Samstag, 25. September 2021

»Versuch über den Pilznarren« von Peter Handke

Versuch über den Pilznarren
Versuch über den Pilznarren: Eine Geschichte für sich



Peter Handke beschliesst die Reihe seiner Versuche mit einem fünften und letzten erzählenden Essay, dem »Versuch über den Pilznarren« – worin die Pilze für den Helden der Geschichte nicht nur Passion, sondern das letzte Abenteuer, das Abenteuer an sich sind.

Pilze, das weiß jeder, kann man nicht suchen. Sie müssen sich dem Wandernden vielmehr von Selbst zeigen. Diese Erfahrung plötzlichen Entbergens wählt Peter Handke zum thema seines »Versuch über den Pilznarren«.



Wie Handkes vorherige vier Bände der Reihe, etwa sein »Versuch über die Jukebox« oder »Über den gelungenen Tag«, kreist damit auch dieses Werk um ästhetische Erfahrungen der Öffnung und des biografischen Wandels.

Handkes vorherige vier Bände der Reihe, etwa sein »Versuch über die Jukebox«, »Der Chinese des Schmerzes« oder »Die Geschichte des Bleistifts« - um nur einige zu nennen.

Leider hat der Erfolg wohl auch seinen Preis: die letzten Bücher von Handke und eben auch der Versuch über den Pilznarren atmen die Selbstsicherheit eines Autors, der sich selbst zu den Großen zählt. Das wäre ja eigentlich nicht schlimm, wenn nicht dabei der Eindruck entstehen würde, dass Handke eine Über- und Bearbeitung des Textes nicht mehr für nötig hält.

Der Text von »Versuch über den Pilznarren« wirkt an vielen Stellen nicht nur unfertig (was bei einem Versuch ja durchaus drin ist), sondern auch wenig sprachlich geschärft, wenig ausgearbeitet – Gedanken des Autors ohne weitere Nacharbeit auf die Seiten gebracht.


Weblink:

Versuch über den Pilznarren
Versuch über den Pilznarren: Eine Geschichte für sich
von Peter Handke

»Prinz Friedrich von Homburg« von Heinrich Kleist

Prinz Friedrich von Homburg
Prinz Friedrich von Homburg


Dem Schauspiel liegt ein bedeutendes Ereignis der preußischen Geschichte zugrunde: der Sieg des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm über die schwedische Armee in der Schlacht bei Fehrbellin im Jahre 1675. Prinz Friedrich von Homburg greift entgegen dem ausdrücklichen Befehl mit seiner Reiterei zu früh in die Schlacht ein und verhindert wahrscheinlich dadurch den vollständigen Sieg über die Schweden. Der Kurfürst verurteilt ihn zum Tode, begnadigt ihn jedoch, nachdem Homburg die Gerechtigkeit des Urteils und damit die Notwendigkeit soldatischer Disziplin anerkannt hat. Kleist lässt in seiner historischen Bühnendichtung jedoch die Verurteilung vollstrecken, ja er macht sie zum Mittelpunkt seines Stückes.

»Prinz Friedrich von Homburg« ist kein völkisches oder militaristisches Stück, wohl aber ein ungutes Beispiel dafür, wie auch ein feiner Geist wie Heinrich von Kleist den Auswüchsen von Preußens Glanz und Gloria nicht widerstehen konnte und aus seinem kaum verborgenen Hass gegenüber dem napoleonischen Frankreich eine Steilvorlage für das spätere Deutschtum lieferte, das Europa in eine größere Katastrophe stürzte, als es Napoleon je möglich gewesen wäre.

Dieses Drama gehört nicht unbedingt zu Kleists besten Werken, doch - ein Jahr vor seiner Selbsttötung fertig gestellt - lässt es einen tieferen Blick in die romantischen, gesellschaftlichen und militärischen Sehnsüchte und Ängste des Dichters zu, als alle anderen seiner Arbeiten. Die komödienhafte Darstellung der Adeligen war bei der damals herrschenden Klasse unpopulär.

Die patriotische Dichtung »Prinz Friedrich von Homburg« aus dem Jahre 1809/11 ist das letzte verfasste Drama von Heinrich von Kleist, das erst zehn Jahre nach seinem Tod, also 1821 in Wien uraufgeführt werden konnte.


Weblinks:

Prinz Friedrich von Homburg: Heinrich von Kleist - writer.germanblogs.de


Literatur:

Prinz Friedrich von Homburg
Prinz Friedrich von Homburg
von Heinrich Kleist

Prinz Friedrich von Homburg
Prinz Friedrich von Homburg
von Heinrich Kleist

Freitag, 24. September 2021

Francis Scott Fitzgerald 125. Geburtstag


Francis Scott Fitzgerald wurde vor 125 Jahren am 24. September 1896 in St. Paul, Minnesota, geboren. Francis Scott Fitzgerald war ein amerikanischer Schriftsteller.

Nach dem Ersten Weltkrieg arbeitete er als Journalist in New York, 1920 erschien sein erster Roma "This Side of Paradise". Seine Werke geben das Lebensgefühl der sogenannten Lost Generation wieder - ein Ausdruck, den Gertrude Stein für die Generation zwischen dem Ersten Weltkrieg und der Wirtschaftskrise prägte.

In seinen Romanen wie "Der große Gatsby" schilderte Fitzgerald die genusssüchtige Oberschicht der USA in den 1920er Jahren - inklusive der Ahnung eines baldigen Endes, das mit dem Schwarzen Freitag dann auch eintraf. Persönliche Rückschläge wie sein Alkoholismus, die Geisteskrankheit seiner Ehefrau Zelda und der Verlust seines Vermögens, gaben seinem Werk zunehmend einen melancholischen Ausdruck.

