Mittwoch, 11. Juni 2014

Münchhausen-Geschichten von Gottfried August Bürger

Baron Münchhausen

Die populären Münchhausen-Geschichten von Gottfried August Bürger erzählen von den fantastischen Reiseberichten eines Lügenbarons und Aufschneiders, der in die Literaturgeschichte eingegangen ist. Sie wurden zum erzählerischen Gemeingut und regten etliche Nachfolger zu neuen Erfindungen um den großspurigen Aufschneider an.
Münchhausen
Münchhausen
von Gottfried August Bürger

Der Leser wird Zeuge von abenteuerlichen Geschichten eines leibhaftigen Barons aus Bodenwerder an der Weser, der frei erfundene Geschichten auftischt, daß sich die Balken nur so biegen. Auf einer beschwerlichen Reise nach Russland findet Münchhausen sein Pferd, das er an einen Stecken angebunden zu haben glaubte, nach der plötzlichen Schneeschmelze auf der Kirchturmspitze wieder, holt es mit einem Schuss durch den Halfter herunter und reitet zu weiteren Abenteuern.

Von ähnlicher Qualität sind seine unwahrscheinlichen Jagderfolge und Erlebnisse mit wilden oder fabelhaften Tieren. Das Glück bleibt ihm auch bei kriegerischen Auseinandersetzungen treu. Wenn sein Hengst entzweigehauen wird, reitet der Held auf dem Vorderteil weiter, während das Hinterteil sich selbstständig und an einem Dutzend Stuten zu schaffen macht.

Baron Münchhausen

Zwar gerät Münchhausen in türkische Gefangenschaft, doch kehrt er nach vielen mit List und Körperkraft bestandenen Gefahren wohlbehalten in seine Heimat zurück. Seine Seeabenteuer führen ihn durch alle Meere und Kontinente sowie zu den Mächtigen der Erde, als neuen Jonas durch den Bauch von riesigen Fischen, in den Krater des Ätna und sogar bis auf den Mond.

In lockerer anekdotischer Reihung berichtet Münchhausen von seinen Abenteuern, beglaubigt durch die Ich-Form, die auch das Unglaublichste als selbst Erlebtes präsentiert. Im ersten Teil dominieren die Tiere, die der aktive Held besiegt oder als Helfer benutzt. Im zweiten Teil stehen die fremden Welten im Vordergrund, deren Herausforderungen der Erzähler neugierig begegnet.

Als erfolgreicher und tatenlustiger Kraftkerl, der mit seiner Respektlosigkeit gegenüber politischen Herrschern und seiner ursprünglichen, unverbildeten Intelligenz allen Unbilden der Natur und der Zivilisation trotzt, ist der fiktive Münchhausen ein typisches Produkt des Sturm und Drang. Bürgers volkstümlich-witziger Sprachgestus machte ihn zu einer Identifikationsfigur des aufstrebenden Bürgertums.

1788 veröffentlichte er eine erweiterte Fassung des Werkes, dessen Episoden in der Tradition der Lügenliteratur und der fantastischen Reiseberichte zum erzählerischen Gemeingut wurden und etliche Nachfolger zu neuen Erfindungen um den großsprecherischen Aufschneider inspirierten.

Bürger hat sich selbst zu seiner Autorschaft an diesem Werk nicht bekannt, einerseits um sich als Verfasser von Lügengeschichten in seiner ungesicherten gesellschaftlichen Position nicht in Verruf zu bringen, andererseits aus Rücksicht auf den in Bodenwerder an der Weser lebenden realen Karl Friedrich Hieronymus Freiherr von Münchhausen (1720 bis 1797).

Die populären Münchhausen-Geschichten sicherten Gottfried August Bürger seinen Nachruhm, auch wenn er als deren Autor fast in Vergessenheit geriet.

Weblink:

Münchhausen
Münchhausen
von Gottfried August Bürger

Sonntag, 8. Juni 2014

Gottfried August Bürger 220. Todestag

Gottfried August Bürger

Gottfried August Bürger starb vor 220 Jahren am 8. Juni 1794 in Göttingen. Bürger war ein deutscher Dichter in der Zeit der Aufklärung, der dem Sturm und Drang zugerechnet wird.

