Montag, 13. April 2015

Stephan Hermlin 100. Geburtstag

Stephan Hermlin

Stephan Hermlin wurde vor 100 Jahren am 13. April 1915 in Chemnitz geboren. Hermlin - eigentlich Rudolf Leder - war ein deutscher Schriftsteller, Übersetzer und ein einflußreicher Kulturfunktionärin der DDR. Stephan Hermlin gilt als einer der anerkannten und wichtigsten Schriftsteller der DDR. Er verstand sich als Mittler zwischen Literatur und Politik. Als "sozialistischer Grandseigneur" hatte er an seinem bürgerlichen Literaturgeschmack festgehalten.

Er trat als Erzähler, Lyriker, Übersetzer, Herausgeber und prononcierter Kritiker ebenso in Erscheinung wie als Verfasser von Reportagen, eines Hörspiels und einer Nacherzählung. Hermlin stach durch seine Erzählungen, Essays und Lyrik hervor und war einer der bekanntesten Schriftsteller der DDR. Sein Werk erstreckt sich über zahlreiche Gattungen. Darüber hinaus wirkte er im Rundfunk. Einige seiner Erzählungen wurden durch die DEFA verfilmt.

1931 schloß er sich den Kommunisten an, arbeitete nach 1933 drei Jahre im Untergrund, bevor nach Frankreich emigrierte und sich der Résistance anschloss. Nach dem Krieg kehrte er nach Deutschland zurück, zunächst nach Frankfurt am Main, wo er als Rundfunkredakteur arbeitete. Seit 1947 lebte Hermlin in Ost-Berlin und war Mitarbeiter in den Zeitschriftenredaktionen der „Täglichen Rundschau“ (Tageszeitung der Sowjetischen Militäradministration), von „Ulenspiegel“, „Aufbau“ sowie „Sinn und Form“.

Hermlin arbeitete in wichtigen Gremien der sowjetischen Besatzungszone und wurde nach 1949 schnell einer der einflussreichsten Schriftsteller der neu gegründeten DDR. Der Lyriker, Prosaautor und Übersetzer - unter anderem Nerudas und Aragons - wurde rasch einer der wichtigsten DDR-Autoren, der als Mitglied des PEN und als Teilnehmer vieler Kongresse auch international sehr präsent war.

1949 schrieb er sein berühmtes Gedicht "Die Asche von Birkenau", das von Günter Kochan vertont wurde. Als enger Freund von Erich Honecker verstand sich Hermlin zu dieser Zeit als Protagonist sozialistischer Kulturpolitik, engagierte sich aber auch als Mittler zwischen Literatur und Politik.

1976 gehörte Hermlin zu den Initiatoren des Protestes prominenter Schriftsteller gegen die Ausweisung von Wolf Biermann. Nach seinem Engagement für Wolf Biermann erhielt Stephan Hermlin eine strenge Parteirüge und wurde fortan noch gründlicher von der Stasi überwacht. Er wurde jedoch nicht aus der SED ausgeschlossen und äußerte sich weiterhin als überzeugter Kommunist.

Als die Sage seines Lebens, zwischen Bericht und schön geschriebener Parabel 1979 unter demn Titel "Abendlicht" bei Wagenbach erschien, war das Feuilleton in Ost und West gleichermaßen begeistert.

Gegen die offizielle Politik der Ost-West-Konfrontation organisierte Hermlin im Dezember 1981 die Berliner Begegnung zur Friedensförderung, ein deutsch-deutsches Schriftstellertreffen.

Hermlin war Mitglied des Schriftstellerverbandes der DDR, der Akademie der Künste der DDR und seit 1976 auch der Akademie der Künste West-Berlin. Hermlin engagierte sich in zahlreichen Gremien und Vorständen aktiv auf dem kulturpolitischen Felde und in der internationalen Friedensbewegung.

Er bekleidete zeitweise einflußreiche Positionen im Vorstand des Schriftstellerverbandes der DDR, als Sekretär der Sektion Dichtkunst und Sprachpflege in der Akademie der Künste der DDR und als Vizepräsident des internationalen PEN.

Stephan Hermlin starb am 6. April 1997 in Berlin. Bei seinem Tod im April 1997 rief man ihm nach, er sei "der letzte Kommunist" des 20. Jahrhunderts gewesen, wenn allerdings nur noch als "literarisierte Erscheinung". Den Untergang der DDR erlebte er als Trauma. Wie schwer Hermlin das Wendejahr 1989 getroffen hatte und wie sehr er den Untergang der DDR als Scheitern seines persönlichen Lebens empfand, gab er kurz vor seinem Tod auch zu.



