Freitag, 4. Februar 2011

Der ägyptische Regimekritiker Alaa al-Aswani

Dass Ägypten eine brutale Diktatur war, kam vielen erst jetzt, beim Volksaufstand, ins Bewusstsein. Einer der seit Jahren gegen diese Diktatur ankämpft, ist der Zahnarzt und Schriftsteller Alaa al-Aswani. Seine Stimme hat Gewicht: Er gilt als einer der meistgelesenen Autoren der ganzen arabischen Welt.

Alaa al-Aswani ist Schriftsteller und Regierungskritiker in Ägypten, wo seit Tagen Hunderttausende auf der Straße sind. Für Alaa Al-Aswani ist der Sturz des Herrschers nur noch eine Frage der Zeit. "Mubarak hat keine Wahl mehr", sagt er. "Bisher konnte er sich noch an der Macht halten, weil die Amerikaner mehr oder weniger hinter ihm stehen. In dem Moment, wo diese Rückendeckung wegfällt, wird es mit seiner Macht vorbei sein."

In Ägypten werden die Menschenrechte buchstäblich mit Füssen getreten. Bereits 2010 nahm Alaa Al-Aswani kein Blatt vor den Mund. "Das hier hat nichts mit Demokratie zu tun", sagt er über Ägypten. "Das ist eine Diktatur. Und von einer Diktatur kann man nicht erwarten, dass sie andere Denk- oder Lebensweisen akzeptiert. Hier werden die Menschenrechte mit Füßen getreten."

Am 26. Mai 1957 wurde Alaa Al-Aswani in Kairo als Sohn des aus dem Süden stammenden Anwalts und Schriftstellers Abbas al-Aswani und einer Mutter aus einer angesehenen Kairoer Familie geboren.

Weblinks

Der ägyptische Regimekritiker Alaa al-Aswani - 3 sat Kulturzeit

Alaa al-Aswani - Portrait auf der MARABUTSEITE

Mittwoch, 2. Februar 2011

Protestschrift »Empört Euch!« begeistert Frankreich



Eine kleine Streitschrift mit dem Titel "Empört euch!" wurde in Frankreich eine Million Mal verkauft. Das Büchlein des 93-jährigen Stéphane Hessel hat für viel Wirbel gesorgt und könnte zum Weltbestseller werden.




Dabei lebt die Faszination für dieses Manifest auch vom ungewöhnlichen Leben seines Verfassers. Die Streitschrift ist in ihrer Bedeutung durch die Vita des Verfassers beglaubigt. Die Legitimation dieses Manifestes liegt in seiner persönlichen Geschichte und Erfahrung eines ereignisreichen Lebens.





Den Aufsatz hat nämlich Stéphane Hessel geschrieben, ein 93-jähriger Veteran der Résistance und Überlebender des KZ Buchenwald. Es ist so etwas wie ein Manifest für Wutbürger! - ein Aufruf, der die Welt bewegt! Mit eindringlichen Worten ruft Stéphane Hessel zum friedlichen Widerstand gegen die Ungerechtigkeit in unserer Gesellschaft auf. Gegen die Diktatur des Finanzkapitalismus, gegen die Unterdrückung von Minderheiten, gegen die ökologische Zerstörung unseres Planeten.


Der temperamentvolle Greis wiederholt darin, was er in öffentlichen Auftritten lächelnd, mit entwaffnender Fröhlichkeit und, man muss es staunend feststellen, sprühendem Elan in einer Weise vertritt, dass ihn Jung und Alt anhimmeln: nämlich dass keine Macht und kein Gott dem Individuum die Verantwortung abnehmen, sich zu engagieren.


Stephane Hessel sagt, dass es ein Recht auf Empörung gint. Dieses Recht auf Empörung leitet Hessel aus der Unzufriedenheit des Bürgers an der Politik ab. Wenn der Bürger mit seiner Regierung unzufrieden ist, dann gibt es ein Recht auf Empörung.

»Es genügt natürlich überhaupt nicht, sich nur zu empören. Das Wichtige ist doch, nach der Empörung auch einzugreifen und etwas zu verändern. Es ist wichtig für einen Menschen, um ein richtiger Mensch zu werden, aus seiner Empörung heraus zu handeln. Die Werte, die uns zur Empörung führen, sind gerade die Werte, die nötig sind, um weiterzukommen., sagt Stéphane Hessel.




Empört Euch!





