Samstag, 13. November 2021

Josef K. in Franz Kafkas »Prozess«

„Jemand musste Josef K. verleumdet haben…“ – so lautet der Anfang des Manuskripts zu Franz Kafkas düsterem Romanfragment »Der Process«, 1914/15.

Der Bankprokurist Josef K., der Protagonist des Romans, wird am Morgen seines 30. Geburtstages verhaftet, ohne sich einer Schuld bewusst zu sein. Trotz seiner Festnahme darf sich K. noch frei bewegen und weiter seiner Arbeit nachgehen. Vergeblich versucht er herauszufinden, weshalb er angeklagt wurde und wie er sich rechtfertigen könnte. Dabei stößt er auf ein für ihn nicht greifbares Gericht, dessen Kanzleien sich auf den Dachböden großer ärmlicher Mietskasernen befinden. Die Frauen, die mit der Gerichtswelt in Verbindung stehen und die K. als „Helferinnen“ zu werben versucht, üben eine erotische Anziehungskraft auf ihn aus.

Josef K. versucht verzweifelt, Zugang zum Gericht zu finden, doch auch dies gelingt ihm nicht. Er beschäftigt sich immer öfter mit seinem Prozess, obwohl er anfangs das Gegenteil beabsichtigte. Er gerät dabei immer weiter in ein albtraumhaftes Labyrinth einer surrealen Bürokratie. Immer tiefer dringt er in die Welt des Gerichts ein. Gleichzeitig dringt jedoch auch das Gericht immer mehr in Josef K.s Leben ein. Ob tatsächlich ein irgendwie gearteter Prozess heimlich voranschreitet, bleibt sowohl dem Leser als auch Josef K. verborgen.

Gleiches gilt für das Urteil: K. erfährt es nicht, aber er empfindet selbst, dass seine Zeit abgelaufen ist. Josef K. fügt sich einem nicht greifbaren, mysteriösen Urteilsspruch, ohne jemals zu erfahren, weshalb er angeklagt war und ob es tatsächlich dazu das Urteil eines Gerichtes gibt. Am Vorabend seines 31. Geburtstages wird Josef K. von zwei Herren abgeholt und in einem Steinbruch „wie ein Hund“ erstochen.

Die grotesk-komische Wirkung solcher Situationen lebt von der Differenz der Darstellung des Widersinnigen im Gegensatz zu einer vernünftig geordneten Welt. Und genau der Einbruch des mit Vernunft nicht Erklärbaren in die Lebensordnung von Josef K. ist der Gegenstand des Romans. Bis zu seiner Verhaftung ist sein Leben von einer vernünftig-bürgerlichen Einteilung geprägt. Der Alltag ist aufgeteilt zwischen regelmäßiger Arbeit, Spaziergängen, einem Stammtisch und dem wöchentlichen Besuch "zu einem Mädchen namens Elsa." In diese Ordnung hat die Verhaftung nun Unordnung gebracht.


Weblink:

Interpretation Der Prozeß - www.xlibris.de

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen