Samstag, 18. August 2012

Louis de Bernières und der magische Realismus


Louis de Bernières galt nach seinen ersten drei Romanen als »Meister des magischen Realismus«. Louis de Bernières und Juan Gabriel Márquez verbindet eine gemeinsame Leidenschaft - beide sind Vertreter des magischen Realismus.

Louis de Bernières sagte, dass während des einem Jahres, das er in Kolumbien verbracht hat als er 19 Jahre alt war, eines der ersten Dinge, die er tun musste, zu lernen, wie man eine Pistole verwendet, aber das war es auch, was ihn inspiriert hat, Schriftsteller zu werden, als er besessen war von der Magie der realistischen Romanciers des Kontinents.

"Ich habe versucht, Mario Vargas Llosa und Gabriel García Márquez zu imitieren, und ich fand, was herauskam, war originell, denn ich war in Nachahmung sehr schlecht", sagte er.

Im Gegensatz dazu ist der in Bogota geborene Romancier Juan Gabriel Márquez einer der lateinamerikanischen aufregendsten jungen Romanciers, der einmal sagte, dass seine Erfahrung durch Drogenkrieg des Landes gewachsen ist und es für ihn viel schwieriger war, diese in die Fiktion zu übersetzen.

Die jetzt in Barcelona lebende 39-jährige sagte "Es dauerte acht Jahre, um in der Lage, über die Erfahrung durch die Zeit des Pablo Escobar leben zu schreiben. Ich wuchs mit dem Gefühl, dass die Gewalt war völlig unberechenbar und können Sie überall und jederzeit zu schlagen. Es hatte einen Einfluss auf unser Privatleben."

Beide Autoren, sagte ihr Ziel beim Schreiben über Kriege war es, zu zeigen, was De Bernières als "der kleine Mann, die unwichtigen Mann in der Geschichte gefangen." Vasquez sagte, dass es ihre Aufgabe als Schriftsteller, die verborgenen Seiten des Krieges darzustellen war, "Literatur sollte uns etwas geben, das wir nicht in der Geschichte Bücher oder Journalismus zu finden."

Weblink:

Louis de Bernières and Juan Gabriel Vásquez on the art of war - www.telegraph.co.uk

Sonntag, 12. August 2012

Hermann Hesse in Montagnola

Montagnola

Über 40 Jahre seines Lebens verbrachte Hermann Hesse in seiner Wahlheimat Schweiz. Bereits 1919 lies er sich Montagnola nieder, einem Dorf in der Nähe von Lugano am Luganer See.

Im Mai 1919 verlies Hermann Hesse Bern und zog ohne die Familie in den Süden der Schweiz. In dem Tessiner Flecken Montagnola oberhalb des Luganer Sees fand er die pittoreske »Casa Camuzzi«, ein romantisches Schlösschen, in dem er drei Zimmer mietete. Wahrscheinlich ahnte er zu dem Zeitpunkt selbst nicht, dass er hier einen Wohnort bis zum Ende seiner Tage gefunden hatte. Montagnola sollte für Hesse ein einschneidendes Erlebnis werden.

Mit dem Umzug in seine Wahlheimat nach Montagnola begann eine einschneidende Veränderung im Leben des 42-jährigen, der sich persönlich und künstlerisch in einer tiefen Krise befand. Seine erste Ehe war gescheitert, im Ersten Weltkrieg hatte sein Weltbild Risse bekommen und seine auf deutschen Konten lagernden Ersparnisse wurden von der Inflation aufgezehrt. Auch als Schriftsteller stand Hesse vor einem Debakel.

Hesse beim Zeichnen

Das änderte sich schlagartig unter der Sonne des Südens. Hesse blühte buchstäblich auf und die angestauten psychischen Spannungen entluden sich in einem kreativen Schaffensrausch, der seinen Dichterruhm begründete.

Hermann Hesse starb am 9. August 1962 in seiner Wahlheimat in Montagnola im Schweizer Kanton Tessin. Seine letzte Ruhestätte fand der Dichter auf dem Friedhof von San't Abbondio in Gentilino.

Samstag, 11. August 2012

»Corellis Mandoline« von Louis de Bernières

Corellis Mandoline Filmszene

»Corellis Mandoline« ist ein bewegenfer Roman von Louis de Bernières über eine ungewöhnliche Liebe auf einer griechischen Insel in den Wirren des Zweiten Weltkriegs. Eine bewegende, humane Geschichte von Treue und Verrat, Leiden und Tod und Liebe in den Zeiten der Barbarei.


