Montag, 29. Juni 2015

»Wendekreis des Krebses« von Henry Miller

Wendekreis des Krebses
Wendekreis des Krebses

»Wendekreis des Krebses« ist der erste Roman von Henry Miller. Der Roman erzählt von seinem Künstlerleben im Paris der 1930er Jahre.

Der Amerikaner Henry Miller tummelt sich als Bohemien in Paris und sammelt alltägliche Erfahrungen, die er in Form undatierter Tagebucheinträge wiedergibt. Er versucht mit anderen Künstlernaturen aus der materialistischen Welt auszubrechen und philosophische Gedankengänge in die macht- und geldgierige französische Stadt einzuspinnen, um den vorhandenen Horizont der Menschen zu erweitern und durch phantastische Ideen zu bereichern.

Die ständige Suche nach Geld und/oder Essen und Frauen (zumeist Prostituierte) und zum Teil der Versuch, sich nebenbei auch künstlerisch zu betätigen, prägen das Dasein. Verzweiflung im rhythmischen Wechsel mit Lust. Schräge, bizarre bis hin zu groteske Gestalten. Herzlichkeit, Großzügigkeit,

Verdorbenheit, Falschheit. Schlägereien und natürlich immer wieder Sex. Meist harter, liebloser – von Erotik keine Spur, von Liebe noch weniger. Zwischendurch sogar so etwas wie Stabilität, eine längere Bleibe als Unterkunft, eine dauerhafte, einträgliche Betätigung als Lektor oder Lehrer.

Das ist der Rahmen im autobiographisch wirkenden Roman von Henry Miller. Er wäre trivial, wären da nicht dann wieder Seiten über Seiten kraftvoller Poesie, der Überbau, der dem bacchischen Treiben seinen Rahmen, seinen Halt und seinen Sinn gibt. Und auch zwischendurch, Passagen, Absätze, Worte – leicht hingeworfen, die das Werk in eine andere Umlaufbahn katapultieren.

Man wird es entweder mögen, oder man kann nichts damit anfangen – aber man wird dem Buch zugestehen: es ist auch nach 80 Jahren hoch aktuell, es scheint der Zeit entrückt zu sein. Das Thema der kühlen Entfremdung gegenübergestellt der Lust nach purem, herrlichen Leben im Sinnesrausch - diesen Polen, zwischen denen sich jedes Leben mehr oder weniger abspielt - es hat immer noch seine Faszination und Gültigkeit.

Mit diesem jahrzehntelang verketzerten und verbotenen Buch fegte der einst verfemte, heute weltberühmte Autor alle Tabus hinweg. Es war der erste heftige Angriff gegen eine Gesellschaft, die den Boden bereitet, auf dem das Laster gedeiht. Es schlug die entscheidende Bresche in eine Mauer von Heuchelei und Prüderie.

Sein erstes größeres Werk, das vielumstrittene «Wendekreis des Krebses», wurde – dank des Wagemuts eines Pariser Verlegers – erstmals 1934 in englischer Sprache herausgegeben. In den USA zog die Veröffentlichung eine Reihe von Prozessen nach sich; erst viel später wurde das Buch in den literarischen Kanon aufgenommen.

Weblink:

Wendekreis des Krebses
Wendekreis des Krebses
von Henry Miller

Samstag, 27. Juni 2015

Brecht und sein Interesse am Leben des Galilei

Das Leben des Galilei
Das Leben des Galilei

Bertolt Brecht vollendete das Theaterstück "Leben des Galilei" im Jahr 1938 im dänischen Exil. Die Uraufführung des Stückes fand am 9. August 1943 in Zürich statt.

In dem Theaterstück "Leben des Galilei" geht es um, wie der Name schon verrät, das Leben des Galileo Galilei. Die Geschichte spielt in Italien im 17. Jahrhundert.