Francis Scott Fitzgerald starb am 21. Dezember 1940 in Hollywood bei Los Angeles.

Samstag, 18. September 2021

Frisch und Dürrenmatt - der Inbegriff Schweizer Weltliteratur

Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt sind der Inbegriff schweizer Weltliteratur, denn sie haben den literarischen Ruf der Schweiz begründet und in die Welt getragen. Ihr Beitrag zur Weltliteratur ist

Beide verband die Erfahrung des Krieges. Doch beide waren von ihrer Natur her grundverschieden. Der eine war ein Komödienschreiber, der andere ein Romanautor.
Dürrenmatt gilt als der Kosmiker, der Meteor, der in seinen Werken die Welt, das Weltall und den Wahnsinn gestaltet und so weit wie möglich von sich absieht und dann der Ich-Denker, der Schuld-Dichter, der Liebes-Dichter, der nach sich fragt und zweifelt und sucht und sich selbst näher kommt.

"Ich bin der finsterste Komödienschreiber, den es gibt."

Ihre Stunde kam nach dem Krieg, als ein Mann aus Amerika nach Zürich kam, der ihr Leben beeinflussen und verändern sollte.

Als beide anfingen, Schriftsteller zu werden, da kam ein Mann nach Zürich, wo sie lebten und wo ihre ersten Stücke aufgeführt worden waren, der berühmteste Dramatiker der damaligen Zeit. Brecht kam aus dem Exil aus Amerika zurück nach Europa und beobachtete aus sicherer Entfernung die politische Entwicklung in Deutschland. Dort in Zürich lernte er Frisch und Dürrenmatt kennen.

Und gerade eben dieser Brecht sollte zu Frischs Wegbereiter werden. Max Frischs Strahlkraft ist ungebrochen. Er gehört, zusammen mit Friedrich Dürrenmatt, zur Weltliteratur. Zur Schweizer Weltliteratur. Er war und ist ein Nationaldichter der Schweiz.

Dürrenmatt hatte ganz anderes im Sinn als Brechts Lehrstücke - nämlich Katastrophen, Weltenbrände, Labyritnthe und Komödien. Sein erste, jedoch nie gespieltes Stück, entstand mitten im Krieg im Jahr 1943.

Max Frisch ist noch immer das Aushängeschild der Literatur aus der Schweiz, auch ein Vierteljahrhundert nach seinem Tod. Er beschäftigte sich mit bedeutenden Fragen der Zeit. Den leidenschaftlichen Zeitgenossen trieb bis zuletzt die Frage um: "Wie bleibt das Individuum lebendig – und wie ein Staat?"

Die Autoren hießen nicht Frisch und Dürrenmatt, wenn sie nicht ihr Schweizbild und ihre Haltung zur Schweiz hintergründig in ihrem Werk ausbreiten würden.


Weblinks:

Max Frisch ist die Schweiz - www.blick.ch


Ich bin der finsterste Komödienschreiber, den es gibt
- Die ZEIT - www.zeit.de








Ferdinand Vanek, ein "unermüdlicher Dissident"

Vanek Trilogie


Als Vaclav Havel 1975 in seinem Einakter »Audienz« die Figur des Schriftstellers Ferdinand Vanek in die Welt gesetzt hat, konnte er nicht ahnen, welchen Beliebtsheitsgrad dieser Protagonist, der auch auch gewissen mit dem Autor aufwies, in der tschechoslowakischen Bevölkerung erreichen sollte. Ursprünglich während der Verbannung als bloße Belustigung für seine Freunde konzipiert, begann das Stück eine ungewohnte Eigendynamik zu entwickeln.

Ferdinand Vanek brachte es in seiner Heimat längst zum Status einer Kultfigur. Vanek, seines Zeichens Dissident und zeitweiser Brauereihilfsarbeiter, wird in den Kurzdramen mit Opportunisten verschiedenster Coleur konfrontiert, die sich allesamt als nonkormistisch empfinden und ihr Arrangement mit dem tyrannischen Staat mittels selbsttrügerischer Leerformeln verteidigen.

Die Figur des Schriftstellers Ferdinand Vanek verewigte Vaclav Havel in den drei Einaktern - »Audienz«, »Vernissage« und »Protest« als sog. »Vanek-Trilogie«. Havels Schauspiel »Versuchung« ist eine moderne Paraphrase des Faust-Themas. Ferdinand Vanek, ein "unermüdlicher Dissident", ist ein intellektueller Bruder des braven Soldaten Schwejk und Havels Alter ego.

Die Vaněk-Trilogie besteht aus drei Einaktern »Audienz«, »Vernissage« und »Protest« von Václav Havel, die zwischen 1975 und 1979 entstanden. Sie thematisiert den Zwiespalt und die Verhaltensmuster der Menschen im Totalitarismus anhand der unterschiedlichen Reaktionen von Personen, auf die der Dissident Ferdinand Vaněk trifft.

In den drei Stücken trifft Vaněk unterschiedliche Personen, wobei jeweils eine andere Form der Anpassung an die Unterdrückung dargestellt wird: Bespitzelung, Flucht ins Private und Duckmäuserei.



Vanek Trilogie






"Vanek-Trilogie"
von Vaclav Havel



Rowohlt-Verlag,
Taschenbuch, 1. September 1989,
6,50 EUR.

