Samstag, 26. November 2016

»Ruf der Wildnis« von Jack London

Ruf der Wildnis


Ruf der Wildnis

»Ruf der Wildnis« von Jack London ist eine Erzählung von dem Amerika zur Zeit des großen Goldrauchs. Jack London hat diesen Goldrausch selbst miterlebt. Obwohl selbst als Goldgräber am Yukon in Alaska nicht sonderlich erfolgreich - er fand auf der Goldsuche keinen einzigen Nugget - machte er sich Notizen, aus denen dieser Roman entstand, so daß er seine große persönliche Goldsuche doch noch erfolgreich verwerten konnte.

Dieser 1903 erschienene Roman, der stark auf Jack Londons eigenen Goldsuchererfahrungen am Yukon beruht, reflektiert das Leben - und Sterben - der Goldsucher und der Leute, die an ihnen verdienten, durch die Wahrnehmung des Bernhardiner-Collie-Mischlings Buck, der aus seinem luxuriösen Zuhause entführt wurde und erst zum Chef eines Schlittenteams aufsteigt, bevor er dann ein ganz anders geartetes Abenteuer erlebt.

Der Mischlingsrüde Buck führt auf dem kalifornischen Anwesen des Richters Miller als Haus- und Hofhund ein ruhiges und beschauliches Leben. Doch als er von einem verzweifelten Angestellten seines Herrn entführt und nach Alaska verschleppt wird, beginnt für ihn eine grausame Leidenszeit. Unter harten Bedingungen wird er zum Schlittenhund abgerichtet und muss sich fortan gegen skurpellose Besitzer und andere Hunde behaupten.

Ruf der Wildnis


Ruf der Wildnis

Jack Londons mitreißend erzählter Roman »Ruf der Wildnis« ist mehr als nur eine Tiergeschichte - mit seinen eindrucksvollen Naturschilderungen ist er zum Klassiker der amerikanischen Literatur avanciert. Das Buch ist längst zu einem der meistgelesendsten Abenteuerbücher der Literaturgeschichte geworden.


Literatur:

Ruf der Wildnis
Ruf der Wildnis
von Jack London

Ruf der Wildnis
Ruf der Wildnis
von Jack London

Dienstag, 22. November 2016

»Die Toten« von Christian Kracht

Die Toten
Die Toten

»Die Toten« von Christian Kracht über das Kino am Ende der Weimarer Republik, erzählt eine mystische Geschichte, in der ein schweizer Regisseur im Auftrag der Ufa einen Film in Japan drehen soll. Der Roman handelt von zwei Kulturschaffenden, die eine imaginäre Filmachse zwischen Berlin und Tokio schaffen wollen.

»Die Toten« erzählt eine Geschichte über zwei Kulturschaffende, die eine imaginäre Filmachse zwischen Berlin und Tokio schaffen: vom Schweizer Emil Naegeli, dem der Ufa-Chef und mächtigste Mann des deutschen Kinos, Alfred Hugenberg, das Angebot einer überwältigend teuren deutsch-japanischen Filmproduktion macht, um Hollywood auszustechen. In diesem Projekt geht es um den Film als Propaganda, Kino als Krieg mit anderen Mitteln.

Mit seinen Schilderungen über das fiebrige Berlin am Übergang der Weimarer Republik zur Nazi-Machtergreifung - der fikitive Naegeli trifft historische Figuren wie den Hitler-Freund "Putzi" Hanfstengl, Heinz Rühmann, Siegfried Kracauer und Lotte Eisner - zog Kracht sofort in den Bann.


Der Regisseur fühlte sich bei Hugenberg - "er lächelt wie das garstige Schwein, das er ist" - wie ein Kanarienvogel im Bergwerk, der auf giftige Dämpfe wartet.




Die beiden also sind schon zu Lebzeiten Tote. Ihre Lebensläufe weisen einige Gemeinsamkeiten auf. Beide waren genialisch veranlagte, einsame und unverstandene Kinder, die ein schwieriges Verhältnis zu ihren Eltern, besonders den Vätern hatten. Beide bewegen sich in der virtuellen Welt des Films, beide suchen die Wahrheit hinter den Dingen und glauben sie in dem Filmprojekt verwirklichen zu können. Der Regisseur – so führt der Filmkritiker Krakauer im Gespräch mit Nägeli aus, "müsse an die absolute Wahrheit seines Stoffes glauben, ja, er müsse an Vampire und Geister und an Wunder glauben. Erst daraus entstünde presto: Wahrheit."

