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Donnerstag, 30. April 2020

Västerbotten - ein literarisches Wunder mit 50 lebenden Schriftstellern



Per Olov Enqvist gehört einer Generation genialer schwedischer Schriftsteller an, zu der auch Torgny Lindgren, Sara Lidman und Kerstin Ekman angehören, welche alle in den 1930er Jahren in Nordschweden zur Welt gekommen sind und bis auf Ekman  alle aus der nordschwedischen Provinz Västerbotten stammen - einer historischen Landschaft im Norden Schwedens, die - wie schon der Name andeutet - an der Westküste des Bottnischen Meerbusens liegt. Västerbotten ist auch eine Landschaft, welche eine Unzahl von Literaten hervorgebracht hat.

Der auch in Deutschland bekannte Autor Per Olov Enqvist nennt Västerbotten ein „literarisches Wunder mit 50 lebenden etablierten Schriftstellern, die in den kargen Siedlungen nördlich und westlich von Skellefteå leben“. Trotz in Mitteleuropa unbekannter Einsamkeit bringt die Region seit 60 Jahren hervorragende gesellschaftskritische Literatur hervor, die die die meisten in Deutschland viel bekannteren Kriminalromane der vergangenen zwanzig Jahre von Mankell bis Marklund in den Schatten stellt.


Den LieratenInnen gemeinsam ist eine imponierende Gesellschaftsanalyse. Die Ursachen für die Absichten ihrer handelnden Charaktere werden stärker herausgearbeitet als von jedem anderen schwedischen Krimiautor. Die Autoren Västerbottens sehen die Motive in ungewöhnlich starken Bindungen an Religion und Gesellschaft sowie das schwer zu ertragende Klima und eine Landschaft, die nicht viel hergibt und Menschen verarmen lässt. Vielleicht können nur stark religiös geprägte Menschen diese Bedingungen ertragen.

Das Leben und Treiben seines Heimatdorfes in Västerbotten hat Enqvist in seiner Autobiographie »Ein anderes Leben« zusammengefaßt: „Man sang die Kirchenlieder mit klagender, fast verzweifelter Langsamkeit, das Erdenleben war eine Qual, die Sünde wie ein Steinsack. Das Tempo war unerträglich schleppend, wie um an Jesu Leiden am Kreuz zu erinnern, aber gleichzeitig waren Jesu Wunden der freudige Schlusspunkt.“

Als Erwachsener führt er diese Haltung auf deutsche Herrenhuter zurück, die schwedische Gefangene nach dem Krieg Karls XII. Gustav in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Sibirien trafen. Deren Gedankengut nahmen sie auf dem Heimweg um den Bottnischen Meerbusen mit nach Västerbotten. „Ausnahmsweise schienen die großen europäischen Einflüsse einmal von Norden zu kommen, in einem großen Bogen, praktisch vom Nordpol.“


Weblinks:

Västerbotten - Wikipedia


Literatur:

Ein anderes Leben von Per Olov Enquist

Dienstag, 28. April 2020

Schriftsteller Per Olov Enquist gestorben

Per Olov Enquist

Per Olov "P. O." Enquist ist am 25. April 2020 im Alter von 85 Jahren in Vaxholm gestorben. Per Olov Enquist war ein schwedischer Schriftsteller und Journalist und zweifelsohne einer der großen schwedischen Autoren der Neuzeit. Im Laufe seines Lebens hat er eine Vielzahl von international erfolgreichen Werken geschaffen.

Enquist ist der Sohn einer strenggläubigen Volksschullehrerin, der in einem Dorf im nördlichen Schweden aufwuchs, die Grenzen der Provinz überwand und zu einem der bedeutendsten europäischen Schriftsteller wurde. Seine Karriere begann mit dem Studium in Uppsala, settze sich mit der Zeit als Journalist in West-Berlin und München fort und führte ihn mit seinem ersten Theaterstück bis zum Broadway.

»Wenn alles so gut ging, wie konnte es dann so schlimm kommen?« steht als Leitfrage über diesem Lebensweg, der tief in die Alkoholabhängigkeit führte, bis Enquist sich mit seinen großen Romanen aus der Krise schrieb und sich schreibend quasi neu erschaffen hat. Enquist schrieb Romane und Erzählungen, Theaterstücke, Essays und Kinderbücher. Sein Schreiben begann unter dem Einfluss des französischen Nouveau Roman. Enquist debütierte im Herbst 1961 mit dem Roman »Kristallögat«. Immer hat "P.O." in seinen Büchern auch sein eigenes Erleben verarbeitet.