Weblinks:

Stephan Hermlin - www.hermlin.de

Dichtung und Wahrheit: Zum Fall Stephan Hermlin - www2.dickinson.edu



Literatur:

In den Kämpfen dieser Zeit
In den Kämpfen dieser Zeit
von Stephan Hermlin

Abendlicht
Abendlicht
von Stephan Hermlin

Samstag, 11. April 2015

Die Amseln haben Sonne getrunken

Die Amseln haben Sonne getrunken,
aus allen Gärten strahlen die Lieder,
in allen Herzen nisten die Amseln,
und alle Herzen werden zu Gärten
und blühen wieder.
Nun wachsen der Erde die großen Flügel
und allen Träumen neues Gefieder;
alle Menschen werden wie Vögel
und bauen Nester im Blauen.
Nun sprechen die Bäume in grünem Gedränge
und rauschen Gesänge zur hohen Sonne,
in allen Seelen badet die Sonne,
alle Wasser stehen in Flammen,
Frühling bringt Wasser und Feuer
liebend zusammen.

Max Dauthendey

»Nathan der Weise« von Gotthold Ephraim Lessing

Nathan der Weise
Nathan der Weise. Ein dramatisches Gedicht in fünf Aufzügen

»Nathan der Weise« ist ein dramatisches Gedicht in fünf Aufzügen von Gotthold Ephraim Lessing. Das dramatische Gedicht spielt in Jerusalem zur Zeit der Kreuzzüge, wo die drei Weltreligionen Christentum, Judentum und Islam in einem Spannungsverhältnis zueinander stehen. Das fünfaktige Ideendrama von Gotthold Ephraim Lessing wurde 1779 veröffentlicht und am 14. April 1783 in Berlin uraufgeführt. Das Werk hat als Themenschwerpunkte den Humanismus und den Toleranzgedanken der Aufklärung.

Seine angenommene Tochter Recha unterrichtet er statt im Judentum oder im Christentum, in Menschlichkeit. Eine Einstellung, die, als ein jeder unter dem Deckmäntelchen seiner Religion davon überzeugt ist, er vertrete die einzig wahren Werte, zwangsläufig zu Konflikten führen muß. Zu groß ist die Zahl der Intoleranten und Ignoranten.

Inmitten eines dramatischen Geschehens um die Rettung seiner Tochter durch einen christlichen Ordensritter, den seinerseits der Sultan vor dem Tod bewahrt hat, steht Nathan der Weise als ruhender Pol der Vernunft, Aufklärung und Toleranz.

Nathan kann seine Anschauung in der berühmten »Ringparabel« verdeutlichen: So, wie sich die drei exakt gleichen Ringe nicht unterscheiden lassen, so kann auch unter den Religionen von Juden, Christen und Moslems nicht entschieden werden, welche von ihnen den echten Glauben darstellt. Am Ende kann Nathan die Zweifler von seiner Haltung überzeugen. Dafür benötigt der Weise nicht mehr als zwei Stunden. Im Spiel auf der Bühne.

In der berühmten Ringparabel klärt der Lehrmeister die heikle Frage nach der wahren Religion. Keine der drei Weltreligionen ist absolut. Jede erweist ihre Wahrheit und ihren Sinn erst durch die Kraft, mit der sie praktische Humanität stiften kann. Nathan gelingt es, die Menschen verschiedenen Glaubens in friedvollem Miteinander als Angehörige einer großen Familie zu vereinen.

Das Stück ist eine Parabel auf die Menschlichkeit: Toleranz und Menschlichkeit, das sind die höchsten Güter der Zivilisation. Die zeitlose Parabel ist in Zeiten zunehmender religiöser Intoleranz von beklemmender Aktualität. Heute - am Ende des 20. Jahrhunderts - ist unsere Lebenswirklichkeit noch immer voll Intoleranz und Ignoranz. Und wir haben es immer noch nötig, erklärt zu bekommen, welches die eigentlichen Werte unserer Gesellschaft sind.

