Sommergäste in Trouville
Trouville ist ein beliebtes Seebad an der französischen Atlantikküste. »Sommergäste in Trouville« ist ein stimmungsvoller Erzählband mit 15 Kurzgeschichten der im Jahr 2002 verstorbenen Schriftstellerin Undine Gruenter. Der Erzählband »Sommergäste in Trouville« ist postum erschienen, ist also sozusagen ein poetisches Vermächtnis der Undine Gruenter.
»Sommergäste in Trouville« erzählt von sommerlichen Stimmungen in einem Seebad an der Atlantikküste. Eine handvoll Sommerstimmungen kreiert Undine Gruenter mit ihren Kurzgeschichten »Sommergäste in Trouville«. Es sind wie Erzählungen wie aus vergangenen Zeiten. Fin de Siècle des ausgehenden 20. Jahrhunderts, die Morbidität Frankreichs, der Scheinreichen und der wirklich Reichen, Dekadenz, die Melancholie des verblassenden Blaus in den adligen Adern, Sehnsüchte, Traurigkeit.
Gruenter betont die für einige Augenblicke im Sommerdomizil wiedergefundene Langsamkeit und Ursprünglichkeit, vermittelt gleichzeitig jedoch die Unmöglichkeit, in den heutigen Zeiten ein solches Leben außerhalb der Ferien fortzusetzen zu können.
Leicht lassen sich diese 15 Kurzgeschichten lesen, denen nur der Ort und die Grundstimmung gemeinsam ist. Nachdenken muss man manchmal über die mögliche Zweideutigkeit der Situationen. Eine Vielzahl wunderschöner Wörter und Umschreibungen werden verwendet. Edle Speisen, Bekleidung und Wohnausstattung wie auch Baustile werden mit französischem Fachvokabular erklärt, dessen Kenntnis die Geschichten sicher noch interessanter machen würde. Ein Wörterbuch auf den Knien verscheucht andererseits jedoch die gewobenen Stimmungen!
Seltsame und faszinierende Menschen am Strand, in den Hotels und auf den Promenaden: die Achtzigjährige, die seit Jahr und Tag ans Meer fährt und bereits vom ewig gleichen Taxifahrer erwartet wird, Künstler, Geschäftsleute und Müßiggänger. Mit großer atmosphärischer Dichte und sprachlicher Finesse lässt Undine Gruenter eine Welt entstehen, die von großer Wirklichkeit ist und zugleich immer wirkt wie ein Traum aus einer anderen Zeit.
Die turbulente Hochsaison ist vorbei. Jetzt kommen die Dauergäste wie die Achtzigjährige, die seit Jahr und Tag vom gleichen Taxifahrer erwartet wird. Jetzt kommt das junge Mädchen, das in der schattigen Ferienvilla die eigene Sexualität erkundet. Oder der Schriftsteller, der auf der Suche nach einem Feriendomizil die Gassen des Badeorts durchstreift und dabei plötzlich ein Kind in einem Zimmer entdeckt, das mit einem weißen, apathischen Gesicht auf eine erleuchtete Weltkugel starrt.
Vergangenes scheint im Gegenwärtigen auf in den wunderbaren, zarten und leichten Arrangements, die Undine Gruenter für ihre Erzählungen entwirft. Mehr als Personen werden in ihnen Stimmungen lebendig. Und über allem liegt ein Hauch Melancholie.
Dieser Art sind die Erzählungen der Undine Gruenter in dem Erzählband. Und sie sind unvergleichlich schön, von großer poetischer Kraft und Dichte, voller sprachlicher Finesse. In ihnen steht die Zeit still. Es sind elegische Idyllen, Skizzen und Traumbilder über Leben und Liebe, Mann und Frau. Es sind gleichermaßen "offene Kunstwerke", Geschichten ohne Ende.
Vor allem gelingt es Undine Gruenter - hier erweist sich die Dichterin als gelehrige Schülerin von Proust und Flaubert - , Atmosphäre zu vermitteln: von der Tristesse des verlassenen Ortes, von Interieurs, Villen und Hotels und von Seelenlandschaften. So sind »Sommergäste in Trouville« Erzählungen wie aus vergangenen Zeiten und gleichzeitig moderne Geschichten von den existenziellen Befindlichkeiten des Menschen.
Literatur:
Sommergäste in Trouville von Undine Gruenter"