Samstag, 23. Juni 2012

»Die Angst des Tormanns beim Elfmeter« - eine Erzählung von Peter Handke

Die Angst des Tormanns beim Elfmeter

Wer kennt sie nicht: Die Angst des Tormanns beim Elfmeter. Der österreichischer Schriftsteller Peter Handke hat daraus eine Erzählung mit kriminalistischen Zügen gemacht.

»Die Angst des Tormanns beim Elfmeter« ist eine Erzählung von Peter Handke, erschienen im März 1970. Die unterhaltsame Erzählung, die sich um Fussball dreht, handelt vom Monteur Josef Bloch und von einer tief greifenden Sprach- und Erkenntniskrise erzählt. Ein Nouveau Roman, der kein Roman, sondern eine Erzählung ist: Spröde, distanziert, unterkühlt. Nicht wirklich spannend. Liest sich wie eine Bewerbung für den Ingeborg-Bachmann-Preis, das Gipfeltreffen der Unlesbaren.


Peter Handkes Erzählung »Die Angst des Tormanns beim Elfmeter«, die er 1969 verfasste, beschäftigt sich mit dem Monteur und ehemaligen Torwart Josef Bloch, der nach dem Mord an einer Kassiererin in einen Grenzort flüchtet. Die Geschichte beginnt damit, dass Bloch glaubt, ihm wurde gekündigt. Daraufhin flaniert er ziellos durch Wien, lässt sich auf Schlägereien ein und erwürgt schließlich die Kino-Kassiererin Gerda, nachdem er mit ihr die Nacht verbracht hat. Anschließend begibt er sich mit dem Bus zu einer Bekannten, die in einem Grenzort lebt. Dort irrt er weiterhin umher, während er immer wieder wie unbeteiligt in der Zeitung wahrnimmt, dass die Polizei auf seiner Spur ist. Die Erzählung endet mit einem Elfmeter bei einem Fußballspiel, kurz vor Blochs Verhaftung.


Dem Monteur Josef Bloch, der früher ein bekannter Tormann gewesen war, wurde, als er sich am Vormittag zur Arbeit meldete, mitgeteilt, daß er entlassen sei. Jedenfalls legte Bloch die Tatsache, daß bei seinem Erscheinen in der Tür der Bauhütte, wo sich die Arbeiter gerade aufhielten, nur der Polier von der Jause aufschaute, als eine solche Mitteilung aus und verließ das Baugelände.

Gleich zu Beginn des Buches geschieht ein Mord - doch um einen gängigen Kriminalroman handelt es sich bei Peter Handkes »Die Angst des Tormanns beim Elfmeter«  nicht. Noch viel weniger geht es übrigens um Sport. Stattdessen setzt sich der österreichische Schriftsteller mit den Grenzen unserer Sprache auseinander. Wie ist es möglich, selbst einfache Gespräche zu führen? Was haben die banalsten Wörter, die uns scheinbar so geläufig sind, mit den Dingen zu tun? Wie kann es sein, dass wir einen Satz anfangen und schon wissen, wie er endet?

Vordergründig passiert in diesem Roman nur wenig, auf einer tieferen Ebene aber handelt er von der existenziellen Sinn- und Wahrnehmungskrise des Protagonisten Josef Bloch. Dessen Verhalten mag uns befremdlich oder gar krank erscheinen - für Handke ist es symptomatisch: Wir haben das einfache Sehen und Hören verlernt, alle Worte, Gesten und Dinge erscheinen als eine Anspielung auf etwas anderes. Handkes ebenso faszinierender wie verstörender Roman lässt uns über unsere normal erscheinenden, alltäglichen Sprechgewohnheiten nachdenken.

Die Angst des Tormanns beim Elfmeter
Die Angst des Tormanns beim Elfmeter: Erzählung«
(suhrkamp taschenbuch)

Auf der Straße hob er den Arm, aber das Auto, das an ihm vorbeifuhr, war wenn Bloch den Arm auch gar nicht um ein Taxi gehoben hatte - kein Taxi gewesen. Schließlich hörte er vor sich ein Bremsgeräusch; Bloch drehte sich um: hinter ihm stand ein Taxi, der Taxifahrer schimpfte; Bloch drehte sich wieder um, stieg ein und ließ sich zum Naschmarkt fahren.