Seine Figuren sind keine einfachen Persönlichkeiten sondern alle mit einer Vielzahl von Komplexen, Problemen und Störungen ausgestattet. Teilweise wirken seine Beschreibungen der Berliner Filmclique, in die Nägeli einmal hereingerät, fast wie eine klischierte Darstellung der frühen 30er Jahre, in die die goldenen Zwanziger mit ihrer Vergnügungssucht und scheinbaren Lasterhaftigkeit noch hereinspielen.

Der Roman »Die Toten« ist eine sehr kluge Meditation über Film und Moderne, er führt ins Herz der Gegenwart mit den richtigen politischen Fragestellungen.


Literatur:

Die Toten
Die Toten
von Christian Kracht

Blog-Artikel:


Christian Kracht erhält Hermann-Hesse-Preis
- Kulturwelt-Blog - culturwelt.blogspot.com

Jack London 100. Todestag

Jack London

Jack London starb vor 100 Jahren am 22. November 1916 in Glen Ellen, Kalifornien. An diesem Novembertag setzte der berühmte Schriftsteller auf seiner Farm in Kalifornien seinem zuletzt von Alkohol, Erfolg und Extravaganz geprägten Leben ein Ende. Jack London war ein amerikanischer Schriftsteller und Journalist.

Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf und schlug sich als Fabrikarbeiter, Austernpirat, Landstreicher und Seemann durch, holte das Abitur nach, begann zu studieren. Dann ging er als Goldsucher nach Alaska, lebte monatelang im Elendsviertel von London, geriet als Korrespondent im russisch-japanischen Krieg in Gefangenschaft und bereiste die ganze Welt.

Jack London brach 1897 auf, um am großen Goldrausch am Klondike River teilzuhaben. Als Goldsucher war er gnadenlos erfolglos. Gold fand er keines, dafür aber den Stoff für seine berühmten Nordland-Erzählungen. Den so abenteuerlichen wie strapaziösen Weg zu den Goldfeldern im Yukon-Territorium hat er in den hier versammelten Geschichten um »Alaska-Kid« spannend geschildert.

Der Ruf der Wildnis hatte es ihm angetan. Jack London hat als junger Mensch am eigenen Leib erfahren, was er später in seinen Abenteuerbüchern schildert: den Kampf gegen die Naturgewalten, gegen unüberwindlich scheinende Gegner und Hindernisse. Seine Helden lassen sich jedoch niemals unterkriegen und wachsen an den Herausforderungen.

In Jack Londons Erzählungen beeindrucken die Schilderungen der imposanten Naturkulisse Alaskas. Die ist Schauplatz der Geschichten, und die Hauptfiguren kämpfen in der unwirtlichen Gegend ums Überleben. Es sind Erzählungen über die spannende Zeit der Goldpioniere, verfeinert mit autobiografischen Elementen und abgerundet mit gewaltigen Beschreibungen der rauen Natur.

Der Autor verarbeitete in seinen Erzählungen und Romanen vor allem eigene Erfahrungen, die er als Goldsucher in Alaska, Landstreicher, Seemann und Journalist gesammelt hatte. »Der Seewolf« (1904) und »Wolfsblut« (1905) spiegeln das raue Leben auf See oder in der Wildnis packend wieder.

London war ein Schriftsteller, der die Natur so liebte. Er trug die Natur und Wildnis in die Literatur und viele Leser konnten sich dieser nicht entziehen. Seine bekannteste Erzählung, »Der Ruf der Wildnis«, verfasste Jack London 1903. London schrieb über 50 Bücher und mehr als 100 Kurzgeschichten und war der höchstbezahlte und populärste Autor seiner Zeit. Er starb bereits im Alter von 40 Jahren.

Jack London erlangte vor allem durch seine Abenteuerromane »Ruf der Wildnis« und »Wolfsblut« sowie durch den mehrfach verfilmten Abenteuerroman »Der Seewolf« und den autobiographisch beeinflussten Roman »Martin Eden« große Bekanntheit. Diese Werke geben gleichzeitig eine Übersicht über die geographischen Räume, die er kannte: den arktischen Norden Nordamerikas (Klondike) zur Zeit des Goldrausches, Kalifornien und den Pazifik bzw. die Seefahrt auf diesem Ozean.