Dem Physiker Galileo Galilei gelingt es mit Hilfe des gerade neu erfundenen Fernrohrs das kopernikanische Weltbild zu beweisen und somit das ptolemäische, nach welchem die Erde Mittelpunkt des Universums sein soll, zu widerlegen.

Für die damals sehr mächtige katholische Kirche ist die Verbreitung des Kopernikanischen Weltbilds Ketzerei. Hieraus entstehen die Konflikte zwischen Galilei und der katholischen Kirche, die das wesentliche Thema der Geschichte sind.

Brecht wäre nicht Brecht, wenn er kein persönlcihse Interesse an dem Stück hätte und wenn er kein Lehren für sein Theater daraus ziehen würde. Brechts Interesse an der historischen Gestalt des Galilei lässt sich auf überraschende Parallelen in der Biografie beider Persönlichkeiten zurückführen:

Beide sahen sich als Vertreter einer neuen Zeit, die ihre Utopie gegen eine überkommene, aber übermächtig erscheinende Ordnung durchzusetzen hatten. Beide zogen angesichts gesellschaftlicher Unterdrückung ihrer epikureischen Grundhaltung gemäß Mittel der List jeder Form von märtyrerhaftem Heldentum vor. Beide hatten einen starken pädagogischen Ansatz, bei dem das sokratische Prinzip der Wahrheitsfindung und das Bemühen um Allgemeinverständlichkeit im Glauben an die Vernunft aller Menschen begründet war.

Auch in Einzelheiten konnte sich der Schriftsteller wohl mit dem Naturwissenschaftler identifizieren: So musste der für seine »Laxheit in Fragen geistigen Eigentums« bekannte Brecht daran Gefallen finden, wie Galilei das holländische Fernrohr kopierte und dabei verbesserte. Wie Galilei in der Astronomie, so hatte sich auch Brecht in der Poetik mit dem Dogma des Aristoteles auseinander zu setzen. Und schließlich hat Brecht 1947 vor dem »Ausschuss für unamerikanische Umtriebe« auf ähnlich listige Weise seinen Kommunismus »widerrufen« wie Galilei 1633 die kopernikanische Lehre. (...)

Dies (...) lässt sich damit erklären, dass Brecht mit seinem Stück im Grunde auf zwei ganz unterschiedliche historische Erfahrungen reagiert: zum einen auf den unerwarteten und dennoch anhaltenden Erfolg des Nationalsozialismus zur Entstehungszeit der ersten Fassung und auf seine Situation als Exilschriftsteller, zum anderen auf die Entwicklung der Atombombe als einer ganz neuen historischen Erfahrung, die die Gefahr des Endes der Geschichte einschließt. Angesichts dieser Niederlagen und Gefahren lässt Brecht auch seinen Galilei zunächst scheitern; damit ist die gemeinsame Utopie von Autor und historischer Gestalt, der Sieg der menschlichen Vernunft, fürs Erste in Frage gestellt.

Brecht, der sich selbst als Stückeschreiber des »wissenschaftlichen Zeitalters« betrachtete, hat in seinem Stück mit erstaunlicher Detailkenntnis Erkenntnisse und Methoden Galileis herausgearbeitet. Das naturwissenschaftliche Experiment verknüpft er dramaturgisch mit dem »Gestus des Zeigens«.

Die Befreiung der Wissenschaft vom Diktat der Theologie und darüber hinaus von jeglicher Tradition und Autorität ist Galileis wichtigstes Verdienst. Scharfsinn und Anschaulichkeit seines Denkens, leidenschaftliches Engagement und Beharrlichkeit im Vorgehen sind seine Stärken, verleihen seiner Utopie von der »sanften Gewalt der Vernunft über die Menschen« (S. 34) Überzeugungskraft.

