigen und kommenden Weihnacht - in der er, Scrooge, bereits nicht mehr lebt.

Als Scrooge am Morgen aufwacht stürzt er auf die Straße, kauft einen großen Truthahn für seinen Mitarbeiter und dessen Familie, nimmt die Einladung seines Neffen zum Weihnachtsessen an und spendet eine großzügige Summe für die Armen.

Das Buch, das Dickens vor 170 Jahren am 19. Dezember 1843 erstmals unter dem Originaltitel "A Christmas Carol" veröffentlichte, geriet alsbald zum Verkaufsschlager. Seine Botschaft: Güte und Mitgefühl für die Mitmenschen zählen nicht nur an Weihnachten, sondern das ganze Jahr über zu den höchsten Gütern. Sein Klassiker »Eine Weihnachtsgeschichte« erschien 1843 und wurde unzählige Male in Filmen und Serien adaptiert.

Weblink:

<a title="Charles Dickens-Biografie" href="http://www.die-biografien.de/biografien/187.php" target="blank">Charles Dickens-Biografie</a> - <a title="Biografien-Portal, Biografien, Biographien" href="http://www.die-biografien.de">Biografien-Portal</a> www.die-biografien.de

<!--
Im Jahr 1843 schrieb Charles Dickens seine "Weihnachtsgeschichte", die auch heute noch Kinder und Erwachsene fasziniert. Der Geschäftsmann Ebenezer Scrooge wird am Heiligen Abend vom Geist der vergangenen, der gegenwärtigen und der zukünftigen Weihnacht besucht, und der Leser darf miterleben, wie der herzlose alte Mann zu einem liebenswerten Unterstützer der Armen wird. -->

Mittwoch, 18. Dezember 2013

Joachim Kaiser zum 85. Geburtstag

Joachim Kaiser

Joachim Kaiser zählt zu den einflussreichsten deutschsprachigen Musik-, Literatur- und Theaterkritikern. Er hat Generationen von Künstlern, Kulturliebhabern und Kollegen beeinflusst und ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland. Er ist neben Marcel Reich-Ranicki und Fritz J. Raddatz einer der letzten Großkritiker der deutschen Kulturszene und einer der "letzten Mohikaner". Joachim Kaiser feiert am 18. Dezember seinen 85. Geburtstag.

Joachim Kaiser ist ein Vertreter der Hochkultur und einer der letzten Universalgebildeten - ein »homo universalis« - mit großer Affinität zu Musik und Theater. Seit bald sechs Jahrzehnten begleitet er das kulturelle und geistige Geschehen in Deutschland. Er studierte bei Theodor W. Adorno und Max Horkheimer, war ein Hauptkritiker der Gruppe 47 und begleitet seit Anfang der fünfziger Jahre das Literatur- , Musik- und Theaterleben, das er bereichert hat wie kaum ein Zweiter, mit großer Professionalität und Leidenschaft.

Die Redaktion und Leser der “Süddeutschen Zeitung ” hat er mit seinen Kritiken, Essays und Beiträgen seit 1957 jahrzehntelang bereichert und ein großes Publikum weit darüber hinaus. Kaisers Markenzeichen ist eine unerreichte Mischung von Hochbildung, Tiefgang und unterhaltsamer Schreibe. Dazu bewies er sich auch als Meister des gesprochenen Wortes in Film- und Videoformaten wie “Kaisers Klassik-Kunde” für das SZ-Magazin.

Joachim Kaiser letzten Mohikaner

»Es kommt doch sehr darauf an, wie man das, was man sagen will, so ausdrückt, dass es die Menschen interessiert.«
Joachim Kaiser, »Credo«
Kaiser ist ein Bewahrer und Förderer der Kunst und Hochkultur auch in bildungsfernen Zeiten. Ihm war es stets wichtig, die Bewahrung der Tradition, ja, wenn es sein musste, der ganzen Abendlandes hervorzuheben, und das schon in frühem Alter.


»Wir Jungen nahmen damals Kunst, Bildung und Intellektualität viel ernster, als es heute üblicherweise der Fall ist -aus einem ganz besonderen Grund. Wir hatten in der Jugend die Freiheitsberaubung durch eine Diktatur und einen Krieg erlebt. Wir wussten, wie wichtig Freiheit ist. Das wollten wir in unserer Arbeit zum Ausdruck bringen.«
Joachim Kaiser
Und diese Freiheit kostete der junge Kritiker aus. Er schrieb über Musik, über Theater, über Literatur. 50 Jahre hat er für die Süddeutsche Zeitung geschrieben. "Im Falle des Falles, schreibt Kaiser über alles" - so hieß es dort oft.