Als erfolgreicher Schriftsteller bekannte London sich in seinen politischen Essays, geprägt durch harte Erfahrungen in der Kindheit, häufig zu den unteren Schichten der Gesellschaft und offen zum Sozialismus, wenn auch sehr eigener Prägung. Er war von den Ideen Darwins überzeugt.

Jack London war Anhänger des Sozialismus. Spötter bezeichneten ihn als "Millionaire Socialist". Er war bis kurz vor seinem Tod Mitglied der "Socialist Party" der Vereinigten Staaten und hatte sich 1901 für diese Partei erfolglos um das Amt des Bürgermeisters von Oakland beworben. Sein literarisches Werk wurde international erfolgreich und in zahlreiche Sprachen übersetzt.


Jack London sah sich zeitlebens eher als Landwirt, denn als Schriftsteller. Er gab an, das Schreiben lediglich als Brotberuf zur Aufrechterhaltung seiner Ranch zu betreiben; diese betrachtete er als sein Lebenswerk.

Jack London wurde am 12. Januar 1876 in San Francisco als John Griffith Chaney geboren.


Video:

Der Abenteurer : Jack London - www.br.de


Literatur:


Jack London - Romane und Erzählungen (Vier Bände im Schuber) - Goldrausch in Alaska - Der Seewolf - Ruf der Wildnis
von Jack London

Ruf der Wildnis
Ruf der Wildnis
von Jack London

Goldrausch in Alaska, Erzählungen
Goldrausch in Alaska, Erzählungen
von Jack London

Samstag, 19. November 2016

»Die Toten« von Christian Kracht

Die Toten
Die Toten

»Die Toten« von Christian Kracht über das Kino am Ende der Weimarer Republik, erzählt eine mystische Geschichte, in der ein schweizer Regisseur im Auftrag der Ufa einen Film in Japan drehen soll. Der Roman handelt von zwei Kulturschaffenden, die eine imaginäre Filmachse zwischen Berlin und Tokio schaffen wollen.

Es geht um ein Filmprojekt, in dem der Schweizer Regisseur Nägeli mit seinem japanischen Pendant Amakasu versucht hat, einen kulturübergreifenden oder –ergänzenden Film zu drehen. Der Roman führt den Leser mitten hinein in die gleißenden, fiebrigen frühen dreißiger Jahre, als die Moderne, besonders die Filmkultur, ihre vorerst letzte Blüte erlebte.

In Berlin, »dem Spleen einer unsicheren, verkrampften, labilen Nation«, versucht ein Schweizer Filmregisseur, euphorisiert durch einen gewissen Siegfried Kracauer und eine gewisse Lotte Eisner, den Ufa-Tycoon Alfred Hugenberg zur Finanzierung eines Films zu überreden, genauer gesagt: eines Gruselfilms, genauer gesagt: in Japan.

Dort, auf der anderen Seite des Globus, bereitet zur selben Zeit der geheimnisvolle Japaner Masahiko Amakasu ein Komplott gegen die internationale Allmacht des Hollywoodfilms vor.

Der Schweizer Regisseur Nägeli nimmt uns in diesem Roman mit in die Filmwelt der 30er Jahre. Dort erlebt er sowohl das ungehemmte Leben mit Partys und Alkohol, aber auch die immer stärker werdende Abneigung gegen alles Jüdische, was besonders der Filmproduzent Hugenberg versinnbildlicht. Der schickt ihn nach Japan, wo er auf Masahiko Amakasu trifft, den der Leser auch bereits im ersten Teil des Romans näher kennengelernt hat.

Er soll Nägeli eigentlich dabei unterstützen, den von Hugenberg gewünschten Propagandafilm oder, wie von Nägeli eigentlich geplant, einen deutsch-japanischen Gruselfilm zu drehen. Doch die Verwicklungen, die entstehen, bringen ganz andere Dinge hervor als geplant.


Wenn man herausfinden möchte, wer denn nun die Toten in dem Roman von Christian Kracht eigentlich sind, dann stößt man auf die Passage, in der die beiden Hauptgestalten des Buchs, der Schweizer Filmemacher Emil Nägeli und sein japanischer Kollege Amakuso sich zum ersten Mal begegnen. Sie sollen in den 1930ern ein aufwändiges japanisch-deutsches Filmprojekt als Gegenentwurf zur amerikanischen Filmindustrie verwirklichen, und sie erkennen sich "in Sekundenbruchteilen". "Die Toten sind unendlich einsame Geschöpfe, es gibt keinen Zusammenhalt unter ihnen, sie werden alleine geboren, sterben und werden auch alleine wiedergeboren."