Literatur:

Nathan der Weise.
Nathan der Weise. Ein dramatisches Gedicht in fünf Aufzügen

von Gotthold Ephraim Lessing

Samstag, 4. April 2015

»Max und Moritz« erblicken das Licht der Welt

Max und Moritz - Eine Bubengeschichte in sieben Streichen, Jubiläumsausgabe
Max und Moritz
Eine Bubengeschichte in sieben Streichen
Jubiläumsausgabe

"Dieses war der erste Streich, doch der zweite folgt sogleich …"

Max und Moritz, die berühmtesten lausbübischen Brüder der Literaturgeschichte, erblickten am 4. April 1865 das Licht der Welt. Max und Moritz ist eine Lausbuben-Geschichte in sieben Streichen. Die Geschöpfe von Wilhelm Busch waren bei Erscheinen ein lokales Münchener Literaturereignis.

Als Max und Moritz im Jahre 1865 veröffentlicht wurde, erahnte noch keiner die Erfolgsgeschichte des Bilderbuchs. Heute gehören die sieben Streiche der bösen Buben zu den Meisterwerken von Wilhelm Busch. Wer erinnert sich nicht an die haarsträubenden Geschichten, wie z.B. diejenige vom armen Onkel Fritz, der mit Maikäfern geplagt wird.

Sein berühmtes Werk ist ein glanzvolles und treffliches Gesellenstück in Ironie - eine Mischung aus Dichtkunst, heiterer Ironie und pointiert witziger Zeichnung. Busch hatte mit den lustigen Gesellen Ironisches im Sinn.

Max und Moritz

Die beiden schelmenhaften Lausbuben sind aber keineswegs auf den ersten Blick erkennbare böse Kinder, sondern lustig-nette Lausbubengesichter. Und genau das war es, was Wilhelm Busch sein wollte: ironisch. Eine Satire, zum einen auf die damaligen Kinderbücher, die alle lieb und brav gewesen sind, wie auch als Satire auf das Spießbürgertum.

Wenn man von Schaffensperioden bei Busch spricht, so sind das allgemein drei. Die ersten Beiträge in den Zeitschriften Fliegende Blätter und Münchener Bilderbogen. Zunächst noch Karikaturen, Zeichnungen für fremde Texte. Dann erste eigene Texte und Bildergeschichten.

»Max und Moritz« bildet den Höhepunkt dieser ersten Periode und zugleich den Übergang zum zweiten Lebensabschnitt. Anlässlich des 150. Geburtstages am 4. April 1865 von »Max und Moritz« hat nun eine Jubiläumsausgabe das Licht der Welt erblickt.

Weblink:

Max und Moritz - Eine Bubengeschichte in sieben Streichen, Jubiläumsausgabe
Max und Moritz - Eine Bubengeschichte in sieben Streichen, Jubiläumsausgabe

von Wilhelm Busch

Donnerstag, 2. April 2015

»Judas« von Amos Oz

Amos Oz

»Judas« heisst der neue Roman von Amos Oz. Der Roman dreht sich um die universellen Themen Liebe, Religion und Politik, wobei die Religion und die Person Judas viel Raum einnehmen. Im Mittelpunkt steht Judas, der Jesus überredete, nach Jerusalem zu gehen und ihn verriet. Judas zu sein ist ein Wagnis - nicht nur in Israel.

Das Leben des jungen Schmuel Asch ändert sich im Winter 1959 von Grund auf: Seine Freundin verlässt ihn, seine Eltern melden Konkurs an, und er muss sein Universitätsstudium abbrechen. Verzweifelt findet er Unterschlupf und Arbeit in einem alten Jerusalemer Haus als Gesellschafter für einen behinderten, rhetorisch gewandten Mann.

Die drei Protagonisten des Romans wohnen zurückgezogen in dem Steinhaus am Rand der Stadt, und zunächst scheint es, als führten sie ein ruhiges Leben. Im Innern des schüchternen und sensiblen Schmuel bricht ein Sturm los. Die Begierde nach Atalja und seine Neugier wandeln sich langsam in eine verzweifelte Verliebtheit.

Er beginnt wieder sich mit seiner Forschungsarbeit über „Jesus in der Perspektive der Juden“ zu beschäftigen und verliert sich in dem geheimnisvollen Sog, den Judas Ischariot, die Verkörperung des Verrats und der Niedertracht, auf ihn ausübt. Und allmählich entschlüsselt er die Geheimnisse, die in diesem dunklen und einsamen Haus geistern und in die seine Bewohner auf dunkle Art verstrickt sind.


"Die tiefere Bedeutung
von Kultur ist Neugier, die Fähigkeit sich in den anderen hineinzuversetzen."