ISBN-13: 978-3499127373


Weblink:

Ferdinand Vaněk, Havlovo alter ego (CZ) - www.radio.cz

»Das Walnusshaus« von Miljenko Jergovic

Das Walnusshaus
Das Walnusshaus

Miljenko Jergović, geboren 1966 in Sarajevo, lebt heute in Zagreb. Er arbeitet als Schriftsteller und politischer Kolumnist und ist einer der großen europäischen Gegenwartsautoren. Seine Bücher sind in zahlreiche Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet worden. Miljenko Jergović gehört zu den großen und bedeutendsten Erzählern Osteuropas. Zu seinen bekanntesten Werken gehören »Das Walnusshaus«, »Sarajewo Malboro« und »Mama Leone«.

Mit der verrückten Manda, die den Briefträger beißt, beginnt alles und damit, dass sie im Krankenhaus von einem Arzt mit einer Überdosis eingeschläfert wird. Siebenundneunzig ist die Alte und hat ein ganzes Jahrhundert in Dubrovnik erlebt. Stück für Stück rollt der Autor ihr Leben auf, geht zurück, und nach und nach erleben wir die Geschichte der Frau sowie ihrer Heimatstadt Dubrovnik.

Meisterhaft erzählt Miljenko Jergovic die Lebens- und Liebesgeschichten mehrerer Generationen. Die 600 Seiten prallvoll mit Geschichte und Geschichten. Zwischen Grauen und Komik entsteht die tragische Geschichte des Balkans im 20. Jahrhundert. Miljenko Jergovic erzählt die Geschichte einer Frau (und ihren weiteren Familenangehörigen) aus Dubrovnik, deren Leben praktisch das ganze 20. Jahrhundert erfasst. Und er erzählt diese Geschichte rückwärts!



Der Autor nimmt uns mit auf einer Reise durch die Geschichte des vergangenen Jahrhunderts, erzählt aus den höchst individuellen Blickwinkeln seiner Figuren, einfacher Menschen, durchwegs Kindern ihrer Zeit und ihrer Gesellschaft.



Weblink:

Das Walnusshaus
Das Walnusshaus
von Miljenko Jergović

Walt Whitmans Amerika

Grasblätter Gesamtausgabe
Grasblätter Gesamtausgabe

Der amerikanische Dichter Walt Whitman wird seit 1855 für seine »Grashalme«, sein lyrisches Hauptwerk, gefeiert. Er war die Stimme Amerikas. "Er ist Amerika", sagte Ezra Pound über den Dichter Walt Whitman.

Für Walt Whitman (1819-1892) ist sein Amerika das Reich der Zukunft, der nicht fertigen, aber zusammenwachsenden Volksgemeinschaft. Als wenn er vom Goethe-Wort bestärkt werde, "Amerika, Du hast es besser" ist es dennoch der Blick auf Zukunft nicht allein, denn auch Whitman setzt auf Traditionen. Und zwar auf die ureigenen des Menschen: die Natur und das Selbst. So wie Blaise Pascal die Ungereimtheit des Menschen als ernsten Anlass zur Demütigung sah, so bekannte er doch, dass eben das Verhältnis des Menschen zur Natur wichtig sei und noch wichtiger sei zu erkennen, in welchem Verhältnis der Mensch zur Natur stehe (vgl. »Pensées«, 313).

Whitman, inspiriert von den Schriften Ralph W. Emerson (1803-1882), bekennt sich zu diesen zwei großen Festen: das Ich und das Selbst in der Natur. Seine Gedichte sind ein Fest des Einzelmenschen: "Ich singe das Selbst, den Einzelmenschen", so der erste Vers dieser zerbrechlichen Grashalme, dem folgend "Das Leben, unermesslich in Leidenschaft, Puls und Kraft, [...] Ich singe den modernen Menschen." Whitman steht für Aufbruch, steht für Gemeinsamkeit ("Ich höre Amerika singen, die vielerlei Lieder höre ich") aller Völker in einem Schmelztiegel, aller Berufe in einem Land, aller gebunden zu einem "kraftvollen Rundgesang".

Walt Whitmans Amerika ist das Amerika des Aufbruchs nach dem verheerenden Bürgerkrieg. In seinen »Grasblättern« besingt er den Aufbruch der USA nach dem Bürgerkrieg. Im Schmelztiegel seiner Dichtung vereint Whitman Ideen aus Kultur, Gesellschaft, Politik, Wissenschaft und Mystik seiner Zeit. Seine Gesänge sind Abbild und Vision einer modernen Nation der "Vereinigten Staaten", die Spaltungen überwinden und allen Menschen Freiheit und Gleichheit bringen soll.

Romane als Spiegel der Zeit

Romane sind ein Spiegel der Zeit. Romane sind die Signatur ihrer Zeit.

Der einzige Rat, den ein Mensch einem anderen in puncto Lesen geben kann, ist der, auf keinen Rat zu hören, dem eigenen Instinkt zu folgen, den eigenen Verstand zu gebrauchen, eigene Schlüsse zu ziehen. Wenn man sich darüber einig ist, so Virginia Woolf in ihrem Essay: "Wie sollte man ein Buch lesen?", dann ist man frei als Rezensent, Ideen und Anregungen zu äußern. Dieses nur, weil der Ausgangspunkt klar ist, nämlich, dass Sie sich in der Unabhängigkeit nicht einschränken lassen. Eben Ihre wichtigste Eigenschaft als Leser.