Die beiden also sind schon zu Lebzeiten Tote. Ihre Lebensläufe weisen einige Gemeinsamkeiten auf. Beide waren genialisch veranlagte, einsame und unverstandene Kinder, die ein schwieriges Verhältnis zu ihren Eltern, besonders den Vätern hatten. Beide bewegen sich in der virtuellen Welt des Films, beide suchen die Wahrheit hinter den Dingen und glauben sie in dem Filmprojekt verwirklichen zu können. Der Regisseur – so führt der Filmkritiker Krakauer im Gespräch mit Nägeli aus, "müsse an die absolute Wahrheit seines Stoffes glauben, ja, er müsse an Vampire und Geister und an Wunder glauben. Erst daraus entstünde presto: Wahrheit."

Seine Figuren sind keine einfachen Persönlichkeiten sondern alle mit einer Vielzahl von Komplexen, Problemen und Störungen ausgestattet. Teilweise wirken seine Beschreibungen der Berliner Filmclique, in die Nägeli einmal hereingerät, fast wie eine klischierte Darstellung der frühen 30er Jahre, in die die goldenen Zwanziger mit ihrer Vergnügungssucht und scheinbaren Lasterhaftigkeit noch hereinspielen.

Der Roman »Die Toten« ist eine sehr kluge Meditation über Film und Moderne, er führt ins Herz der Gegenwart mit den richtigen politischen Fragestellungen.


Literatur:

Die Toten
Die Toten
von Christian Kracht

Blog-Artikel:


Christian Kracht erhält Hermann-Hesse-Preis
- Kulturwelt-Blog - culturwelt.blogspot.com

Mittwoch, 16. November 2016

»Ermutigung« von Wolf Biermann



Du, laß dich nicht verhärten
in dieser harten Zeit.
Die allzu hart sind, brechen,
die allzu spitz sind, stechen
und brechen ab sogleich.

Du, laß dich nicht verbittern
in dieser bittren Zeit.
Die Herrschenden erzittern
- sitzt du erst hinter Gittern -
doch nicht vor deinem Leid.

Du, laß dich nicht erschrecken
in dieser Schreckenszeit.
Das wolln sie doch bezwecken
daß wir die Waffen strecken
schon vor dem großen Streit.

Du, laß dich nicht verbrauchen,
gebrauche deine Zeit.
Du kannst nicht untertauchen,
du brauchst uns und wir brauchen
grad deine Heiterkeit.

Wir wolln es nicht verschweigen
in dieser Schweigezeit.
Das Grün bricht aus den Zweigen,
wir wolln das allen zeigen,
dann wissen sie Bescheid.

»Ermutigung« von Wolf Biermann,

Peter Huchel gewidmet


Samstag, 12. November 2016

Ilse Aichinger gestorben

Ilse Aichinger

Die österreichische Schriftstellerin Ilse Aichinger ist tot. Sie starb am 11. November im Alter von 95 Jahren in Wien. Ilse Aichinger ist eine der bedeutendesten Schriftstellerinnen der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur. Bekannt wurd sie auch als Mitglied der »Gruppe 47«.

Im Jahr 1948 schrieb Ilse Aichinger ihren einzigen Roman »Die größere Hoffnung«, in dem sie autobiografisch das Schicksal rassisch verfolgte Kinder und einer jungen Halbjüdin während der Zeit des im Nationalsozialismus schildert. Der Roman ist eine wunderbare Parabel über die Flucht vor dem Faschismus über den Ozean.

Auf merkwürdige Weise dunkel, dabei irritierend lyrisch wirken viele ihrer Texte. Ganz ungewöhnlich erscheint auch ihr Verhältnis zur Welt in früheren Gesprächen. Heute gibt sie keine Interviews mehr. Das Leben sei eine „absurde Zumutung“, sagte sie einmal. Am liebsten würde sie verschwinden.