Amoz Os


Schmuel ist und bleibt Atheist und die Frage wird aufgeworfen, ob man über Religion streiten kann. Oder über die Politik, die in Israel bis zum heutigen Tag ein schwieriges und konfliktgeladenes Thema ist. Wir erfahren einiges aus der Zeit der Staatsgründung Israels. Mit der Zeit falten sich die Lebensläufe der drei Personen auf und wie sie mit der Staatsgründung verbunden sind.

Die Personen drehen sich um sich selbst, als hätten sie, nachdem was ihnen in den Jahren und Jahrzehnten passiert ist, keine Geschichte mehr. Sie stehen still und verkriechen sich in einem Haus, in dem jeder für sich bleibt. Die Zukunft wird ausgeklammert.


Oz stellt dabei große Fragen: Wie wird diese Person in den verschiedenen Religionen dargestellt? Und was war mit Jesus? War er ein Christ oder ein Jude? Diese und viele weitere Punkte besprechen die Herren abends in der Bibliothek.

Für Oz kann jeder zu einem Judas, zu einem Verräter werden. Jeder wird irgendwann zu einem Judas. De Gaulle. Ben Gurion. Abraham Lincoln. Und viele andere. Ist ein Judas ein Verräter oder ein Befreier?

»Wer den Mut hat, sich zu verändern, wird immer von jenen als Verräter bezeichnet werden, die zu keiner Veränderung fähig sind und eine Heiden-Angst vor Veränderungen haben, die Veränderungen nicht verstehen und sie ablehnen…« Veränderungen dürfen nicht abgelehnt werden, sonst bleibt alles stehen und Verhärtungen entstehen. Verhärtungen und Fanatismus ziehen ihre Kreise. Bekenntnisse sind in dieser Zeit wichtig geworden. »Wir alle sind Judas Ischariot.«

In diesem Roman kehrt Amos Oz zum Milieu einiger seiner bekanntesten Bücher wie »Mein Michael« und »Eine Geschichte von Liebe und Finsternis« zurück, in das geteilte Jerusalem der fünfziger Jahre. Die zarte, wilde Liebesgeschichte ist eingebettet in die Landschaft der winterlichen Stadt und in die Ereignisse am Ende der Regierung Ben Gurion.

Gemeinsam mit seinem Protagonisten prüft Oz mutig die Entscheidung, einen Judenstaat zu errichten, samt den Kriegen, die sie zur Folge hatte, und stellt die Frage, ob man einen anderen Weg hätte gehen können, den Weg derer, die als Verräter gelten.


Literatur:

Judas
Judas
von Amos Oz

Rezension:

Judas
Judas von Amos Oz
- Rezension


Rezension:

»Judas« von Amoz Oz - Rezension - literatur-rezensionen.blogspot.de

Dienstag, 31. März 2015

Literatur im März


Richard III.
Richard III.
Richard III. ist in Leicester feierlich beigesetzt worden. Die sterblichen Überreste des englischen Königs Richard III. (1452-1485) haben ihre letzte Reise angetreten. Nun ist der verblichene König endlich zu seiner letzte Ruhe gekommen. [mehr]
Jules Verne
Jules Verne
Jules Verne prägte mit seinen utopisch phantastischen Abenteuerromanen eine neue Literaturgattung: Er war Wegbereiter des modernen »Science Fiction«. Neben Hugo Gernsback, Kurd Laßwitz und H. G. Wells gilt Jules Verne als einer der Begründer der Science-Fiction-Literatur. [mehr]
Jules Verne
Jules Verne 110. Todestag
Jules Verne starb vor 110 Jahren am 24. März 1905 in Amiens in Nordfrankreich. Jules Verne war ein französischer Schriftsteller und Visionär. Er gilt als Pionier des »Science Fiction«. Bekannt und populär wurde Jules Verne durch seine phantastischen und unterhaltsamen Abenteuerromane.
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Eugenie Grandet
Eugenie Grandet
Honoré de Balzacs berühmter Roman »Eugenie Grandet« ist 1833 entstanden und Teil der "Szenen aus dem Provinzleben". »Eugénie Grandet« ist um eine erstaunlich balazacsche Gestalt herum gebaut: den Vater Grandet. [mehr]
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»Das Labyrinth der Einsamkeit« von Octavio Paz

<center><img title="»Das Labyrinth der Einsamkeit« von Octavio Paz" src="http://t2.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcTipBQRQvhaXMCjp97mTeIT9RkDKzZvR6iTe6BzKnHnbJsu0kDCwlVcqj4" width="124" height="124" alt="Octavio Paz"/></center>

Der Essay <a title="Octavio Paz Das Labyrinth der Einsamkeit" href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/351839472X/zitatenschatz-21" rel="nofollow" target="blank">»Das Labyrinth der Einsamkeit«</a>, bereits 1950 erschienen, ist das immer noch wichtigste Werk zum Verständnis Mexikos, dieses kastilischen Volkes mit aztekischen Wurzeln. Es ist ein zentrales Werk zur Vermessung des Seelenzustandes Mexikos und seiner Einwohner und es wirft viele Fragen auf zum Selbstverständnis der Mexikaner. Der 220-seitige Essay ist Grundlegung und Wegbereitung zugleich.