Bekannt geworden sind vor allem seine Balladen sowie die Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen. Diese gehören in die Tradition der Lügengeschichten, die weit ins klassische Altertum und in die Erzähltradition des Judentums zurückgeht.

Diese Abenteuer des Lügenbarons aus Bodenwerder sind Gottfried August Bürgers Klassiker der Weltliteratur. Die populären Münchhausen-Geschichten sicherten Gottfried August Bürger seinen Nachruhm, auch wenn er als deren Autor fast in Vergessenheit geriet.

Bürgers zahlreiche Gedichte umfassen Balladen tragisch-dramatischen Inhalts, aber auch politische, satirische, komische und didaktische Gedichte und Liebeslyrik in der Tradition der Empfindsamkeit und der Anakreontik.

Im Jahre 1778 übernahm Bürger die Redaktion der Zeitschrift »Göttinger Musenalmanach« und gab die erste Sammlung seiner Gedichte heraus. Elf Jahre später erschien eine zweite, erweiterte Auflage in zwei Bänden.
Gottfried August Bürger wurde am 31. Dezember 1747 in Molmerswende geboren.

Samstag, 7. Juni 2014

»Amerika« von Franz Kafka

Amerika
Amerika

Der Roman "Amerika" zeigt Kafka aus einem anderen Blickwinkel. In "Amerika" werden zwar die selben Problematiken aufgerufen, die auch in seinen anderen großen Werken zu finden sind, wie Anpassung, Labyrinth-komplex, Autorität als Waffe gegen das Individuum - doch gibt Franz Kafka hiermit - ohne je in Amerika gewesen zu sein - eine naturalistisch anmutende Sozialstudie über Amerika und dessen großen Traum.

Karl Rossmann, ein von den Eltern verstossener, introvertierter Teenager, landet mit dem Schiff in Amerika und muss sich von nun an durchschlagen. Dies gelingt ihm nur unter Wert. Er setzt auf Vertrauen und Ehrlichkeit, um den reichen Onkel oder Fremde auf der Wanderschaft als Freunde zu gewinnen.

Keinem kann er trauen, keinem gegenüber zeigt er die Härte, die notwendig ist um sich Respekt zu verschaffen. Karl bleibt ein Getriebener, phasenweise bis zur unwürdigen Knechtschaft unter seinen zeitweiligen Weggefährten. Er nimmt den einen Job an und verliert ihn wieder, weil er nicht egoistisch oder nicht diszipliniert genug handelt.

Kafka hat in seinem - leider unvollendeten Werk - die Kehrseite des "American Dream" vorweg genommen: Nicht die Belohnung für Ehrgeiz und Fleiss sondern für den richtigen Deal, ein Verkäufertalent, die richtigen Beziehungen und das nötige Maß an Kaltschnäuzigkeit. Sehr gut beschrieben ist auch die innere Zerrisenheit Karls einerseits die Idee eines Traumjobs zu haben, anderseits nur Jobs zu bekommen, für die er (freudlose) Erfahrungen vorweisen kann.

Franz Kafka war nie in Amerika. Er wählt daher Amerika als lichtesten und hoffnungsfrohesten Ort seiner "Trilogie der Einsamkeit". Leider hat Kafka das Werk nicht zu Ende gebracht - auch dieser Roman ist Fragment geblieben.

Weblink:

Amerika
Amerika
von Franz Kafka

Freitag, 6. Juni 2014

»Franz Kafka aus Prag« von Jiří Gruša

Jirí Gruša: Franz Kafka aus Prag

»Franz Kafka aus Prag« von Jiří Gruša ist ein Werk, welches aus der Sekundärliteratur über Fanz Kafka herausragt. Der Bildband ist zwar vom Format groß, von der Seitenzahl aber eher klein. Es enthält überwiegend Fotos und kleine Anmerkungen des Autors sowie Texte von Kafka - und ist leider nur noch im Antiquariat erhältlich.

Jirí Gruša teilt mit seinen Fotos aus Prag zur Zeit Franz Kafkas das historische Prag seinen Lesern mit. Er verschafft dabei dem Betrachter einen optischen Eindruck von der Schönheit Prags zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Sein kommentierter Bildband ist ein eindrucksvolles Zeugnis des Prager Leben zu dieser Zeit.