Joachim Kaiser ist über seinem mannigfaltigen Schaffen und seinem Credo derweil selbst zum Klassiker geworden – und zum Vorbild für Kultur- und Musikkritiker aller Generationen. Das ist ihm wahrlich gelungen – wovon seine zahlreichen Bücher zeugen.

Weblink:

Ich bin der letzte Mohikaner
'Ich bin der letzte Mohikaner'
von Henriette Kaiser und Joachim Kaiser

Dienstag, 8. Oktober 2013

Swetlana Alexijewitsch erhält den Friedenspreis 2013

Swetlana Alexandrowna Alexijewitsch

Den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verleiht der Börsenverein im Jahr 2013 an Swetlana Alexijewitsch und ehrt damit die weißrussische Schriftstellerin, die die Lebenswelten ihrer Mitmenschen aus Weißrussland, Russland und der Ukraine nachzeichnet und in Demut und Großzügigkeit deren Leid und deren Leidenschaften Ausdruck verleiht.

Mit den Berichten über Tschernobyl, über den sowjetischen Afghanistan-Krieg und über die unerfüllten Hoffnungen auf ein freiheitliches Land nach dem Auseinanderbrechen des Sowjetimperiums lässt sie in der tragischen Chronik der Menschen einen Grundstrom existentieller Enttäuschungen spürbar werden.

Swetlana Alexijewitsch hat durch die Komposition ihrer Interviews, die auch die Grundlage ihres neuesten Buches »Secondhand-Zeit« bilden, zu einer eigenen literarischen Gattung gefunden, zu einer chorischen Zeugenschaft. Als moralisches Gedächtnis hinterfragt sie, ob Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit nicht die besseren Alternativen wären.

Mit ihrer Affinität zum Abgründigen im Menschen steht Alexijewitsch in der russischen Tradition einer großen Literatur des Leidens. Doch ihre Erzähler sind nicht nur Nachfahren Dostojewskis. Sie sind ebenso Kafkas Enkel, deren Welt zerfallen ist und die ihr Leben wie im Schock erfahren.

Dienstag, 10. September 2013

Leo Tolstois innere Abkehr

Leo Tolstoi

Graf Tolstoi pflegte bis zum Beginn der 1880er Jahre den aufwendigen Lebensstil eines russischen Adligen, lud Aristokraten und Künstler zu Bällen und zur Jagd. Das Leben als Graf und Gutsbesitzer verschaffte ihm jedoch keine Erfüllung.

Im Inneren strebte der reiche Gutsbesitzer jedoch längst nach einem einfachen und geistigen Leben. Die Jahre, in denen er sich konsequent auf seine Romane konzentrierte, in denen er "Krieg und Frieden" oder "Anna Karenina" schrieb, waren vorüber.

Stattdessen interessierte er sich jetzt für Religion, Philosophie und Sozialkritik. Nach dem Besuch in einem Moskauer Armenviertel quälten ihn die Widersprüche zu seiner eigenen Lebensweise. Überwältigt von Mitleid, beschloß er, seinem Vermögen zu entsagen.

Tolstoi bevollmächtigte seine Frau, alle Geldangelegenheiten zu übernehmen und auch die Drucklegung seiner Werke zu führen. Seinen Angehörigen überschrieb er Jasnaja Poljana und lebt fortan wie ein Gast auf dem Landgut. Er trug nun einfache Bauernkleidung zu einem wild un düppig sprießenden Bart.

Seine nach 1881 veröffentlichten Werke durfte jeder unentgeltlich veröffentlichen. Tolstoi fühlte sich befreit von der Last des Besitzes, dennoch führten seine Entschlüsse in den folgenden Jahren immer wieder zu Streit mit seiner herrischen Frau Tolstaja.

Beide entfremdeten sich immer mehr. "Sie können sich nicht vorstellen, wie einsam ich bin", schrieb Tolstoi an Freunde, "alles was mir teuer ist, wird von meiner Frau verachtet."

In einer Verfügung verlangte er, dass die Urheberrechte seiner Werke nach dem Tod dem russischen Volk überlassen werden. Tolstaja hielt diesen Wunsch "für dumm und sinnlos", sie fürchtete um das familiäre Wohl und wollte mit den nun freien Rechten nicht "reiche Verleger beschenken".
Weblink:
Krieg und später Frieden - www.sueddeutsche.de

Freitag, 31. Mai 2013

Swetlana Alexijewitsch 65. Geburtstag

Swetlana Alexandrowna<br />
Alexijewitsch

Die weißrussische Schriftstellerin Swetlana Alexijewitsch wurde vor 65 Jahren am 31. Mai 1948 in Stanislaw, Ukraine, als Tochter einer Lehrerfamilie geboren. Ihre Mutter war Ukrainerin, ihr Vater Weißrusse.

