Alles still! Es tanzt den Reigen
Mondenstrahl in Wald und Flur,
Und darüber thront das Schweigen
Und der Winterhimmel nur.
Alles still! Vergeblich lauschet
Man der Krähe heisrem Schrei.
Keiner Fichte Wipfel rauschet,
Und kein Bächlein summt vorbei.
Alles still! Die Dorfeshütten
Sind wie Gräber anzusehn,
Die, von Schnee bedeckt, inmitten Eines weiten Friedhofs stehn.
Alles still! Nichts hör ich klopfen
Als mein Herze durch die Nacht -
Heiße Tränen nieder tropfen
Auf die kalte Winterpracht
»Alles still!« von Theodor Fontane (1851)
Literatenwelt ist ein Literatur-Blog, der dem Leser interessante Einblicke und Neuigkeiten aus der Welt der Literatur und der Literaten bietet. Hier erhalten Sie regelmäßig Informationen über die Welt der Literaten und Bücher. Dieses Projekt ist ein Forum für Literatur-Nachrichten, Veröffentlichungen und Rezensionen.
Sonntag, 24. Januar 2021
»Alles still!« von Theodor Fontane
Mittwoch, 20. Januar 2021
»Der arme Spielmann« von Franz Grillparzer
Franz Grillparzers »Der arme Spielmann« erzählt die Geschichte eines Mannes, dem das Schicksal alles andere als freundlich gesinnt war, der trotz intellektueller Begabung einen sozialen Abstieg erleiden musste. Es erzählt auch von einem tragischen Lebenswandel dieses jungen Mannes und endet dramatisch mit einem unausweichlichen Ende. »Der arme Spielmann« ist eine Geschichte die man gerne erzählt. Sie rührt und erheitert. Und genau dieses Emotionale ist es was sie so besonders macht, denn sie ist mit Herz und aus Erkenntnis geschrieben.
Sie beginnt mit einem Wiener Volksfest auf welchem der einen Straßenmusikanten entdeckt, der seine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Anders als seine Konkurrenz spielt er nach Noten und das mit ganzer Leidenschaft. Doch sein Lohn ist gleich null, wobei er schließlich die Aussichtslosigkeit seines Spiels einsieht und auf Lateinisch fluchend von danan zieht. Das Interesse seines Beobachters ist damit allerdings umso mehr angefacht. Er beschließt dem Musikanten zu folgen und herauszufinden was ein derart kultivierter Mann nur als armer Spielmann treibt. Doch der Straßenmusiker weigert sich zunächst und trifft mit dem namenlosen Erzähler eine "geschäftliche" Vereinbarung, denn er will für seine Erzählung bezahlt werden.
Geboren als Sohn eines Wiener Hofrats durchlebte er eine unbeschwerte Kindheit und scheiterte schließlich am Gymnasium. Ein einziges Wort wollte ihm nicht einfallen, dabei legte er immer großen Wert auf sein überragendes Gedächtnis und ist unfähig zu improvieren. Jakob versagt, weil er sich weigert zu akzeptieren, dass er sich etwas nicht merken konnte, dass seine Erinnerung nicht perfekt ist. Und so nimmt ihn sein Vater enttäuscht ob des Versagens seines Sohnes aus der Schule, wobei er ihn stattdessen in einer Schreibstube unterbringt. So sehr Jakob seinen neuen Beruf auch beherrscht, Grund zur Freude hat er wenig, denn nachdem seine Brüder das elterliche Haus verlassen haben, ist er vor allem allein. Sein zutiefst von ihm enttäuschter Vater hält ihn jedoch in der heimischen Enge gefangen. Ein Ausweg scheint sich anzubahnen, als er die Nachbarstochter in bezauberndes Lied summen hört und alles versucht sich dieses zu merken. Nach Jahren greift er nun wieder zur Geige, doch ihm fehlen die Noten, frei spielen kann er nicht. Seine eigene Scheu überwindend, wagt er es, Barbara anzusprechen und um Hilfe zu bitten. Sie willigt ein und verschafft ihm die Noten, wobei sich ihre Beziehung zu entwickeln beginnt. Kurz darauf stirbt der alte Hofrat und dennoch soll das nur der erste Schicksalsschlag für Jakob sein, der seine Mutter schon viel früher verloren hat.