Es war ein schöner Oktobertag. Bloch aß an einem Stand eine heiße Wurst und ging dann zwischen den Ständen durch zu einem Kino. Alles, was er sah, störte ihn; er versuchte, möglichst wenig wahrzunehmen. Im Kino drinnen atmete er auf. Im nachhinein wunderte er sich, daß die Kassiererin die Geste, mit der er das Geld, ohne etwas zu sagen, auf den drehbaren Teller gelegt hatte, mit einer anderen Geste wie selbstverständlich beantwortet hatte. Neben der Leinwand bemerkte er eine elektrische Uhr mit beleuchtetem Zifferblatt. Mitten im Film hörte er eine Glocke läuten; er war lange unschüssig, ob sie in dem Film läutete oder draußen in dem Kirchturm neben dem Naschmarkt.

Im März 1970 erschien die Erzählung »Die Angst des Tormanns beim Elfmeter« in der Startauflage von 25.000 Exemplaren und ein halbes Jahr später hatte sich die Auflage bereits verdoppelt. Der Erzähler berichtet zwar in der dritten Person, jedoch aus Blochs Perspektive. Die Umwelt wird von Bloch extrem detailliert wahrgenommen und auch interpretiert. Bloch versucht, völlig unspektakuläre Ereignisse in seiner Umgebung zu analysieren und auf sich zu übertragen. Dabei gerät er im Laufe der Geschichte immer mehr in einen wahnartigen Zustand. Die Absichten der Hauptperson sind dabei nicht ersichtlich.

Man fragt sich beim Lesen, wie Bloch wohl auf die Menschen seiner Umgebung wirkt, da dies in der Erzählung nicht deutlich wird. Die Erzählung wird so geschildert, als ob jedes Ereignis den gleichen Stellenwert hätte. Handke schildert die innere Entwicklung, die Entfremdung des Protagonisten sehr genau. Die Handlung selber geschieht eher im Hintergrund. All dies fordert sowohl die Konzentration als auch das 'Durchhaltevermögen' des Lesers.

Die Aufnahme der Erzählung fiel recht einhellig aus: »Diese Erzählung gehört zu dem Bestechendsten, was in den letzten zehn Jahren deutsch geschrieben worden ist.« (Karl Heinz Bohrer, »Frankfurter Allgemeine Zeitung«) »Um das vorweg zu sagen: ich halte »Die Angst des Tormanns beim Elfmeter« ohne jede Einschränkung für das beste Buch, das in der deutschen Sprache nach Thomas Bernhards »Verstörung« und »Ungenach« geschrieben wurde.«





Weblinks:

Die Angst des Tormanns beim Elfmeter
Die Angst des Tormanns beim Elfmeter: Erzählung« (suhrkamp taschenbuch)
von Peter Handke

Die Angst des Tormanns beim Elfmeter
Die Angst des Tormanns beim Elfmeter - SZ-Bibliothek Band 13
von Peter Handke

Donnerstag, 21. Juni 2012

William Shakespeare und seine Komödien

Für das Monströse, Ungeheure, empfand William Shakespeare Sympathie, für das Sentimentale hatte er dagegen nur eines übrig: Galle. Die tiefsten Abgründe in seinem Werk öffnen sich daher nicht in den sturmumtosten Tragödien, sondern unvermutet in der lauen Sommerluft seiner Komödien.

Allen voran in seiner Komödie »Ein Sommernachtstraum«, ein Klassiker, ca. 1596 entstanden, seitdem so millionenfach aufgeführt, dass mittlerweile eigentlich der letzte Tropfen Lieblichkeit aus ihm herausgewrungen sein müsste, wäre da nicht der Zauber.

»Ein Sommernachtstraum« zeigt William Shakespeare von seiner heiteren komödiantischen Seite und schrieb zur Unterhaltung des elisabethanischen Publikums eine recht verwickelte Komödie über einen inszenierten Liebeskrach.

Es ist ein poetisches, mal zärtliches, mal derbes, sehr komisches, absurdes und manchmal auch nachdenkliches Verwirrspiel über Sein und Schein, Wirklichkeit und Traum, das Shakespeare da anzettelt.