Auf der griechischen Insel Kephallonia im Ionischen Meer spielt diese Geschichte, eine Geschichte von Treue und Verrat, Leben, Tod und Liebe in den Zeiten des Zweiten Weltkriegs. Hauptfigur ist die schöne Palagia, die plötzlich zwischen zwei Männern steht: dem jungen Fischer Mandras, der sich den Partisanen anschließt, und dem Kommandeur der italienischen Besatzungstruppen Antonio Corelli, der die Frauen und die Musik inniger liebt, als den militärischen Drill.




Auf der griechischen Insel Kefalonia leben einfache, aber glückliche Menschen. Die Fischer machen guten Fang, die Sonne scheint und der Alltag wird oft durch fröhliche Feste aufgelockert. Nur Dr. Iannis scheint Unheil zu ahnen. Dieses bricht denn auch kurz darauf in Form des Zweiten Weltkriegs über das Idyll herein.



Corellis Mandoline
Corellis Mandoline

De Bernières hat eine extravagante, von Erfindungsreichtum und Gefühlen nur so überquellende Geschichte über die fast vergessene griechische Insel Kephallonia geschrieben, die sich unversehens im Strudel der Geschichte wiederfindet. Einst stritten sich die Götter auf Kephallonia und mischten sich in die Angelegenheiten der Menschen ein, nun leben kauzige aber authentische Menschen auf Kephallonia.

Louis de Bernières hat seine Geschichte von Liebe und Tod in einen wohl recherchierten historischen Rahmen eingebettet. Er hat sich einer intelligenten Sprache und einer immer gesunden, aber doch gnadenlosen Portion Humors bedient, die das Grauen nicht ausspart und ihren Figuren doch die Menschlichkeit läßt.

Weblinks:

Corellis Mandoline
Corellis Mandoline
von Louis de Bernières

Corellis Mandoline
Corellis Mandoline
von Louis de Bernières

Donnerstag, 9. August 2012

Hermann Hesse 50. Todestag

Hermann Hesse

Hermann Hesse starb vor 50 Jahren am 9. August 1962 in seiner Wahlheimat in Montagnola im Schweizer Kanton Tessin. Hesse ist einer der bekanntesten deutschen Autoren und zählt zu den bedeutendsten Romanautoren des 20. Jahrhunderts.

Hermann Hesse war Zeit seines Lebens ein Suchender und ein grosser Sinnsucher. Nicht nur sein großes dichterisches Werk, das ihm 1946 den Nobelpreis einbrachte, auch sein Lebenslauf legt Zeugnis davon ab. Sein großes dichterisches Werk brachte ihm 1946 den Literatur-Nobelpreis ein.

Nicht immer hat er gefunden, was er suchte, aber er verwandelte seine Suche in Literatur. Er schrieb grosse Literatur in Zeiten des Umbruches, auch seines eigenen. Seine Literaur zeugt von den vielen Brüchen in seinem Leben.

Sein Werk wird bestimmt von dem Gegensatz Natur, Geist und Leben und unterliegt in seinen späteren Werken starken Einflüssen durch die indische Philosophie. Seine stark autobiografisch geprägeten Romanwerke beschreiben den Menschen im existenziellen Konflikt mit seiner Umwelt und einer Kultur im Umbruch. Hesse war ein Mensch der existenziellen Krise, der seine Lebenskrisen literarisch verarbeitete.

Alle Werke Hesses schildern die Stationen, Episoden und Brüche seines wechselvollen Lebens. Besonders offensichtlich ist sie im »Steppenwolf«, der geradezu exemplarisch für den "Roman der Lebenskrise" stehen kann.

Weltoffenheit, Toleranz und Humanität prägten das Werk und den Charakter Hermann Hesses. Nicht zuletzt für sein großartiges Spätwerk wurde ihm 1946 der Nobelpreis für Literatur verliehen. Als Pazifist versuchte er die europäische Bildungselite von der unnötigen Barbarei der Kriege zu überzeugen.

Seine Literatur und die Verarbeitung von Lebenskrisen darin verlieh den Menschen Halt und Orientierung in unsicheren Zeiten nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Immer wieder wandeten sich Leser mit Briefen an Hesse, die er schriftlich beantwortete bis es ihm zuviel wurde und er sich von der Welt zurückzog.

