Mittwoch, 13. November 2013

Peter Härtling zum 80. Geburtstag

Peter Härtling

Peter Härtling wurde vor 80 Jahren am 13. November 1933 in Chemnitz geboren. Peter Härtling, ein bekannter deutscher Schriftsteller, Lyriker, Kinderbuchautor und Essayist.

Sein Weg nahm im sächsischen Chemnitz seinen Anfang bevor er ihn als Flüchtlingskind nach Mähren und Österreich führte, bis er 1946 als Frühwaise im württembergischen Nürtingen - "meine Gegend für immer" - seine Heimat fand.

Peter Härtling hat sich mit seinem Werk in die Herzen von Kindern und Erwachsenen geschrieben. Mit mehr als 25 Kinder- und Jugendbüchern, 30 Roman-Biografien und anderen Prosa-Stücken hat er sich eine Lesergemeinde quer durch alle Generationen geschaffen.

Härtling hat die eigene Geschichte immer wieder zum Thema gemacht. 1933 in Chemnitz geboren und mit der Familie nach Mähren übergesiedelt, flüchtete er nach Ende des Zweiten Weltkriegs mit seiner Mutter. Der Vater stirbt 1945 in russischer Gefangenschaft. 1946 kommt die Familie ins schwäbische Nürtingen. Die Mutter nimmt sich das Leben.

Ein Pfarrer, ein Maler, ein Lehrer - feine und liberale Nürtinger Geister nahmen den Frühwaisen damals unter ihre Fittiche. Mithilfe dieser wunderbaren Menschen fand er den Weg ins Schreiben. Schon bald empfing Nürtingen die ersten Verse eines spindeldürren Jungen.

Härtling arbeitete als Journalist, Lektor und seit 1974 ist er freier Schriftsteller. Härtlings Romane tragen meist autobiografische Züge und haben häufig politischen Charakter, wie z.B. "Niembsch oder Der Stillstand" (1964) oder "Schubert" (1992).

In seinen Kinderbüchern, die in mehr als 20 Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet wurden, geht es meist um die Rolle des gesellschaftlichen Außenseiters und um verantwortungsvolles Handeln "Ben liebt Anna" (1986).

Seine größten Fans sind die Kinder, ihr Optimismus gibt dem heute 80-jährigen Peter Härtling Kraft. 2013 veröffentlichte der beliebte Schriftsteller seinen neuen Band "Tage mit Echo". Sein neuer Band mit vielen Echos, die aus der Vergangenheit herüberklingen, wie das „Petr“ von Härtlings mährischer Großmutter – ist ein ausgezeichnet gebauter Zweiteiler über letzte Bücher und über letzte Tage.

"Kein Autor weiß, ob es tatsächlich auch sein letztes Buch sein wird", sagt Härtling. Seinen neuen Band betrachtet er dabei nicht als "letztes Buch".

Weblinks:

Tage mit Echo: Zwei Erzählungen von Peter Härtling
Ben liebt Anna von Peter Härtling

Montag, 11. November 2013

»Der Mythos von Sisyphos« von Albert Camus

Der Mythos von Sisyphos


Albert Camus Essay »Der Mythos von Sisyphos« ist 1942 Mitten im Krieg erschienen. Der Existenzialismus, der in diesem Text seine vielleicht repräsentativste Ausformulierung erfährt, entsprach einem Lebensgefühl, das von der Erfahrung des Zweiten Weltkriegs, des politischen Widerstands in der Résistance und des Zerfalls traditioneller Wertordnungen und Orientierungen geprägt ist.

In seinem Versuch über das Absurde - so der Untertitel - greift Camus in bester französischer Essay-Tradition poetisch und philosophisch die Erschütterungen seiner Zeit auf. »Der Mythos von Sisyphos« ist ein Stück Philosophie, das auf eine wirklich entscheidende Frage auch eine klare Antwort gibt. Die Frage: Lohnt es sich überhaupt, zu leben, wenn dieses Leben vollkommen absurd ist?