Natürlich geht es in der Komöide um Liebe. Ganz ohne literarische Vorlage, nur von Ovid und Chaucer inspiriert, spinnt Shakespeare ein vierfach ineinander verwobenes Beziehungsgeflecht: Theseus, Herzog von Athen, heiratet in Bälde Hippolyta, Königin der Amazonen.


Da erscheinen vor ihm Hermia, Tochter des Egeus, und Demetrius, die nach dem Willen des Vaters ebenfalls heiraten sollen, aber nicht wollen. Zumindest Hermia will nicht – denn sie liebt Lysander, und dieser liebt sie. Demetrius dagegen wird von Helena geliebt, von der er seinerseits aus Liebe zu Hermia nichts wissen will. Derweil liegt in den Wäldern vor Athen ein viertes Paar im schönsten Ehekrach: Oberon, König der Elfen, zankt mit Titania, Königin der Feen.

Der »Sommernachtstraum«, eine heitere Komödie über die Nacht- und Schattenseiten des allgemeinen Liebestaumels, ist ein heiteres Bühnenstück, das viel Amüsement verspricht und den Zuschauer auf das Beste zu unterhalten vermag.

Es ist eine Komödie voller Magie mit den Zutaten  Rausch, Poesie, Märchenspuk, Liebesverstrickungen, Romantik und Witz geistern durch das Stück - eine Komödie reich an Komödianten. Alle irren durch eine düstere, enge Welt aus Humus und dichtem Laubwerk, in der manchmal das grelle Bühnenlicht der Erkenntnis blendet, aber meistens die Melancholie regiert.

Shakespeares Komödie »Ein Sommernachtstraum« ist eine Entführung in eine Traumwelt. Es entsteht eine verzauberte Atmosphäre in der Komödie des englischen Dramatikers.

Shakespeares Komödie »Ein Sommernachtstraum« ist eine hinreißende und zauberhafte Komödie über die Verwirrungen der Liebe und eine recht turbulente und verstrickte Komödie, die in eine Traumwelt entführt.

Der »Sommernachtstraum« von William Shakespeare ist eine schwer zu durchschauende eine turbulente Komödie über die Liebe und ihre Irrungen und Wirrungen im Elfenwald, welche Shakespeare durch zahlreiche Verwicklungen geschickt zu steigern weiß. Ein »Sommernachtstraum« handelt davon dass ein Liebestrank in die Augen der Feenkönigin geträufelt wird und diese sich nun in den Esel verliebt.

Romantik, Witz und Poesie, Rausch und Entgrenzung, Märchenspuk, Rüpelposse und Liebesdrama - Shakespeare zieht in seinem Sommernachtstraum alle Register, um die Nacht- und Schattenseiten des allgemeinen Liebestaumels zu erhellen.

Die Komödie ist wohl das heiterste Stück, das Shakespeare überhaupt geschrieben hat. Shakespeare nimmt mit auf eine Reise durch die fantastische Welt der Elfen, Illusionen und Sinnesfreuden.

Shakespeare verwebt unterschiedliche Personenkreise überaus kunstvoll miteinander. Knüpft hier eine Verbindung zwischen zwei Liebenden, knotet dort eine Verwirrung in die Beziehung und löst am Ende alle verworrenen Fäden mit genialem Geschick zum Wohlgefallen aller wieder auf.

Shakespeare hat den eher nordischen Stoff nach Athen und einen nahegelegenen Zauberwald verlegt und damit Mut beweisen. Der Mut hat sich gelohnt, denn seine Komödie ist eine der meistgespieltesten auf den Bühnen der Welt.

Über 400 Jahre ist dieser Traum um verwirrte Liebende alt, und doch hat er nichts von seiner strahlenden Schönheit eingebüßt. Auch heute erfreut Puck, der Kobold, uns mit seinem Schabernack, läßt uns die anrührende Unbeholfenheit der Handwerker herzlich lachen, bangen wir mit den Liebenden, daß sich die richtigen Paare zusammenfinden mögen.