Der schwedische Autor arbeitete als Theater- und Literaturkritiker und zählt zu den bedeutendsten Autoren Europas. Für seinen international erfolgreichen Roman »Der Besuch des Leibarztes« wurde er u.a. in Leipzig mit dem »Deutschen Bücherpreis 2002« ausgezeichnet.

In seinen kritisch-realistischen Romanen setzt sich Enquist mit sozialpolitischen Themen auseinander. Seine Erzählungen meist von düsterer Stimmung geprägt. In "Auszug der Musikanten" (1978) behandelt Enquist die Geschichte der Arbeiterbewegung und die Probleme des Wohlfahrtsstaates in Schweden. Weitere Werke sind "Der Sekundant" (1971), "Gestürzter Engel" (1985) "Kapitän Nemos Bibliothek" (1991) und "Der Besuch des Leibarztes" (2000).

Per Olov Enquist wurde am 23. September 1934 in Hjoggböle, Gemeinde Skellefteå, geboren und gehört einer Generation genialer schwedischer Schriftsteller an, zu der auch Torgny Lindgren, Sara Lidman und Kerstin Ekman gehören, welche alle in den 1930er Jahren in Nordschweden zur Welt gekommen sind und bis auf Ekman  alle aus der nordschwedischen Provinz Västerbotten stammen.


Weblinks:

Västerbotten - Wikipedia


Literatur:

Ein anderes Leben von Per Olov Enquist

Freitag, 8. April 2016

Schriftsteller Lars Gustafsson gestorben

Lars Gustafsson

Der schwedisch-amerikanische Schriftsteller Lars Gustafsson ist gestorben. Der Poet, Philosoph und Professor gilt als einer der größten Intellektuellen und erfolgreichsten Erzähler Schwedens. Er war eines das Aushängeschilder der Literatur aus Schweden.

Lars Gustafsson war ein Tausendsassa, der mit seinen Erzählungen das Bild von Schweden ebenso geprägt hat wie die Kinderbücher von Astrid Lindgren (1907-2002) oder die Krimis von Henning Mankell (1948-2015).


Mit Lars Gustafssons Tod am Sonntag verliert die Welt einen vielseitigen Autoren, der für die deutschen Leser neben den dunklen Krimis eines Henning Mankell und der populären Kinderliteratur Astrid Lindgrens das Bild eines authentischen Schwedens vervollständigte: Ruhig, aber nie verschlafen, immer um die zentralen Sinnfragen ringend, erzählen seine Romane von den großen Stationen und Schicksalsschlägen des Lebens.

Der Tod eines Bienenzüchters
Der Tod eines Bienenzüchters


Gustafsson gab sein erstes Buch mit 21 Jahren heraus, sein letzter Roman "Doktor Wassers Rezept" erschien 2015 auf Schwedisch. Ende 2015 wurde er mit dem "Thomas-Mann-Preis" ausgezeichnet.

Sein umfassendes Werk lässt an die Weite schwedischer Küsten denken: Von Essays über die großen Menschheitsentwürfe ("Utopien", 1970), die schwierige Koexistenz der Religionen in neuster Zeit ("Die Logik der Toleranz", 2007) bis zu einer Lyrik feinst beschriebener Alltagsphänomene wie Vogelgesänge oder das Geräusch einer Kaffeemaschine reicht sein literarisches Wirken.

Nicht am Schrecken der Welt, ihrer Vergänglichkeit und Gnadenlosigkeit, zu verzweifeln - das war immer der hehre Anspruch von Gustafssons Schreiben. Um all dem standzuhalten, feiern seine Texte das Erinnern als Prinzip des Widerstandes. "Erinnerungen, die taumelnd näher kommen / und mit den Flügeln gegen die Scheibe schlagen" (aus: "Das Feuer und die Töchter", 2014) sind der Ort des Bewahrens, ein Paradies, das nur die Fantasie gegen den allseits drohenden Tod offenhält.

Gustafsson war Mitglied der Berliner und der Mainzer Akademie der Künste und mit der "Goethe-Medaille" ausgezeichnet worden. Seine Romane und Gedichte wurden in viele Sprachen übersetzt.

Lars Gustafsson, Lyriker, Philosoph und Romancier wurde 1936 in Västeras/Mittelschweden geboren. Er studierte Mathematik und Philosophie in Uppsala und Oxford. Er lebte lange Zeit in Austin, Texas.

Weblink:


Der Tod eines Bienenzüchters
Der Tod eines Bienenzüchters
von Lars Gustafsson