»Empört Euch!«, von Stéphane Hessel

Ullstein Verlag, 8. Februar 2011
Broschiert,
32 Seiten, 3,99 EUR.
ISBN-13: 978-3550088834



Weblinks:







Protestschrift: Empört euch! - ZEIT ONLINE | Kultur |


Eine Streitschrift geht um die Welt: Autor Stéphane Hessel fordert: »Empört Euch!«

Sonntag, 30. Januar 2011

Wer war eigentlich Gorch Fock?


Gorch Fock war ein norddeutscher Dichter, der als Johann Wilhelm Kinau am 22. August 1880 auf der Elbinsel Finkenwerder als ältestes von sechs Kindern zur Welt kam. Unter seinem Pseudonym als Heimatdichter das Lied vom Meer und dem Leben der Hochseefischer heroisierend zu singen wusste.

Seine in Plattdeutsch, genauer in Finkenwerderischen Dialekt gehaltenen Gedichte und Erzählungen veröffentlichte Johann Wilhelm Kinau ab den Jahre 1904. Dies geschah unter den Pseudonymen Jakob Holst, Giorgio Focco und Gorch Fock.

Als Johann Wilhelm Kinau ist er Ende August 1916 in der berühmten Seeschlacht am Skagerrak gefallen. Es war die größte Flottenschlacht des Ersten Weltkriegs mit 2551 Toten und 507 Verwundeten allein auf deutscher Seite. Der arme Gorch Fock hatte bei der großen Seeschlacht gerade Dienst als Ausguck auf dem vorderen Masten.

Berühmt wurde der norddeutscher Dichter durch sein Buch »Seefahrt ist not«. Nun möchte man - sein tragisches Schicksal gedenkend - am Ende anfügen:


 »Seefahrt zur Kriegsführung
ist nicht not.«

»Masse und Macht« von Elias Canetti

Masse und Macht
Masse und Macht

»Masse und Macht« von Elias Canetti ist ein 1960 geschriebener kühner und brillanter, sozialwissenschaftlich-philosophischer Essay über das Phänomen der Masse. Mit seinem Essay wollte Elias Canetti zum Verständnis der politischen, sozialen und kulturellen Umwälzungen im Europa des 20. Jahrhunderts beitragen. Elias Canettis »Masse und Macht« gehört an deutschen und amerikanischen Hochschulen zur Pflichtlektüre.

Canetti bietet - wie schon zuvor der spanische Kulturphilosoph Ortega y Gasset - in seinem aufklärerischen Werk eine systematische Darstellung der Masse als Phänomen mitsamt ihrer verschiedenen Ausprägungen und Funktionsweisen. Dabei analysiert er – scheinbar wertfrei – eine Reihe von Beispielen des Massenverhaltens aus primitiven und modernen Gesellschaften. In seinem umfassenden Werk erklärt Canetti bis in die kleinsten Einzelheiten seine Vorstellungen von den Vorgängen der Macht und der Instrumentalisierung der Masse.

Canetti begreift dabei die Masse in erster Linie nicht als Instrument der politischen Macht oder Abart des menschlichen Verhaltens darstellt, sondern als eigene Existenzform, die irgendwo zwischen Vernunftmensch und Gesellschaft lauert und potenziell überall (beim Sport, im Theater, im Gottesdienst oder im Krieg) ihr auf Handlungstrieben basierendes Unwesen treibt. Dadurch zeichnet sich Masse und Macht als hervorragende soziologische Studie, aber auch politisches Werk aus.

Das überschätzte Werk hat aber durchaus einige konstruktive Mängel : Der innere Zusammenhang von Masse und Macht wird durchaus nicht klar, stattdessen werden wir mit immer neuen ethnologischen Exkursen beglückt, deren Notwendigkeit im Dunkeln bleibt. Die Denkhaltung ist durchweg belletristisch oder halb-philosophisch, wenn ein krudes System von "Befehlsstacheln" entworfen wird, aus dem etwa "das gute gewissen den Henkers" resultiert.

Canetti will von allem etwas, aber nichts richtig. In diesem Genre haben sich andere, etwa Ortega y Gasset souveräner bewegt.


Masse und Macht

Masse und Macht, von Elias Canetti
S. Fischer Verlag,
31. Auflage, (1. Juli 1980)
Broschiert, 592 Seiten, 14,95 EUR.
ISBN-13: 978-3596265442

Weblink:

Elias Canetti-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Freitag, 28. Januar 2011

»Das Geisterhaus« von Isabel Allende

„Das Geisterhaus“ ist eine opulente Geschichte von Aufstieg und Niedergang einer chilenischen Großfamilie, erzählt über einen Zeitraum von 50 Jahren. Isabel Allende erzählt in dem Roman „Das Geisterhaus“ die Geschichte zweier Familien des chilenischen Großbürgertums von den 1920er Jahren bis in die Gegenwart.