Ein beindruckendes Stück, dass wirklich zum Schmunzeln ist. Auch wenn einem die Paare oder eben Nichtpaare etwas leid tun. Shakespeare hat mal wieder gezeigt, was er alles kann. Dieses untypische Werk von William Shakespeare vermag den Zuschauer gleichsam wie den Leser zu verzaubern.

Diese zauberhafte Komödie gehört zum Kanon bedeutender Klassiker und großer Weltliteratur gehört unbestritten William Shakespeares berühmtes und mit meistgespieltes Komödie »Ein Sommernachtstraum« oder »Ein Mittsommernachtstraum« (»A Midsummer Night's Dream«), eine Komödie in Athen um eine Herrscherhochzeit, aristokratische Liebeswirren, Intrigen und die Feenwelt.

Samstag, 16. Juni 2012

»Deutschstunde« von Siegfried Lenz

Deutschstunde
Deutschstunde

Weltweit bekannt wurde Siegfried Lenz 1968 mit seinem Roman »Deutschstunde«. Das Buch erzählt vom Konflikt zwischen einem fanatischen Polizisten und einem unangepassten Maler in Nordfriesland während und nach der Nazi-Zeit. Es ist ein Meisterwerk über falsch verstandene Pflichterfüllung.

Mit dem Porträt des von den Nazis verbotenen Malers Emil Nolde schuf Lenz eine Figur von großer Dichte. Er beschreibt in dem Roman die Verquickung von Schuld und Pflicht zur Zeit des Nationalsozialismus in Form einer Schulstrafarbeit des Ich-Erzählers Siggi Jepsen.

"Für mich ist die »Deutschstunde« eines der wichtigsten Bücher der Weltliteratur des 20. Jahrhunderts", so der Schriftsteller. "Es ist ein genauso anspruchsvoller wie einfacher Roman. Man kann nicht anders als sich beim Lesen zu fragen: Wie hätte ich mich damals verhalten? Es ist eine schwierige, eine schmerzhafte Frage."

Sein Roman »Deutschstunde« machte Siegfried Lenz nach dem Krieg zum gefeierten Star des Literaturbetriebs. Durch seinen Erfolgsroman »Deutschstunde« erlangte er sogar weltweiten Ruhm. Unermüdlich präsentierte der Autor seinen Bestseller bei Lesungen, auf Literaturfestivals und Buchmessen.

Weblink:

Deutschstunde
Deutschstunde
von Siegfried Lenz




»Die Judenbuche« von Anette von Droste-Hülshoff


Die 1842 veröffentlichte Novelle »Die Judenbuche« von Anette von Droste-Hülshoff erzählt die Geschichte eines unaufgeklärten Mordes im 18. Jahrhundert.Die Novelle trägt den Untertitel »Ein Sittengemälde aus dem gebirgigen Westfalen«.

Protagonist der Novelle ist Friedrich Mergel, der sich dem Unrecht und der Unmoral einer dörflichen Welt, in die er hineingeboren wird, verschreibt. Als er unter Mordverdacht gerät, flieht er. Erst Jahrzehnte später kehrt er an den Ort des Verbrechens zurück.

Die Novelle endet mit der Übersetzung der Inschrift im Stamm der Judenbuche: »Wenn du dich diesem Orte nahest, so wird es dir ergehen, wie du mir getan hast.«

»Die Judenbuche« gehört zu den meist gelesenen Novellen der deutschen Literatur. Der Stoff geht zurück auf eine wahre Begebenheit, die sich etwa fünfzig Jahre vor der Niederschrift in Westfalen zutrug. Die Dichterin Anette von Droste-Hülshoff entwirft das Bild einer Gesellschaft, die Recht nicht von Unrecht unterscheidet, was zum äußersten Verbrechen, nämlich zu Mord führt.

Vor diesem Hintergrund schildert sie die Entwicklung eines jungen Menschen, für die sein Charakter ebenso maßgebend ist wie seine Erziehung durch sein Umfeld. Die spannende Handlung, eine knappe Sprache sowie atmosphärisch dichte Naturbeschreibungen machen dieses kleine Meisterwerk auch heute noch zu einem besonderen Leseerlebnis.


Weblink:

Die Judenbuche - Anette von Droste-Hülshoff - Inhaltsangabe
https://www.inhaltsangabe.de/droste-huelshoff/die-judenbuche/