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Dienstag, 4. Juni 2019

»Herr Wang, der Mann, der vor den Panzern stand« von Liao Yiwu



»Herr Wang, der Mann, der vor den Panzern stand« ist eine Sammlung bislang unveröffentlichte Texte von Liao Yiwu aus Anlaß des 30. Jahrestages des Massakers am Tianammen-Platz - Chinas offene Wunde. Vor 30 Jahren beendeten die Machthaber in China die seit Monaten andauernden und absolut friedlich verlaufenden Stundenproteste.

Die Studenten wollten für sich und ihre Mitbürger nur ein kleines Stück Rechtsstaat einfordern. Ein kleines Stück von dem, was für uns in den westlichen Demokratien selbstverständlich ist.

Am frühen Morgen des 4. Juni 1989 mobilisierte die chinesische Regierung die Volksbefreiungsarmee, um die friedlichen Demonstrationen Zehntausender Studenten niederzuschlagen, die mehr Freiheit und Demokratie forderten. Die Staatsmacht zeigte Härte und ließ Panzer auf dem Platz des Himmlischen Friedens auffahren.

In der Nacht vom 3. auf den 4. Juni 1989 eröffnete die chinesische Volksbefreiungsarmee am Platz des Himmlischen Friedens das Feuer auf wehrlose Demonstranten.


Am Platz des Himmlischen Friedens richteten sie ein Massaker an, das die Welt schockierte. Wie viele Menschen die Panzer niederrollten, wie viele Studenten von Soldaten erschossen oder zu Tode geprügelt wurden, gab die chinesische Regierung nie bekannt.

Bis heute wirken die Folgen des Massakers vom 4. Juni 1989 am Platz des Himmlischen Friedens in der chinesischen Wirklichkeit nach.


Am Morgen des 5. Juni 1989 stellt sich ein Mann im weißen Hemd in Peking einer Panzerkolonne der chinesischen Armee entgegen.

Liao Yiwu schreibt über den bisher nicht identifizierten Mann, der sich allein, mit Einkaufstüten in den Händen, einem Konvoi von Panzern der Volksbefreiungsarmee in den Weg gestellt hat und damit zu einer Ikone des Widerstands wurde. Er gibt dem Unbekannten auf dem Platz einen Namen und nennt ihn Herrn Wang. Was geht in Herrn Wang vor?

Liao Yiwu, der über das Massaker ein Gedicht verfasste und dafür vier Jahre inhaftiert wurde, erzählt von dem Leben seiner Knastbrüder und veröffentlicht erstmals Briefe, die er damals aus dem Gefängnis an seine Frau schrieb, ohne sie je abgeschickt zu haben.

Der Schriftsteller Liao Yiwu schildert sein Land und vor allem die Zeitgeschichte wirklichkeitsnah und packend. Das schmale Buch ist jedoch ein Restprodukt von Texten, die er bisher sonst nicht unterbringen konnte. Wesentlich umfangreicher ist da schon die 2014 erschienene Textsammlung »Die Kugel und das Opium«. Liao Yiwu hat in diesem Werk zahlreiche Interviews aus vielen Jahren intensiver Recherche über die Opfer des Tiananmen-Massakers 4. Juni 1989 zusammengetragen.

Literatur:


Herr Wang, der Mann, der vor den Panzern stand
von Liao Yiwu

Die Kugel und das Opium
Die Kugel und das Opium: Leben und Tod am Platz des Himmlischen Friedens
von Liao Yiwu

Samstag, 19. September 2015

»Gott ist rot« von Liao Yiwu

Gott ist rot: Geschichten aus dem Untergrund - Verfolgte Christen in China
Gott ist rot

Der Friedenspreisträger des deutschen Buchhandels Liao Yiwu gewährt in seienem neuen Buch »Gott ist rot« beeindruckende Einblicke in das Leben der größten verfolgten Minderheit Chinas, den Christen.

»Der Gott in den schäbigen Bergstraßen ist rot. In den kühlen Höhen Yunnans. Wenn man betrunken ist. Wenn man außer sich ist vor Freude, dass es einen nicht umgebracht hat. Wenn Sonnenstrahlen, golden wie Schafe, über die Gipfel springen.« Liao Yiwu

Der Friedenspreisträger Liao Yiwu reiste in die entlegensten Bergdörfer Chinas, um dort Menschen zu treffen, die seit vielen Generationen und allen Widrigkeiten zum Trotz an ihrem christlichen Glauben festhalten. Er erzählt zahlreiche außergewöhnliche Lebensgeschichten, angefangen bei der 100-jährigen Nonne bis hin zum blinden Straßenmusiker.

Ein ebenso seltener wie beeindruckender Einblick in das Leben im Untergrund der größten verfolgten Minderheit Chinas, die es offiziell gar nicht gibt.

