Dienstag, 8. März 2011

125 Jahre S. Fischer Verlag

Der S. Fischer Verlag wurde 1886 von Samuel Fischer in Berlin gegründet und stieg schon bald zum führenden Verlag des Naturalismus und der klassischen Moderne auf. Ein Anliegen des Verlegers war es, preisgünstige Ausgaben seiner Bücher einer breiten Leserschaft anzubieten und das Volk so mit anspruchsvollen Schriften vertraut zu machen.

Da der Verlagsgründer Samuel Fischer sein Gespür für literarische Strömungen bewies, wurde der Verlag schon bald nach seiner Gründung erfolgreich. In den ersten Jahren konnte der Verleger sofort erfolgreiche deutsche und europäische Autoren wie Émile Zola, Fjodor Dostojewski, Tolstoi, Karl Bleibtreu und Max Kretzer für sein Programm gewinnen.

Von Anfang an veröffentlichte der Verleger zeitgenössische Autoren sowie Werke der Weltliteratur. 1898 erschien Thomas Manns Erstlingswerk »Der kleine Herr Friedemann« in der Collection Fischer, 1901 folgte sein erster Roman »Buddenbrooks«.


Zu den wichtigsten Schriftstellern der Gründerzeit gehörten die beiden führenden Vertreter des deutschen Naturalismus Gerhart Hauptmann und Henrik Ibsen. Bald machte sich S. Fischer einen Namen als führendes Verlagshaus des Naturalismus und neben Ibsens »Frau vom Meer« erschien 1889 das Stück »Vor Sonnenaufgang« von Gerhart Hauptmann.

Samstag, 5. März 2011

Mark Twain als guter Amerikaner

Mark Twain

Mark Twain war Amerikas größter Schriftsteller. Seine Leser feierten ihn hymnisch wie einen Rockstar. Er galt als Humorist, aber den imperialen Größenwahn seiner Zeit attackierte er grimmig.

Er war die Stimme Amerikas, dessen Wahrnehmung des Landes viele Leser von ihm bezogen. Und er als den Amerikanern kräftig die Leviten. - Amerika könnte ihn heute, 100 Jahre nach seinem Tod, gut gebrauchen. Er wäre Balsam auf Amerikans Seele.

Samuel Langhorne Clemens (1835 bis 1910), bekannter unter dem Namen Mark Twain, ein Kenner von Welt und Spezialist übrigens auch für Zeitreisen, würde das aktuelle Geschehen auf seiner Zeitreise süffisant und spöttisch kommentieren.

Die Nation, deren Aufstieg Mark Twain begleitet hat, durch Goldrausch, Rassismus und Bürgerkrieg, durch die industrielle Revolution hin zu immensem Reichtum und imperialer Geltung, diese Nation scheint verwundet und aus den Fugen. Was würde der scharfzüngige Humorist wohl heute zu ihrem Abstieg sagen?

Eines ist sicher, er würde sich einmischen, pointiert, nach der Devise seines Bewunderers George Bernard Shaw, der sagte: "Die Wahrheit zu erzählen, das ist der größte Witz in der Welt."

Mark Twain war der Shakespeare Amerikas, ein eigener Kosmos. Ralph Waldo Emerson - verweht. Walt Whitman - allenfalls ein Comeback für die Beatniks in den Sixties. Herman Melville, erst Jahrzehnte nach seinem Tod gewürdigt. Mark Twain blieb ein Schriftsteller von Rang, denn er war nie wirklich weg.

Die gute Seele Amerikas sagte von sich empathisch: "Ich bin kein Amerikaner - ich bin der Amerikaner." Tatsächlich, er war die amerikanische Stimme schlechthin, mal prahlerisch, dann verzweifelt, ein echter Unternehmertyp. Er hätte heute weider seinen Spass mit seinen Amerikanern und diese wohl auch mit ihm.

Weblinks:

Der gute Amerikaner - www. spiegel.de

Mark Twain-Biografie - www.die-biografien.de

»Der alte König in seinem Exil« von Arno Geiger

Der alte König in seinem Exil
Der alte König in seinem Exil

Arno Geiger hat ein anrührendes Buch über seinen demenzkranken Vater geschrieben . Sein Vater August Geiger ist dement, sein Sohn Arno hat nun ein Buch darüber geschrieben: "Der alte König in seinem Exil".

Sehr unterschiedliche Autoren haben die Alzheimerkrankheit ihrer Väter auf ganz unterschiedliche Weise literarisch verarbeitet, mal anklagend, mal klinisch und mal romantisierend. Tilman Jens' Buch "Demenz" war eine Abrechnung mit seinem Vater Walter, dem er vorwarf, er habe sich aus Scham über seine Mitgliedschaft in der NSDAP in die Demenz geflüchtet. Jonathan Franzens Essays "Das Gehirn meines Vaters" war der Versuch, "die individuelle Einzigartigkeit von Earl Franzen vor der Generalisierung durch einen benennbaren Befund zu schützen". Und Martin Suters Kriminalroman "Small World" war eine poetische Wiedergutmachung für die Ungerechtigkeit des Lebens.