„Vielerlei Faktoren bestimmen Leben und Werk eines Künstlers – solche, die sich in der Biographie aufzeigen und im gesamten Schaffen analysieren lassen, und solche, die im Bild dokumentiert oder nachgewiesen werden können. Entscheidend ist die Umwelt, in die er hineinwächst, die Stadt. Sie hat er anzunehmen oder abzulehnen, ihr Altes und ihr Neues, ihr Selbstverständliches und ihr Außergewöhnliches. Er hat sich zu stellen oder sich zurückzuziehen, die Herausforderung der Enge zu akzeptieren und alle Wege zu beschreiten oder zu resignieren.

Prag hat, als Franz Kafka dort zur Welt kommt, noch immer fünf Viertel, obwohl das Tor zum fünften, zum Ghetto, schon lange freigegeben ist, doch niemand, der dort aufgewachsen ist, kann leugnen, daß es ein Stück von ihm bleibt. Und der Wunsch, von dort herkommend, das ‚Schloß’ zu erobern, dem Anderen zustreben zu können, weitet sich bis ins Schmerzliche. Wer aber an der Schwelle geboren ist wie Franz Kafka, wer um beide Seiten weiß, muß zum Mittler werden zwischen allen Zeiten.

Jiří Gruša hat Fotos der Stadt, wie Franz Kafka sie gesehen hat, und Aufnahmen von heute [Anfang der 80er Jahre] einander gegenübergestellt, hat ihnen Zitate und Beschreibungen zugeordnet und so ein Spannungsfeld geschaffen zwischen damals und jetzt. Kafkas Sicht seiner Welt wird in der Gegenwart abbildbar – seine Erfahrung wird unsere Erfahrung.“

aus dem Kladdentext des Bildbandes

Dienstag, 3. Juni 2014

Franz Kafka 90. Todestag

Franz Kafka


Franz Kafka starb vor 90 Jahren am 3. Juni 1924 im Alter von 40 Jahren in einem Lungensanatorium in Kierling bei Klosterneuburg in Niederösterreich.

Der Prager Schriftsteller gilt als der wohl rätselhafteste und vielschichtigste Autor der Moderne. Alle seine Prosawerke stellten den Menschen in einer Art Selbstentfremdung dar.

Franz Kafka

Kafka zählt zu den wenigen Autoren des frühen 20. Jahrhunderts, die den größten Teil ihres literarischen Werkes nicht als freie Schriftsteller, sondern neben einer sie voll in Anspruch nehmenden Berufsarbeit geschrieben haben. Dieser Umstand führte dazu, dass Kafka zeit seines Lebens nicht als Schriftsteller wahrgenommen wurde.

Bei Tage führte er das Leben eines Versicherungsbeamten, bei Nacht verwandelte er sich während der ekstatischen Exerzitien des Schreibens in den bedeutendsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts.

Wenngleich Kafka seine Arbeit mit bestem Gewissen versah und als zuverlässig und genau galt, waren die Stunden im Büro für ihn eine Belastung. Er sah die Arbeit stets als Hindernis für das Schreiben, dem er meist nachts nachging.

Franz Kafka zeichnete in seinen Romanen das Bild einer düsteren Welt, in der der ohnmächtige Einzelne anonymen, undurchschaubaren Mächten und Machtinstanzen gegenübersteht und denen er ausgeliefert ist. Wie in einem Albtraum bewegen sich Kafkas Protagonisten durch ein Labyrinth undurchsichtiger Verhältnisse und sind anonymen Mächten ausgeliefert.

Die beklemmende Welt der Kafka'schen Protagonisten, die im Bannkreis unsichtbarer, bedrohlicher Mächte leben, ist durch Verstörung und vitale Erschöpfung gekennzeichnet.

Zu Lebzeiten war Kafka der breiten Öffentlichkeit noch weitgehend unbekannt. Seine Skepsis gegenüber seinem Werk und seiner Dichterexistenz überhaupt ging so weit, dass er seinem engsten Freund und Nachlassverwalter Max Brod auftrug, seine unveröffentlichten Texte (darunter alle seine Romane) zu vernichten.