»Liaos Texte über die Christen lassen die Wahrheit im Dunkeln leuchten; das macht die Schönheit seines Schreibens aus.« Liu Xiaobo, Friedensnobelpreisträger 2010

Liao Yiwu erzählt von einem Teil der chinesischen Bevölkerung, den es offiziell nicht gibt – den Christen. Liao Yiwu gibt den Ängsten und Leiden der größten verfolgten Minderheit in China mit seiner Sprachmächtigkeit eine Stimme.

Weblinks:

Gott ist rot: Geschichten aus dem Untergrund - Verfolgte Christen in China
Gott ist rot: Geschichten aus dem Untergrund - Verfolgte Christen in China
von Liao Yiwu

Liao Yiwu: Gott ist rot - www.swr.de

Montag, 1. August 2011

Liao Yiwu - Chinas Dichter von unten

Liao Yiwu, geboren 1958 in der chinesischen Provinz Sichuan, ist ein Dichter und Romanautor. Er wuchs als Kind in der großen Hungersnot der 60er Jahre auf und lebte jahrelang von verschiedensten Tagelöhner-Jobs.

In den 1980er Jahren war Liao einer der bekanntesten jungen Dichter in China und veröffentlichte regelmäßig in wichtigen Literaturmagazinen. Einige seiner Werke erschienen in den Zeitschriften der Untergrund-Literaturszene, da die chinesischen Behörden Gedichte im Stil westlicher Lyrik als „geistige Verschmutzung“ ansahen. Aufgrund dieser Verbindungen steht Liao seit 1987 in China auf der Schwarzen Liste.


Bis zum Vorabend des 4. Juni 1989 führt Liao Yiwu das Leben eines so unbekannten wie unpolitischen Hippie-Poeten. Doch mit dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens ist schlagartig alles anders. 1989 publizierte er das epische Gedicht "Massaker" über die Ereignisse am Tian’anmen-Platz am 4. Juni 1989 und in dem er das Blutbad auf dem Platz des Himmlischen Friedens anprangerte.

Nachdem Liao sein kritisches Gedicht verfasst hatte, wurde er zu vier Jahren Haft im Gefängnis verurteilt. Aufgrund seiner kritischen Haltung zur chinesischen Regierung sind Liaos Werke in der Volksrepublik China verboten.

Die chinesische Ausgabe von "Fräulein Hallo und der Bauernkaiser" wurde sofort nach Erscheinen verboten. 2007 wurde Liao Yiwu vom Unabhängigen Chinesischen PEN-Zentrum mit dem Preis "Freiheit zum Schreiben" ausgezeichnet, dessen Verleihung aber in letzter Minute verhindert wurde.

Im Juli 2011 ist sein Zeugenbericht aus chinesischen Gefängnissen "Für ein Lied und hundert Lieder" auf deutsch erschienen. Darin schildert Liao auf literarisch höchst eindringliche Weise die brutale Realität seiner Inhaftierung. Liao Yiwu beschreibt in diesem Band sein rechtloses Leben im chinesischen Gefängnis, in das ihn das Regime nach seinen Protesten im Umfeld des Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens steckte.

Samstag, 30. Juli 2011

Liao Yiwu »Fräulein Hallo und der Bauernkaiser«

Fräulein Hallo und der Bauernkaiser
Fräulein Hallo und der Bauernkaiser

Der Schriftsteller Liao Yiwu reist durch die chinesische Provinz und nimmt in »Fräulein Hallo und der Bauernkaiser« dabei seine Leser auf der Reise mit, die quer durch die chinesische Gesellschaft führt. Er portrait in Mosaiksteinen die Gesellschaft von unten, die sich zu einem kunstvollen Bild über sein Land zusammenfügen und ein Portrait liefern.

"Das Leben ist leiden!" - Diesen fundamentalen Satz nennt Buddha die erste der vier edlen Wahrheiten. Diese Wahrheit trifft in diesem Buch, das zugleich ein Dokument ist, sicher zu. In vielen Geschichten dieses Buches kommt dies sehr zum Ausdruck, z.B. in den Geschichten "der Konterrevolutionär", "der Mönch", "die Familie eines Opfers des 4. Juni".

Kunstvoll befragt der Autor seine Protagonisten, die vom harten Leben in der Volksrepublik erzählen, von den sonderbaren Dingen, die das Landleben in China bereit hält und von den Verheißungen der Großstadt. Und immer wieder geht es um die Hoffnung, dass sich das Blatt wendet, das Leben schön wird, das Glück kommt - am Ende hat man das Gefühl, einen Roman gelesen zu haben, so nahtlos wie die Geschichten ineinander greifen und zusammen ein funkelndes Mosaik bilden.