Nun hat auch Arno Geiger ein Buch über seinen dementen Vater geschrieben, mit einem sehr einfühlsamen Titel "Der alte König in seinem Exil" - ein Buch, das auf eine Gattungsbezeichnung verzichtet und gegen Ende immer mehr ausfranst, als wolle Geiger die Krankheit literarisch nachzeichnen und als habe Geiger den Verlauf der Krankheit in der Struktur des Buches nachbilden wollen. Mit der offenen Form scheint Geiger auf den ersten Blick seinen Respekt vor dem Vater zu bezeugen, dessen Geschichte öffentlich zu machen den Sohn mit begründeter Scheu erfüllt. Doch beim Lesen erweist sich die vorgebliche Scham davor, das Krankheitsbild zu literarisieren, als eine Strategie, um das Tabu konsequent zu unterlaufen.

Der Schriftsteller Arno Geiger fühlt sich durch die Krankheit des Vaters zugleich inspiriert und herausgefordert. Die Inspiriertheit führt dazu, dass er fast auf jeder Seite mit einem bildungshuberischen Zitat prunkt. Der Herausforderung stellt er sich, indem er jedem Kapitel einen kurzen Dialog zwischen Vater und Sohn voranstellt. Dabei setzt Geiger den Vater so in Szene, wie es ehrgeizige Eltern mit ihrem Wunderkind tun: Der Sohn führt Regie und gibt die richtigen Stichworte, und darin liegt schon auch eine unterschwellige Aggression.




Der alte König in seinem Exil



Der alte König in seinem Exil
von Arno Geiger

Hanser Verlag,
7. Februar 2011

Gebundene Ausgabe,
192 Seiten, 17,90 EUR.
ISBN-13: 978-3446236349

Weblinks:

Arno Geiger: Der alte König in seinem Exil - - www.sueddeutsche.de/kultur

"Das Ende des Lebens ist auch Leben" - Bestseller-Autor Arno Geiger - www.spiegel.de/kultur

Freitag, 4. März 2011

Max Frisch - Rückblick auf sein Leben

Es sei ein Glück, hat er einmal gesagt, wenn man die Schriftstellerei nicht als "Berufung" empfinde, sondern einfach als einen Beruf, den Leute wie er "ausüben, weil ihnen schreiben noch eher gelingt als leben". Was immer er schrieb, war zuerst und zuletzt auf ihn selber bezogen; er sträubte sich gegen die Rollen, die der Erfolg jedem Autor aufdrängt, die Rollen als öffentlicher Besserwisser, Seelsorger, Eheberater oder Rattenfänger; er erlag nicht der Versuchung des Ruhms, sich selber als Größe zu setzen.

Der 1911 in Zürich geborene Frisch arbeitete zunächst als Architekt, bevor er mit dem Roman "Stiller" im Jahr 1954 erfolgreich war. Fortan konzentrierte er sich auf das Schreiben. Frisch galt als streitbarer Moralist. Seine bekanntesten Stücke für das Theater sind wohl "Biedermann und die Brandstifter" (1958), eine entlarvende Analyse des Spießbürgers, der das Eindringen des Bösen in seine Welt nicht wahrnehmen will, und "Andorra" (1961), das sich mit dem Antisemitismus auseinandersetzt. Nahezu in Vergessenheit geraten ist "Die Chinesische Mauer" (1946), in dem Frisch die menschheitsvernichtende Gefahr der Atombombe in den Mittelpunkt rückt.

Berühmt wurden neben "Stiller" seine Romane "Mein Name sei Gantenbein" (1964) und "Homo Faber" (1957). In letzterem wird der rationalitätsgläubige Ingenieur Walter Faber, geprägt vom technisch-wissenschaftlichen Weltbild, mit der unlogischen Macht des Schicksals konfrontiert und scheitert. Frischs literarische "Tagebücher" (1946-49 und 1966-71) machen einen wesentlichen Bestandteil seines Oeuvres aus. Sie verknüpfen autobiografische und fiktionale Elemente, viele spätere Werke sind hier bereits skizzenartig angelegt. Weitere, 1982 begonnene Aufzeichnungen, wurden unter dem Titel "Entwürfe zu einem dritten Tagebuch" im vergangenen Jahr posthum veröffentlicht.
Der breite internationale Erfolg in den fünfziger und sechziger Jahren, den ihm einerseits die farbigen, facettenreichen Romane "Stiller" (1954) und "Homo Faber" (1957), andererseits die theaterkräftigen Politparabeln "Biedermann und die Brandstifter" (1958) und "Andorra" (1961) brachten, hat Max Frisch zu einer öffentlichen Figur gemacht, neben Böll zum angesehensten deutschschreibenden Autor seiner Generation.