Ein Genie ist stark, wenn die Zeit schwach ist und die Stärke schöpfen die, die folgen. Goethe mutmaßte, das vollkommene Bilder einen verstörenden Einfluss haben, weil sie notwendige Stufen der Bildung zu überspringen helfen. Auch sagt er, dass Vorbilder Spiegel sind für das eigene Selbst. Es gibt also keinen Grund davor zurückzuschrecken, Blumen in des Nachbars Garten zu pflücken. "Es ist soviel von Originalität die Rede, aber worauf läuft es hinaus? Sobald wir geboren werden, beginnt die Welt Einfluss auf uns zu nehmen, und das geht weiter bis zum Sterben", schrieb Goethe an Eckermann. Unser eigen sind dann Energie, Kraft und Wille. Harold Bloom hat sich dieser Verbindung von Einflüssen gewidmet und in Nietzsche den Partner gefunden, den zufälligen Reiz zu finden, das Genie in die Welt zu rufen. Byron war so ein Exzentriker, dem die Welt zu Füßen lag und Dostojewski entdeckte gerade im Byronismus jene vorübergende, aber notwendige Erscheinung im Leben der ganzen Menschheit.

Eben in jener Zeit der schrecklichen Schwermut, der großen Enttäuschung und der Verzweifelung nach der überschwenglichen Begeisterung für neue Ideale am Ende des 18. Jahrhunderts stürzten die Götzenbilder in Trümmern und ein neuer Genius konnte diese Welt erobern: Byron! Seine Verse waren ein Ventil in eine neue Zeit, ein gewaltiger Schrei stellvertretend für die Menschheit. Wie hätte er da nicht auch bei uns, sagt Dostojewski, ein Echo finden sollen, und noch dazu in einem so großen, genialen und führenden Geist wie Puschkin? Die Größe Puschkins besteht gerade darin, einen festen Weg gefunden zu haben, den großen und ersehnten Ausweg für uns Russen gewiesen zu haben. Die Anerkennung der Eigenart des russischen Volksgeistes und die Einsicht, dass wir uns ihm anschließen müssen, so die Hymne Dostojewskis in: BYRON Ein Lesebuch auf Puschkin. Gogol hält Puschkin gar für den ersten (sic!) russischen Menschen.

Puschkin begriff Byron und verstand das russische Volk und dessen Bestimmung. Diese Voraussetzung gilt für einen einmaligen Roman, in Verse gebannt und in eine Liebeslyrik verwoben, der seinesgleichen sucht. Die Sprachgewalt in Ratio wie Emotio ist unübertroffen, die russische Seele entwächst dem Text in Klarheit in Geist und Gefühl. Sein Protagonist Jewgeni (Eugen) Onegin ist ein russischer Byron, "Phantasmen maßlos sich ergeben, / Mit seinem aufgebrachten Geist, / Der sich in leerem Tun verschleißt", dem im Verhältnis zur russischen Seele auf dem Lande eine Selbstreflektion aufgezeigt wurde durch das Leben eines Mädchen vom Lande ("Daß unsere Blütentraumgefühle / In rascher Folge bald zu Staub zerfielen"). Tatjana, der Inbegriff der phantasievollen und träumerischen Existenz, verliebt sich unsterblich und wird enttäuscht, weil sich dieser Liebe Onegin noch nicht stellen konnte. Ihre Lebensveränderung vom Land- zur Stadterfahrung hilft ihrer Selbstbestimmung ohne die Tradition aufgeben zu müssen. Sie bleibt bei ihrem Ja gegenüber ihrem Mann, obwohl ihre gegenseitige Liebe erst mit erneuten Treffen zwischen Tatjana und Onegin in der Stadt eingestanden wird.

Puschkin spiegelt in den Personen und in ihren Beziehungen zueinander das Volk im Spiel von Tradition und Erneuerung. In diesem Spiegel kann jeder sich ansehen und im Blick dem Gedanken folgen, das zu lieben, was Puschkin liebt, das zu verehren, was Puschkin verehrt. Damit wird Puschkin nur zu Recht als Nationaldichter gefeiert, als einer, der die russische Seele belebt, in dem er lehrt, sich zu feiern, sich selbst neu zu schaffen. Neben all der Liebe in ihrer Verzweifelung gelten Eifersucht, Duell und Tod als mitbestimmende Größen des Romans. In allem steckt Reflektion über sich, über die Wünsche und über das Sein in einer Kultur, wie sie das Landleben, die Familie vorgibt ("Das Leben sehen als Ritual / Und mitzutrotten mit der Menge, / Obgleich uns nichts von dem erwärmt"). Puschkin integriert den Leser bis zu letzt. "Leb wohl, da unser Weg sich trennt!" ist jene letzte Botschaft an den Leser, um klar zu machen, dass der Roman dem Leser gilt und dass dieser Abschied nehmen muss am Ende, "Abschied nehmen muss im Nu", damit er auf sein eigenes Leben trifft.

Dieser einzigartige Versroman gilt als Puschkins wohl großartigstes Werk; ihm gelingt jene Verbindung herzustellen, die ein Band schnürt zwischen jedem einzelnen Russen, um sich als ein Volk zu fühlen. Peter Tschaikowsky hat diesen Roman und dieses Puschkinsche Credo als Vorlage für sein Libretto seiner gleichnamigen grandiosen Oper gewählt. Mit der Verzweigung dorthin, erfährt der interessierte Leser zusätzlich (in einer weiteren Rezension) jenen Inhalt dieser Liebeslyrik, die Puschkin bravourös als Vorlage geschaffen hat.


Romane als Spiegel der Zeit von Rezensent kpoac

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Dienstag, 14. September 2021

Dante Alighieri 700. Todestag


Dante Alighieri


Dante Alighieri starb vor 700 Jahren am 14. September 1321 in Ravenna. Dante Alighieri war ein berühmter italienischer Dichter und gilt als »Vater der italienischen Dichtung«. Er ist der bekannteste Dichter des Italienischen und gilt als einer der bedeutendsten Dichter des europäischen Mittelalters.

Über Dantes Lebenslauf sind fast keine gesicherten Daten überliefert. Nahezu alles, was über das Leben des Dichters bekannt ist, beruht auf Angaben oder Andeutungen, die Dante selbst in seinen Werken macht. Was man genauer weiß: Dante ist der größte Dichter Italiens.

Dante war Zeit seines Lebens in politische Parteikämpfe verwickelt. Aus diesem Grunde wurde der Fiorentiner 1302 aus seiner Heimatstadt vertrieben und ging danach in Oberitalien auf Wanderschaft. Er besuchte zahlreiche Städte und Höfe und landete am Ende in der Stadt Ravenna.

Für die Jahre des Exils fehlen externe Dokumente nahezu vollständig, andererseits ist Dantes Werk so überreich an Anspielungen auf Orte, Personen und zeitgenössische Vorgänge, dass sich der biografisch orientierten Forschung ein unerschöpfliches Feld für mehr oder minder plausible Vermutungen über den weiteren Lebensweg Dantes aufgetan hat, abgesehen davon, dass kaum eine Stadt oder Kleinstadt Italiens auf die Ehre verzichten möchte, von Dante womöglich einmal besucht worden zu sein.

Wahrscheinlich ist, dass er sich ab 1302 überwiegend in Ober- und Mittelitalien aufhielt und zeitweise in Verona bei Bartolomeo della Scala (1303/1304), in Treviso bei Gerardo da Camina (1304–1306) und in der Lunigiana (einem Gebiet in Massa-Carrara im Norden der Toskana) bei den Grafen Malaspina (1306 u. ö.) Aufnahme und Unterstützung fand.


Dantes Werk schöpft souverän aus der Theologie, der Philosophie und den übrigen Wissenschaften (Artes liberales) seiner Zeit. Es bezieht sich kunstvoll auf Vorbilder in der italienischen, provenzalischen, altfranzösischen und lateinischen Dichtung. Dante verbindet dabei Gelehrsamkeit und literarische Bildung mit einem hohen Maß an Eigenständigkeit in der gedanklichen Aneignung und im sprachlichen und poetischen Ausdruck.

Wie kein anderer Dichter vor ihm stellt er die eigene Person als Liebender und Leidender, als Irrender und Lernender in den Mittelpunkt seiner Werke. Er spricht sich dabei nicht einfach selbst bekenntnishaft aus und macht sich nicht schlicht zum Chronisten seiner persönlichen Entwicklung, sondern stilisiert das Ich seiner Werke – deren lyrisches, erzählendes oder lehrhaftes Ich und die Erfahrung, die es zur Sprache bringt

Die »Göttliche Komödie« gilt als das bedeutendste Dichtung des europäischen Mittelalters. In Dantes Hauptwerk wird eine Reise durch die drei Stationen des Jenseits beschrieben: die Hölle, das Fegefeuer und das Paradies. Unterwegs begegnet Dante einer Reihe historischer, biblischer und legendärer Gestalten. Das Werk illustriert ewige katholische Wahrheiten.

Dante wurde mit der »Göttlichen Komödie« zum Schöpfer der italienischen Literatursprache. Das Werk ist in toskanischer Mundart geschrieben, die so zur italienischen Schriftsprache wurde. Dies brachte ihm den Titel »Vater der italienischen Dichtung« ein.

Nach dem Tod des Königs Heinrichs VII., den er in seiner »Göttlichen Komödie« zum "alto Arrigo" stilisierte, im Jahr 1313, zerschlugen sich die politischen Hoffnungen Dantes. Ein als schmählich empfundenes Angebot seiner Vaterstadt, bei Zahlung einer Geldbuße und Leistung einer öffentlichen Abbitte nach Florenz zurückkehren zu dürfen, lehnte Dante ab.

In der Folgezeit hielt er sich zeitweise wieder in Verona am Hof der Scala und ab 1318 in Ravenna bei Guido Novello da Polenta auf. Während einer Mission im Auftrag Guidos in Venedig erkrankte er und starb nach seiner Rückkehr in der Nacht vom 13. auf den 14. September 1321 in Ravenna, wo der Dichter auch begraben liegt.

Dante Alighieri wurde vermutlich im Mai oder Juni 1265 in der Pfarrei S. Martino del Vescovo in Florenz geboren.

Literatur:

Göttliche Komödie
Göttliche Komödie
von Dante Alighieri


Blog-Artikel:

»Göttliche Komödie« von Dante Alighieri - Literatenwelt-Blog - literaten-welt.blogspot.de

Heinrich von Kleist - eine Einordnung in seine Epoche

Seine Einordnung in das Epochenschema deutscher Literaturgeschichte bleibt bis heute problematisch. Ihn als Erzähler der »Marquise von O...« (1807) oder der »Heiligen Cäcilie« (1810) der Romantik zuzuschlagen, blieb ebenso umstritten wie der Versuch, den Verfassers der Komödie »Der Zerbrochene Krug« (1808) und des »Amphitryon« (1807; UA 1898) als 'dritten' Dramenklassiker neben Goethe und Schiller zu etablieren.

Kleist bewegte sich zwar in Kreisen der Romantiker, vor allem während seiner Aufenthalte in Dresden und Berlin 1808 und 1810/11, deren Ästhetik und gesellschaftlichen Vorstellungen stand er jedoch kritisch gegenüber. In Kleists Dramen ist wenig von der Formenstrenge und sprachlichen Zucht der Weimarer Klassik zu spüren.

In der germanistischen Forschung der Gegenwart gilt Kleist unbestritten als einer der innovativsten Erzähler der deutschen Literatur, der sich in Werken wie »Michael Kohlhaas« (1810), »Die Marquise von O...«, »Das Erdbeben in Chili« (1807) oder »Die Verlobung in San Domingo« (1810) wie kein anderer Schriftsteller seiner Zeit subversiv gegenüber einer automatisierten und gattungskonformen Redeweise verhielt.

Der lakonische Stil wird durch Paradoxien, Doppeldeutigkeiten und Ironie unterlaufen. Die komplexe Syntax erreicht öfters die Grenze des Verstehbaren. Durch den Kontrast zwischen nüchterner Berichtssprache und der starken Synchronisierung, Zeitraffung und die Dynamisierung des Geschehens wird eine Plastizität der Darstellung erreicht, wie sie erst in der Literatur der Moderne wieder erreicht wird.

In seinen Briefen an die Braut Wilhelmine von Zenge und die Schwester Ulrike reflektiert Kleist seine geistige Entwicklung und seine Lebenskrisen ebenso wie seinen schwierigen Weg zur Autorschaft. Sie zeigen ihnen aber auch als aufmerksamen Beobachter kultureller und politischer Entwicklungen seiner Zeit. Literaturwissenschaftliche Arbeiten zur Kleist orientieren ihre Interpretationen und Analysen nicht selten an diesen Selbstdeutungen des Autors.

Kleists Werke sind im kulturellen Leben der Gegenwart heute vermutlich stärker präsent als die Schillers. Seine Erzählungen werden verfilmt oder für die Bühne bearbeitet, seine Dramen von den bedeutendsten Regisseuren häufig inszeniert. Auch in der Literaturwissenschaft ist Kleist ein Gegenstand intensiver und extensiver Forschung.

Weblink:

Kleist Biographie

Samstag, 11. September 2021

»Des Knaben Wunderhorn« von Clemens Brentano

Des Knaben Wunderhorn


Des Knaben Wunderhorn

»Des Knaben Wunderhorn« von Clemens Brentano ist eine von Clemens Brentano und Ludwig Achim von Arnim Volksliedersammlung« in drei Bänden. Brentano war ein begeisterter Liedersammler, welchen die Lieder des Volkstones besonders interessierten. Er veröffentlichte zusammen mit Ludwig Achim von Arnim die Volksliedersammlung« »Des Knaben Wunderhorn, eine Liedersammlung in drei Bänden.

Auf der Rheinreise der Freunde Achim von Arnim und Clemens Brentano im Juli 1802 entstanden die ersten Ansätze zu der bedeutendsten Liedersammlung der deutschen Romantik, die von 1805 bis 1808 in mehreren Bänden erstmals erschien. Die Ausgabe erregte sofort große Aufmerksamkeit. Vor allem Arnim hatte die Absicht, die zerrissene Nation mit Hilfe des Volksliedes zu einen. Darunter verstand er im weitesten Sinn eine Schöpfung des ganzen Volkes, die unberührt von der historischen Entwicklung geradezu ewigen Bestand hat.

Aufgenommen wurden deutsche Gedichte, anonyme und namentlich bekannte, die in der Bevölkerung verbreitet waren, die gesungen und gesprochen wurden. Bis heute sind viele der Lieder aus dem Wunderhorn geläufig, so ›Bettelmanns Hochzeit‹, ›Guten Abend, gute Nacht‹, ›Da oben auf dem Berge‹, ›Bald gras' ich am Necker‹, ›Die Gedanken sind frei‹ und viele andere der mehr als 700 Texte umfassenden Sammlung.

Der vorliegende Band bietet den vollständigen Text der Erstausgabe, unter behutsamer Modernisierung der historischen Orthographie. Der Anhang enthält u.a. ein ausführliches Nachwort des Herausgebers Heinz Rölleke, des besten Kenners dieser Sammlung, zu Entstehung, Quellen und überlieferung, zur Art der Bearbeitung der ›Volksdichtung‹ durch Arnim und Brentano sowie zur Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte dieser umfassenden Gedichtsammlung.


Literatur:

Des Knaben Wunderhorn
Des Knaben Wunderhorn
von Clemens Brentano

Clemens Brentano 1778-1842: Poesie / Liebe / Glaube
Clemens Brentano 1778-1842: Poesie / Liebe / Glaube
von Günter Scholz

Stifters Sehnsucht nach seiner eigenen Welt


Adalbert Stifter

Adalbert Stifter hat die Nachwelt polarisiert - veralteter Langweiler oder aktueller Erzählkünstler?
Die einen erinnern sich an den idyllischen österreichischen Heimatdichter, andere an den exzellenten Erzähler des 19. Jahrhunderts, wieder andere an den Verfasser langweiliger Schullektüre mit seinen schier endlosen, minutiösen Schilderungen von Landschaft und Natur. Die wenigsten verbinden mit dem Namen Stifter den großen Erzähler, der in seinem Werk die Leidenschaften und Abgründe menschlichen Lebens zu bannen sucht, und zwar auf eine Weise, die sich zwar nicht unmittelbar erschließt, dem Kenner seines Werkes aber über ein künstlerisches Erlebnis hinaus eine tiefe Erkenntnis über das Rätsel Mensch vermittelt.