Jakob ist ein interessanter Charakter, einerseits durch sein besonderes Gedächtnis begabt, anderenseits aber auch erschreckend lebensunfähig, ist er doch unfähig mit unvollständiger Erinnerung zu agieren, er braucht Halt, etwas Festes und unabänderliches, woran er sich orientieren kann. Die wortgetreue Wiedergabe und totale Erinnerung ebenso wie die Noten, ohne deren Hilfe er sich nicht im Stande sieht, zu spielen. Sein Spiel, auch wenn es eher schlecht ist, ist an Zwang gebunden, er kann von seinen Prinzipien nicht abweichen.
Dabei ist er noch in Barbara verliebt, wobei sich diese Beziehung schon bald als immer komplizierter entpuppt. Ein gemeinsames Leben ist ihnen nicht vergönnt und auch schafft es Jakob nicht ein zweites Mal über seinen Schatten zu springen und um sie zu werben. Darüber hinaus ist der arme Spielmann auch eine Gesellschaftskritik, denn Jakob sinkt mit der Zeit immer tiefer in seinem sozialen Status, vom Sprössling eines vermögenden Hofrates wird er zum minderen Beamten, bis er schließlich beginnt alles zu verlieren. Je tiefer er fällt, desto bedrückender werden die Schicksalsschläge, bis er dort ist, wo der Erzähler in auffindet, als Bettler auf der Straße, der sich seine Dachstube mit zwei Handwerkern teilen muss.
»Der arme Spielmann« ist eine großartige Geschichte -emotional, tiefgehend, autobiografisch, glaubhaft und einfach schön zu lesen, wenn auch zunächst sprachlich etwas gewöhnungsbedürftig und insgesamt kurz. Eine Mischung aus Autobiografie und Roman verleiht Franz Grillparzers armen Spielmann seinen unvergesslichen Charme. Doch sie zeichnet ein anderes Bild vom Wien des 19. Jahrhunderts, als etwa Arthur Schnitzler und dabei ist Franz Grillparzers Geschichte dennoch zeitlos und für Neuinszenierungen bestens geeignet.
Literatur:
Der arme Spielmann von Franz Grillparzer
Samstag, 16. Januar 2021
Franz Grillparzer 230. Geburtstag
Franz Grillparzer wurde vor 230 Jahren am 15. Januar 1791 in Wien geboren. Franz Grillparzer war ein österreichischer Schriftsteller, der vor allem als Dramatiker hervorgetreten ist. Aufgrund der identitätsstiftenden Wirkung seiner Werke wird er auch als österreichischer Nationaldichter bezeichnet. br>
1807 bis 1811 studierte Grillparzer Jura an der Unversität Wien. Als Schüler und Student erlebt er innerhalb dieser Zeit das Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation (1806) und die Besetzung Wiens durch Napoleon (1809). Das Erleben dieser Ereignisse beeinflusste Grillparzers Geschichtsverständnis und seine Dramatik. Er hielt an der Habsburger-Dynastie fest, pochte auf Tradition und lies seine dramatischen Helden am Traditionsbruch scheitern, wie etwa in »Die Ahnfrau«,(1817) und »König Ottokars Glück und Ende« (1825).
bt> Grillparzer war zunächst Hauslehrer, dann ging er an die Hofbibliothek und später an die Hofkammer.
Grillparzers poetische Anfänge wurden beeinflusst von der Romantik (die ihm die bleibende Vorliebe für die spanischen Dramatiker einprägte) und von der vorübergehenden Irrung der Schicksalstragik, der er in der Ahnfrau sein Opfer brachte. Von diesen Einflüssen konnte er sich verhältnismäßig rasch emanzipieren, nicht aber von den Verhältnissen und dem Bildungszustand seiner Heimat
Franz Grillparzers Werke sind u.a. beeinflusst von der Weimarer Klassik, der Romatik, von Shakespeare, Lope de Vega und Calderon.