Weblinks:

Brechts »Leben des Galilei« als Geschichtsparabel - www.schule-der-rhetorik.de

Das Leben des Galilei
Das Leben des Galilei
von Bertolt Brecht

Weblinks:

Bertolt Brecht-Biografie - Biografien-Portal www.die-biografien.de

Bertolt Brecht-Zitate - Zitate-Portal www.die-zitate.de

Donnerstag, 25. Juni 2015

Ernesto Sabato zum 100. Geburtstag

Ernest Sabato

Ernesto Sabato galt als einer der wichtigsten argentinischen Schriftsteller der Gegenwart. Auf Deutsch erschienen unter anderem seine Romane "Der Tunnel" und "Über Helden und Gräber".



Ernesto Sabato wurde am 24. Juni 1911 als zehntes von elf Kindern in der Kleinstadt Rojas in der Provinz Buenos Aires geboren. Seine Eltern gehörten zur Generation der Einwanderer. Der Vater stammte aus Italien, die Mutter aus Albanien.

Als Schriftsteller wurde Sabato unter anderem 1984 mit dem Cervantes-Preis ausgezeichnet, einer der wichtigsten Ehrungen der spanischsprachigen Welt, die zuvor erst ein Argentinier erhalten hatte: Jorge Luis Borges. Aber Sabato war nicht nur Autor, Essayist und auch Maler, er war auch Skeptiker und Romanist und spielte auch politisch eine wichtige Rolle.

Auf Bitten des ersten Präsidenten nach der Militärdiktatur (1976-1983), Raúl Alfonsín, übernahm Sabato 1983 die Leitung der Conadep-Kommission, die das Schicksal der Verschwundenen der Diktaturzeit untersuchte und zahlreiche Menschenrechtsverbrechen der Militärs nach Zeugenbefragungen erstmals protokollierte.

Dieser unter dem Titel "Nunca Más" (Nie wieder) weltweit bekanntgewordene Bericht gilt bis heute als das wichtigste Dokument über die Menschenrechtsverletzungen der Militärs und ist Grundlage für zahlreiche Prozesse gegen die Täter.

Der argentinische Schriftsteller Ernesto Sabato war am 30. April 2011 im Alter von 99 Jahren in seinem Haus bei Buenos Aires gestorben.



[ 1 ]   [ 2 ]


Weblinks:

Ernesto Sabato ist tot - www.taz.de

Mittwoch, 24. Juni 2015

»Herzog« von Saul Bellow

Herzog
Herzog

Der 1964 veröffentlichte Roman »Herzog« gilt als das Hauptwerk von Saul Bellow, spielt im Intellektuellenmilieu und beschreibt in einer speziellen Erzähltechnik die Lebens- und Orientierungskrise des jüdischen Literaturwissenschaftlers Moses Herzog aus Chicago, der sowohl zwischen verschiedenen Frauen als auch verschiedenen Ideologien steht. »Herzog« hat starke biografische Züge und zeichnet ein Gesellschaftsbild der USA in den 1960ern, welche diesen herausragenden Roman prägen.

Moses Elkanah Herzog ist die Titelfigur des Romans, die sich in einer tiefen Lebenskrise befindet. Seine zweite Ehe ging gerade in die Brüche, seine Exfrau spielt ein mieses, intrigantes Spiel mit ihm, will nichts mehr von ihm wissen und hat sich auch noch seinen ehemals besten Freund geangelt (das ganze von langer Hand geplant), zudem sieht er seine Kinder nur noch selten. Herzog zweifelt an allem. Er ist hin- und hergerissen zwischen Frauen und auch zwischen diversen Lebensanschauungen, lernt eine neue Frau kennen, plant einen Mord und besiegelt durch einen Autounfall seinen psychischen Tiefpunkt.