Auf Schriftsteller hat Stifters Erzählkunst jedoch eine fazinierende Wirkung ausgelöst. Es waren immer wieder Schriftsteller, die insbesondere von seinem Spätwerk angezogen, ja fasziniert waren, von dem ruhigen, langsam fließenden, fast übergenauen Duktus seiner Sprache, von den handlungslosen, groß angelegten Tableaus von Häusern, Landschaften, Gärten, die geplant, errichtet, bewirtschaftet werden, als sei es ein Sinn an sich. Andere sind von Stifter sofort zu Tode gelangweilt und halten ihn keine drei Seiten lang aus, weil nichts passiert.

Friedrich Hebbel versprach demjenigen die Krone von Polen, der den freiwillig, ohne als Rezensent verpflichtet zu sein, zu Ende lese. Die letztgenannte Gruppe von Stifter-Lesern beziehungsweise Nichtlesern bemerkt zumeist eines nicht: dass nämlich unter der Ruhe und der viel (manchmal zu viel) gepriesenen Klarheit des späten Stifter etwas sehr Beunruhigendes steckt, das zu benennen schwer fällt. Vielleicht ist es die Beschwerde darüber, dass die Welt so nicht ist, wie sie da beschrieben (erfunden, ersehnt) wird.

Die Beschwerde darüber, dass sie so sein sollte, aber nicht ist. Diese quasi idyllischen Gemälde Stifters funktionieren wie eine Linse, durch die man hindurchschaut, um die Welt dann bedauerlicherweise klarer zu sehen, die ganz und gar nicht so ist wie bei Stifter.

Adalbert Stifter


Die Welten Stifters stehen nicht allein groß und mächtig, wie gemeißelt, auf dem Papier und genügen sich, nein, vielmehr liest man zwischen den Zeilen überall die Sehnsucht nach ebendem, was in den Zeilen steht. Stifters Sehnsucht ist die danach, dass das, was er schreibt, die Welt sei. Sie ist es aber nicht. Und sie war auch nicht Stifters Welt.

Das ist das Tragische an Stifter, daß er wußte, daß die Welt eine andere war und ist. Hebbel muß beim »Nachsommer« ein anderes Buch gelesen haben. Und hat in anderen Welt gelebt, sow wie Stifter in seiner.

Weblinks:

Eine ganze Welt zwischen den Zeilen - www.zeit.de

Adalbert Stifter-Biografie - Biografien-Portal www.die-biografien.de

Adalbert Stifter-Zitate - Zitate-Portal www.die-zitate.de


Weblinks:

Adalbert Stifter-Portal - www.adalbertstifter.at


Adalbert Stifter-Biografie - www.adalbertstifter.at

»The Dunkiade« von Alexander Pope

The Dunciad: In Four Books by Alexander Pope (2012-11-18)

»Die Dunkiade« ist ein satirisches Gedicht des englischen Dichters und Schriftstellers Alexander Pope.

Als seine Edition der Shakespeareschen Werke von dem Publizisten und Shakespeare-Herausgeber Lewis Theobald 1726 angegriffen wurde, antwortete er 1728 in Versform mit dem Spottepos »The Dunciad« (»Die Dunkiade«, 1778), in dem er in satirischer Form Theobald auf den Thron der Dummköpfe stellte und zugleich mit der sogenannten Grub Street, der Zunft der Lohnschreiber, abrechnete.

Die »Dunkiade« beginnt mit der Anrufung einer Göttin. Diese Göttin ist, die Stumpfheit, TochterdesChaos und der ewigen Nacht. Sie regierte schon, bevor die Sterblichen lesen und schreiben lernten. Und das sie eine Göttin ist, wird sie ewig leben.

Der Held des Gedichts ist ein glückloser Poet, dem nichs einfällt. Schließlich verbrennt er aus Verzweiflung seine eigenen Werke zusammen mit denen von Shakespeare und Moliere. Vom Rauch des Opfers gnädig gestimmt, offenbart sich ihm die Göttin und entführt ihn in ihr Heiligtum. Dort salbst sei ihn zum König un umnebelt ihn mit Opiumschwaden, fortan führt er eiene neuen Namen - Dummkopf I.

Zu Ehren der fresich genkrönten Majestät fidnen homerische Wettkämofe staatt. Sie werden nicht vom König, sondern von der Königin höchst perslnllich ausgerichtet. Als erstes müssen die Dichter, diezu Tausendne in das Reich der Dumpfheit gepilgert sind, beweisen, daß sie Krach machen können. Als nächstes sind die Journalisten dran. Sie müssen im Schlammtieftauchen ihren Mann stehen. Einer berichtet hinterher, daß ihm dort unten im Moder aus Verleumdungen und Gerüchten erotische bräunliche Schlammnymphen begegnet seien.

Zu guter Letzt werden die Literaturkritiker schwer geprüft. Während dsa Publikum ein beruhigendes Summen anstimmt, wird ihnen aus dickleibigen Wälzern vorgelesen. Wer nicht einschläft, hat gewonnen.