Dieser Essay ist der Versuch, dem Sinnlosen und Absurden in einer absurden Welt durchaus einen Sinn zu geben. Es findet seinen Ausdruck in einer besonderen Sensibilität für die Absurdität der menschlichen Existenz, die für diese Generation von Philosophen charakteristisch ist. Sie entspringt dem Gegensatz zwischen dem selbstbewussten, von Hoffnungen erfüllten und in Handlungen sich entäußernden menschlichen Geist und der ihm gegenüberliegenden undurchdringlichen, immanenten Welt, an der sein Streben immer wieder scheitert. Diese Absurditätserfahrung wirft die Frage nach Sinn und Wert des menschlichen Lebens auf.

Sisyphos antiker Held

Der "Held" des Absurden ist Sisyphos, eine Figur aus der griechischen Mythologie, der laut Camus als von den Göttern bestrafter sein Schicksal meistert. Durch die Betrachtung des Schicksals von Sisyphos "entdeckte" Camus eine "ewige Auflehnung" des Menschen gegen die "Bedingungen seines Daseins". Darin gleicht der Mensch der mythologischen Figur des Sisyphos, dessen Tun gerade in seiner äußersten und beharrlichen Sinnlosigkeit als Selbstverwirklichung erscheint -- wenn es denn gelingt, wie Camus schreibt, sich Sisyphos glücklich vorzustellen.

Albert Camus

Albert Camus ist ein moderner Sisyphos, und wie wir dank ihm wissen: »Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen". - Wir sind so daran gewöhnt, von der Absurdität unserer Existenz zu sprechen, dass wir vergessen haben, mit welcher einmaligen Intensität und Klarheit Albert Camus sie Anfang der 1940er Jahre literarisch in Szene setzte.

Der "Vordenker des Absurden" hat den antiken Helden Sisyphos entmythifiziert. Sisyphos und sein Stein sind seit Camus kein Mythos mehr und wir ahnen es bereits: »Wir alle sind Sisyphos. Wir sind der neuzeitliche Sisyhos.« - Wir modernen Menschen ruckeln alltäglich immer wieder den Stein den Berg hinauf und sehen ihn dann ins Tal stürzen. Manchmal können wir uns - befreit von der Last - mit dem talwärts rollenden Stein auch einen glücklichen Menschen nennen.

Camus verwirft jeden Versuch, die in eindringlichen Schilderungen diagnostizierte Absurditätserfahrung durch einen Sprung in metaphysische, religiöse oder rationalistische Versöhnungsangebote zu bewältigen. Einen Weg bietet nur die permanente Revolte des Menschen gegen die Absurdität, in der er unabhängig von jeder gesetzten Wertordnung seine eigentümliche Würde zu gewinnen vermag.

So bietet Camus Essay einen Ansatz zu einer neuartigen Ethik, die auf der Idee der entschlossenen Tat und der daraus resultierenden größtmöglichen Lebensintensität beruht. An deren Nutzlosigkeit kann, so Camus, angesichts der Absurdität des Daseins kein Zweifel bestehen, doch vermag der Mensch in der Revolte eine besondere Verwirklichung seiner selbst zu erfahren. Darin gleicht der Mensch der mythologischen Figur des Sisyphos, dessen Tun gerade in seiner äußersten und beharrlichen Sinnlosigkeit als Selbstverwirklichung erscheint -- wenn es denn gelingt, wie Camus schreibt, sich Sisyphos glücklich vorzustellen.

Literatur:

Der Mythos von Sisyphos
Der Mythos des Sisyphos
von Albert Camus

Blog-Artikel:

Albert Camus zum 100. Geburtstag

Albert Camus als »Vordenker des Absurden«

»Der Mensch in der Revolte« von Albert Camus

Sonntag, 10. November 2013

"Arturo Ui" von Bertolt Brecht 1958 uraufgeführt

Unter der Regie von Peter Palitzsch wurde "Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui" am 10.11.1958 in Stuttgart uraufgeführt. Palitzsch war seit 1950 Mitarbeiter von Brecht am Berliner Ensemble, von 1966 bis 1971 Schauspieldirektor in Stuttgart.

Bertolt Brecht schrieb das Stück im März 1941 im finnischen Exil in nur drei Wochen nieder. Seine berühmte Parabel auf den Nationalsozialismus persifliert in der Figur des Gangsterbosses Arturo Ui die Person Adolf Hitlers und die Mechanismen seiner Machtergreifung am Beispiel Chicagos. Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui zeigt den Aufstieg Hitlers zur Macht bis zum Jahre 1938.