In seinen Erzählungen lenkt er das Augenmerk vor allem auf die psychischen Vorgänge im Inneren seiner Helden. Gleichzeitig mit dem Einblick in das Innenleben der Schnitzlerschen Figuren bekommt der Leser aber auch ein Bild von der Gesellschaft, die diese Figuren und ihr Seelenleben prägt.
Franz Grillparzers Werke sind u.a. beeinflusst von der Weimarer Klassik, der Romatik, von Shakespeare, Lope de Vega und Calderon.
Franz Grillparzer schrieb Dramen, Erzählungen und Lyrik. Zu seinen bekanntesten Werken gehören sein Lustspiel »Weh dem, der lügt« und seine Tragödien »Sappho«, »König Ottokars Glück und Ende« und »Die Ahnfrau« (1816). »Sappho« ist eine Tragödie im altgriechischen Stil vom österreichischen Nationaldichter in Anlehnung an das Leben der großen hellenischen Poetin - quasi ein in der Klassik wurzelnder Klassiker.
Grillparzers Werk zeichnet sich durch große Gattungsvielfalt aus. So begegnet man der Schicksalstragödie, dem Trauerspiel, dem Künstlerdrama, dem Besserungsstück, der Liebestragödie sowie dem Geschichtsdrama.
Franz Grillparzer starb am 21. Januar 1872 in Wien.
»Das Versprechen« von Friedrich Dürrenmatt
Das Versprechen
»Das Versprechen« ist ein Kriminalroman von Friedrich Dürrenmatt und ein Reqiem auf den Kriminalroman mit dem Kommissar Matthäi in der Hauptrolle - bekannt geworden in der Verfilmung »Es geschah am hellichten Tag«.
Eigentlich sollte sich Kommissar Matthäi, der auf der Höhe seiner Karriere angelangt ist, zum Flug nach Jordanien fertigmachen, um dort ein ehrenvolles Amt zu übernehmen. Da erreicht ihn ein Anruf aus Mägendorf, einem kleinen Ort bei Zürich. Ein ihm unbekannter Hausierer teilt ihm mit, er habe im Wald die Leiche eines grausam verstümmelten Mädchens gefunden. Obwohl Matthais Abflug kurz bevor steht, fährt er nach Mägendorf und verspricht den Eltern des Kindes nicht zu rasten, bis er den Täter entlarvt hat.
Der Autor schafft den grandiosen Spagat, einerseits eine packende Kriminalgeschichte zu erzählen und andererseits das Genre Krimi - und dessen impliziten Ideologie einer durch Logik und Vernunft regelbaren Welt - zu kritisieren. Mit wenigen erzählerischen Pinselstrichen schafft er eine dichte und beklemmende Atmosphäre. Dürrenmatt hält sich an seine eigene Maxime für Schauspiele, dass es immer mit der denkbar schlechtesten Lösung enden muss. Wer Dürrenmnatts Maxime kennt, der weiß auch, wie das Kriminalstück ausgeht:
wenn sie ihre schlimmstmögliche Wendung genommen hat.
Ein Meisterwerk. Der Abgesang auf den Kriminalroman ist wärmstens zu empfehlen. Er ist wunderbar geschrieben - halt ein Dürrenmatt. Und dass der Schluss anders ausfällt als im Film »Es geschah am hellichten Tag«, ist insofern logisch, als hier nicht die Auflösung des Falles im Mittelpunkt steht, sondern das Versprechen und der Ermittler, der das Versprechen gegeben hat. Am Schluss regiert halt der Zufall und nicht die Ermittlungslogik.
Literatur:
Das Versprechen von Friedrich Dürrenmatt
Mittwoch, 13. Januar 2021
James Joyce 80. Todestag
James Joyce starb vor 80 Jahren am 13. Januar 1941 in Zürich. James Joyce gilt als einer der bekanntesten irischen Schriftsteller der Gegenwart.
Mit seiner, die bisherigen Konventionen des Romans brechenden, Erzählweise und seinem Stil der Darstellung von gleichzeitig ablaufenden Handlungen ("Stream of Consciousness") prägte Joyce nachhaltig die literarische Moderne.