Eine Prostituierte, ein buddhistischer Mönch und ein Klomann, eine Falun-Gong-Anhängerin, ein ehemaliger Rotgardist und ein Feng-Shui-Meister - sie und viele andere hat Liao Yiwu, einer der bekanntesten Autoren Chinas und selbst ehemaliger politischer Häftling, nach ihrem Leben und ihren Hoffnungen befragt und sie sind die Protagonisten.

Diese Gespräche lassen ein China entdecken, das man sonst nicht zu sehen bekommt - ein China, in dem archaische Mythen und Riten allen politischen und technischen Revolutionen zum Trotz noch lebendig sind, ein China der Ausgestoßenen und Randständigen, deren Würde, Witz und Menschlichkeit ihnen niemand hat nehmen können.

Es sind nicht unbedingt besonders erbauliche, sondern einfach aus dem Leben gegriffene Geschichten, die der Autor Liao Yiwu hier in einer Reportage gesammelt hat - aber es sind authentiche Dokumente über ein verschlossenes Land und das Leiden der Menschen. Diese öffnen die Augen für das, was in China in jüngerer und jüngster Vergangenheit an Verbrechen am eigenen Volk begangen wurde.

Vielleicht hat man ähnliche Berichte oder Begebenheiten schon in anderen Publikationen gelesen, doch hier erfährt man es wirklich von den Menschen, die "ganz unten" leben, oder wie es im Buch heisst - von denen die als "Chinas Bodensatz" gelten. Es sind zwar Einzelschicksale, welcher aber stellvertretend für unzählige Schicksale ähnlicher Art sind.

Der Roman gewährt einen tiefen und finsteren Einblick in das Seelenleben Chinas. Wer wissen möchte, was die Chinesen als Nation so erfolgreich macht, der lese dieses Buch. Und staune über ihre Fähigkeit, nach vorn zu schauen.

Weblink:

Fräulein Hallo und der Bauernkaiser
Fräulein Hallo und der Bauernkaiser
von Liao Yiwu

Donnerstag, 28. Juli 2011

»Für ein Lied und hundert Lieder« von Liao Yiwu

Für ein Lied und hundert Lieder
Für ein Lied und hundert Lieder
 
In seinen Jugendjahren ist Liao als "dichtender Schürzenjäger" durch das Land gereist. Bis zum Vorabend des 4. Juni 1989 führt Liao Yiwu das Leben eines so unbekannten wie unpolitischen Hippie-Poeten.




Doch mit dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens ist schlagartig alles anders. Nachdem Liao das kritische Gedicht "Massaker" verfasst hat, wird er zu vier Jahren Haft im Gefängnis und in einem Arbeitslager verurteilt. Sein Gedicht "Massaker" brachte ihn nach dem Massaker vom Platz des Himmlischen Friedens ins Gefängnis.

In Liao Yiwus neuesten Buch "Für ein Lied und hundert Lieder", berichtet der chinesische Dichter und Dissident von seinen Jahren in chinesischen Gefängnissen. Darin schildert Liao auf literarisch höchst eindringliche Weise die brutale Realität seiner Inhaftierung.

Dabei ist er schonungslos, auch sich selbst gegenüber: Er beschreibt, wie er und seine Mithäftlinge zu Halbmenschen degradiert werden und dabei manchmal selbst vergessen, was es bedeutet, Mensch und Mitmensch zu sein.

Es ist nicht das erste Buch über den chinesischen Gulag, aber eines der in seinem Schrecken beeindruckensten und schonungslosesten: "Dieses Buch ist ein Horror". Über fast sechshundert Seiten schleppt Liao Yiwu seine Leser durch eine Hölle aus Demütigungen, Qualen, Folter und Vergewaltigungen, dabei schreibe er "verzweifelt, wild, unverschämt schamlos".

Ist ist kein einfaches Unterfangen, in China ein solches Buch zu veröffentlichen. Das musste auch der Dissident Liao erfahren: Mehrmals hat Liao neu ansetzen müssen, weil seine Manuskripte konfisziert wurden. Mit welcher Sorgfalt er also all seine grauenvollen Erlebnisse immer wieder rekonstruiert, ringt dem Leser höchsten Respekt ab.

Zwei Dinge sind dabei vor allem bemerkenswert: Die klassische Gulag-Literatur entstand in einer Zeit, als der Gulag Ausdruck eines totalitären Systems war, der chinesische Gulag dagegen, ist einfach nur noch willkürlich. Erschreckend ist darin auch zu lesen, wie brutal die Gefangenen miteinander umgehen, als hätte der Konformismus jeden Gemeinschaftssinn zerstört: "Bei den Chinesen gibt es keinen Zusammenhalt", befindet Liao, "die verenden jeder für sich."

Weblinks:

Liao Yiwu: "Massaker" - Todesfuge auf chinesisch - www.sueddeutsche.de/kultur

Für ein Lied und hundert Lieder
Für ein Lied und hundert Lieder
von Liao Yiwu