Sie studierte in Minsk Journalistik. Im Anschluss war sie für eine Lokalzeitung sowie als Lehrerin tätig. Ein Jahr später arbeitete sie für die Land-Zeitung in Minsk. Im Jahr 1976 wechselte sie als Korrespondentin zum Literaturmagazin »Neman«.

Sie befasste sich mit unterschiedlichen literarischen Genres wie Kurzgeschichten, Essays und Reportagen und entwickelte eine Methode, die literarisch eine größtmögliche Annäherung an das wahre Leben erlaubt, eine Zusammenfassung individueller Stimmen als Collage des tagtäglichen Lebens.

Wäre die Autorin Swetlana Alexijewitsch an einem anderen Ort groß geworden, hätte sie womöglich einen anderen Blick auf die Conditio humana entwickeln können. Aber ihre Heimat Weißrussland war blutgetränkte und verbrannte Erde.

Ein Drittel der Bevölkerung war im Zweiten Weltkrieg umgekommen. Die Überlebenden, überwiegend Frauen und Kinder, blieben im verwüsteten Land zutiefst traumatisiert zurück. Schauergeschichten und Weiberklagen gehörten zu ihrer Kindheit ebenso wie die Schwarzmärkte in den zerstörten Städten, wo Kriegsversehrte ohne Gliedmaßen auf ihren Holzbrettern kauerten.

Mit ihrer Affinität zum Abgründigen im Menschen steht Swetlana Alexijewitsch in der russischen Tradition einer großen Literatur des Leidens. Doch ihre Erzähler sind nicht nur Nachfahren Dostojewskis. Sie sind ebenso Kafkas Enkel, deren eigentümliche Welt bereits zerfallen ist und die ihr Leben wie im Schock erfahren.

Samstag, 5. Mai 2012

1987 Uraufführung "Mein Kampf" von George Tabori

Mein Kampf von George Tabori

Am 5. Mai 1987 fand der Uraufführung des Stückes "Mein Kampf" im Akademietheater des Wiener Burgtheaters statt. George Tabori führte Regie bei der Uraufführung.

"Mein Kampf" von George Tabori ist ein in Form einer Groteske im Jahr 1987 inszeniertes Theaterstück von George Tabori, das die "Wiener Jahre" Adolf Hitlers als Bewohner eines Männerwohnheims in der Hauptstadt Österreich-Ungarns vor dem Ersten Weltkrieg zum Thema hat.

George Tabori, in dessen Theaterstücken sich immer wieder die unmöglichsten Begegnungen ereignen, läßt in seiner Farce "Mein Kampf" den fliegenden Buchhändler Schlomo Herzl auf einen jungen Mann aus Braunau am Inn namens Adolf Hitler treffen.

In einem Wiener Männer-Asyl begegnen sie sich und sie teilen sich in den kalten Winternächten einen Mantel. Schlomo mag den jungen Hitler, aber seine Liebe und sein Geschichtenerzählen werden diesen gescheiterten Kunststudenten nicht von einer Weltkarriere als Würgeengel abhalten können.

In Taboris Stück wird die Entwicklung Hitlers vom erfolglosen und unbedarften Aspiranten eines Kunststudiums zum antisemitischen Demagogen und späteren despotisch herrschenden Diktator in einer zugespitzt-sarkastischen Weise interpretiert.

George Tabori nannte sein 1987 am Burgtheater uraufgeführtes Stück "einen theologischen Schwank" in dem sich Witz und Tiefsinn, Poesie und Melancholie, grauenhafte Realität und brüllende Komik so leichthin mischen, wie es nur Tabori vermochte.

Dienstag, 13. März 2012

"Emilia Galotti" 1772 uraufgeführt

Das bürgerliche Trauerspiel "Emilia Galotti" von Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781) wurde am 13. März 1772 im Herzoglichen Opernhaus in Braunschweig uraufgeführt.

Die Premiere erntete viel Beifall. "Emilia Galotti" war das erste deutsche "Bürgerliche Trauerspiel" und sollte eine deutsche, an Shakespeare orientierte Dramentradition begründen.

In seinem Stück erzählt Lessing die Geschichte eines Prinzen, der sich in "Emilia Galotti" verliebt. Die Bürgerstochter will aber einen Anderen heiraten. Um Emilia zu bekommen, inszeniert der Prinz einen Überfall auf deren Bräutigam, der dabei zu Tode kommt. Emilias Vater will sie vor dem Prinzen schützen und tötet sie auf ihren eigenen Wunsch.