Für Paz sind die Mexikaner von ihrer Abstammung her sowohl Spanier wie auch Indianer, auch wenn sie auch weder von den einen noch von den anderen abstammen wollen. Mit der Ablehnung ihrer Vergangenheit verneinen die Mexikaner sich selbst: "Sie werden zu Söhnen des Nichts und beginnen in sich selbst."

In seinem berühmten Essay »Das Labyrinth der Einsamkeit« analysiert Octavio Paz den Komplex verschiedener Kulturen Lateinamerikas – das Trauma der spanischen Eroberung – und behandelt die »mexicanidad«, die besondere historische und psychologische Lage Mexikos.

Der Essay stellt eine komplexe Analyse des mexikanischen Charakters dar. Ausgangspunkt der Analyse ist der »pachuco«, der in die USA ausgewanderte Mexikaner, der einerseits kein Mexikaner sein will, andererseits sich aber jeglicher Integration in das soziale Leben der USA verweigert.

Der »pachuco« befindet sich in einem tiefen Zwiespalt, der Ausdruck der kollektiven Identitätskrise seines Volks ist. Die Wurzeln der »soledad», der Einsamkeit, des »pachuco« sieht Paz in dem mexikanischen Urtrauma der spanischen Eroberung der Azteken unter Hernán Cortés (1485–1547). Der Mexikaner verleugnet seinen Ursprung, den indigenen wie den spanischen.

<div style="float: right; margin: 0px 10px 10px 0px; width: 57px"><a title="Octavio Paz Das Labyrinth der Einsamkeit" href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/351839472X/zitatenschatz-21" rel="nofollow" target="blank"><img alt="Das Labyrinth der Einsamkeit" src="http://images-eu.amazon.com/images/P/351839472X.03.TZZZZZZZ.jpg" width="57" border="0"/><br />Das Labyrinth der Einsamkeit</a></div>

Im Epilog sucht Paz nach einem Entkommen aus dem Labyrinth der »soledad«. Sein Ziel ist es, die nationalistischen Formen der »mexicanidad« durch die existenzialistische und universelle Formel der Einsamkeit des Individuums zu ersetzen. Die durch die Einsamkeit und die Tragik einer entwurzelten Kultur bestimmte gesellschaftliche Situation Mexikos sieht er nur durch die Utopie der mexikanischen Revolution als Rückkehr zum Ursprung überwindbar.

Der Essay weist dem magischen Realismus bereits den Weg, der sich erst später in der Literatur Lateinamerikas durchsetzen sollte. Er kann als indirekte <b>Grundlegung des magischen Realismus</b> angesehen werden – einer literarischen Strömung, die sich Phänomenen zuwendet, denen eine über das rational Erklärbare hinausgehende Bedeutung für den Menschen zugemessen wird.

Kennzeichnend für den magischen Realismus sind neben der mythischen Dimension formale Offenheit und sozialkritischer Realismus. So untersuchte Paz die Eigenheiten des mexikanischen Volks in soziologisch-psychologischer, kultureller und historischer Hinsicht.

»Das Labyrinth der Einsamkeit« wurde als »schöne Abhandlung der Mythifikation« schlechthin bezeichnet und galt seit seiner Publikation als Emblem des Anschlusses Mexikos an die universelle Kultur. Nicht zuletzt mit diesem Buch wurde Paz zum »poeta doctus« in der Weltliteratur des 20. Jahrhunderts.


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<a title="Octavio Paz Das Labyrinth der Einsamkeit" href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/351839472X/zitatenschatz-21" rel="nofollow" target="blank"><img alt="Das Labyrinth der Einsamkeit" src="http://images-eu.amazon.com/images/P/351839472X.03.TZZZZZZZ.jpg" width="57" border="0"/><br />Das Labyrinth der Einsamkeit</a> von Octavio Paz