Nach den Wettkämpfen ruht sich König im Tempel seiner Königin aus. Während er seinen Kopf in ihrem Schoß birgt, steigen wundersame Visionen
in ihm auf. Der Held wähnt, das eine verrückte Muse ihn ins Elysium führt, wo er Zeuge wird, wie die Seelen der ungeborenen Dichter mit dem Wasser der Lethe getauft werden, das Vergessen schenkt.

Danach führt ein klappriges altes Gespenst den Helden auf den Berg der Visionen, von wo aus er Vergangenheit und Gegenwartder Dumpfheit sehen kann. Ehrfürchtig betrachet er die andalenhorden, die alles kurz udn klein schalgen, was ihren geistigen Horizont übersteigt. Er betrachtet den Siegeszug der religiösen Intoleranz, bei demn Priester Bücher verbrennen, die sie nie gelesen haben.

Er enthüllt, daß bald auch diebritischen Inseln wieder dem Reich der Königin einverleibt werden. Eine bleierne Zeit bricht an, in der dei besten Köpfe nur noch dazu da sind, daß man sie hängen lässt.

Den Schluss bildet eine Prophetie. wird mit der Zukunft bekannt gemacht. Dabei erfährt er, daß die über eine Massenvernichtungswaffe verfügt: ihr Gähnen. Niemand kann sich ihm entziehen: Bald schlafen ganze Kirchengemeinden bei der Predigt ein, darauf die Schulen, die Univesrsitäten und auch das Parlament macht ein Nickerchen.

Mit seinen letzten Versen beschreibt Alexander Pope, wie der Triumph der Göttin universal wird.


Literatur:

The Dunciadn
The Dunciad
von Alexander Pope

Samstag, 4. September 2021

»Wunschloses Unglück« - Der junge Handke

»Wunschloses Unglück« ist eines der frühen Werke Handkes. Es handelt von seiner Mutter, wobei das Verb "handeln" hier vielleicht falsche Assoziationen weckt: Handke malt ein Bild von seiner Mutter, das klar und durchsichtig ist, sachlich und dabei so wunderbar bewegend, weil es den Leser fühlen lässt, was jene Frau durchgemacht haben muß.

Als Mädchen auf dem Lande wächst sie auf, erhält dort kaum Bildung, obwohl sie wissbegierig ist und sicherlich auch begabt, doch sie muß sich in die Gesellschaft einpassen, die Rolle der damaligen Frau spielen: Haushalt und Kinder. Sie erträgt dieses Leben auf Dauer nicht, zu viel Langeweile und Einsamkeit, ein trunksüchtiger Ehemann, den sie nicht liebt, drei Abtreibungen und immer diese Lust auf das Leben, das Erleben, welche sie aber nicht stillen kann. Daran geht sie am Ende zu grunde.

Peter Handke schildert in Form einer Erzählung das Leben seiner Mutter bis zu deren Freitod mit 51 Jahren. Er selbst, erstgeborenes und uneheliches Kind, war damals 30.

Zunächst fragte ich mich, wie kann es sein, dass man als Autor zum Leben der Mutter (zumindest hier) nur 89 Seiten zusammenbringt. Oder verfasst? Dann wäre es ein Grund, keine Offenbarung oder Fehlbarkeit.

Als ich das Buch das erste Mal begann, legte ich nach 25 Seiten eine Pause ein. Dies war keine geplante Pause und auch keiner Unverträglichkeit geschuldet. Ich fand offenbar keinen Zugang, war mehr beim Überlesen als dem Lesen und Verstehen. Intransparent gab es schon auf den ersten Seite Anknüpfungen umhüllt von Unbehagen, dem gelernten Verbot einer Neugier. Also Weglegen. Was anderes tun.

Ich legte es schließlich für einen Neustart zurück ins Regal. Solche Neustarts folgen aufgrund der Masse der ungelesenen Bücher in diesem Regal manchmal Monate, manchmal Jahre später oder vielleicht gar nicht mehr. Diesmal war es anders, denn nach drei Tagen beschäftigten mich Sätze und Textfragmente, die ich nie bewusst gelesen hatte, die sich aber dennoch begründbar bei mir eingegraben hatten. Hiernach beendete ich das Buch sogleich am Tag des Neubeginns.

Einen Neubeginn hatte die Mutter nie, allenfalls mal einen Beginn von was, was über Ansätze von Ausdruck oder Entfaltung nicht hinauskam. Ja, es war ein unglückliches Leben, aber auch wunschlos. Wie geht das zusammen? Das erklärt Peter Handke besonders und bemerkenswert, distanziert und nah. Dabei ist man fragen und wissend. Und es zu verstehen, ist nicht so schwer, doch Verständnis oder gar eine Befriedigung und Auflösung bringt dieses Verstehen nicht.

Der Ich-Erzähler und Sohn greift in die Beschreibung hinein, berichtet von dem Schreibprozess, die Arbeit und Kraft, die er erfordert. Handke verbindet hier innere und äußere Realität, schaft damit eine "Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt".

Ein sicherlich sehr persönliches Buch, welches aber trotzdem kein Denkmal für eine Mutter wird, oder das wenigstens versucht zu werden. Nur eine Beschreibung, ein Bild, mit erzählerischen Qualitäten die mindestens an Stefan Zweig heranreichen.

Handke deckt auch hier seine Wunden schonungslos auf, lässt teilhaben an seinen Verletzungen. Seine ständige literarische "Aufarbeitung" ist ein großer Gewinn für die Literatur.

Literatur:

Wunschloses Unglück
Wunschloses Unglück
von Peter Handke