Joyce studierte am University College von Dublin moderne Sprachen, u.a. Englisch, Französisch und Italienisch.
1902 ging er nach Paris, um ein Medizinstudium zu beginnen. Er wandte sich dort aber dem Schreiben zu und führte einen ausschweifenden Lebensstil. 1903 kehrte er nach Dublin zurück, konnte dort jedoch nicht Fuß fassen. Mit seiner Geliebten und späteren Ehefrau Nora Barnacle siedelte er 1904 auf den Kontinent über und lebte hauptsächlich in Triest.
James Joyce schrieb Kurzgeschichten und überarbeitete seinen ersten Roman »Stephen Hero«, der später als »A Portrait of the Artist as a Young Man« (»Porträt des Künstlers als junger Mann«) veröffentlicht wurde. 1914 erschien Joyces erste Kurzgeschichtensammlung »Dubliners«.
Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges zog er mit seiner Familie nach Zürich, wo sein bekanntestes Werk »Ulysses« entstand. Der Roman in Form einer Tagesbeschreibung wurde in den Jahren 1918 bis 1920 in Auszügen in der amerikanischen Zeitschrift »The Little Review« abgedruckt. 1921 wurde er wegen obszöner Inhalte verboten. 1922 erschien »Ulysses« schließlich in zensierter Buchform in der Pariser Buchhandlung »Shakespeare and Company«.
1920 zog Joyce auf Einladung seines Freundes Ezra Pound nach Paris, wo er bis zu Frankreichs Besetzung im Zweiten Weltkrieg lebte. Dort entstand sein letzter Roman »Finnegan’s Wake« (»Finnegans Totenwache«), der 1939 veröffentlicht wurde.
James Joyce wurde am 2. Februar 1882 in Dublin geboren, wo er in schwierigen und ärmlichen Familienverhältnissen aufwuchs. James Joyce gilt als einer der bekanntesten irischen Schriftsteller der Gegenwart.
Weblinks:
James Joyce-Biografie
James Joyce-Zitate
Friedrich Dürrenmatts Schweizbild
Der Autor hieße nicht Dürrenmatt, wenn er nicht sein Schweizbild und seine Haltung zur Schweiz in seinem Werk ausbreiten würde. Das Schweizbild setzt sich bei Dürrenmatt aus vielen einzelnen Aspekten zusammen, welche er in seinen Werken einer Kritik unterwirft und dabei folgende Regel befolgt:
und die Vaterlandsliebe ist immer noch eine gute Liebe,
nur muß sie streng und kritisch sein, sonst wird sie eine Affenliebe.«
Die Schweiz ist eine führende Wirtschaftsnation unter strikter Wahrung der Neutralität, aber mit zweifelhaften Wirtschaftspraktiken. Immer wieder schildert er die Schweiz als Wirtschaftsnation, verwickelt in kriminelle Geschäfte.
kann politisch nicht als Jungfrau auftreten.«
Mit »Frank der Fünfte. Oper einer Privatbank« entwarf Dürrenmatt schon 1959 das wüste Bild einer Schweizer Finanzindustrie, die kriminelle Aktivitäten als ihr Kerngeschäft versteht, und auch «Der Besuch der alten Dame», Dürrenmatts erfolgreichstes Bühnenstück, ist eine Parabel der Käuflichkeit voller gemütlichem Lokalkolorit.
Bereits in seinem ersten Welterfolg, »Der Richter und sein Henker«, erschien die Schweiz als schillerndes Zwitterreich aus ländlicher Gemütlichkeit und internationalem, zynisch protegiertem Wirtschaftshub. Dürrenmatts bevorzugte Metapher für den komplexfreien helvetischen Geschäftssinn ist der Waffenhandel oder gleich das internationale Verbrechersyndikat, nicht nur in »Der Richter und sein Henker«, sondern auch in den grossen philosophischen Kriminalromanen des Spätwerks, »Justiz« und »Durcheinandertal«.