Überzeugt, "daß ich mich mit meinem Romanschreiben in schändlichen Niederungen befinde", hatte Franz Kafka vor seinem Tod, 1924, in "letzter Bitte" an seinen "liebsten" Freund Max Brod verfügt, "alles, was sich in meinem Nachlaß ... findet, restlos und ungelesen zu verbrennen".

Weltweit bekannt wurde Kafkas Werk erst nach dem Zweiten Weltkrieg, zunächst in den USA und Frankreich, in den 1950er-Jahren dann auch im deutschsprachigen Raum.

Heutzutage wird er als einer der wichtigsten Autoren des 20. Jahrhunderts eingeschätzt. Seine Werke wurden in alle Sprachen übersetzt und seine Bücher werden in anerkannten Universitäten analysiert.

Franz Kafka wurde am 3. Juli 1883 im jüdischen Viertel von Prag geboren.

Weblinks:

Franz Kafka-Biografie - www.die-biografien.de


Franz Kafka-Zitate - www.die-zitate.de


Onkels Schätze - Literatur Kafka-Nachlass - »DER SPIEGEL«

Montag, 2. Juni 2014

»Hotel Savoy« von Joseph Roth

Hotel Savoy

Der 1924 erschienene Roman »Hotel Savoy« von Joseph Roth erzählt eine pessismistische Heimkehrer-Geschichte aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen - jener Wirtschaftskrisenzeit, die Roth als Wartesaal voller radikalisierter Hoffnungen und unerfüllter Träume deutet. Der Roman erzählt von einer entwurzelten, zerfallenden Gesellschaft, von der Suche nach Heimat und Identität. Das Hotel ist dabei ein Spiegel der Gesellschaft - für die einen Absteige, für die anderen vornehme Residenz.

Ein Hotel wird in diesem frühen Roman Joseph Roths zur Metapher für die aus den Fugen geratene Welt nach dem Ersten Weltkrieg. In einem polnischen Städtchen nahe der russischen Grenze gelegen, nach außen mit seiner prunkvollen Fassade noch Zeuge der Vorkriegsepoche, beherbergt es im Innern die bunten Existenzen einer durcheinandergeratenen Zeit: Soldaten, Bankrotteure, Devisenschieber, Halbkünstler und leichte Mädchen.

»Meine Heimat war ein großes Haus mit vielen
Zimmern für viele Arten von Menschen.«
Gabriel Dan, Sohn russischer Juden, der in Wien großgeworden ist, betritt im Herbst 1919 nach langem Fußmarsch wieder die europäische Bühne. Nach fünf Jahren Krieg und Gefangenschaft zurückgekehrt, teilt sein Zimmer mit einem anarchischem Kommunisten und wird in die Aktivitäten der Armen und Reichen verstrickt. Alle aber warten auf die Ankunft des Milliardärs Bloomfield aus Amerika. Am Ende geht das Hotel in Flammen auf und wird so zu einem Symbol für die untergegangene Vorkriegswelt.

Weblink:

Hotel Savoy
Hotel Savoy
von Joseph Roth

Freitag, 30. Mai 2014

»Die Legende vom heiligen Trinker« von Joseph Roth

Die Legende vom heiligen Trinker


Als »eine der schönsten Legenden, die im 20. Jahrhundert gedichtet wurde« (Marcel Reich-Ranicki) hinterließ Roth »Die Legende vom heiligen Trinker«, die kurz vor seinem Tod entstand. Joseph Roth verwebt Realität und Fiktion in einer märchenhaft erzählten Novelle. Joseph Roth hat eine wunderbare Parabel geschrieben, die seinem eigenen Leben wunderbar vorweg greifen sollte.

In dieser Erzählung wird der dem Alkohol verfallene Clochard Andreas von einem Unbekannten mit 200 Francs beschenkt. Die soll er, falls es ihm eines Tages möglich sei, in einer bestimmten Kapelle zugunsten der Heiligen Therese von Lisieux hinterlegen. Andreas geht von seinem unerwarteten Reichtum gut essen, wäscht sich, lässt sich rasieren und besucht ein Café. Dort spricht ihn ein Herr an, der seine schäbige Kleidung bemerkt und bietet ihm einen Job als Möbelpacker an. Als Lohn werden 200 Francs vereinbart.