Die historisch und örtlich entrückte Darstellung des Konflikts zwischen den bürgerlichen Galottis und dem absolutistischen Prinzen sorgte während der Aufklärungsepoche für Kontroversen.

Weblink:

Bürgerliches Trauerspiel - Exkurs - www.uni-essen.de/literaturwissenschaft-aktiv

Mittwoch, 5. Oktober 2011

Václav Havel 75. Geburtstag

Vaclav Havel

Vaclav Havel stand immer in dem Ruf, ein großer Moralist zu sein und mit seinen Ansichten quasi in moralisch höheren Sphären als den irdischen zu schweben. Er schien immer der Verkünder einer besseren Welt zu sein, an der es lag sich selbst in Freiheit zu verwirklichen.

In der Tschechoslowakei avancierte der Autor durch seinen permanenten Konflikt mit den sozialistischen Machthabern zu einer Art Volkshelden, der seine Erfahrungen literarisch verarbeitete. Ferdinand Vanek brachte es wie sein Schöpfer in seiner Heimat längst zum Status einer Kulturfigur.

Vaclav Havel

Die Rezeption Havels und seine Popularität blieben nicht auf den Dramatiker beschränkt. Je stärker er sich aus seinem anfänglich eng umrissenen Theaterhorizont löste, desto mehr zog er die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich. Für die kommunistischen Diktatoren war der Bürgerrechtler einer der meistgefürchteten Regimekritiker.

Havel wirkte entscheidend an der „Samtenen Revolution“ in der Tschechoslowakei mit. Er gilt als Symbolfigur der „Samtenen Revolution“. Er war das Aushängeschild und der charismatische Führer des gewaltlosen Umsturzes.

Am 29. Dezember 1990 wurde er vom Parlament zum Präsidenten gewählt. Die „Samtene Revolution“ hatte endgültig gesiegt. Von 1990 bis 1993 war er Präsident der tschechoslowakischen Republik. Von 1993 bis 2003 war er Staatspräsident Tschechiens. Er verkörperte die Hoffnungen der Tschechen auf einen demokratischen Neuanfang. Seither betätigt er sich publizistisch für Tschechiens Integration in Europa, mit der der derzeit amtierende Staatspräsident Vaclav Klaus auf Kriegsfuß steht.



Für die Tschechen ist Václav Havel ganz gewiss eine der wichtigsten Figuren des 20. Jahrhunderts. In seiner Amtszeit entwickelte sich Tschechiens Integration nach Europa. Der Dissident im Ruhestand genießt längst den Rang einer Kultfigur. Václav Havel ist eine starke Persönlichkeit, der man mit vollem Respekt begegnet.

Vanek-Trilogie Audienz - Vernissage - Protest und Versuchung - Sanierung: Audienz - Vernissage - Protest und Versuchung, Sanierung. Theaterstücke Das Gartenfest. Die Benachrichtigung: Zwei Dramen. Essays. Antikoden Largo Desolato: Schauspiel in sieben Bildern


Manchmal kommt er sich wie in einem seiner Stücke vor. Daß die Theaterwelt nicht unbedingt der Realität gleicht, hat sich für Havel im politischen Alltag als wertvolle Erfahrung erwiesen. Daß seine Landsleute möglicherweise zu wenig aus seinen politischen Stücken gelernt haben, geht aus der Verlangsamung des Wertewandels und des moralischen Wandels hervor.

Havel gestand einmal, er komme sich als Präsident wider Willen manchmal selber vor, wie eine der Figuren aus seinen (absurden) Stücken. Als politisqhe Figur gleicht der Präsident einem (Staats-) Schauspieler, dem die Bühne zu klein geworden ist. Die Popularität Havels im Ausland erhält jedoch ihm auch zu Hause Sympathiewerte, die denen des Ministerpräsidenten Klaus gleichen.

Weblinks:

Václav Havel-Biografie - www.die-biografien.de


Václav Havel-Zitate - www.die-zitate.de

Samstag, 1. Oktober 2011

»Leutnant Gustl« von Arthur Schnitzler

Leutnant Gustl

Arthur Schnitzlers im Jahr 1900 veröffentlichte Novelle »Leutnant Gustl« dreht sich um Moral, Ehre und Tod und dramatisiert einen fragwürdigen Ehrbegriff. Moral und Ehre sind die zwei Begriffe, die für Lieutnant Gustl der Inbegriff des Lebens bilden.

Gustl ist ein Leutnant der österreichischen Armee, der Anfang zwanzig ist, in Wien lebt und kaum Kontakt zu seinen Eltern und seiner Schwester hat. Seine Statur ist eher klein und schmächtig, was daran erkennbar wird, dass er den Bäckermeister selbst als "zehnmal stärker" mit einer "Faust wie Eisen" bezeichnet.

