Der deutsche Dichter
Stefan George wurde vor 150 Jahren am 12. Juli 1888 als Sohn eines Gastwirts in Büdesheim bei Bingen geboren. Als Dichter, Prophet und Mittelpunkt eines Kreises ihm grenzenlos ergebener Jünger zählte Stefan George zu den einflussreichsten Figuren der deutschen Geistesgeschichte. Der Dicher war Avantgardist und Prophet eines Landes, das auf den Abgrund zuraste.
Stefan George war unter den deutschen Dichtern im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts zweifellos der einflussreichste. Er hat die deutsche Lyrik entscheidend geprägt. Seinen Ruhm verdankte George allerdings weniger seinen Gedichten als vielmehr der Tatsache, dass er sich so perfekt inszeniert hat wie kaum jemand vor ihm. George war ein Selbstdarseller, der sich gut zu inszenieren wusste. Das Denkmal, das sich der »Meister« errichtete, war vielen Zeitgenossen allerdings zu hoch, und nach 1945 geriet George in Vergessenheit. George zählt heute zu den vergessenen Dichtern.
Rätselhaft, geheimnisvoll, charismatisch - Stefan George war verkannt und durchschaut, beliebt und verachtet. Seiner Zeit galt er als ein ganz Großer. Viele seiner
Gedichte und "Hymnen" gehören zum absoluten Kanon deutscher Lyrik.
Zunächst vor allem dem Symbolismus verpflichtet, wandte er sich nach der Jahrhundertwende vom reinen Ästhetizismus der zuvor in den Blättern für die Kunst propagierten „kunst für die kunst“ ab und wurde zum Mittelpunkt des nach ihm benannten, auf eigenen ästhetischen, philosophischen und lebensreformerischen Vorstellungen beruhenden George-Kreises.
Das lebendige Wesen dieses Dichters entfesselte und bündelte die verschütteten Energien des deutschen Sprachvolkes. Er wirkte unmittelbar und bewußt konzentrierend auf einen wachsenden Kreis von Vertrauten, die wiederum in ihrem Wirkungsfeld den hohen Anspruch ihres Meisters weitergaben.
Sämtliche Werke in 18 Bänden
Doch kaum ein anderer Dichter des letzten Jahrhunderts gab Anlass zu so unterschiedlichen Reaktionen - und zu so vielen Mißverständnissen, die er sich jedoch selbst zuzuschreiben hatte. Er hat sein Leben und sich selbst auf eine Weise inszeniert wie kein anderer.
Der Dichter lehnte die Weimarer Republik ab und gründete den elitären "George-Kreis", eine geschlossene Gesellschaft it einer beinahe sakral-religiösen Jüngerschaft zur Begründung eines neuen Reiches. Der Dichter Stefan George war zeitlebens ein Rätsel, sein Kreis glich einer Sekte.
"Jeden wahren Künstler hat einmal die Sehnsucht befallen, in einer Sprache sich auszudrücken, deren die unheilige Menge sich nie bedienen würde, oder die Worte so zu stellen, dass nur der Eingeweihte ihre hehre Bestimmung erkenne." Stefan George
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"Wir kennen keine Zeit, da wir nicht waren", schrieb Milton in "Paradise Lost". Aus diesem Selbst-Wissen auf der Grundlage der Selbst-Erschaffung gewinnen Dichter eine Wahl-Liebe. Diese kommt aus der gefühlten Erhabenheit, die das Erhabene anderer Dichter spürt und von dem der Dichter sich erwählen lässt. Damit ist er niemals allein.
So ging es auch Stefan George. Er war Weggefährte von Hofmannsthal, Zweig, Freud, Rilke und in Frankreich von Verlaine, Rimbaud und dem Symbolisten Mallarme, um einige zu nennen. Erhaben im Sinne der Wahl-Liebe sind vor allem Baudelaire (posthum) und Mallarme, die als Begründer des Symbolismus gelten. Deren Einfluss wirkte auch auf Stefan George. Er hatte sich erwählen lassen von dem erkannten Erhabenen des anderen in sich.
In seinem Spätwerk "Das neue Reich" (1928) verkündete George eine hierarchische Gesellschaftsreform auf der Grundlage einer neuen geistig-seelischen Aristokratie. Sich auf diesen Gedichtband berufend, wollten die Nationalsozialisten George für ihre Zwecke einspannen. George verfolgte jedoch die Verwirklichung eines Reiches auf rein geistiger Ebene und wollte keine politische Verwirklichung eines hierarchischen und totalitären Systems. Deswegen lehnte er die Gesuche der Nationalsozialisten ab.
Nach der Machtübernahme 1933 bot Reichspropagandaminister Joseph Goebbels ihm die Präsidentschaft einer neuen deutschen Akademie für Dichtung an. Auch dieses Angebot lehnte George ab, ebenso blieb er der von Parteiseite pompös inszenierten Feier zu seinem 65. Geburtstag fern. Stattdessen begab George sich, bereits schwer erkrankt, in die Schweiz, wo er am 4. Dezember 1933 im Krankenhaus von Locarno starb. Der Dichter wurde von seinen Schülern betrauert, darunter Klaus Mann und die Brüder von Stauffenberg.
Weblinks:
Prophet des geheimen Deutschlands - Junge Freiheit - jungefreiheit.de/kultur
Geheimes altes Deutschland - ulmer-tagebuch.blog.de
Geheimbund: Der George-Kreis existiert noch. Eine Sensation - www.welt.de/kultur
Klett-Cotta – Stefan George Biographie - www.klett-cotta.de
Literatur:
Gesamtausgabe von Stefan George
Sämtliche Werke in 18 Bänden von Stefan George
Sämtliche Gedichte von Stefan George
Gedichte (insel taschenbuch) von Ernst Osterkamp und Stefan George
Biografie:
Stefan George von Thomas Karlauf