Nach der gescheiterten Ehe mit Daisy, mit der er einen halbwüchsigen Sohn hat, scheitert auch die Ehe mit Madeleine, mit der er eine kleine Tochter hat. Madeleine betrügt ihn mit seinem früher besten Freund Valentine Gersbach, dem er aufgrund seiner Beziehungen noch eine gute Stellung beim Rundfunk in Chicago verschafft hatte. Madeleine zuliebe gibt Herzog seine Universitäts-Laufbahn auf und zieht mit ihr für ein wissenschaftliches Projekt ein Jahr aufs Land. Wegen wachsender Konflikte zwischen ihnen gehen beide wieder in die Stadt zurück, wo er nun Vorlesungen an einer Volkshochschule hält. Madeleine trennt sich von ihm und setzt ihre Liebesaffaire mit seinem besten Freund fort, Herzog macht mit seinem Bruder eine Europareise, von der er aber labiler als vorher zurückkehrt. Mehr und mehr hat er das Gefühl, dass er „entzweiging - auseinanderbrach“: seine Vorlesungen werden verworren und er wird sonderlich.

Seine Selbsterforschung und seine Rechtfertigungen treiben ihn zu ersten Notizen, die sich allmählich zu Briefen an Freunde, Bekannte, andere lebende und tote Schriftsteller und zuletzt auch: Nietzsche und Gott, auswachsen. In diesen Briefen nimmt Herzog nicht nur zu seinen privaten Anliegen sondern auch zu sozialen (Armut, Landverteilung) und politischen Entwicklungen (Kalter Krieg) kritisch Stellung und erweist sich als linker Liberaler, dem auch der Marxismus nicht fremd ist: Er selbst könne sich mit einschließen, wenn er von den „Millionen verbitterter Voltairianer“ schreibe, deren Seelen mit zorniger Satire angefüllt seien.

Nach den langen Schilderungen der Eskalation zwischen Madeleine und Herzog reflektiert er über seine japanische Freundin Sono und über seine neue Partnerin, Ramona, die besser als er selbst seine Bindungsängste und die Bedeutung seiner sich von ihm distanzierenden Frau (Madeleine) erkennen. Schließlich reist er wieder in sein Landhaus, in dem er mit Madeleine gelebt hat, um seinem Sohn aus erster Ehe nahe zu sein, der ein Sommercamp besucht. Auf diesen letzten Seiten gibt es mehr und mehr Hinweise auf eine Besserung seines Zustands, das Aufscheinen von Gelassenheit und Freude über neu empfundene sinnliche Eindrücke der Natur.

Die Person des Moses Elkanah Herzog ist ein gebildeter Neurotiker und ein manischer Briefeschreiber. Sinn und Zweck der Briefe: Herzog will sich und seinen Adressaten die Welt erklären. Aber eines Tages stellt er inmitten eines Papierhaufens fest: er ist gescheitert, die Welt lässt sich nicht erklären. Mit einem feinen Gespür für die Bruchstellen der amerikanischen Gesellschaft und viel Galgenhumor hat Saul Bellow einen ramponierten Helden geschaffen, der versucht, mit sich und seiner Umgebung ins Reine zu kommen.

Man kann diesen Roamn auch als Parabel auf die damalige Zeit auffassen. Saul Bellow macht es aber deem Leser nicht unbedingt leicht, die Geschichte Moses Elkanah Herzogs zu lesen, der sein Leben bilanziert. In Briefen, monologartigen Selbstspiegelungen legt er Zeugnis von sich ab, schlägt dabei einen schonungslosen Ton an, der nicht selten mürrisch, trüb wirkt, fast lebensüberdrüssig. Sein Scheitern sucht nach Rechtfertigung, nach einem Ausweg in die Wirklichkeit, die ihn umgibt. Faszinierend in all seinen Verzweigungen, aber etwas anstrengend im Ganzen. Es gibt einige Romane von Bellow, die leichter zugänglich sind.


Sein Roman »Herzog« bildet für viele den Höhepunkt in Saul Bellows Karriere. Die brillante Erzähltechnik und die Prägnanz der intellektuellen Abschweifungen begründeten den Ruf des Ostküstenschriftstellers als einer der wichtigsten amerikanischen Nachkriegsautoren.