Die Novelle begleitet diesen Leutnant Gustl durch 12 Stunden seines Lebens voller Höhen und Tiefen, ausgelöst durch einen scheinbar banalen Vorfall im Theater. Leutnant Gustl sitzt in der Wiener Oper und sieht ein sehr langweiliges Oratorium. Er führt in seinen Gedanken ein Art von Monolog mit sich selbst.

Empfohlene Bücher »Leutnant Gustl«:








Die Novelle folgt den Gedanken eines jungen k. u. k. Offiziers, der sich in seiner falsch verstandenen Ehre verletzt fühlt und deshalb vorhat, sich am Morgen um 7 Uhr zu erschießen.

Obwohl der Offizier bis zum Morgen glaubt, sein Tod sei unvermeidlich, ist er nicht fähig, sich ernsthaft mit seinem Leben oder kritisch mit dem Ehrenkodex auseinanderzusetzen. Deshalb wird ihm auch nicht bewusst, wie einsam er ist. Sogar bei seinen erotischen Abenteuern ist er seit jeher auf Kurtisanen angewiesen.

Arthur Schnitzlers Novelle »Leutnant Gustl« wurde 1900 als Skandal empfunden. Ein militärisches Ehrengericht nahm Arthur Schnitzler den Rang eines Oberarztes, weil er "als dem Offiziersstand angehörig die Ehre und das Ansehen der österreichisch-ungarischen Armee geschädigt und herabgesetzt" habe.

Schnitzler hält mit seinem »Leutnant Gustl« der feudal-aristokratischen Gesellschaft der Jahrhundertwende schonungslos das Spiegelbild einer Doppelmoral vor. »Leutnant Gustl« ist das erste Werk in der deutschen Literaturgeschichte, das nur aus einem inneren Monolog besteht.




Leutnant Gustl








"Leutnant Gustl"
von Arthur Schnitzler



Fischer-Verlag,
Taschenbuch,
4,90 EUR.

ISBN-13: 978-359614941X








Freitag, 23. September 2011

»In Zeiten des abnehmenden Lichts« von Eugen Ruge

In Zeiten des abnehmenden Lichts
In Zeiten des abnehmenden Lichts

Eugen Ruge erzählt in seinem eindringlichen, brillant verfassten Familien-Roman "In Zeiten des abnehmenden Lichts", daß das Licht der Utopie, der sozialistischen Verheißung, abgenommen habe und verwendet in seinem Roman eine Allegorie über die schwindenede Leuchtkraft des real existierenden Sozialismus, welcher Ruge wie ein abnehmendes Licht erschien.

"In Zeiten des abnehmenden Lichts" ist ein großer und eindringlicher Deutschland-Roman über drei Generationen, der ein halbes Jahrhundert gelebter Geschichte erzählt: Von den fünfziger Jahren über das Wendejahr 1989 bis zum Beginn des neuen Jahrtausends reicht dieser Roman einer Familie.

Im Mittelpunkt des Romans stehen drei Generationen unter der Herrschaft des real existierenden Sozialismus: Die Großeltern, noch überzeugte Kommunisten, kehren aus dem mexikanischen Exil in die junge DDR heim, um dort mit viel Idealismus ihren Anteil am Aufbau der neuen Republik zu leisten.

Ihr Sohn, als junger Mann nach Moskau emigriert und später in ein sibirisches Lager verschleppt, tritt die Reise vom anderen Ende der Welt, dem Ural, an. Er kehrt mit seiner russischen Frau zurück in eine Kleinbürgerrepublik, an deren Veränderbarkeit er weiterhin glauben will.

Dem Enkel wird die Wahlheimat von Eltern und Großeltern indes zusehends zu eng - bis er, ausgerechnet am neunzigsten Geburtstag des Patriarchen, in den Westen geht. Die Strahlkraft der politischen Utopie scheint sich von Generation zu Generation zu verdunkeln: Es ist die Zeit des abnehmenden Lichts.



In Zeiten des abnehmenden Lichts






"In Zeiten des abnehmenden Lichts"
von Eugen Ruge



Rowohlt-Verlag,
1. September 2011,
19,95 EUR.

ISBN-13: 978-3498057862





Sonntag, 11. September 2011

Literatur zum 11. September - Nine-Eleven-Literatur

Literatur zum 11. September - Nine-Eleven-Literatur




Der 11. September 2001 hat auch in der Literatur seinen  Niederschlag gefunden, obwohl für dieses Schrecknis des Terrors durchaus die <font color="000099">Diktion Adornos</font> gelten könnte, ob es einem Autor überhaupt möglich sei, über den 11. September zu schreiben. - Aber die Welt der Literatur macht auch vor dem Terror nicht halt und so gab es einige literarische Nachbeben zum Anschlag vom 11. September.