Dieses „Verschwinden“, das man auch Tod nennen könnte, war für sie dabei keine erschreckende Vorstellung: „Gute Literatur ist mit dem Tod identisch“. Auch beim Schreiben sei ihr das nicht Sichtbare am wichtigsten, erklärte sie:

Hätte man sie vor ihrer Geburt gefragt, ob sie zur Welt kommen wolle, sie wäre lieber weggeblieben. Für Ilse Aichinger war das Leben eine absurde Zumutung. Dieses Leben, diese Welt konterte sie lange in ihrem Schreiben - bis ihr die Sprache unbrauchbar wurde. Inzwischen ist sie im Schweigen angekommen.


„Alles, was man sagt oder schreibt,
ist nur Fazit dessen, was man nicht sagt.“

Geprägt wurde diese Weltsicht der »Poetin des Schweigens« durch dramatische Erfahrungen. Ihre Mutter, eine Ärztin, war Jüdin, der nichtjüdische Vater verließ die Familie. Im Juli 1939 konnte Ilses Zwillingsschwester Helga mit der Tante noch mit einem der letzten Kindertransporte nach England fliehen. Ilse sollte mit der übrigen Familie folgen, doch das Vorhaben scheiterte.

Nach einem abgebrochenen Medizinstudium begann sie zu schreiben. Ihren Mann Günter Eich, mit dem sie zwei Kinder hatte, hatte sie 1951 bei ihrem ersten Treffen der »Gruppe 47« kennengelernt. Das war im Frühjahr, Aichinger war 29 und ihr Roman »Die größere Hoffnung« hatte ihr zu einiger Bekanntheit verholfen. Dieser sollte ihr einziger Roman bleiben.

Für ihren Roman, ihre Gedichte, Hörspiele und Prosastücke, die in viele Sprachen übersetzt wurden, erhielt sie zahlreiche literarische Auszeichnungen, u. a. 1952 den Preis der Gruppe 47, 1982 den Petrarca-Preis, 1983 den Franz-Kafka-Preis, 1995 den Österreichischen Staatspreis für Literatur.

Im Alter aber hatte sich die Autorin des Romans »Die größere Hoffnung« (1948) zunehmend zurückgezogen. „Sie schreibt nicht mehr und ist nur noch Privatperson“, sagte ihr Wiener Verleger Reto Ziegler über die Größe der Nachkriegsliteratur.

Ilse Aichinger wurde am 1. November 1921 als Tochter einer jüdischen Familie in Wien geboren.




Die größere Hoffnung





"Die größere Hoffnung"
von Ilse Aichinger



Fischer-Verlag,
Gebundene Ausgabe,
14,00 EUR.

ISBN-13: 978-3100005228

»Die Ästhetik des Widerstands« von Peter Weiss

Die Ästhetik des Widerstands
Die Ästhetik des Widerstands

Peter Weiss’ Hauptwerk »Die Ästhetik des Widerstands« ist ein umfassendes Roman-Projekt, mit dem der Autor auf beinahe 1.200 Seiten ein subjektiv, aus dem Blickwinkel des kommunistischen Widerstands wahrgenommenes Gesamtgemälde der Epoche des Nationalsozialismus und des Faschismus in Europa zu entwerfen. Das akribisch recherchierte Monumentalwerk ist das Resultat seiner intensiven Auseindersetzung mit dem Faschimus und der Versuch, diesen literarisch zuverarbeiten und dem Widerstand eine eigene Ästhetik zu verleihen. Sein Hauptwerk zeigt detailliert auf, wie Widerstand im Dritten Reich organisiert wurde und wie dieser funktioniert hat.

Das umfassende Romanwerk stellt den Versuch dar, die historischen und gesellschaftlichen Erfahrungen und die ästhetischen und politischen Erkenntnisse der Arbeiterbewegung in den Jahren des Widerstands gegen den Faschismus aufzuarbeiten und zu vermitteln.

1975 erschien der erste Band von »Die Ästhetik des Widerstands«, an dem Weiss seit 1972 gearbeitet hatte. Das in zehnjähriger Arbeit entstandene und erst kurz vor dem Tod des Autors Peter Weiss abgeschlossene Werk ist der ehrgeizige Versuch, unter Nutzung fiktionaler Freiheiten ein historisch authentisches Gesamtbild der faschistischen Epoche in Europa zu zeichnen, wobei die antifaschistische Position, der »Widerstand«, die Perspektive bestimmt. Zugleich sollen Funktion und Bedeutung von Kunst-Erfahrung, also von »Ästhetik«, im und für den politischen Kampf der Linken untersucht und dargestellt werden. Dies geschieht in der Absicht, für Gegenwart und Zukunft ein neuartiges Modell des Zusammenspiels von Kunst und Politik zu entwerfen.