Saul Bellows Werk hat eine große Resonanz, ein einhellig gutes Echo neben Hymnen voll des Lobes hervorgerufen. »Saul Bellow ist der beste amerikanische Schriftsteller, den wir haben.«, titelte die »The New York Times« euphorisch. Und das Magazin »Time« zählt den Roman zu den besten 100 englischsprachigen Romanen, die zwischen 1923 und 2005 veröffentlicht wurden. - Wenn das mal keine Empfehlung ist!

Weblink:

Herzog
Herzog
von Saul Bellow

Dienstag, 23. Juni 2015

Maxim Gorkis Bild im Wandel der Zeit

Maxim Gorki

75 Jahre nach seinem Tod erscheint der russische Schriftsteller Maxim Gorki als umstrittene Figur voller Widersprüche. Dabei verkörpert Maxim Gorkis widersprüchliche Gestalt durch seine Annäherung an den Kommunismus sowohl die religiös aufgeladene kommunistische Menschheitsutopie des 20. Jahrhunderts wie auch die schreckliche historische Realisierung dieser Utopie.

In seiner Entwicklung verkörpert Gorki eine ganze historische Epoche: Vom weltberühmten, aus den Niederungen des russischen Volkes aufgestiegenen proletarischen Genie, dem "Sturmvogel der Revolution", dann radikalen Kritiker des leninschen Oktober-Umsturzes avancierte er schließlich zum Begründer des Sozialistischen Realismus und Verherrlicher der Stalinzeit.

In Russland wurde der umstrittene Nationaldichter nach dem Zusammenbruch des Kommunismus für viele von der vergötterten Leitfigur der Sowjetzeit zur Unperson. In Maxim Gorkis widersprüchlichem Leben ist jedoch bis heute vieles ungeklärt.


Maxim Gorki-Weblink

Von der Leitfigur zur Unperson - 75. Todestag des Dramatikers und Erzählers Maxim Gorki - dradio.de

Sonntag, 21. Juni 2015

»Ein Sommernachtstraum« - eine heitere Komödie von William Shakespeare

»Ein Sommernachtstraum« (engl. »A Midsummer Night's Dream«) ist eine heitere Komödie von William Shakespeare. Das von seinem Thema eher nordisch angehauchte Stück ist eine historisch inspirierte, adaptive Geschichte und spielt zur Sommerzeit im antiken Athen und in einem an die Stadt angrenzenden verzauberten Wald.

William Shakespeares märchenhafte Liebesgeschichte, die gleichzeitig ein Verwirrspiel um Träume und Identitäten ist, gehört heute zu den meistgespielten Stücken des berühmten englischen Dramatikers. Theseus, Herzog von Athen, ist im Begriff Hippolyta zu heiraten, die Königin der Amazonen.

Noch vier Tage sind es bis zur Hochzeit. Diese Frist setzt er auch Hermia, die sich entscheiden muss, ob sie nach dem Willen ihres Vaters den ungeliebten Demetrius oder - unter Androhung des Todes - den von ihr heiß geliebten Lysander zum Mann nehmen will. Sie entscheidet sich für Lysander und flüchtet mit ihm in den Wald.

Ihre Freundin Helena, die ihrerseits und leider unerwidert Demetrius liebt, erzählt ihrem Angebeteten von Hermias Geheimnis - nur um ihm, der Hermia und Lysander eifersüchtig in den Wald folgt, ihrerseits in den Wald zu folgen. Hier treffen die vier auf Oberon und Titania, das tiefzerstrittene Elfenkönigspaar, und auf Oberons Diener Puck, der die vier Liebenden aus Athen mit einem Zaubersaft in tiefe Liebesverwirrungen stürzt.

Der Feenkönig Oberon und seine Gattin zürnen miteinander, leben voneinander getrennt, aber doch in ein und demselben Wald in der Nähe von Athen. In diesen Wald kommen zwei Liebespaare: Helena, die den Demetrius, Demetrius, der die Hermia, Hermia, die den Lysander, Lysander, der die Helena liebt.