Nicht alle Autoren nähern sich dabei so spektakulär wie der 2003 erschienene Roman „Windows of the World“ des französischen Skandalautors Frédéric Beigbeder, der ein Flugzeug in ein Gebäude rasen lässt, während ein Vater mit seinen beiden Söhnen in der 106. Etage des Nordturms im Restaurant „Windows of the World“ sitzt. Sein Minutenprotokoll in 109 Kapiteln ist gleichzeitig zynisch und banal - eine ausgedachte Inszenierung des Schreckens.

Bücher, die sich dem Thema indirekt nähern, erfassen auch die anhaltenden Zerstörungen des 11. Septembers. Zum Beispiel Don DeLillos „Falling Man“; von 2007. Seine Hauptfigur entkommt zwar den brennenden Türmen, wird aber zum sozialen Wrack. Der Roman vermeidet aber schnelle Schlussfolgerungen - und projiziert den Schrecken in die Aktion eines Künstler, der das Bild eines in den Tod springenden Mannes (»Falling Man«) nachspielt.

Der New Yorker Schriftsteller Jonathan Safran Foer bekennt sich als erster Autor direkt zum Schrecken des Terrors. In seinem Roman Extrem laut und unglaublich nah“ von 2005 verbindet Jonathan Safran Foer die Ereignisse des 11. Septembers mit der Bombardierung Dresdens. Die Geschichte eines neunjährigen Jungen, der dem sinnlosen Tod des Vaters hinterherforscht, weitet sich bei ihm ins Historische.

Montag, 29. August 2011

Petros Markaris, der zeitgenössische Kriminalautor

Petros Markaris gilt als Vertreter der neuen griechischen Literatur nach westeuropäischem Stil. Sein Vater ist Armenier, seine Mutter Griechin, sein Abitur machte er auf einem österreichischen Realgymnasium in Istanbul, um dann nach Wien und auch für ein Jahr nach Stuttgart zu gehen.

Markaris studierte Volkswirtschaft, bevor er zu schreiben begann. Er hat Theaterstücke, eine Fernsehserie sowie zwei Kriminalromane geschrieben und deutsche Dramen ins Griechische übersetzt, etwa Goethes »Faust« und Brechts »Mutter Courage«. Zudem ist er Co-Autor des international vielfach ausgezeichneten Filmemachers Theo Angelopoulos.

Insbesondere seine Werke um den exzentrisch-verbrummelten Kommissar Kostas Charitos machten den Griechen populär. Mit dem Schreiben von Kriminalromanen begann er erst Mitte der neunziger Jahre. Mit seinen beiden ersten Kriminalromanen »Hellas Channel« und »Nachtfalter« hat Petros Markaris die zeitgenössische Kriminal-Literatur bereichert.

Für Markaris ist ein Kriminalroman gleich ein Gesellschaftsroman. Ihn interessiert die »Globalisierung der kriminellen Tätigkeit, die parallel zur wirtschaftlichen Globalisierung läuft«.

Weblink:

Petros Markaris - www.krimi-couch.de

Samstag, 27. August 2011

»Faule Kredite« - Petros Markaris' Buch zur Griechenland-Krise

Das Buch zur Griechenland-Krise ist - wie sollte es anders sein - natürlich ein Krimi mit einem dazu passenden Titel: »Faule Kredite« heißt der neueste Thriller vom bekanntesten Krimiautor Griechenlands Petros Markaris.

Für Krimi-Autoren ist Griechenland zur Zeit das Paradies, sagt Petros Markaris, für alle anderen die Hölle. In »Faule Kredite« betrachtet Petros Markaris die griechische Krise wie einen komplexen Kriminalfall.



Sein Roman »Faule Kredite« ist der sechste Band einer Reihe um den Athener Kommissar Kostas Charitos. Charitos bekommt in dem Roman zur Finanzkrise viel zu tun: Er muss gleich vier spektakuläre Morde aufklären, denn drei Bankiers und der Boss eines Inkassounternehmens werden enthauptet aufgefunden. Eine Serie geköpfter Männer, alle aus dem Dunstkreis der Finanzwelt, hält die Polizei der Hauptstadt mit Kostas Charitos an der Spitze der Ermittler in Atem.