Bertolt Brecht schrieb mit dem »Arturo Ui« ein veritables Gangster-Stück und siedelt die Handlung dieses Stücks, das eine Parabel auf den Aufstieg Hitlers ist, in der Chicagoer Unterwelt an. Die Gemüsehändler der Stadt stecken in wirtschaftlichen Schwierigkeiten und der Karfiol-Trust zieht den namhaften und als ehrlich bekannten Bürger Dogsborough in dunkle Geschäfte hinein, um durch seine Fürsprache an städtische Gelder zu kommen.

Arturo Ui

Die Nazi-Größen erscheinen als Chicagoer Gangster und Gauner. Der kleine Gauner Arturo Uí bekommt Wind von dieser Sache und nutzt die Situation, um sich an die Spitze des Karfiol-Trusts zu setzen und von dort aus auch die Gemüsehändler anderer Städte unter seine Knute zu zwingen.

Die Nazis als Gauner reden in den glatten Jamben des deutschen klassischen Dramas. Durch die doppelte Verfremdung werden die Ereignisse jener Jahre erkennbar nicht als schicksalhaftes Verhängnis, sondern als die Konsequenz der herrschenden Verhältnisse.

Indem er Hitler und seine Kumpane der Lächerlichkeit preisgibt, nimmt Brecht ihnen jenen Zug des Dämonischen, den sie für viele auch heute noch zu besitzen scheinen. Die Parabel stellt klar, daß der Faschismus kein historischer Einzelfall war: Faschismus ist die noch immer mögliche Fortsetzung der Geschäfte mit anderen Mitteln.

In den Rezensionen des Stückes findet sich sehr früh der Vergleich zwischen Charlie Chaplins "Der grosse Diktator" und der Figur des einen etwas seltsamen Namen tragenden Arturo Ui. Wohl nicht zu Unrecht, Brecht hatte Chaplin 1941 im Exil kennengelernt.

Weblinks:

Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui von Bertolt Brecht

Ausgewählte Werke in sechs Bänden von Bertolt Brecht

Der grosse Diktator von Charlie Chaplin

Samstag, 2. November 2013

»San Miguel« von T.C. Boyle

In dem neuen Roman »San Miguel« von T.C. Boyle geht es auf die Pazifik-Inseln vor der kalifornischen Küste. San Miguel gehört zu den vor der Küste Santa Barbaras gelegenen Channel-Islands, meilenweit draußen im Pazifischen Ozean.

Die kalifornische Insel San Miguel ist dreizehn Kilometer lang und bis zu sechs Kilometer breit. Von 1850 bis 1948 brachten Viehzüchter Schafe auf die Insel, später nutzte die US Navy die Insel. Heute ist San Miguel Bestandteil des Channel-Islands-Nationalparks.

Karte der Kanalinseln


"Ich sehe die Insel von meinem Fenster."
T.C. Boyle
San Miguel
Weil sie mal Orte abwegiger Idealisten oder Gestrandeter waren, sind sie literarisch interessant, in der Realität jedoch weitaus weniger und für Besucher kaum von Wert. San Miguel ist eine baum- und strauchlose Enttäuschung. Die Inspiration für seinen Roman fand der Autor vor der Haustür, denn die Insel San Miguel kann er als seine Romanvorlage von seinem Haus an der Küste Kaliforniens sehen.

Boyle verwendet für seine Romane oft historische Vorbilder. In »San Miguel« sind es drei Frauen, die zu unterschiedlichen Zeiten auf der ansonsten unbewohnten kalifornischen Insel San Miguel gelebt haben. Bei Recherchen zum Roman »Wenn das Schlachten vorbei ist« lernte er die Lebensgeschichten der drei Frauen kennen, die tatsächlich Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts dort, wo kein Baum wächst und die Sonne selten scheint, ihr Glück mit der Schafzucht versuchten.

San Miguel Insel

Mitten in diese strauchlose Ödnis platziert Boyle seine Handlung. Den Anfang macht die schwindsüchtige Marantha, die 1888 mit ihrem herrschsüchtigen Mann Will, der dort von der Wolle von 4000 Schafen leben will, auf die Insel kommt. Die gute Luft, so glaubt er, werde sie heilen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Marantha geht es immer schlechter, und sie erträgt die raue Situation auf der Insel nur äußerst schlecht.