Mehr als acht Jahre schrieb Peter Weiss an seinem Hauptwerk über den kommunistischen Widerstand gegen den Faschismus. Geschichtliche Trauer und Erinnerungsarbeit und zugleich das Bewegendste, was über Widerstand zu schreiben war. Mit gleichsam filmischen Mitteln montiert Weiss historische Szenen und Fragmente, verbindet Vergangenheit und Gegenwart in Dialogen und reflektierenden Passagen.

Der Roman beginnt im Jahr 1937 an einem konspirativen Ort mitten im Zentrum der Nazi-Herrschaft, vor dem Pergamonaltar auf der Berliner Museumsinsel. Dort führen der Ich-Erzähler, ein namenlos bleibender junger Arbeiter, und seine kommunistischen Genossen Ayschmann und Coppi eine Diskussion um Geschichte, Politik, Kultur, Kunst und Literatur – vor allem jedoch um die Möglichkeit, das »kulturelle Erbe« der Vergangenheit für den sozialistischen und antifaschistischen Kamp zu nutzen.

Im Gespräch mit seinem sozialdemokratischen Vater erfährt der Erzähler von der verhängnisvollen Spaltung der Arbeiterbewegung seit 1918. Er verlässt Berlin, um im Spanischen Bürgerkrieg an der Seite des Arztes Dr. Max Hodann Sanitätsdienste zu leisten. Dort erlebt er die scharfen Konflikte zwischen den verschiedenen linken Gruppen und hört von Stalins Schauprozessen gegen vorgebliche Abweichler und Verräter. Nach der Auflösung der Internationalen Brigaden und dem Zusammenbruch der Spanischen Republik wird der Erzähler zu Beginn des zweiten Bands nach Paris verschlagen.

Der Roman gewinnt seine Unverwechselbarkeit durch einige markante Strukturelemente wie die Kombination von historisch authentischen und fiktiven Figuren sowie die Kombination von narrativen und reflexiven Partien, die zu der treffenden Bezeichnung »Roman-Essay«geführt hat. Ein weiteres dominantes Merkmal sind die ausgedehnten dialogischen Partien, teils in direkter, teils in indirekter Rede. Sie sind formaler Ausdruck einer Gedankenbewegung, die in Brechts Nachfolge immer wieder versucht, widersprüchliche Positionen - in Politik, Ideologie, Ästhetik - zu artikulieren. Die Literatur hatte nach Brecht wieder eine eigene Äthestik bekommen.

Peter Weiss setzte mit seinem akribisch recherchierten Monumentalwerk den antifaschistischen Widerstandskämpfern aus dem kommunistischen Umfeld, die im Westen meist unbeachtet blieben, ein Denkmal. Wie der Titel des Buches aber schon sagt, geht es ihm dabei vor allem um die Schlüsselrolle der Kultur für einen erfolgreichen Widerstand gegen Barbarei und Unterdrückung.

Als Peter Weiss auf der Pressekonferenz anlässlich des Erscheinens seiner »Die Ästhetik des Widerstands« gefragt wurde, was er glaube, wie lange ein Arbeiter brauche, um das Werk zu lesen, antwortete er völlig entspannt, dass das durchaus ein Jahr in Anspruch nehmen könne. Dafür bekam er nicht nur Applaus. Zeit ist zunehmend ein Faktor geworden, was alleine die Rezeption eines Kunstwerkes betrifft. Voluminöse literarische Werke hatten und haben es immer schwer. Nicht selten ist es so, dass die Spekulation derer, die es gar nicht lesen, berühmter machen als die Kritik derer, die sich die Zeit genommen haben.

Die Veröffentlichung des Hauptwerkes von Peter Weiss blieb nicht ohne Folgen. »Die Ästhetik des Widerstands« wurde seit dem Erscheinen des ersten Bands in beiden deutschen Staaten intensiv diskutiert, weil sie wichtige Aspekte verdrängter und verschwiegener Vergangenheit artikulierte sowie in West und Ost stereotype Geschichtsbilder korrigierte. Die »Ästhetik des Widerstands« ist ein bedeutender und schwergewichtiger Markstein in der damals noch jungen bundesdeutschen Literatur.


Weblinks:

Die Ästhetik des Widerstands
Die Ästhetik des Widerstands
von Peter Weiss