Über vierzig Jahre seines Lebens verbrachte Hesse in seiner Wahlheimat Schweiz. Bereits im Jahr 1919 lies er sich Montagnola nieder, einem Dorf in der Nähe von Lugano am Luganer See. Seine letzte Ruhestätte fand der Dichter auf dem Friedhof von San't Abbondio in Gentilino.

Weblinks:

Hermann Hesse-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Hermann Hesse-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de

Sonntag, 29. Juli 2012

Sten Nadolny 70. Geburtstag

Sten Nadolny wurde am 29. Juli 1942 in Zehdenick an der Havel geboren. Sten Nadolny ist ein deutscher Schriftsteller. Er ist der Sohn des Schriftstellerpaares Burkhard und Isabella Nadolny.

Als Sohn eines Schriftstellerehepaares wollte Sten Nadolny keinesfalls den Beruf der Eltern ergreifen. Schon in seiner Jugend zeigte er allerdings Interesse für den britischen Polarforscher John Franklin, der später die Hauptfigur seines erfolgreichsten Romans werden sollte.

1981 erschien Nadolnys Erstling, der Roman »Netzkarte«. Protagonist des Buchs ist der 30-jährige Studienreferendar Ole Reuter, der eine einmonatige Reise mit der Bundesbahn unternimmt.
Nach seinem literarischen Debüt »Netzkarte« erschien 1983 der Roman »Die Entdeckung der Langsamkeit«, der in alle Weltsprachen übersetzt inzwischen zum modernen Klassiker der deutschsprachigen Literatur geworden ist.

Das Buch beschreibt, angelehnt an das Leben des Polarforschers John Franklin, den Werdegang eines Menschen, der ungemein langsamer ist als der Rest der Welt und trotz oder gerade wegen seiner Langsamkeit seinen Weg geht und ein berühmter Kapitän und Entdecker wird.

Danach veröffentlichte Sten Nadolny die Romane »Selim oder Die Gabe der Rede«, »Ein Gott der Frechheit«, »Er oder ich«, den »Ullsteinroman« und zuletzt der gemeinsam mit Jens Sparschuh verfasste Gesprächsband »Putz- und Flickstunde«.

Für sein Werk wurde er unter anderen mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis 1980, dem Hans-Fallada-Preis 1985, dem Premio Vallombrosa 1986, dem Ernst-Hoferichter-Preis 1995 und dem Weilheimer Literaturpreis 2010 ausgezeichnet.

Der Schriftsteller Sten Nadolny lebt in Berlin und am Chiemsee.

Montag, 2. Juli 2012

»Der Steppenwolf« von Hermann Hesse

»Der Steppenwolf«
»Der Steppenwolf«

»Der Steppenwolf« erschien 1927 zum 50. Geburtstag von Hermann Hesse. »Der Steppenwolf« stellt in Hesses Leben und Werk einen Wendepunkt dar. »Der Steppenwolf« ist eine Prosa-Erzählung mit stark autobiographischen Zügen, denn er erzählt die Geschichte eines tiefen seelischen Leidens der Hauptfigur Harry Haller, eines Alter Egos Hermann Hesses. Zentrales Thema ist die Zerrissenheit des modernen Individuums zwischen Trieb und Vernunft, Natur und Geist. Hesse hat sich darin nicht nur seine eigenen Probleme von der Seele geschrieben, sondern auch nach Lösungen für die Seelen- Probleme des modernen, individualisierten Menschen gesucht.


Harry Haller, der Steppenwolf, ist heimatlos geworden und leidet an seiner inneren Zerissenheit, empfindet halb als Mensch, halb als Wolf. Er sehnt sich nach Zugehörigkeit, nach Harmonie und Liebe, will aber auch unabhängig und frei sein und verabscheut alles Normale. Dieser Zwiespalt führt ihn immer tiefer in eine existenzielle Krise, in der er Selbstmord als einzigen Ausweg sieht. Doch Hermine, eine Prostituierte, und das Magische Theater helfen ihm, sich selbst zu erkennen und das Leben leichter zu nehmen.

»Der Steppenwolf« versinnbildlicht die Krise des modernen Menschen. Das vorherrschende Gefühl gegenüber der Gesellschaft ist Fremdheit. Der Einbruch der Moderne in die überkommenen Ordnungen hat ihn zum Außenseiter gemacht: Harry Haller, der Steppenwolf, ist »zwischen die Zeiten geraten«, irrt heimatlos durch die Städte und sucht nach neuer Orientierung.