Daß er Schweizer war, gab ihm seine Sonderstellung, wenn er sich zu Wort meldete, weil ihm eine Sache wichtig war: nicht als Künstler, sondern als Zeitgenosse, als skeptischer Demokrat, der Zivilcourage nicht als Phrase verstand. Wenn er Stellung bezog zu Erschütterungen im Ostblock, zu Miseren der westlichen Luxusgesellschaft, mit besonderer Neugier zu Deutschlands Selbstwerdungs-Problemen, mit besonderem Groll, bis zuletzt, gegen den Eigendünkel der Schweiz, dann hatten seine Bedenken Gewicht. Ein untersetzter Mann mit eigentümlich breitem Gesicht trat da auf, den Blick hinter schwerer Brille geschützt, und die Bedächtigkeit seiner Rede kam nicht nur aus dem Schweizer Naturell: Sein Impuls war der Zweifel, sein Stil nicht die klotzige Feststellung, die einen Sachverhalt plattmacht, lieber die vorsichtige Formulierung, in der eine Frage mitschwingt. "Ohne Utopie wären wir Lebewesen ohne Transzendenz."

»Der Knacks« von Roger Willemsen

Der Knacks
Der Knacks

Roger Willemsens Buch »Der Knacks« ist ein literarischer Essay mit stark autobiografischen Hintergrund über die inneren Vorgänge in einem Menschenleben.

Roger Willemsen der die Beobachtungen und die Veränderungen des Menschen mit sozialer Kompetenz, Empathie und intellektuellem Background auf die wesentlichen entscheidenden Momente eines Menschenlebens konzentriert, schlägt einen wundervollen Bogen über die Veränderungen des Menschenbildes und die schleichenden durch homöopathische Dosierungen prägenden Lebenseinflüsse.

Willemsen stellt verschiedene Momente dar, die einen Knacks auslösen können. »Als mein Vater starb, war ich 15, sah aus wie Janis Joplin und war gerade in der Schule sitzengeblieben«, erinnert sich Roger Willemsen an den Urknacks seinen eigenen Lebens.

»Der Knacks«, das ist der Moment, in dem das Leben die Richtung wechselt und nichts mehr ist wie zuvor. Aber mehr noch als die großen Brüche interessieren Willemsen die fast unmerklichen, namenlosen Veränderungen: die feinen Haarrisse in einer Beziehung, das Altern von Menschen, Städten, Kunstwerken, die Enttäuschung, der Verlust, die Niederlage - die unaufhaltsame Arbeit der Zeit.

Der Knacks ist auch der Wendepunkt vom Werden zum Vergehen. Es ist der Beginn vom Abschiednehmen. Abschiednehmen von den Möglichkeiten, die man nicht mehr wahrnehmen kann. In der Jugend macht man sich nicht allzu viele Gedanken über die Endlichkeit der Möglichkeiten oder des Lebens. In der Mitte des Lebens stellen sich dann aber kleine Erkenntnisse ein, die einem diese Endlichkeit vor Augen führen.

Zumeist nicht als ein schockierendes Erlebnis, sondern in vielen kleinen "Niederlagen" wie dem endgültigen Abschied von einem Traum, einer Liebe, der nachlassenden Sehkraft, der Entdeckung der Langsamkeit, weil die Kinder plötzlich schneller laufen können usw. All diese kleinen und großen Haarrisse stellen jeweils einen "Knacks" dar.

Ein großer literarischer Essay über die Zeit und das, was sie mit uns macht: Mal autobiographisch erzählend, mal beobachtend und reflektierend schreibt Roger Willemsen sein vielleicht persönlichstes Buch.
Ein empfehlenswertes Buch für Menschen, die sich nicht scheuen mit offenen Augen in ihre eigenen inneren Abgründe zu sehen.

Der Knacks



Der Knacks
, von Roger Willemsen

S. Fischer Verlag,
1. Oktober 2008

Gebundene Ausgabe,
304 Seiten, 18,90 EUR.
ISBN-13: 978-3100921055

Weblink:

Roger Willemsen - Alle Artikel, Hintergründe und Fakten - www.spiegel.de

Dienstag, 1. März 2011

Hans Magnus Enzensberger über seine „Lieblings-Flops“

Meine Lieblings-Flops
»Meine Lieblings-Flops«

Es bedarf schon einiger Chupze und einer gewissen Souveränität im Literaturbetrieb, auch seine Flops und gescheiterten Ideen aufzutischen und zu veröffentlichen. Dazu bedarf es seiner Grundhaltung, auch über seine künstlerischen Fehlschläge souverän lächeln und selbstironisch-verschmitzt schreiben können.

