
Fräulein Hallo und der Bauernkaiser
Der Schriftsteller Liao Yiwu reist durch die chinesische Provinz und nimmt in
»Fräulein Hallo und der Bauernkaiser«
dabei seine Leser auf der Reise mit, die quer durch die chinesische
Gesellschaft führt. Er portrait in Mosaiksteinen die Gesellschaft von
unten, die sich zu einem kunstvollen Bild über sein Land zusammenfügen
und ein Portrait liefern.
"Das Leben ist leiden!" - Diesen fundamentalen Satz nennt Buddha die
erste der vier edlen Wahrheiten.
Diese Wahrheit trifft in diesem Buch, das zugleich ein Dokument ist,
sicher zu. In vielen Geschichten dieses Buches kommt dies sehr zum
Ausdruck, z.B. in den Geschichten "der Konterrevolutionär", "der Mönch",
"die Familie eines Opfers des 4. Juni".
Kunstvoll befragt der Autor seine Protagonisten, die vom harten
Leben in der Volksrepublik erzählen, von den sonderbaren Dingen, die das
Landleben in China bereit hält und von den Verheißungen der Großstadt.
Und immer wieder geht es um die Hoffnung, dass sich das Blatt wendet,
das Leben schön wird, das Glück kommt - am Ende hat man das Gefühl,
einen Roman gelesen zu haben, so nahtlos wie die Geschichten ineinander
greifen und zusammen ein funkelndes Mosaik bilden.
Eine Prostituierte, ein buddhistischer Mönch und ein Klomann, eine
Falun-Gong-Anhängerin, ein ehemaliger Rotgardist und ein
Feng-Shui-Meister - sie und viele andere hat Liao Yiwu, einer der
bekanntesten Autoren Chinas und selbst ehemaliger politischer Häftling,
nach ihrem Leben und ihren Hoffnungen befragt und sie sind die
Protagonisten.
Diese Gespräche lassen ein China entdecken, das man sonst nicht zu
sehen bekommt - ein China, in dem archaische Mythen und Riten allen
politischen und technischen Revolutionen zum Trotz noch lebendig sind,
ein China der Ausgestoßenen und Randständigen, deren Würde, Witz und
Menschlichkeit ihnen niemand hat nehmen können.
Es sind nicht unbedingt besonders erbauliche, sondern einfach aus
dem Leben gegriffene Geschichten, die der Autor Liao Yiwu hier in einer
Reportage gesammelt hat - aber es sind authentiche Dokumente über ein
verschlossenes Land und das Leiden der Menschen. Diese öffnen die Augen
für das, was in China in jüngerer und jüngster Vergangenheit an
Verbrechen am eigenen Volk begangen wurde.
Vielleicht hat man ähnliche Berichte oder Begebenheiten schon in
anderen Publikationen gelesen, doch hier erfährt man es wirklich von den
Menschen, die "ganz unten" leben, oder wie es im Buch heisst - von
denen die als "Chinas Bodensatz" gelten. Es sind zwar Einzelschicksale, welcher aber stellvertretend für unzählige Schicksale ähnlicher Art sind.
Der Roman gewährt einen tiefen und finsteren Einblick in das
Seelenleben Chinas. Wer wissen möchte, was die Chinesen als Nation so
erfolgreich macht, der lese dieses Buch. Und staune über ihre Fähigkeit,
nach vorn zu schauen.
Weblink:

Fräulein Hallo und der Bauernkaiser von Liao Yiwu