Freitag, 28. Juli 2017

Clemens Brentano 175. Todestag

Clemens Brentano

Clemens Brentanos Todestag jährt sich am 28. Juli zum 175. Male. Brentano starb am 28. Juli 1842 in Aschaffenburg. Clemens Brentano war ein deutscher Schriftsteller und neben Achim von Arnim der Hauptvertreter der sogenannten Heidelberger Romantik.

Nach dem Scheitern einer kaufmännischen Lehre 1795–1796 in Langensalza studierte er ab dem 19. Mai 1797 in Halle Bergwissenschaften und wechselte am 5. Juni 1798 zum Medizinstudium an die Universität Jena. Statt sein Studium abzuschließen, widmete er sich aber immer mehr seinen literarischen Neigungen.

In Jena lernte er die Vertreter der Weimarer Klassik Christoph Martin Wieland, Johann Gottfried von Herder, Johann Wolfgang von Goethe und der Frühromantik Friedrich Schlegel, Johann Gottlieb Fichte und Ludwig Tieck kennen. Letztere ist ab 1800 in Jena personell nahezu vollständig vertreten.

Von ihren Werken und literaturtheoretischen Schriften ließ Brentano sich zu seinen ersten Werken anregen, vor allem zu dem Roman Godwi, in dem auch einige der bekanntesten Gedichte Brentanos enthalten sind (Zu Bacharach am Rheine, Sprich aus der Ferne, Ein Fischer saß im Kahne).

1801 in Göttingen, wo er als Student der Philosophie eingeschrieben war, lernte er Ludwig Achim von Arnim kennen, mit dem ihn bald eine enge Freundschaft verband und mit dem er 1802 eine Reise auf dem Rhein unternahm. In den nächsten Jahren wohnte er bis 1811 immer wieder über längere Zeiträume hinweg mit Arnim zusammen.

Brentano war ein begeisterter Liedersammler, welchen die Lieder des Volkstones besonders interessierten. Er veröffentlichte zusammen mit Ludwig Achim von Arnim die Volksliedersammlung« »Des Knaben Wunderhorn, eine Liedersammlung in drei Bänden. Auf der Rheinreise der Freunde Achim von Arnim und Clemens Brentano im Juli 1802 entstanden die ersten Ansätze zu der bedeutendsten Liedersammlung der deutschen Romantik, die von 1805 bis 1808 in mehreren Bänden erstmals erschien.

So eindrucksvoll war der Ton seiner Gedichte, dass dieser mehr als 120 Jahre lang maßgebend wurde für die deutsche Literatur.

Brentano har daneben auch ein umfangreiches Werk religiöser Literatur vorgelegt, wahrscheinlich die berühmtesten Andachtsbücher der Welt, übersetzt in viele Sprachen.

Clemens Brentano 1778-1842: Poesie / Liebe / Glaube

Clemens Brentano 1778-1842: Poesie / Liebe / Glaube

Brentano ist auch der Entdecker der Rheinromantik. Die Loreley, heute Weltkulturerbe, bekannt den Touristen aus aller Welt, ist seine Erfindung.

Sein großartiges Werk ist gleichzeitig Zeugnis der Umbrüche seiner Zeit, einer „reißenden Zeit“, wie er es genannt hat, denn die Brüche waren auch Teil seines Lebensschicksals. Er den Riss in seinem Leben und in seiner Zeit zu heilen versucht: in der Kunst, in der Liebe und im Glauben.

Die letzten Lebensjahre Brentanos waren von Schwermut geprägt. Er starb 1842, im Alter von 63 Jahren in Aschaffenburg im Hause seines Bruders Christian. Er ist auf dem dortigen Altstadtfriedhof beigesetzt.

Clemens Brentano wurde am 9. September 1778 in Ehrenbreitstein oberhalb der Stadt Koblenz geboren.


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Literatur:

Clemens Brentano 1778-1842: Poesie / Liebe / Glaube
Clemens Brentano 1778-1842: Poesie / Liebe / Glaube
von Günter Scholz

Des Knaben Wunderhorn
Des Knaben Wunderhorn
von Clemens Brentano


Blog-Artikel:

Ulrich Plenzdorf 10. Todestag

Clemens Brentano 175. Todestag

George Tabori 10. Todestag

»Walden oder Leben in den Wäldern«
von Henry Thoreau


Walter Benjamin 125. Geburtstag

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»Der Steppenwolf« von Hermann Hesse