Die Chronik der Familien entspringt dabei zum Teil ihrer eigenen Biografie: Der 1973 erschossene chilenische Präsident Salvador Allende war ihr Onkel und auch sie musste wie ihre Romanheldin Blanca Garcia aus dem von General Augusto Pinochet regierten Land fliehen. Vor diesem historischen Hintergrund erzählt Allende eine Familiensaga, in der Übersinnliches mit den Erlebnissen der Personen verknüpft ist.

„Das Geisterhaus“ ist ein von Fabulierkunst nur so strotzendes Buch. Neu klang Allendes sinnlich fabulierende, eigentümlich insistierende Stimme, die auf den mitteleuropäischen Leser fast exotisch wirkte, dieser fließende, saftige Ton, die endlosen Sätze, die selbst dann ihre Leichtigkeit nicht verlieren, wenn sie von Grausamkeit, Folter und Tod berichten. Immer mit einer Spur Ironie versehen, schaffen sie es, dass der Leser auch harte Übergänge ohne Weiteres verkraftet.

Das im venezolanischen Exil geschriebene Erstlingswerk der Nichte des ehemaligen Präsidenten wurde nach seinem Erscheinen im Jahr 1982 ein Welterfolg. Monatelang führte „Das Geisterhaus“ die Bestsellerlisten an. Bis heute hat sich das umfangreiche Werk allein in Deutschland weit über zwei Millionen Mal verkauft.

Dienstag, 25. Januar 2011

»Der Fänger im Roggen« - Mit dem ersten Werk zu Weltruhm gelangt



Es gibt Schriftsteller, die nur einen Roman zu schreiben brauchen, um weltberühmt zu werden. Dem amerikanischen Autor J.D. Salinger ist dieser große Wurf schon beim ersten Mal gelungen. Er ist der Autor des 1951 erschienenen und millionenfach verkauften Kultromans »Der Fänger im Roggen«. Sein bekanntestes Werk verhalf Salinger zu Weltruhm.


Der Fänger im Roggen


In diesem autobiografisch inspirierten Roman beschreibt der 16-jährige Holden Caulfield seine Erlebnisse in New York City, nachdem er aus dem Internat geworfen wurde. Holden sträubt sich einerseits gegen die Erwartungen der Erwachsenenwelt, andererseits fühlt er sich von den Erwachsenen nicht für voll genommen.


Die Geschichte des 16-jährigen Schulversagers Holden Caulfield, rebellischer Sohn aus gutem Hause, der drei Tage fluchend, getrieben von Sehnsucht nach Liebe und ziemlich frustriert über die Scheinheiligkeit der Erwachsenenwelt, durch New York streift, wurde ein Besteller und millionenfach verkauft. Sogar mit Goethes Werther wurde dieses Kultbuch für Generationen Jugendlicher verglichen.


Mit dem Erfolg über Nacht kamen aber auch die Probleme und der scheue Salinger kam mit diesen Problem kaum noch klar. Überwältigt und, wie er selbst bekannte, eingeschüchtert von der Publicity übersiedelte er von New York nach New Hampshire in eine einsame Waldhütte. Am Anfang seines Rückzuges in sein Privatleben veröffentlichte Salinger, der dreimal verheiratet war, noch Kurzgeschichten, vor allem in der Zeitschrift »New Yorker«. Seine letzte Veröffentlichung war die Geschichte »Hapworth 16, 1924«, die am 19. Juni 1965 im »New Yorker« erschien.

Nach dem Erfolg von »Der Fänger im Roggen« lebte Salinger seit 1953 zurückgezogen in Cornish, wo er sich hinter hohen Grundstücksmauern verbarg. Der Autor des weltberühmten Literaturklassikers J.D. Salinger starb vor einem Jahr am 27. Januar 2010 im Alter von 91 Jahren in New Hampshire.





Der Fänger im Roggen









Der Fänger im Roggen


Kiepenheuer & Witsch.
269 Seiten, 15,00 EUR.
ISBN-13: 978-3462032185




Donnerstag, 20. Januar 2011

Dürrenmatts Kriminalroman »Der Richter und sein Henker«

Friedrich Dürrenmatt, der Anfang 2011 90 Jahre alt geworden wäre, gehört zu den großen Kriminalschriftstellern der Moderne. Seine Kriminalromane haben dem Genre wichtige Impulse vermittelt. Durch die Erweiterung der Spielart des Krimis trug zur Attraktivität und zum Fortbestand des Genres bei.


