Dienstag, 22. November 2016

»Die Toten« von Christian Kracht

Die Toten
Die Toten

»Die Toten« von Christian Kracht über das Kino am Ende der Weimarer Republik, erzählt eine mystische Geschichte, in der ein schweizer Regisseur im Auftrag der Ufa einen Film in Japan drehen soll. Der Roman handelt von zwei Kulturschaffenden, die eine imaginäre Filmachse zwischen Berlin und Tokio schaffen wollen.

»Die Toten« erzählt eine Geschichte über zwei Kulturschaffende, die eine imaginäre Filmachse zwischen Berlin und Tokio schaffen: vom Schweizer Emil Naegeli, dem der Ufa-Chef und mächtigste Mann des deutschen Kinos, Alfred Hugenberg, das Angebot einer überwältigend teuren deutsch-japanischen Filmproduktion macht, um Hollywood auszustechen. In diesem Projekt geht es um den Film als Propaganda, Kino als Krieg mit anderen Mitteln.

Mit seinen Schilderungen über das fiebrige Berlin am Übergang der Weimarer Republik zur Nazi-Machtergreifung - der fikitive Naegeli trifft historische Figuren wie den Hitler-Freund "Putzi" Hanfstengl, Heinz Rühmann, Siegfried Kracauer und Lotte Eisner - zog Kracht sofort in den Bann.


Der Regisseur fühlte sich bei Hugenberg - "er lächelt wie das garstige Schwein, das er ist" - wie ein Kanarienvogel im Bergwerk, der auf giftige Dämpfe wartet.




Die beiden also sind schon zu Lebzeiten Tote. Ihre Lebensläufe weisen einige Gemeinsamkeiten auf. Beide waren genialisch veranlagte, einsame und unverstandene Kinder, die ein schwieriges Verhältnis zu ihren Eltern, besonders den Vätern hatten. Beide bewegen sich in der virtuellen Welt des Films, beide suchen die Wahrheit hinter den Dingen und glauben sie in dem Filmprojekt verwirklichen zu können. Der Regisseur – so führt der Filmkritiker Krakauer im Gespräch mit Nägeli aus, "müsse an die absolute Wahrheit seines Stoffes glauben, ja, er müsse an Vampire und Geister und an Wunder glauben. Erst daraus entstünde presto: Wahrheit."

Seine Figuren sind keine einfachen Persönlichkeiten sondern alle mit einer Vielzahl von Komplexen, Problemen und Störungen ausgestattet. Teilweise wirken seine Beschreibungen der Berliner Filmclique, in die Nägeli einmal hereingerät, fast wie eine klischierte Darstellung der frühen 30er Jahre, in die die goldenen Zwanziger mit ihrer Vergnügungssucht und scheinbaren Lasterhaftigkeit noch hereinspielen.

Der Roman »Die Toten« ist eine sehr kluge Meditation über Film und Moderne, er führt ins Herz der Gegenwart mit den richtigen politischen Fragestellungen.


Literatur:

Die Toten
Die Toten
von Christian Kracht

Blog-Artikel:


Christian Kracht erhält Hermann-Hesse-Preis
- Kulturwelt-Blog - culturwelt.blogspot.com

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