Für einen Verlag ist ein Roman zu einem Ereignis natürlich ein Glücksfall.
Und schon wächst aus der Krise schenll ein Geschäft: Das druckfrische Buch des griechischen Krimi-Autors wurde in Italien schon zweimal nachgedruckt. Die deutsche Ausgabe ist am 5. Juli 2011 erschienen. Ursprünglich geplant war der September.




Faule Kredite








"Faule Kredite"
Ein Fall für Costas Charitos
von Petros Markaris



diogenes,
gebundene Ausgabe,
22,90 EUR.
ISBN-13: 978-3-257-06793-2





Donnerstag, 25. August 2011

»Das Gartenfest« von Václav Havel

Václav Havel

Vaclav Havel ist ein Vertreter des absurden Theaters und seine Erzählwerke stehen in dessen Tradition. Bestimmendes Grundthema in Havels dramatischem wie essayistischem Werk – als Ursache der Absurdität – war die Entfremdung des heutigen Menschen von der von ihm genannten Lebenswelt, einer Idealvorstellung der Menschen auf Erden.

Diese werde dadurch hervorgerufen, dass in der aufgeklärten Fortschritts-Gesellschaft die Wissenschaft die Position der obersten Instanz, die zuvor dem unbekannten Höheren - Gott oder ähnlichem - vorbehalten war, eingenommen hat.

1960 kam der junge Autor am Prager »Theater am Geländer« unter. Angestellt wurde er als Bühnenarbeiter. Doch Havel gelang es, die Schere zwischen zugewiesener sozialer Rolle und selbst bestimmter Identität zu schließen: Er setzte sich als Dramaturg und Hausautor des Theaters durch. Sein erstes abendfüllendes Stück war »Das Gartenfest«. Es geht darin, wie könnte es anders sein, um einen Menschen, der seine Identität verliert - gefangen im Mechanismus der Phrase.

Was kann es denn anderes sein als eine Parodie, wenn Vaclav Havel die Phrasen von Parteifunktionären zum Inhalt eines Theaterspiels macht. Václav Havels als »Spiel« bezeichnetes Drama »Das Gartenfest« ist eine Satire auf die vom Staat geforderte Phraseologie, die sich als Sprache verselbständigt, alles überwuchert und die Menschen zu blossen Erfüllungsgehilfen einer totalitären Ideologie abstempelt.

Im Mittelpunkt eines undurchschaubaren Machtkampfes zweier verfeindeter Funktionärs-Gruppierungen steht ein junger Mann namens Hugo Pludek. Er wird eines Tages mit einer "außergewöhnlichen Aufgabe" betraut, nämlich "auf den Trümmern des ehemaligen Amtes für Auflösung und des ehemaligen Eröffnungsdienstes ein neues, großes Amt aufzubauen: Die Zentralkommission für Eröffnung und Auflösung".




Auf einem Gartenfest sind die Funktionäre des Amts für Eröffnung und des Amts für Auflösung vertreten, einer dem andern misstrauend. Der junge Hugo fügt sich schnell in diese Gesellschaft ein und entwickelt sein Projekt eines Amts für Eröffnungs-Auflösungs-Eröffnung, das alle in Unkenntnis ihres eigentlichen Zweckes überschwänglich loben, weil es niemand so richtig durchschaut. Obwohl niemand so richtig weiß, was das sein soll, und wer dann wen schulen soll, aber der Plan wird gut geheißen. Schnell wird der mit Opportunisten konfrontiert, die sich allesamt als nonkormistisch empfinden und ihr Arrangement mit dem tyrannischen Staat mittels selbsttrügerischer Leerformeln verteidigen.

Václav Havel zeigt in seinem Drama auf, wie die vom Staat geforderte Sprache den Menschen durchdringt, wie diese Durchdringung der Sprache sich verselbständigt und dann schliesslich zur leeren Phraseologie wird, die keiner mehr durchschaut. Es zeigt die Entfremdung des heutigen Menschen von der sogenannten Lebenswelt deutlich auf.



Weblink:

Hintertürchen und so weiter - www.nachtkritik.de



Gartenfest
von Vaclav Havel

Mittwoch, 24. August 2011

José Luis Sampedro - Leitfigur des spanischen Frühlings

Der 94-jährige Schriftsteller José Luis Sampedro wird gerade zur Leitfigur des spanischen Frühlings und fordert seine Landsleute via Facebook auf, sich der Diktatur des Finanzsystems zu entziehen. Er wird damit zum neuen Vorbild der 30-jährigen.

Der Schriftsteller José Luis Sampedro, der das Vorwort zu Stephané Hessel „Empört Euch!“ schrieb, prognostiziert in Interviews einen anhaltenden Widerstand, der die politische Kultur im Sinne der „Indignados“ verändert wird.