Der Richter und sein Henker


1950 schrieb Frieddrich Dürrenmatt seinen ersten Kriminalroman »Der Richter und sein Henker«, in dem seine Hauptfigur, der alternde Kommissar Bärlach, den Tod eines erschossenen jungen Kollegen aufzuklären hat. Der hinterhältige Mord am begabten Polizeilieutenant Ulrich Schmid ruft den alternden Kommissar Bärlach auf den Plan. Bärlach, der in Schmid seinen Nachfolger gesehen hatte ist sehr betrübt über dessen Tod, denn er wird ihm aufgrund seiner Krankheit schon bald folgen.


Kommissar Bärlach hat einen unbegründeten Verdacht, dem er nachgeht und von dem er weiß, dass er möglicherweise richtig liegt. Im Laufe des Romans sammelt Kommissar Bärlach Indizien, deren "Sammlung" beim ersten Lesen unbegründet erscheint, da sich Bärlachs Vorgehensweise erst am Ende des Romans aufklärt.

Schnell begreift der Leser, dass Bärlach viel mehr weiß und mit äußerster Berechnung vorgeht. Unbeantwortet bleibt, wie er über die Hintergründe der Tat im Bilde sein kann. Dieser kantige, eigenbrödlerische Polizist lockt den faszinierten Leser immer tiefer in den Roman hinein. Atemlos verfolgt der Leser Schritt um Schritt den beharrlichen Kömmisär. Um keinen Preis lässt dieser zu, dass jemand seine Pläne durchkreuzt. Selbst Bärlachs Vorgesetzter unterlässt es, Anweisungen zu geben, weil er dessen fehlende Einsicht und Sturheit fürchtet. Die nüchterne und kantige Sprache Dürrenmatts spiegelt schnörkellos den Charakter des Ermittlers wieder.

Wie auch Kommisär Matthäi in Dürrenmatts »Das Versprechen« ermittelt Bärlach nach seinen eigenen Spielregeln und aus eigenem Antrieb. Ohne Rücksicht auf die eigene Person und die angeschlagene Gesundheit muss er (s)eine offene Rechnung begleichen. Nach einem halben Menschenleben auf der Jagd handelt er wie besessen und erschreckend kaltblütig: „Der Henker, den ich ausersehen habe, wird heute zu dir kommen. Er wird dich töten, denn das muss nun eben einmal in Gottes Namen getan werden."


Bärlach meinte, dass die menschliche Unvollkommenheit, die Tatsache, dass wir die Handlungsweise anderer nie mit Sicherheit voraussagen können, und dass ferner der Zufall, der in alles hineinspielt, der Grund sei, der die meisten Verbrechen zwangsläufig zu Tage fördern müsse.

Der Richter und sein Henker
Dieser Kriminalroman zeichnet sich dadurch aus, dass er die üblichen Genre-Erwartungen enttäuscht, dafür aber durch Ironie und Groteske neue und überraschende Spannungsmomente schafft. Ausgangspunkt der Kriminalromane von Friedrich Dürrenmatt ist die Nichtberechenbarkeit der Welt. Damit verletzt er die üblichen Regeln des Genres, das die Berechenbarkeit des menschlichen Handelns und die innere Ordnung der Welt durch ausgleichende Gerechtigkeit voraussetzt. In Dürrenmatts Kriminalromanen - wie auch in seinen Dramen - spielt der Zufall die Hauptrolle.

In »Der Richter und sein Henker« werden noch weitere Genre-Erwartungen enttäuscht und einfach durch das Groteske ersetzt: Der Kommissar macht sich schuldig – er ist dem Verbrecher in seinem Verhältnis zur Gerechtigkeit sehr ähnlich – und der Verbrecher wird ausgerechnet für ein nicht begangenes Verbrechen bestraft.

So ist bei Dürrenmatt ein meisterhafter Kriminalroman mit ironischen und grotesk überzeichneten Elementen entstanden - so unberechenbar wie die Welt ist der auch dieser Kriminalroman eine feine Satire auf die schweizer Polizei.



Der Richter und sein Henker


Der Richter und sein Henker

rororo Verlag, 1955.
115 Seiten, 4,95 EUR.
ISBN-1