Hermann Hesse 140. Geburtstag

Alfred Döblin 60. Todestag

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Sonntag, 23. Juli 2017

George Tabori 10. Todestag

George Tabori

George Tabori starb vor 10 Jahren am 23. Juli 2007. Tabori war ein Schriftsteller, Drehbuchautor, Übersetzer, Dramatiker und Theaterregisseur ungarischer Herkunft. Er war schon Lebzeiten eine Legende. Als Schauspieler, Dramatiker und Theaterregisseur jüdischer Herkunft hat er das Theater des 20. Jahrhunderts in entscheidendem Maße geprägt, wie auch dieses Jahrhundert ihn geprägt hat. Den Begriff „Regisseur“ lehnte er für sich als zu autoritär ab und bezeichnete sich stattdessen als „Spielmacher“. Die Theaterwelt beklagt den Tod eines Spielmanns.



Nach dem Besuch eines Budapester Gymnasiums hatte sich George Tabori eine Zeit als Kellner in Berlin verdingt. 1933 kehrte er nach Budapest zurück, studierte, bis er 1936 nach London emmigrierte. Seit 1945 war Tabori britischer Staatsbürger.

In London arbeitete er als Journalist und Übersetzer. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ging er als Auslandskorrespondent nach Bulgarien, dann in die Türkei. 1941 bis 1943 leistete er als Intelligence Officer Kriegsdienst in der britischen Armee. Als Leutnant war er in Palästina stationiert. 1943 kehrte er nach London zurück, schrieb für die BBC und unternahm erste schriftstellerische Versuche.

1947 emigrierte Tabori in die USA und traf hier mit berühmten Zeitgenossen wie Thomas Mann, Lion Feuchtwanger und Bert Brecht zusammen. In Hollywood machte er sich als Drehbuchautor einen außerordentlich geachteten Namen. So schrieb er für Alfred Hitchcock, Anthony Asquith, Anatol Litvak und Joseph Losey.

Über die Begegnung mit Brecht, von dem er drei Stücke ins Englische übersetzte, entdeckte Tabori das Theater und er begann, selber Stücke zu schreiben. Sein erstes Theaterstück "Flight into Egypt" wurde 1952 von Elia Kazan am Broadway uraufgeführt. Das ironische Melodram über eine österreichische Familie, die versucht, in die Vereinigten Staaten zu emigrieren, erwies sich allerdings als Flop. 1956 stellte Tabori mit Strindbergs "Fräulein Julie" seine erste Inszenierung mit seiner Frau Viveca Lindfors in der Titelrolle vor. Auch nicht gerade ein Publikumsmagnet.

Anschließend schrieb er für das Londoner Aldwych-Theatre "Brouhaha" und inszenierte für das New Yorker Theater De Lys "Brecht on Brecht". Anfang der sechziger Jahre kam Tabori in Kontakt mit dem Free Southern Theatre in New Orleans und erlebte erstmals eine spezifische, fast therapeutische Gruppenarbeit mit einem Ensemble im Theater. 1966 gründete er zusammen mit seiner Frau Viveca Lindfors die Gruppe The Strolling Players, mit der er verschiedene Tourneen unternahm.

1968 kam Tabori nach Deutschland und inszenierte am Berliner Schiller-Theater sein Auschwitz-Stück "The Cannibals". Es sollte ihn berühmt machen. Seither arbeitet er vorwiegend im deutschsprachigen Raum. Zunächst führte Tabori, der sich in seinen eigenen Stücken oder Stückbearbeitungen bevorzugt mit der Geschichte der Deutschen und der Juden auseinandersetzt, an wechselnden Orten Regie und wollte mit kleinen Schauspielergruppen sein "menschlicheres" Theater verwirklichen.

So brachte er 1971 die deutsche Erstaufführung seines Anti-Vietnam-Stücks "Pinkville" in Berlin mit Schauspielern der Abschlussklasse der Max-Reinhardt-Schule heraus. Als Dramatiker, Schauspieler und Regisseur avancierte Tabori in den folgenden Jahren zur "lebenden Theaterlegende". "Seine Arbeiten", so die Süddeutsche Zeitung 1991, "sind Versuche, die Magie des Theaters und das Grauen des Lebens zu beschwören, wundersame Gratwanderungen zwischen Schmerz und Scherz."

Sei 1975 arbeitete Tabori am Bremer Theater und gründete dort 1976 das Bremer Theaterlabor. Mit dieser von ihm geleiteten Gruppe brachte er unter anderem "Sigmunds Freude" heraus, ferner "Talk Show", eine tiefschwarze Satire über das Sterben, Kafkas "Hungerkünstler" in einer sehr freien Dramatisierung sowie einen viel beachteten "Hamlet" (in der Übersetzung von Heiner Müller).