Oberon erbarmt sich der Liebenden und lässt durch einen Diener Puck - nachdem dieser durch Schelmerei zuerst das Blatt gewendet und neue Verwirrungen angerichtet - durch einen Zaubersaft das Gleichgewicht herstellen.



Läuft in der Liebe alles glatt,
läuft das Leben wie gschmiert,
kommen Lust und Eitelkeit hinzu,
wird es kompliziert.



Um diese Zeit soll auch am Hofe von Athen die Hochzeit des Theseus mit Hippolyta gefeiert werden. Der Handwerker Zettel kommt mit einigen Gesinnungsgenossen in den Wald, um ein Festspielt zu probieren, das bei der Hochzeitsfeier aufgeführt werden soll.

Puck vertreibt die Handwerker. Oberon benützt aber den einfältigen Zettel, seiner Gemahlin einen Streich zu spielen. Er lässt auf Titanias Augen von dem Liebeszaubersaft tröpfeln, und so hält die Feenkönigin den mit einem Eselskopf versehenen Zettel für einen Liebesgott. Schließlich löst Oberons Lilienstab alle Verwicklungen und Zaubereien. Theseus' Hochzeit wird gefeiert, die Handwerker führen ihre groteske Tragikomödie von Pyramus und Thisbe auf. Demetrius erhält Helena, Hermia den Lysander und Oberon selbst feiert mit Titania seine Versöhnung.

Wo man eben noch jemandem in Liebe zugetan war, liebt man mit einem Mal und wie von Zauberhand einen andern; wen man womöglich vorher hasste, den liebt man plötzlich. Und keiner weiß so recht, wie ihm geschieht im Strudel der gleichermaßen beängstigenden wie lustvoll-verführerischen, nächtlichen Geschehnisse, von denen am nächsten Morgen, bei helllichtem Tag, nur noch die vage Erinnerung an ein faszinierendes Traumgespinst bleibt.

Wenn man einem Werk das Signum - bzw. den Stempel - »Weltliteratur« aufdrücken kann, dann trifft dies zweifelsohne auf Shakespeares heitere Komödie zu. »Ein Sommernachtstraum« ist Komödie mit heiterem Zauber und dämonische Groteske zugleich. Shakespeare zieht alle Register seines Könnnes: Romantik, Witz und Poesie, Rausch und Entgrenzung, Märchenspuk, Rüpelposse und Liebesdrama - Shakespeare zieht in seinem Sommernachtstraum alle Register, um die Nacht- und Schattenseiten des allgemeinen Liebestaumels zu erhellen.

Weblink:

Ein Sommernachtstraum - www.klassiker-der-weltliteratur.de

Literatur:

Ein Sommernachtstraum
Ein Sommernachtstraum
von William Shakespeare

Ein Sommernachtstraum
Ein Sommernachtstraum
von William Shakespeare

Rezension:

Ein Sommernachtstraum Rezension


Ein Sommernachtstraum Rezension von Joachim Weiser

Samstag, 20. Juni 2015

»Humboldts Vermächtnis« von Saul Bellow

Humboldts Vermächtnis
Humboldts Vermächtnis


Saul Bellow erreichte mit seinem Roman »Humboldts Vermächtnis« den Höhepunkt seines internationalen Ruhms: Er erhielt für diesen Roman 1976 den Literatur-Nobelpreis und den Pulitzer-Preis.

Im Mittelpunkt des Buches stehen der barocke und überdrehte Schriftsteller Humboldt Fleischer und sein woodyallenhafter Kollege Charly Citrine. Der Erste ist ein zunächst erfolgreicher Lyriker, der zweite sein Jünger, der ihn später zu Humboldts Verdruss an Ruhm und Ausstrahlung weit übertrifft.