»Der Steppenwolf« ist eine Kritik der Gesellschaft und eine Persönlichkeitsanalyse gleichermaßen. Harry Haller ist Außenseiter des Bürgertums, das dem Menschen die Individualität aberkennt, Anpassung fordert, aber auf der anderen Seite auch Halt gibt. In Harry spiegelt sich dieser Zwist wider, denn er ist zwar dem Bürgertum gegenüber äußerst kritisch, dennoch fasziniert es ihn auch, er fühlt sich zeitweise wohl in der bürgerlichen Ordnung. Doch immer wieder verhöhnt der Wolf" den Menschen" und Harry fühlt sich plötzlich wieder abgestoßen. Er will die Unabhängigkeit und sucht gleichzeitig nach Schutz.

Hermann Hesses Roman »Der Steppenwolf«, 1927 erschienen, ist ein Weltbestseller. Besonders für die Jugend ist der Roman immer wieder zum Identifikations- und Bekenntnisbuch geworden, nur vergleichbar mit Goethes »Die Leiden des jungen Werther«. Allerdings erzählt der Roman keine Adoleszenzgeschichte, sondern die Krise eines 50jährigen Mannes, der sein bisheriges Leben nicht fortführen will.

Weblinks:

»Der Steppenwolf«
»Der Steppenwolf«
von Hermann Hesse

Der Steppenwolf Rezension
Der Steppenwolf Rezension
von Joachim Weiser


Hermann Hesse-Biografie - Biografien-Portal www.die-biografien.de

Samstag, 23. Juni 2012

»Die Angst des Tormanns beim Elfmeter« - eine Erzählung von Peter Handke

Die Angst des Tormanns beim Elfmeter

Wer kennt sie nicht: Die Angst des Tormanns beim Elfmeter. Der österreichischer Schriftsteller Peter Handke hat daraus eine Erzählung mit kriminalistischen Zügen gemacht.

»Die Angst des Tormanns beim Elfmeter« ist eine Erzählung von Peter Handke, erschienen im März 1970. Die unterhaltsame Erzählung, die sich um Fussball dreht, handelt vom Monteur Josef Bloch und von einer tief greifenden Sprach- und Erkenntniskrise erzählt. Ein Nouveau Roman, der kein Roman, sondern eine Erzählung ist: Spröde, distanziert, unterkühlt. Nicht wirklich spannend. Liest sich wie eine Bewerbung für den Ingeborg-Bachmann-Preis, das Gipfeltreffen der Unlesbaren.


Peter Handkes Erzählung »Die Angst des Tormanns beim Elfmeter«, die er 1969 verfasste, beschäftigt sich mit dem Monteur und ehemaligen Torwart Josef Bloch, der nach dem Mord an einer Kassiererin in einen Grenzort flüchtet. Die Geschichte beginnt damit, dass Bloch glaubt, ihm wurde gekündigt. Daraufhin flaniert er ziellos durch Wien, lässt sich auf Schlägereien ein und erwürgt schließlich die Kino-Kassiererin Gerda, nachdem er mit ihr die Nacht verbracht hat. Anschließend begibt er sich mit dem Bus zu einer Bekannten, die in einem Grenzort lebt. Dort irrt er weiterhin umher, während er immer wieder wie unbeteiligt in der Zeitung wahrnimmt, dass die Polizei auf seiner Spur ist. Die Erzählung endet mit einem Elfmeter bei einem Fußballspiel, kurz vor Blochs Verhaftung.


Dem Monteur Josef Bloch, der früher ein bekannter Tormann gewesen war, wurde, als er sich am Vormittag zur Arbeit meldete, mitgeteilt, daß er entlassen sei. Jedenfalls legte Bloch die Tatsache, daß bei seinem Erscheinen in der Tür der Bauhütte, wo sich die Arbeiter gerade aufhielten, nur der Polier von der Jause aufschaute, als eine solche Mitteilung aus und verließ das Baugelände.

Gleich zu Beginn des Buches geschieht ein Mord - doch um einen gängigen Kriminalroman handelt es sich bei Peter Handkes »Die Angst des Tormanns beim Elfmeter«  nicht. Noch viel weniger geht es übrigens um Sport. Stattdessen setzt sich der österreichische Schriftsteller mit den Grenzen unserer Sprache auseinander. Wie ist es möglich, selbst einfache Gespräche zu führen? Was haben die banalsten Wörter, die uns scheinbar so geläufig sind, mit den Dingen zu tun? Wie kann es sein, dass wir einen Satz anfangen und schon wissen, wie er endet?

