»Vor dem Fest« ist ein humorvoll, poetischer Roman von Saša Stanišić, eines 1978 geborenen Autoren, der erst im Alter von 14 Jahren mit seiner Familie aus dem heutigen Bosnien-Herzegowina vor dem jugoslawischen Bürgerkrieg nach Deutschland floh. Umso erstaunlicher ist es, welch souveräne Gewandtheit Stanišić in einer Sprache entwickelt hat, die nicht seine Muttersprache ist.
In seinem zweiten Roman »Vor dem Fest« lässt Saša Stanišić ein Dorf in der Uckermark entstehen. Ein Dorf in der Uckermark ist im Begriff, das jährliche Annenfest zu feiern, aber warum, weiß eigentlich keiner mehr so recht. Da ist es gut, dass in der Nacht vor dem Fest viele Geschichten über das Dorf wieder ans Licht kommen und jedenfalls dem Leser etwas Einsicht in das gelebte und lebendige Leben des Dorfes schenken.
Irgendwie haben die Geschichten ein Eigenleben entwickelt, so wie das Dorf selbst schon eine Art Persönlichkeit geworden ist, das sich zwischendurch immer mal wieder meldet und das Geschehen kommentiert. Auf diese Weise trifft man viele interessante, natürlich stets skurrile Figuren, die im Dorf leben und dem Leser ihre Geschichte offenbaren.
Zu nennen sind der Glöcknerlehrling Johann, die verschrobene alte Malerin Frau Kranz, den lebensmüden Herrn Schramm, Poppo von Blankenburg, um dessen Tod sich so mancher Mythos rankt. Schnell gewinnt man die Figuren lieb und möchte mehr über sie erfahren. Das ist aber gar nicht so einfach. Denn diese Geschichte ist keinesfalls chronologisch erzählt, sondern springt von einem Fragment zum nächsten.
Stilistisch ist das Buch eine kleine Herausforderung. Dann lohnt sich die Lektüre aber sehr. Vor allem wird man mit sehr viel intelligentem Humor und fast genialen Ideen belohnt. Dass Autor Saša Stanišić dafür den Preis der Leipziger Buchmesse erhalten hat, ist mehr als berechtigt und freut mich sehr.
Humorvoll, poetisch und durchdrungen von einer tiefen Zuneigung zu den Figuren – so lässt sich wohl am besten der neue Roman beschreiben. An den Sätzen des jungen Poeten ist leicht zu merken, dass er sich auskennt, im Leben und auch dem Lebensgefühl der Uckermark.
Der Roman »Vor dem Fest« ist eine Hommage und Würdigung der literarisch bislang vollkommen vernachlässigten Uckermark und ihrer Menschen. Mit seiner Erzählkunst eroberte er auf Anhieb das deutsche Feuilleton und gewann den Preis der Leipziger Buchmesse.
Weblink:
Vor dem Fest von Sasa Stanisic
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