Schnell wird klar: Citrine hat zwar all das geschafft, was Humboldt anstrebte, besitzt aber nicht dessen Genussnatur und irrt wie Falschgeld über die sozialen Bühnen Chicagos: er kommuniziert mit Gangstern, Dichtern, prominenten Politkern, Hochstaplern, Versagern und vielen anderen mehr, die nur ein Ziel verfolgen: ihm finanziell und sozial das Fell über die Ohren zu ziehen. Denn Charly Citrine, aus dessen Perspektive das Buch erzählt wird, befindet sich schon jenseits des Erfolges und leidet an der Aufdringlichkeit der Realität, vor der er sich mitten im größten Trubel in reflexive geistesgeschichtliche Meditationen flüchtet.

Wie in allen Romanen Bellows sind es auch wieder die Frauen, die den Protagonisten in besonderer Weise beschäftigen. Die Geschichten von der alltagstauglichen Naomi Lutz, der engelhaften Demmie Voughel, der rasant bösen Denise und der sündhaft schönen Renate illustrieren in immer neuen Wendungen die Saga vom gutmütigen und unbedarften Geistwesen Mann in seiner Konfrontation mit der Frau, dem unbekannten Wesen.

Wer sich dafür interessiert, ist bei dem vorliegenden Werk bestens aufgehoben - auch wenn Bellows Interesse am schönen Geschlecht heute fast politisch unkorrekt anmutet: "Ich konnte wirklich mit Renata nicht verlieren," heißt es an einer Stelle des Buches. "Die Leute sahen ihr nach, wenn sie vorüber ging. Ich ging hinter ihr und bewunderte die Bewegung ihrer Hüften. Ich hätte vielleicht nur ungern gewusst, was sich hinter ihrer Stirn abspielte, und ihre Träume hätten mich vielleicht schockiert, aber ihr Geruch allein war ein großer Trost für die Nacht."

Wie schon in "Der Dezember des Dekans" und "Herzog" erweist sich Bellow auch in dem vorliegenden Werk als ein Meister der spiralenförmigen Erzählung. Sachverhalte, die am Anfang kurz erwähnt werden, erfahren später eine erzählerische Vertiefung, ehe sie noch später eine Zeit lang in den Romanmittelpunkt treten. Randfiguren, zunächst nur beiläufig skizziert, treten plötzlich hervor und werden zentrale Handlungsträger, ehe sie wieder verschwinden.

So eröffnet sich, je weiter die Lektüre vordringt, das Leben von Humboldt Fleischer und Charly Citrine als eine immer genauer seziertes Modell des ästhetisch-musealen und des realen Amerikas, wobei zwischen diesen beiden Bereichen ein unversöhnlicher Gegensatz klafft. So wie Humboldt als gescheiterter Poet elend zugrunde geht, so sind in Amerika schon viele Dichter gescheitert, doch: "Das Land ist stolz auf seine großen Dichter. Es spürt eine ungeheuere Genugtuung, wenn die Dichter bezeugen, dass das Land zu hart, zu groß, zu viel, zu rau, dass Amerikas Wirklichkeit überwältigend ist. Und ein Dichter zu sein, ist eine Angelegenheit der Schulen, der Weiberröcke, der Kirchen. Die Schwäche der geistigen Kräfte wird durch die Kindlichkeit, Tollheit, Trunkenheit und Verzweiflung dieser Märtyrer bewiesen."

Soweit das anspruchsvolle formale Strickmuster des Buches, das mit seinen oft seitenlangen essayistischen Reflexionen von dem Leser beträchtliche Anstrengung erfordern würde,wenn - ja wenn nicht Saul Bellow ein begnadeter Erzähler wäre, der den Leser auf jeder Zeit- und Wirklichkeitsebene mit seiner Fabulierkunst glänzend unterhält. Bellow mobilisiert eine Imaginationskraft, die auf jeder Seite Belehrendes, Witziges, Moralisches und Komisches in solcher Dichte präsentiert, wie ich es bei keinem anderen Schriftsteller gefunden habe.

Weblink:

Humboldts Vermächtnis
Humboldts Vermächtnis
von Saul Bellow