"Das Paradies ist eine Insel. Die Hölle auch."

Der zweite Teil widmet sich der Adoptivtochter des Paares, Edith. Weil sie noch nicht volljährig ist, zwingt Will sie nach Maranthas Tod, ebenfalls mit ihm auf der Insel zu leben. Doch sie setzt sich mit allen Mitteln zur Wehr und plant die Flucht. Erst Elise, die viele Jahre später mit ihrem Mann auf die immer noch unwirtliche Insel zieht, scheint dort ihr Glück zu finden.
Ein historischer Roman, der in seinen Dialogen zwar nicht den Boyle-typischen ironischen Ton pflegt, aus drei Perspektiven aber sehr gekonnt beleuchtet, wie die Isolation diese drei Frauen verändert, wie Hoffnung sie treibt, Enttäuschung sie hart macht und Einsamkeit sie verstummen lässt.

"Ich will meine Figuren leiden sehen."
T.C. Boyle
T.C. Boyle hat mit »San Miguel« einen dichten, phasenweise beklemmenden Roman geschaffen. Ein stilles, ruhiges Meisterwerk auf gewohnt hohem Niveau, das allerdings nicht jedem gefallen wird. »San Miguel« ist ein stilsicher geschriebener Roman, dessen Erzählstrom stetig und ruhig dahinfließt, ohne die ganz großen Höhepunkte zu bieten.

Dass, was T.C.Boyle in die insulare kalifornische Ödenei gezaubert hat, ist durchaus bemerkenswert. Dem großen Erzähler T.C. Boyle gelingt es meisterhaft, in dieser großen Saga das Schicksal dreier starker Frauen auf der einsamen Insel lebendig werden zu lassen. Mit bald 65 Jahren, scheint er allerdings ruhiger, abgeklärter und melancholischer geworden zu sein.

Weblinks:

T.C. Boyle-Portal - www.tcboyle.de

Fotos, Berichte, Zitate aus Zeitungsmeldungen, Links und Videos - www.tcboyle.de

San Miguel Island - Wikipedia

Sabine Schmidt über T.C. Boyle und »San Miguel« - www.rp-online.de/kultur

Facebookseite von www.tcboyle.de - Facebook-Seite

San Miguel
San Miguel
von T.C. Boyle

Donnerstag, 31. Oktober 2013

»Krieg der Welten« von Herbert George Wells

Krieg der Welten

Der englische Schriftsteller Herbert George Wells veröffentlichte im Jahr 1898 mit seinem Roman »Krieg der Welten« (»War of the Worlds«) einen wegweisenden Klassiker der Science-Fiction-Literatur. Er schuf einen Meilenstein in der damals noch sehr jungen, von Jules Verne geschaffenen Science-Fiction-Literaturzweig, indem er erstmals nicht nur außerirdische Lebewesen in der Handlung auftauchen ließ, sondern diese gleich ein Großangriff auf die Menschheit führen ließ.

Die Mars-Menschen können auf dem Mars nicht länger überleben, sie wählen die Erde als neues Ziel aus. So landet ein als Meteorit vermutetes Objekt auf der Erde. Dieses entpuppt sich jedoch als Raumschiff der Marsmenschen. Mit der Zeit landen mehr und mehr dieser Raumschiffe auf der Erde, die Menschen führen den Krieg weiter, bis zum bitteren Ende.Irgendwann sind die Menschen dieser vermutlich höheren Intelligenz ausgeliefert.

Der Roman »Krieg der Welten« schildert in realistischer, detailreicher Sprache, wie eine technologisch höher entwickelte, außerirdische Zivilisation vom Mars die Erde angreift und dank dreibeiniger Killermaschinen und giftiger Gasdämpfe in kürzester Zeit jeden Widerstand bricht. Als der Kampf bereits verloren und die Menschheit zu einem erbärmlichen Leben in Sklaverei verurteilt scheint, kommt es zu einer wundersamen Wendung: Die Marsianer haben gegen irdische Bakterien keine Abwehrkräfte und werden deshalb von Infektionskrankheiten dahingerafft.