In der Zeit zwischen 1978 und 1981 war Tabori vor allem an den Münchner Kammerspielen tätig. 1978 stellte er hier "Improvisationen über Shakespeares Shylock" und 1980 eine Szenenfolge nach Enzensbergers "Titanic-Poem" vor. Mit solchen und anderen Produktionen gelang Tabori nach Kritikermeinung die "gültige Alternative zum experimentellen wie zum konventionellen Theater in Deutschland".

Viel Aufsehen erregte die Uraufführung von "My Mother's Courage", in dem Tabori die Geschichte seiner Mutter erzählt, im Mai 1979 in einem Proberaum der Münchner Kammerspiele. Hanna Schygulla spielte die Hauptrolle. Michael Verhoeven verfilmte die zugrundeliegende Erzählung 1996 mit Tabori in einer der Hauptrollen. 1980 inszenierte Tabori in der Manege des Münchner Circus Atlas mit seiner Truppe und zahlreichen Mitgliedern der Zirkusfamilie Frank einen Beckett-Abend, den er 1981 in Bochum mit einem "Beckett-Abend 2" fortsetzte. Im gleichen Jahr drehte er für das ZDF seinen ersten Spielfilm, die Satire "Frohes Fest", die den Großen Preis der Internationalen Filmwoche in Mannheim gewann.

Von 1987 bis zum Ende der Spielzeit 1989/90 leitete Tabori das Wiener Theater "Der Kreis". Dieses Schauspielhaus in der Porzellangasse wurde nach seinen Vorstellungen als "actors' studio" umgebaut.

Im Juli 1987 sorgte Tabori für einen hanfesten Theaterskandal, als er in der Salzburger Kollegienkirche Franz Schmidts Oratorium "Das Buch mit den sieben Siegeln" in einer eigenwilligen szenischen Fassung inszenierte. Nach heftigen Zuschauerprotesten wegen "obszöner Szenen" setzte man das Stück nach der Premiere wieder ab. Einen glänzenden Erfolg als Autor, Schauspieler und Regisseur verbuchte er dagegen im Mai des Jahres mit der Uraufführung seiner Hitler-Farce "Mein Kampf" am Wiener Akademietheater. In seinem "Kreis"-Theater inszenierte er im gleichen Jahr Eugene O'Neills "Der Eismann kommt" und Peter Sichrowskys szenische Protokolle "Schuldig geboren", in denen Kinder von Nazi-Verbrechern über ihre Familien berichten.

Bei den Wiener Festwochen 1991 hatten Taboris mit glänzenden Kritiken bedachte "Goldberg-Variationen" Premiere, in Wolfenbüttel wurde im November des Jahres Taboris vielbeachtete Lessing-Bearbeitung "Nathans Tod" in eigener Regie uraufgeführt. An der Oper Leipzig hatte 1994 Schönbergs "Moses und Aron" in einer Tabori-Inszenierung Premiere. Mit dieser triumphal gefeierten Opernproduktion wollte er "ein Zeichen der Kunst gegen den wiederaufkeimenden Antisemitismus setzen". Als achte Inszenierung eines eigenen Stückes während der Intendanz von Claus Peymann ging im Juni 1995 Taboris "Die Massenmörderin und ihre Freunde" über die Bühne des Wiener Akademietheaters. Ein Jahr später inszenierte er die Uraufführung seiner "Ballade vom Wiener Schnitzel", die groteske Bilder vom alltäglichen Antisemitismus bot. Das Stück wurde der Höhepunkt der Wiener Saison und ein Triumph für den Hauptdarsteller Gert Voss.

Ungeachtet seiner öffentlichen Abschiedsbekundungen von der Regie und einem erklärten Rückzug auf die Arbeit als Autor blieb der "sanfte Provokateur" und "leise Ironiker" als Interpret eigener und fremder Stücke sowie "produktiver Playmaker", wie er sich selbst am liebsten nannte, immer aktiv.

Mit "Die letzte Nacht im September" brachte er im Januar 1997 in Wien ein neues Stück zur Uraufführung, inszenierte dann zum ersten Mal mit "Stecken, Stab und Stangl" ein Werk von Elfriede Jelinek, wagte mit dem Choreographen Ismael Ivo an der Berliner Schaubühne ein Crossover von Musik, Tanz, Poesie und Schauspiel unter dem Titel "Der nackte Michelangelo", zeigte Mozarts Oper "Die Zauberflöte" in einem Berliner Zirkus und verabschiedete sich dann von Wien und 13 Claus-Peymann-Intendantenjahren im Mai 1999 mit einer elften selbst inszenierten und umjubelten Uraufführung, der kurzen Farce "Purgatorium".