Andreas führt die vereinbarte Arbeit gewissenhaft aus und erwirbt, weil er sich bereits einer neuen Klasse zugehörig fühlt, eine lederne Brieftasche. Am nächsten Sonntag geht er zu der Kapelle, um einen Teil seiner Schuld zu zahlen, versackt jedoch in einer Eckkneipe. Dort trifft er auf Karoline, eine verflossene Liebe. In einem Nebel von Hochprozentigem erinnert er sich, wie er vor vielen Jahren aus dem polnischen Schlesien nach Paris kam, da man in Frankreich Kohlenarbeiter suchte.

Er hatte bei Landsleuten logiert. Dabei verliebte er sich in die damals verheiratete Karoline, und als ihr Mann sie eines Tages zu Tode schlagen will, schlägt er den Mann tot. Dafür saß er zwei Jahre im Gefängnis, dann folgte sein Absturz in den Alkohol, der ihn bis unter die Brücken von Paris führte. Als ihm in der Nacht die Heilige Therese im Traum erscheint und an seine Schuld erinnert, verlässt er Karoline.

In der Reihe der Wunder, die Andreas widerfährt, entdeckt er plötzlich einen Tausend-Francs-Schein in der frisch erworbenen Brieftasche. Er wechselt sie in einem Tabac und sieht dort das Foto eines ihm bekannten Landsmanns, der inzwischen zum Fußballstar avancierte. Er spürt diesen alten Kumpel auf, wird herzlich von ihm in die Arme geschlossen, mit frischer Kleidung beschenkt und zum Essen geladen.

Am Sonntag geht Andreas wieder Richtung Kirche, um der Heiligen Therese ihr Geld zu erstatten. Doch dort trifft er auf einen weiteren Freund aus der Vergangenheit, Woitech, dem er sein gesamtes Geld schenkt, um ihm aus einer angeblichen Not zu helfen. Und wieder fließt Alkohol in Strömen.

Nun kreuzt erneut jener Herr seinen Weg, der ihm die ersten 200 Francs geschenkt hat, und der Mann schenkt ihm erneut Geld. Das verzehrt Andreas in einer Bar. Am Sonntag geht er wieder voll guter Vorsätze zu der Kapelle. Ein Polizist spricht ihn unterwegs an und überreicht ihm eine fremde Brieftasche, die er angeblich verloren habe. Darin liegen 200 Francs.

Ein Kumpel verleitet ihn jedoch erneut zum Saufen, bevor Andreas die Kirche betreten kann. An der Theke kippt er plötzlich um und wird in die gegenüber liegende Sakristei geschleppt, wo er mit einer Bewegung, als wollte er in die linke innere Rocktasche greifen und seine Schulden zahlen, einen letzten Seufzer tut und stirbt.

Und in dem Moment, da er das Geld vermeintlich abliefern soll, wie dem Herren vor der Kirche versprochen, da trifft ihn der Schlag und er fällt tot um. Unter diesen Aspekten ist der Titel "Die Legende vom heiligen Trinker" sehr treffend, denn Andreas haucht sein Lebenslicht in der Sakristei aus.

»Es gibt Dinge, die muss man vergessen. Sie sind zu schön, um wirklich zu sein.«

Joseph Roth »Die Legende vom heiligen Trinker«


Jospeh Roth ein modernes Märchen geschrieben. Mit dieser wunderschönen, märchenhaft geschriebenen Novelle setzt sich Roth mit seiner eigenen Trunksucht auseinander und macht dabei immer wieder die Ehrenhaftigkeit deutlich, die ihn sein gesamtes Leben auszeichnete. Bei Joseph Roths letztem Werk handelt es sich auch um eine Selbstreflektion der eigenen Alkoholprobleme und die Selbsterkenntnis der eigenen Unverbesserbarkeit.

Joseph Roths Novelle überzeugt durch klare Prosa und erinnert ein wenig an die Geschichte von "Hans im Glück". Der aufgrund glücklicher Fügungen mögliche soziale Aufstieg des Hauptprotagonisten wird aber letztlich durch dessen Trunksucht vereitelt.


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