Die Schilderung der Landung der übelgesinnten Marsianer nahe London, die kaum gelandet zur Zerschlagung der menschlichen Zivilsation mittels ihrer gigantischen Kampfmaschinen, Hitzestrahlen und Gasgranaten, gegen die sich menschliche Geschütze und Maschinengewehre als weitgehend nutzlos erweisen, übergehen und die Menschen zu einer Art Nutzvieh degradieren wollen, ist vollkommen logisch und schlüssig erzählt und hat bis heute nichts an ihrem Reiz verloren.

Empfohlener Roman »Krieg der Welten«:






Die Grundelemente einer jeden modernen Science-Fiction-Geschichte sind in dem Roman bereits angelegt: Kampfmaschinen, Strahlenwaffen, überlegene Technologie und Unterwerfung der menschlichen Zivilisation wie das naive Vertrauen der Menschenauf die guten Absichten der Außerirdischen, das sich dann zu einem Alptraum auswächst.

Der Roman hat das Flair des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Die fundamentale Gesellschaftskritik, die H. G. Wells in seinem Werk geschickt verpackt, wird dabei bisweilen leider rigoros übersehen. Aber in diesem Roman werden soziale Merkmale angesprochen, die durch eine Katastrophe schlagartig verändert werden. Alles kommt durcheinander. Massenpanik, Verzweiflung, Mut, Mutlosigkeit und vieles mehr entsteht
dadurch.

Kreig der Welten
Als H. G. Wells 1898 seinen utopischen Roman »War of the Worlds« veröffentlichte, hätte sich sicher niemand auch nur erträumt, welche zeitüberdauernde Bedeutung diesem Werk zukommen würde. Bis heute wird der Stoff immer und immer wieder aufs neue in Film und Literatur verarbeitet, ob unter demselben Titel »War of the Worlds« oder patriotisch eingekleidet in »Independence Day«.

Am 30. Oktober 1938 löste ein Rundfunk-Hörspiel eine Massenpanik an der Ostküste der USA aus: Der junge Schauspieler und Regisseur Orson Welles hatte den Roman »Der Krieg der Welten« von H. G. Wells in einer Hörspiel-Adaption so lebensecht inszeniert, dass die meisten Hörer glaubten, es handle sich um eine echte Reportage über die Landung von Außerirdischen in den USA.

Weblink:

Herbert George Wells - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Dienstag, 29. Oktober 2013

»Versuch, in der Wahrheit zu leben« von Vaclav Havel

Vaclav Havel
Im Oktober 1978 schrieb Vaclav Havel auf seinem Landsitz in Hradecek einen politischen Essay, den er dem Andenken an den tschechischen Philosophen Jan Patocka widmete: »Versuch, in der Wahrheit zu leben«. Der Essay wurde schon bald überall in der Welt publiziert, kursierte aber in der Tschechoslowakei nur in Abschriften. In diesem Essay analysierte der "Meister des politischen Essays" den Zustand der Gesellschaft und die Gründe für deren zunehmenden Verfall.



Versuch, in der Wahrheit zu leben

»Versuch, in der Wahrheit zu leben« nannte der ehemalige Dissident Václav Havel seinen 1978 verfaßten, vielbeachteten politischen Essay, in dem seine Suche nach Wahrheit im Sozialismus zu einer modernen Gesellschaftskritik des sozialistischen Systems führt und schließlich in dem umfassenden Versuch endet, eine allgemeine "Krise der menschlichen Identität" zu begründen.



Die Erfahrung der existenziellen Widersprüchlichkeit hat Havel auf die Suche nach der Authenzität des menschlichen Daseins geführt und zu der Erkenntnis gebracht, daß es diese Wahrhaftigkeit in der sozialistischen Gesellschaft der Tschechoslowakei nicht mehr gibt. Vielmehr hat sich das politische System auf ein alles umfassendes und alles durchdringendes "Leben in der Lüge" begründet.



Im Unterschied zur klassischen Dikatur ist der Charakter der Macht in einer solchen Gesellschaftsform diffuser, tiefgreifender und nicht mehr an ein System gebunden. Havel bezeichnet diese Herrschaftsform daher als »posttotalitär«. Er zeigt den Verlust der menschlichen Identität darin an: »Zwischen den Intentionen des posttotalitären Systems und den Intentionen des Lebens klafft ein Abgrund: das Leben tendiert in seinem Wesen nach zur Pluraliität, zur Vielfältigkeit, zur unabhängigen Selbstkonstitution und Selbstorganisation«. Das »posttotalitäre System hingegen verlangt »monolithische Einheit, Uniformität und Disziplin«.