Mit Claus Peymann ging der 85-jährige Tabori nach Berlin und inszenierte 2000 zum Beginn der Peymann-Intendanz an der berühmten, umfangreich sanierten Brecht-Bühne Berliner Ensemble die Uraufführung seines Stücks "Die Brecht-Akte" über zwei FBI-Mitarbeiter, die Brecht ausspionieren.

George Tabori war ein Wanderer zwischen den Welten - ein Wanderer zwischen Schmerz und Scherz. Fremd war er Zeit seines wechselvollen und von grauenhafter Lebenserfahrung geprägten Lebens überall, seine angestammte Heimat war das Theater. "Ich bin kein Regisseur, ich bin ein Spielmann", schrieb Tabori trotzig. Ich bin grundsätzlich ein Fremdling. Erst hat mich das gestört, aber alle Theatermacher, die ich liebe, waren Fremde. Meine Heimat ist ein Bett und eine Bühne."

"'Mensch' ist mein liebstes Wort in der deutschen Sprache", hat George Tabori einmal gesagt. Die deutschen Verbrechen gegen die Menschheit überlebte der vor 100 Jahren geborene Autor, Regisseur und Schauspieler in Großbritannien. Seit den späten Sechzigern brachte er den Holocaust auf seine ganz eigene Art ins deutschsprachige Theater: brutal komisch, politisch völlig unkorrekt und mit "jüdischer Witz" nur notdürftig umschrieben.

George Tabori wurde am 24. Mai 1914 als György Tábori in Budapest geboren.

Blog-Artikel:

»Die Blumen des Bösen« von Charles Baudelaire

Charles Baudelaire 150. Todestag

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»Walden oder Leben in den Wäldern«
von Henry Thoreau


Walter Benjamin 125. Geburtstag

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Freitag, 21. Juli 2017

»Abendfeier« von Friedrich Rückert


Ein Schein der ew’gen Jugend glänzt
Ins Erdenthal,
Die Höh’n mit Offenbarung kränzt
Der Abendstrahl.
Die Lerche singt der Sonne nach
Von hohem Ort,
Dann wird die Nachtviole wach
Und duftet fort.

»Abendfeier« von Friedrich Rückert (1788-1866)


Sonntag, 16. Juli 2017

»Walden oder Leben in den Wäldern« von Henry Thoreau

Walden oder Leben in den Wäldern
Walden oder Leben in den Wäldern

»Walden oder Leben in den Wäldern« von Henry Thoreau erzählt vom Leben mit der Natur, von der Unabhängigkeit und dem wahren Glück. Mitte des 19. Jahrhunderts unternahm der amerikanische Schriftsteller Henry David Thoreau ein bis dato einzigartiges Daseinsexperiment: Für zwei Jahre zog er sich tief in die Wälder Massachusetts' zurück. Dabei ging es ihm nicht um simple Weltflucht, sondern um die Erforschung menschlicher Existenz, um ein wahrhaft bewusstes Leben und die Beschränkung auf das Wesentliche.

Im Juli 1845 baut sich der Schriftsteller Henry David Thoreau in der Nähe seiner Heimatstadt Concord im US-Bundesstaat Massachusetts eine Blockhütte an einem einsamen Waldsee. Dorthin zieht er sich für die nächsten zwei Jahre zurück. Sein Ziel: Zu sich selbst und zurück zur Natur zu finden. In Walden – so der Name eines Teiches, der dem Buch den Titel gibt – skizziert Thoreau den Verlauf dieses Experiments. Besonderen Stellenwert räumt er ökonomischen Aspekten ein.


Der Dichter schildert, wie er sich mit Fischfang, Getreide- und Gemüseanbau selbst versorgt, und erteilt Ratschläge, wie es gelingt, die Bedürfnisse auf ein Minimum zu reduzieren. So erhält der Leser tatsächlich recht handfeste Tipps zur Bewältigung des kargen Alltags. Das generationenübergreifende Kultbuch vieler Wandervögel und Strickpulloverträger hat aber auch eine gewichtige philosophisch-religiöse Seite: Thoreau beschreibt, wie er in der Waldeinsamkeit zu einem erweiterten Verständnis seiner selbst und der ihn umgebenden Natur gelangt.

So fällt es ihm mit der Zeit immer leichter, auf den gewohnten Luxus zu verzichten und sich den bescheidenen Verhältnissen anzupassen. Auch wenn man es ihm nicht gleichtun möchte und man auf die Annehmlichkeiten des modernen Lebens nur ungern verzichtet: Walden ist nichts weniger als ein Ratgeber für ein besseres Leben.


Walden oder Leben in den Wäldern
Walden oder Leben in den Wäldern

Im Einklang mit den Ideen des Transzendentalismus findet Walden göttliche Wahrheiten in der Natur verkörpert. Darüber hinaus ist für Thoreau die Natur selbst göttlich. Sie erscheint in Walden nicht schwärmerisch verbrämt, sondern wird in ihrer Widersprüchlichkeit angenommen, wobei sie dem Einzelnen die Befreiung von Konventionen und Traditionen ermöglicht, die für Thoreau Voraussetzung für volles Mensch-Sein ist. Das Verhältnis zwischen Natur und Gesellschaft in Walden ist komplex: Obwohl Thoreau die Mechanisierung des Menschen im Industriezeitalter scharf kritisiert, begrüßt er etwa die Eisenbahn als Symbol für die natürliche Entwicklung und eine zukünftige demokratische Gesellschaft.


Nach Walden erfordert ein erfülltes Leben die Beschränkung auf das Notwendigste in materieller Hinsicht, sodass neben der Arbeit Zeit für Kontemplation bleibt. Im ersten Kapitel, Ökonomie, gibt Thoreau beispielsweise Auskunft über seine Ausgaben für den Hüttenbau, lobt in Das Bohnenfeld den Wert landwirtschaftlicher Handarbeit und lässt im poetischsten Kapitel, Frühling, die Natur um den See Walden Pond zu neuem Leben erwachen. Jede dieser alltäglichen Beobachtungen überträgt er auf gesellschaftliche und kosmische Prozesse.

Literatur:

Walden oder Leben in den Wäldern
Walden oder Leben in den Wäldern
von Henry D. Thoreau

Walden. Ein Leben mit der Natur
Walden. Ein Leben mit der Natur
von Henry D. Thoreau

Dienstag, 11. Juli 2017

Schriftsteller Peter Härtling ist tot

Peter Härtling

Peter Härtling ist tot. Peter Härtling starb am 10. Juli 2017 im Alter von 83 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit in Rüsselsheim am Main. Peter Härtling ist ein bekannter deutscher Schriftsteller, Lyriker, Kinderbuchautor und Essayist.Neben Gedichten, Erzählungen und Romanen schrieb er eine Reihe von Kinderbüchern.

Härtling wurde durch Romane wie »Zwettl« (1973), »Hölderlin« (1995) wie auch Gedichte wie »Ben liebt Anna« (2016) bekannt. Lesenswert auch sein Erinnerungsbuch »Leben lernen: Erinnerungen«. Eine bekannte Stimme der deutschen Literatur ist verstummt.


Härtling widmete einen großen Teil seines literarischen Werkes – sowohl in der Lyrik als auch in der Prosa – der Aufarbeitung der Geschichte und der eigenen Vergangenheit. Der autobiografische Roman »Zwettl« (1973) beschäftigt sich mit der Zeit in Niederösterreich nach der Flucht der Familie vor der Roten Armee.

In dem Roman »Nachgetragene Liebe« (1980) verarbeitet Härtlings Erinnerungen an den früh verstorbenen Vater. In seinem 1990 erschienenen mit »Mein Roman« bezeichneten Buch »Herzwand« beschreibt der Autor – ausgelöst durch eine Herzuntersuchung in einer Klinik – seinen Lebensweg von der Ankunft als Flüchtlingskind in Nürtingen über die Förderung in Schule und Ausbildungszeit bis zum Mitwirken an den Auseinandersetzungen um die Startbahn West der Frankfurter Flughafens.


Thematisch prägend ist in Härtlings Gedichten, Essays und Kritiken auch die Heimat, die er in Württemberg gefunden hat.

„Wir gleichen dem namenlosen Wanderer.
Wir wandern nicht mehr, um anzukommen,
wir sind unterwegs in einer frostigen,
auskühlenden Welt.“


Peter Härtling in »Der Wanderer«, 1988

Peter Härtling wurde am 13. November 1933 in Chemnitz geboren.

