Mittwoch, 15. November 2017

»Ilias« von Homer in neuer Übersetzung

Kämpfen und spielen. Die Helden der «Ilias» tun beides mit der gleichen gespannten Gelassenheit: Achilleus und Aias beim Brettspiel. (Bild: Vatikanische Museen, Rom)

Die »Ilias« steht meist im Schatten der »Odyssee«, zu Unrecht. Kurt Steinmanns neue Übersetzung zeigt das gewaltige Werk von Homer so, wie es ist: gewaltig und zugleich geschmeidig. Illustriert wird das Werk durch zahlreiche eigens angefertigte Illustrationen von Anton Christian, welche diesen Band schmücken.

Mit Homer begann die europäische Literatur – genauer gesagt mit der »Ilias«. In 15.500 packenden Versen erzählt dieses unvergängliche Menschheits-Epos vom Groll des Achilleus und dem Krieg um Troja. Zehn Jahre nach der «Odyssee» legt Manesse nun auch diesen kanonischen Großklassiker in einer prachtvollen, illustrierten Referenzausgabe vor. Noch genauer, noch poetischer als je zuvor, hält Kurt Steinmanns Neuübersetzung Überraschungen für Homer-Kenner wie -Entdecker bereit.

Ausgelöst von Paris' Raub der Helena, der schönsten aller Frauen, herrscht ein jahrelanger Krieg zwischen den Griechen und den Bewohners Trojas (griechisch: Ilion). In dramatischen Einzelszenen trifft Mann auf Mann, wird um das Leben von Freunden gekämpft und um Angehörige getrauert. Zusätzlich befeuert wird das grausame Gemetzel vom persönlichen Krieg des Griechen Achilleus gegen seinen Heerführer Agamemnon. Dieser hat ihm ein Beutestück, das Mädchen Briseis genommen. Achilleus bittet die Götter um Rache – und sei es um den Preis der eigenen Niederlage. Wie Achilleus‘ Zorn besänftigt wird, wie nach dramatischen Wendungen sein unbändiger Hass und sein Egoismus bezwungen werden, erzählt Homers ergreifendes Schlachtengemälde in unvergesslichen 24 Gesängen.



Gleich am Anfang, als Auslöser der Handlung, steht die Niedertracht Agamemnons, des obersten Heerführers der Griechen, der dem tapferen Achill die ihm als Beute zugewiesene Briseïs kraft seiner «Vorgesetztenfunktion» wieder wegnimmt – und damit den «Ingrimm des Peleus-Sohnes Achill» weckt, der fortan am Kampf nicht mehr teilnimmt. Im zweiten Buch stiftet Thersites, der hässlichste aller Griechen, eine veritable Meuterei an, indem er dazu rät, nach so langer Zeit erfolgloser Belagerung Trojas doch endlich heimzukehren, statt sich wegen einer tugendlosen Frau wie Helena weiter vergeblich zu verkämpfen.

Als das Heer schon zu den Schiffen strömt, gelingt es Odysseus, die zur Heimfahrt aufbrechenden Griechen mit einer «Durchhalterede» zur Umkehr zu bewegen. Dann kommen die grossen Schlachtszenen, in denen kleinste anatomische Details der Verletzungen beschrieben werden. Etwa im Kampf des gehörnten Menelaos mit dem Feigling Paris, der ihm die Frau ausgespannt hat. Oder im Aufeinandertreffen der ebenbürtigen Helden Hektor und Patroklos, der sich von seinem Freund Achill die Erlaubnis erbeten hat, in dessen Rüstung aufzutreten. Es gelingt ihm so eine Weile, unter den Griechen Angst zu verbreiten, doch am Ende erliegt Patroklos dem stärkeren Hektor.

Darin liegt, wie schon Platon sagte, eine Tragik, da Achill den Tod des Freundes durch seinen Starrsinn aus gekränkter Ehre selbst verursacht. Um den Tod des Freundes zu rächen, greift Achill wieder in den Kampf ein, von Hephaistos mit neuen Waffen ausgestattet, darunter einem Schild, der alle Szenen menschlichen Lebens schildert. Homer gibt diese in einer von Lessing gerühmten Technik wieder und erzählt, wie Hephaistos den Schild herstellt. So ausgerüstet, rast Achill, bis er Hektor tötet und dessen Leiche in zutiefst ehrloser Weise von den Pferden schleifen lässt.

Die sprachmächtige neue Übertragung in Versen wird ergänzt durch einen sorgfältigen Anmerkungsapparat mit Stellenkommentar und ein Nachwort von Jan Philipp Reemtsma. Zahlreiche eigens angefertigte Illustrationen von Anton Christian schmücken diesen Band.

Literatur [ >> ]:

Ilias
Ilias
von Homer

Weblink:

Endlich schüttelt Hektor seinen Helm

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