Vordergründig passiert in diesem Roman nur wenig, auf einer tieferen Ebene aber handelt er von der existenziellen Sinn- und Wahrnehmungskrise des Protagonisten Josef Bloch. Dessen Verhalten mag uns befremdlich oder gar krank erscheinen - für Handke ist es symptomatisch: Wir haben das einfache Sehen und Hören verlernt, alle Worte, Gesten und Dinge erscheinen als eine Anspielung auf etwas anderes. Handkes ebenso faszinierender wie verstörender Roman lässt uns über unsere normal erscheinenden, alltäglichen Sprechgewohnheiten nachdenken.

Die Angst des Tormanns beim Elfmeter
Die Angst des Tormanns beim Elfmeter: Erzählung«
(suhrkamp taschenbuch)

Auf der Straße hob er den Arm, aber das Auto, das an ihm vorbeifuhr, war wenn Bloch den Arm auch gar nicht um ein Taxi gehoben hatte - kein Taxi gewesen. Schließlich hörte er vor sich ein Bremsgeräusch; Bloch drehte sich um: hinter ihm stand ein Taxi, der Taxifahrer schimpfte; Bloch drehte sich wieder um, stieg ein und ließ sich zum Naschmarkt fahren.

Es war ein schöner Oktobertag. Bloch aß an einem Stand eine heiße Wurst und ging dann zwischen den Ständen durch zu einem Kino. Alles, was er sah, störte ihn; er versuchte, möglichst wenig wahrzunehmen. Im Kino drinnen atmete er auf. Im nachhinein wunderte er sich, daß die Kassiererin die Geste, mit der er das Geld, ohne etwas zu sagen, auf den drehbaren Teller gelegt hatte, mit einer anderen Geste wie selbstverständlich beantwortet hatte. Neben der Leinwand bemerkte er eine elektrische Uhr mit beleuchtetem Zifferblatt. Mitten im Film hörte er eine Glocke läuten; er war lange unschüssig, ob sie in dem Film läutete oder draußen in dem Kirchturm neben dem Naschmarkt.

Im März 1970 erschien die Erzählung »Die Angst des Tormanns beim Elfmeter« in der Startauflage von 25.000 Exemplaren und ein halbes Jahr später hatte sich die Auflage bereits verdoppelt. Der Erzähler berichtet zwar in der dritten Person, jedoch aus Blochs Perspektive. Die Umwelt wird von Bloch extrem detailliert wahrgenommen und auch interpretiert. Bloch versucht, völlig unspektakuläre Ereignisse in seiner Umgebung zu analysieren und auf sich zu übertragen. Dabei gerät er im Laufe der Geschichte immer mehr in einen wahnartigen Zustand. Die Absichten der Hauptperson sind dabei nicht ersichtlich.

Man fragt sich beim Lesen, wie Bloch wohl auf die Menschen seiner Umgebung wirkt, da dies in der Erzählung nicht deutlich wird. Die Erzählung wird so geschildert, als ob jedes Ereignis den gleichen Stellenwert hätte. Handke schildert die innere Entwicklung, die Entfremdung des Protagonisten sehr genau. Die Handlung selber geschieht eher im Hintergrund. All dies fordert sowohl die Konzentration als auch das 'Durchhaltevermögen' des Lesers.

Die Aufnahme der Erzählung fiel recht einhellig aus: »Diese Erzählung gehört zu dem Bestechendsten, was in den letzten zehn Jahren deutsch geschrieben worden ist.« (Karl Heinz Bohrer, »Frankfurter Allgemeine Zeitung«) »Um das vorweg zu sagen: ich halte »Die Angst des Tormanns beim Elfmeter« ohne jede Einschränkung für das beste Buch, das in der deutschen Sprache nach Thomas Bernhards »Verstörung« und »Ungenach« geschrieben wurde.«





Weblinks:

Die Angst des Tormanns beim Elfmeter
Die Angst des Tormanns beim Elfmeter: Erzählung« (suhrkamp taschenbuch)
von Peter Handke

Die Angst des Tormanns beim Elfmeter
Die Angst des Tormanns beim Elfmeter - SZ-Bibliothek Band 13
von Peter Handke