Weblink:

Schriftsteller und Journalist: Peter Härtling ist tot - www.tagesschau.de


Literatur:

Leben lernen
Leben lernen: Erinnerungen
von Peter Härtling


Hölderlin. Ein Roman von Peter Härtling

Henry Thoreau 200. Geburtstag

Henry Thoreau

Henry Thoreau wurde vor 200 Jahren am 12. Juli 1817 in Concord, Massachusetts geboren. Thoreau war ein amerikanischer Schriftsteller und Philosoph. Unter Thomas Waldo Emersons Einfluss entwickelte Thoreau reformerische Ideen. Bekannt wurde Thoreau auch als Autor des zivlen Ungehorsams.

Thoreau ist ein radikaler Kultur- und Zivilisationskritiker. Er ist einer der vielen, die der Frage vom richtigen Leben nachgehen. Kein Wunder, dass »Walden« in den USA zur Bibel der Aussteiger und Hippies wurde, in den späten Sechzigern und den Siebzigern des letzten Jahrhunderts.

Nach seinem Studium war er kurze Zeit Privatsekretär bei dem amerikanischen Philosophen Ralph Waldo Emerson. Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit übte er verschiedene Gelegenheitsarbeiten aus und engagierte sich ein ganzes Leben lang im Kampf gegen die Sklaverei. Danach sagte er der Zivilisation ade und führte ein Leben einsam in den Wäldern.

„Eine landläufige, wenn auch unbewusste Verzweiflung steckt

auch in dem, was man Spiel und Vergnügen nennt."



"Der Weise bleibt zu Hause, das Reisen ist des Narren Paradies", schrieb der Philosoph Ralph Waldo Emerson und überließ seinem Freund Henry David Thoreau großzügig ein Grundstück, auf dem dieser die Bibel der Sesshaftigkeit schrieb: "Walden oder Leben in den Wäldern". Emerson selbst reiste unverdrossen weiterhin.


Am 4. Juli 1845, dem Unabhängigkeitstag, bezog Thoreau seine selbsterbaute Blockhütte "Walden Hut" bei Concord am Walden-See, auf einem Grundstück Emersons. Hier lebte der Naturmensch etwa zwei Jahre zwar allein und selbständig, aber nicht abgeschieden. Thoreau zog in den Wald, weil er den Wunsch hatte, mit Überlegung zu leben, dem eigentlichen, dem wirklichen Leben näherzutreten, vom Leben selbst zu lernen, was es zu lehren hat, damit man nicht zur Stunde seines Todes erkennen muss, dass man nicht gelebt hat. Dabei geht es ihm nicht um die Entsagung an sich, außer sie ist unumgänglich; Thoreau wollte sich auf die Essenz des Lebens konzentrieren und alles ausschließen, was nicht Leben ist.


Er übersetzte lateinische Klassiker, pflanzte Bohnen, vermisste den See vor seiner Hütte, er besuchte seine Nachbarn in anderen Hütten und erzählte deren Geschichte, er hörte dem Regen zu, beobachtete den Schneesturm, schilderte den Besuch eines Eichhörnchens, er fischte, und er schrieb »Walden«. In seinem Werk »Walden. Oder das Leben in den Wäldern« beschrieb er sein einfaches Leben am See im Einklang mit der Natur, aber er integrierte auch Themen wie Wirtschaft und Gesellschaft.

Den 23. Juli 1846 verbrachte Thoreau im Gefängnis, weil er sich weigerte, seine Steuerschuld gegenüber Massachusetts, die Poll tax oder Kopfsteuer, zu begleichen und mit diesen Steuergeldern die amerikanische Regierung und damit die Sklaverei und den expansiven Mexiko-Krieg) zu unterstützen. Der Krieg begann allerdings erst kurze Zeit vor Thoreaus Inhaftierung, die Steuerschulden waren deutlich älter. Die Schulden wurden beglichen; von wem, lässt sich nicht endgültig klären, und Thoreau wurde aus dem Gefängnis entlassen.

Ab 1849 verdiente Thoreau seinen Lebensunterhalt als Landvermesser, Gelegenheitsarbeiter und Vortragsreisender. Dabei wetterte er immer wieder gegen soziale Ungerechtigkeit und Sklaverei. 1857 lernte er den militanten Sklaverei-Gegner und Guerilla-Kämpfer John Brown kennen, der mit seinen Anhängern einen „Privatkrieg“ gegen die Sklaverei führte und zwei Jahre später gehängt wurde. Obwohl Henry David Thoreau weiter den gewaltlosen Widerstand favorisierte, zeigte er in Essays und einem Gedicht großen Respekt vor John Brown, den er gar mit Christus verglich.