Die Proteste drücken eine tiefe Unzufriedenheit mit der politischen Führungsschicht aus, von der sich viele weder gehört noch repräsentiert fühlen. Kritisiert wird die gesamte „politische Klasse“ in Regierung und Opposition, aber auch geschlossene Machtzirkel in Bürokratie und Gewerkschaften. Die Aktivisten fordern die Reform des institutionellen Systems und eine „wirklich demokratische“ Kultur.

Der hochbetagte Schriftsteller José Luis Sampedro spricht vom verrotteten Fundament der Demokratie, über das immer nur neue Teppiche geworfen würden, um das Elend zu kaschieren.

Mittwoch, 3. August 2011

Die Legende von Scotland Yard

»Scotland Yard« ist das Hauptquartier der größten und mit 182 Jahren ältesten Polizeibehörde der Insel, der "Metropolitan Police" - kurz "Met" - genannt und eine im Vereinten Königreich legendäre Institution.

Benannt ist die Metropolitan Police Force, so der offizielle Name, nach ihrem ersten Quartier, das an eine Residenz der schottischen Könige in London grenzte. Am 29. September 1829 schwärmen die ersten "Constables" der Londoner Polizei aus dem Yard aus, um die Straßen der Millionenmetropole sicherer zu machen.

Mit der fiktionalen Verquickung in unzähligen Kriminalromaen wurde die Londoner Kriminalbehörde zu einer Legende. Schon bald nach ihrer Gründung im Jahr 1829 begann die Kriminalbehörde eine fiktionale Parallelexistenz und ein munteres Eigenleben in Kriminalromanen und Detektivgeschichten zu führen. Das kriminalistische Sujet war für Schriftsteller einfach zu spannend, aufregend und auch zu verlockend und verselbständigte sich nach Gründung als eigenständige Literaturgattung.

Scotland Yard wurde schon bald zur Brutstätte von skurilen und höchst schrulligen Kriminalfiguren und verhalf einer ganzen Riege von Kriminaldarstellern zu Bekanntheit bis hin zu Weltgeltung. Diese Kriminalfiguren waren dabei stets von scharfem Verstand, recht umtriebig und spürenasensicher. So wie Mister Bucket, der in dieser Behörde arbeitet, ebenso Richard Jury, Thomas Lynley und Barabara Havers oder Adam Daglish. Die berühmten Ermittler in den Detektivromanen von Charles Dickens, Elizabeth George, P.D. James, Martha Grimes und vielen anderen verdienen ebenfalls ihr Auskommen bei Scotland Yard, der legendären Londoner Polizei.

Dienstag, 1. März 2011

"Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk" 1921 erschienen

Am 1. März 1921 erschienen "Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk" des tschechischen Schriftstellers Jaroslaw Hasek. "Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk" gehören zu den größten Satiren der Weltliteratur und das nicht ohne Grund, denn Jaroslav Hasek hat mit diesem Werk eine Satire auf die gesamte Militärmaschinerie der damaligen k.u.k.-Monarchie geschriben.

Josef Schwejk ist von Beruf Hundehändler und gehört der untersten Volksschicht an. Des weiteren ist er laut amtlicher Bescheinigung schwachsinnig. Er wird zum Militär eingezogen und kämpft dort „den Kampf des kleinen Mannes".


Mit entwaffnender Naivität und unbesiegbarer Blödheit bekundet Schwejk jederzeit überschwenglich seine Loyalität mit dem System und nimmt jeden Befehl buchstäblich. Genau so führt er ihn dann auch aus. Dadurch enthüllt er die gesamte Lächerlichkeit des Militärapparates einschließlich der patriotischen Parolen und wirft die Fragwürdigkeit der unbestrittenen Autorität auf.

An der welthistorischen Bedeutung seines Helden hat Hasek nie gezweifelt. Schon kurz nach dessen Erscheinen pries er den Schwejk auf einem Werbeplakat als "eines der bedeutendsten Werke der Weltliteratur". Erlebt aber hat er es nicht mehr. Ohne seinen berühmten Roman zu Ende diktiert zu haben, starb Jaroslav Hasek am 3. Januar 1923. Schon kurz danach beginnt der Siegeszug des Josef Schwejk um die Welt.


"Melde gehorsamst, Herr Oberleuntnant, ich bin der Schwejk!" Mit diesen Worten sorgt der Hundehändler Josef Schwejk ab Dienstag den 1. März 1921 in den Kneipen Prags für herzhaftes Gelächter. Sein Schöpfer hat nämlich gemeinsam mit drei Freunden eine Gesellschaft gegründet, die den Roman in Form von Fortsetzungsheften verlegt und in Gasthäusern kolportiert.