Man muss wohl ein gewisses Lebensalter erreicht haben, um die nötige Gelassenheit für solch ein Buch aufzubringen. Hans Magnus Enzensberger kann über seine künstlerischen Fehlschläge nur müde lächeln. Deshalb hat nun seine »Meine Lieblings-Flops, gefolgt von einem Ideen-Magazin« veröffentlicht.


»Ich behaupte, daß mir meine Flops im Lauf der Zeit
geradezu ans Herz gewachsen sind.«


In diesem Schwarzbuch nimmt Enzensberger ein Thema ins Visier, das viele Künstlerkollegen scheuen, den Mißerfolg: »Wenigen Erfahrungen verdanke ich so viel; ich behaupte sogar, daß mir meine Flops im Lauf der Zeit geradezu ans Herz gewachsen sind. Sie gewähren Einblick in die Produktionsbedingungen, Manieren und Usancen des Kulturbetriebs und helfen dem Ahnungslosen, die Fallstricke, Minenfelder und Selbstschußanlagen einzuschätzen, mit denen er auf diesem Terrain zu rechnen hat.«
 
Das demonstriert der Autor anhand von Geschichten und Einfällen, Exposés, Treatments, Szenen und Projekten aus fünfzig Jahren. Vieles von dem, was auf dem Weg zur Kinoleinwand, zur Theater-, Opern- und Operettenbühne, zum Magazin oder zur verlegerischen Unternehmung verworfen wurde oder versandet ist, sei's zu Recht oder zu Unrecht, passiert in diesem schwarzen Buch an ihm vorüber.

Hans Magnus Enzensberger beherrscht die Kunst, auch über das Scheitern kunstvoll schreiben zu können. Wer oder was war schuld an den kleinen und großen Niederlagen? Lag es am Geld, an der Justiz oder am eigenen Übermut? Aber das ist für Enzensberger nicht der springende Punkt. Jammern, sagt er, sei ungesund. Er amüsiert sich lieber und überläßt dem Publikum zu guter Letzt noch Ideen, aus denen sich jeder gratis und frei Haus bedienen kann.


Meine Lieblings-Flops


Meine Lieblings-Flops
von Hans Magnus Enzensberger

Suhrkamp Verlag, 12. Dezember 2010

Gebundene Ausgabe,
241 Seiten, 19,95 EUR.
ISBN-13: 978-3518422113

Weblinks:

>Meine Lieblings-Flops, gefolgt von einem Ideen-Magazin

Hans Magnus Enzensberger - Alle Artikel, Hintergründe und Fakten



"Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk" 1921 erschienen

Am 1. März 1921 erschienen "Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk" des tschechischen Schriftstellers Jaroslaw Hasek. "Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk" gehören zu den größten Satiren der Weltliteratur und das nicht ohne Grund, denn Jaroslav Hasek hat mit diesem Werk eine Satire auf die gesamte Militärmaschinerie der damaligen k.u.k.-Monarchie geschriben.

Josef Schwejk ist von Beruf Hundehändler und gehört der untersten Volksschicht an. Des weiteren ist er laut amtlicher Bescheinigung schwachsinnig. Er wird zum Militär eingezogen und kämpft dort „den Kampf des kleinen Mannes".


Mit entwaffnender Naivität und unbesiegbarer Blödheit bekundet Schwejk jederzeit überschwenglich seine Loyalität mit dem System und nimmt jeden Befehl buchstäblich. Genau so führt er ihn dann auch aus. Dadurch enthüllt er die gesamte Lächerlichkeit des Militärapparates einschließlich der patriotischen Parolen und wirft die Fragwürdigkeit der unbestrittenen Autorität auf.

An der welthistorischen Bedeutung seines Helden hat Hasek nie gezweifelt. Schon kurz nach dessen Erscheinen pries er den Schwejk auf einem Werbeplakat als "eines der bedeutendsten Werke der Weltliteratur". Erlebt aber hat er es nicht mehr. Ohne seinen berühmten Roman zu Ende diktiert zu haben, starb Jaroslav Hasek am 3. Januar 1923. Schon kurz danach beginnt der Siegeszug des Josef Schwejk um die Welt.


"Melde gehorsamst, Herr Oberleuntnant, ich bin der Schwejk!" Mit diesen Worten sorgt der Hundehändler Josef Schwejk ab Dienstag den 1. März 1921 in den Kneipen Prags für herzhaftes Gelächter. Sein Schöpfer hat nämlich gemeinsam mit drei Freunden eine Gesellschaft gegründet, die den Roman in Form von Fortsetzungsheften verlegt und in Gasthäusern kolportiert.