Thoreau gilt als Vorreiter des zivilen Ungehorsams. Er begründete seine Weigerung damit, dass er eine Regierung, die die Sklaverei dulde und Krieg mit Mexiko führe, nicht unterstützen könne. „Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat“ inspiriert später Mahatma Gandhi und Martin Luther King.


Thoreau gilt als der geistige Vater Gandhis, Martin Luther Kings und der gegenwärtigen Friedensbewegung. Einige sehen ihn als den Pionier des Natur- und Umweltschutzes, alternativer Lebensformen und zivilen Ungehorsams. Seinem Denken spricht man nachhaltigen Einfluss auf Autoren wie Allen Ginsberg oder Jack Kerouac und auch Hermann Hesse zu.

Henry Thoreau starb am 6. Mai 1862 in seiner Heimatstadt Concord im Alter von 44 Jahren an Tuberkulose.

Literatur [ >> ]:

Walden oder Leben in den Wäldern
Walden oder Leben in den Wäldern
von Henry Thoreau

Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat: und andere Essays
Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat: und andere Essays (detebe)
von Henry Thoreau


Weblinks:

200 Jahre Thoreau: Warum er immer noch aktuell ist - Berliner Zeitung - berliner-zeitung.de

Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat: Thoreau heute - WELT - welt.de

Samstag, 8. Juli 2017

Daniil Granin ist tot

Daniil Granin

Daniil Granin ist im Alter von 98 Jahren gestorben in einem Krankenhaus in seiner Heimatstadt St. Petersburg gestorben. Er kämpfte als Soldat im Zweiten Weltkrieg und als Schriftsteller gegen das Vergessen des Krieges. In Russland galt Granin längst als Klassiker. Nun ist Daniil Granin gestorben. Eine mahnende Stimme gegen den Krieg ist verstummt.

Sofort nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion im Juli 1941 meldete sich Daniil Granin als Kriegsfreiwilliger. Unerfahren und unbewaffnet wurde er „in den Fleischwolf“ des Krieges geworfen. Von der Leningrader Front wurde er in das Kampfgebiet nach Leningrad beordert.


Der russische Autor hat 70 Jahre gebraucht, bis er seine Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg literarisch verarbeitete. Sein Roman »Mein Leutnant« ist 2015 pünktlich zum 70. "Tag der Befreiung" erschienen. Granin hat als Zeitzeuge seinen Roman auch aus der Grunderfahrung heraus geschrieben, daß die Menschheit offensichtlich aus der Erfahrung des verheerenden Krieges und seinen bis heute anhaltenden Folgen nicht allzuviel dazu gelernt zu haben scheint.


Er erlebte die Belagerung von St. Petersburg. Später hielt der russische Schriftsteller Daniil Granin seine Erinnerungen in seinem bekannten „Blockadebuch“ fest. Granin ist einer der Autoren des bekannten „Blockadebuches“ mit Erinnerungen an die Belagerung von St. Petersburg durch die deutsche Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg. -

Da die Menschheit offensichtlich aus der Erfahrung des verheerenden Krieges und seinen bis heute anhaltenden Folgen nicht allzuviel dazu gelernt zu haben scheint, erinnerte er 2014 mit einer bewegenden Rede im Deutschen Bundestag an die Schrecken des Krieges.


„Mit dem Tod von Daniil Alexandrowitsch verlässt uns eine ganze Epoche. Die Epoche der Klassiker“, sagte Russlands Kulturminister Wladimir Medinski. Granins Laufbahn als Literat wurde mit zahlreichen Ehrungen gewürdigt. Zuletzt hatte Kremlchef Wladimir Putin ihn im Juni geehrt. Viele von Granins Werken wurden verfilmt.

Geboren wurde Granin - eigentlich Daniil Alexandrowitsch German - am 1. Januar 1919 in Wolyn im heutigen Gebiet Kursk. Nach einem technischen Studium wurde er Soldat. Nach dem Krieg arbeitete er zunächst als Ingenieur, bevor er 1949 als Schriftsteller debütierte.

Granin war auch politisch als kommunistischer Parteifunktionär engagiert. Nun ist der Schriftsteller gegen das Vergessen der Gräuel des Krieges - Woina - in seiner Heimatstadt gestorben.

Weblink:

Belagerung von St. Petersburg

Literatur:

Mein Leutnant
Mein Leutnant
von Daniil Granin

Blog-Artikel:

»Mein Leutnant« von Daniil Granin

Freitag, 7. Juli 2017

»Stufen« von Hermann Hesse






Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.


Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.


Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

»Stufen« von Hermann Hesse

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf’ um Stufe heben, weiten.


Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.


Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegensenden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden…
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!


»Stufen« von Hermann Hesse

Sonntag, 2. Juli 2017

Hermann Hesse 140. Geburtstag

Hermann Hesse


Hermann Hesse wurde vor 140 Jahren am 2. Juli 1877 als Sohn eines baltischen Missionars und Indologen im württembergischen Calw geboren. Hermann Hesse war ein bedeutender deutsch-schweizerischer Lyriker, Essayist, Erzähler und Kritiker des 20. Jahrhunderts. Er ist einer der bekanntesten deutschen Autoren des 20. Jahrhunderts.

Schon in jungen Jahren begann Hesse als freier Schriftsteller und Mitarbeiter zahlreicher Zeitungen, Bücher und Publikationen zu veröffentlichen.

Hesse war ein Schriftsteller, den man stets in Verbindung mit den Romantikern des neunzehnten Jahrhunderts setzt.
Hesses frühe Werke standen noch in der Tradition des 19. Jahrhunderts: Seine Lyrik ist ganz der Romantik verpflichtet, ebenso Sprache und Stil des »Peter Camenzind«.

Zu seinen ersten Veröffentlichungen seines umfangreichen literarischen Schaffens gehören die Romane »Peter Camenzind« (1904) und »Unterm Rad« (1906), in denen Hesse jenen Konflikt von Geist und Natur thematisiert, der sein gesamtes Werk durchzieht. Der literarische Durchbruch gelingt ihm mit dem zivilisationskritischen Entwicklungsroman »Peter Camenzind«.

1912 verlies er Deutschland und siedelte nach Bern über und verfasste von 1914 bis 1919 in zahlreichen deutschen und schweizerischen Zeitungen politische Aufsätze und offene Briefe gegen den Krieg.

1923 wurde Hermann Hesse Staatsbürger der Schweiz und von 1926 bis 1931 auswärtiges Mitglied der Preußischen Akademie der Künste. 1919 zog er nach Montagola im Tessin, wo er bis zu seinem Tod lebte und arbeitete.

Hermann Hesse gilt als deutschsprachiger Literat und Autor von Weltruf. Sein Werk wird bestimmt von dem Gegensatz Geist und Leben und unterliegt in seinen späteren Werken starken Einflüssen durch die indische Philosophie. Seine stark autobiografisch geprägeten Romanwerke beschreiben den Menschen im existenziellen Konflikt mit seiner Umwelt und einer Kultur im Umbruch.

Hesse war entschiedener und engagierter Anwalt des Individuums und des Innenlebens in einer immer schnellebiger werdenden Gesellschaft, die ihre Mitglieder mit starken Konformitätszwängen in normierte Lebensläufe pressen wollte.

Themen wie Hoffnung, Liebe, und das Göttliche ziehen sich durch Hesses Prosa und Gedichte.
Hesse gilt nicht nur als feinsinniger Mensch, sondern auch als weitsichtiger Autor. Bereits 1927 schrieb er im Roman »Steppenwolf«, daß es wieder Krieg geben werde.

Hermann Hesse wurde mit zahlreichen Preisen für sein litarisches Schaffen ausgezeichnet. Hesse wurde 1946 für sein dichterisches Werk mit dem Nobelpreis für Literatur, 1955 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.

Hermann Hesse

Über 40 Jahre seines Lebens verbrachte Hesse in seiner Wahlheimat Schweiz. Bereits 1919 lies er sich Montagnola nieder, einem Dorf in der Nähe von Lugano am Luganer See. Hermann Hesse und das Tessin sind untrennbar miteinander verbunden. In der Gemeinde Collina d’Oro, "Goldener Hügel", fand er im Ortsteil Montagnola seine Seelenheimat, hier lebte er vier Jahrzehnte, schrieb seine Meisterwerke “Siddhartha”, “Der Steppenwolf”, “Narziss und Goldmund”.

Hermann Hesse starb am 9. August 1962 in seiner Wahlheimat in Montagnola im Schweizer Kanton Tessin. Seine letzte Ruhestätte fand der Dichter auf dem Friedhof von San't Abbondio in Gentilino.


Hermann Hesse-Blog:

Hermann Hesse-Blog

Hermann Hesse 140. Geburtstag

Hermann Hesse 50. Todestag


Blog-Artikel:

Hermann Hesse 90. Geburtstag

Hermann Hesse vor 50 Jahren gestorben

Hermann Hesse in Montagnola

»Der Stepenwolf« von Hermann Hesse