Das posttotalitäre System schafft sich seine eigene Wahrheit(en) und führt damit die menschliche Identität mit einem "Leben in der Lüge" in eine Krise. Dieses System ist eine Bedrohung für das Leben, da es sich von den Bedürfnissen des Lebens immer weiter entfernt. Es ist dadurch gekennzeichnet, daß es von allen Mitgliedern der Gesellschaft, die dessen Rituale täglich ausführen, getragen wird. Genau deshalb bedeutet die Weigerung, an diesen Ritualen teilzunehmen und die Lüge mitzuerleben, eine fundamentale Bedrohung für das System.

Versuch, in der Wahrheit zu leben
Vaclav Havel, der sich nie einer Ideologie verschrieben hat, macht im Rahmen seiner Gesellschaftskritik nicht beim sozialistischen System halt, obgleich sein Essay im gesamten Ostblock als "Widerstandsbibel" aufgefasst wurde. Die von ihm diagnostizierte Krise der menschlichen Identität sieht er in dem modernen Leben an sich manifestiert. Sie ist Ausdruck einer technischen Zivilisation, die der europäische Geist des »Rationalismus und des Szientismus« hervorgebracht hat.

Mit dieser herben Kritik an der jüngsten europäischen Ideengeschichte hat sich der "Meister des politischen Essays" Vaclav Havel mit seiner politisch-philosophischen Streitschrift vor 35 Jahren jedoch nicht überall Freunde gemacht.

Weblinks:

Vaclav Havel - Biografien-Portal www.die-biografien.de
Jan Patocka - Wikipedia.org

Sonntag, 27. Oktober 2013

»Dantons Tod« von Georg Büchner

Georg Büchner

Georg Büchners erstes Drama »Dantons Tod« entstand 1835 in nur fünf Wochen. Der Autor beschreibt in dem Revolutionsdrama das Jahr 1794, als in Frankreich die Revolutionäre um Robespierre in moralischer Selbstgefälligkeit und politischer Radikalisierung offen diktatorische Züge annehmen.

In seinem ersten Drama »Dantons Tod« zeichnet Georg Büchner ein düsteres Bild der Französischen Revolution. Er dramatisiert die Ereignisse zweier Wochen im März und April 1794 als Auseinandersetzung zwischen dem tugendhaften Robespierre und dem sittenlosen Danton.

Büchners Danton mag nicht mehr an die Revolution glauben. Er ahnt, dass sie ethische und materielle Fragen nicht lösen kann. Danton erkennt, dass man seine Bemühungen dem Blutvergießen ein Ende zu bereiten nicht wohlwollend gegenübersteht. Er weiß, dass er unter der Guillotine sterben wird und erträgt schon im Vorfeld sein bevostehendes Ende gelassen, allerdings mit leichtem Zynismus.


Büchners Danton übermittelt den Gedanken, dass Handeln nicht lohnt, dass die Summe aller Tätigkeiten wachsendes Leid und Lebensekel zum Ergebnis haben. Danton muss an seinem eigenen politischen Genie verzweifeln, weil sein "Herz nicht steinern", "sein Geist nicht beschränkt ist".

Sein Revolutionsdrama »Dantons Tod« gehört zu den bedeutendsten Dramen des 19.Jahrhunderts. Büchners revolutionäres Stück wurde wegen seiner politischen Schärfe und mitunter drastischen Sinnlichkeit zu Lebzeiten des Autors nur zensiert gedruckt.

Weil Büchners Drama schonungslos das Scheitern einer humanistischen Idee zeigt, ohne die Idee selbst zu verleugnen, ist »Dantons Tod« ein Revolutionsstück von ungebrochener Aktualität.

Weblinks:

Georg Büchner-Biografie - Biografien-Portal www.die-biografien.de

Revolutionär und Dichter - Georg Büchner - www.dw.de

200 Jahre Georg Büchner: Du bist ein starkes Echo - www.zeit.de