Aber Dürrenmatt war auch deshalb besonders hellhörig für die Auswirkungen des Verschontgebliebenseins auf die nationale Psyche, weil es für seinen eigenen Werdegang so entscheidend war. Die Schweiz «war einfach von der Weltgeschichte vergessen worden, dispensiert, sitzen gelassen, als Fossil behandelt — auch das kommt ja vor». So beschreibt Dürrenmatt sein Lebensgefühl in den letzten Kriegsjahren.
eine belagerte Festung oder eine Produktionsstätte für Hitler.«
Die Metapher von der Schweiz als Gefängnis – und ganz allgemein das Labyrinth, das Stollensystem, das Spiegelkabinett als Bild der Verworrenheit und Bedrängnis der menschlichen Existenz – wurde ein Leitmotiv des Dürrenmatt'schen Werks.
Aus dem Gefangensein in der Neutralität wollte Dürrenmatt ausbrechen - und die Schriftstellerei schien ihm dazu der einzige Weg:
Die Welt, die ich nicht zu erleben vermochte, wenigstens zu erdenken, der Welt Welten entgegenzusetzen, die Stoffe, die mich nicht fanden, zu erfinden.«
Wie unverständlich Dürrenmatt jedoch bis zuletzt für seine Miteidgenossen geblieben ist, das zeigte der krachende Skandal, mit dem er von der Bühne abtrat. Seine Rede »Die Schweiz – ein Gefängnis«, die er drei Wochen vor seinem Tod zu Ehren von Vadav Havel hielt, wurde ihm vom politischen Establishment derart verübelt, dass der anwesende Alt-Bundesrat Furgler danach den Handschlag verweigert haben soll.
Natürlich war es ein – typisch Dürrenmatt'sches – Bubenstück, ausgerechnet in einer Hommage an Havel, der jahrelang in sehr realen tschechoslowakischen Gefängnissen zugebracht hatte, das Land Schweiz als grosses Gefängnis darzustellen, das sich dadurch auszeichne, dass alle Insassen zugleich ihre eigenen Wärter seien. Die damals brodelnde Fichenaffäre – es gab eine dicke Dürrenmatt-Fiche – dürfte das ihrige dazu beigetragen haben, dass in der Havel-Rede die Schilderung des verwirrlichen Schweizer Gefängnissystems gar nicht mehr aufhören wollte.
Weblinks:
Friedrich Dürrenmatt-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de
Friedrich Dürrenmatt-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de
Dürrenmatts Schweizbild - www.mrkunz.ch
Samstag, 9. Januar 2021
»Der Richter und sein Henker« von Friedrich Dürrenmatt
Der Richter und sein Henker
Hans Bärlach ist ein alter Kriminalkommissar in Bern - ein Kommissär, wie es Bernerischen heißt. Sein bester Mitarbeiter, Ulrich Schmied, wird auf einer Landstrasse vor Twann erschossen aufgefunden. Dürrenmatts Kommissar bärbeißiger Bärlach gehört nicht zu den strahlenden Helden der Kommissars-Zunft. Er ist ein schwerkranker Misanthrop aus Erfahrung, der im günstigsten Fall noch ein Jahr zu leben hat. Friedrich Dürrenmatts Kommissär Bärlach ist eine Kriminalfigur, die stark autobiographische Elemente offenbart.
Ein junger und ehrgeiziger Polizist ist erschossen worden. Ort des Verbrechens ist die Twannbachschlucht in der beschaulichen Westschweiz. Kommisär Bärlach sucht den Mörder seines geschätzen Kollegen. Abgründe tun sich auf, auch bei den polizeilichen Ermittlungen.
ohne Rücksicht darauf, daß ich einen bestimmten Verdacht habe.«
Wenn der, den ich verdächtige, der Mörder ist, werden sie Selbst auf ihn stoßen.«
Kommissar Bärlach hat einen unbegründeten Verdacht, dem er nachgeht und von dem er weiß, dass er möglicherweise richtig liegt. Im Laufe des Romans sammelt Kommissar Bärlach Indizien, deren "Sammlung" beim ersten Lesen unbegründet erscheint, da sich Bärlachs Vorgehensweise erst am Ende des Romans aufklärt.
Schnell begreift der Leser, dass Bärlach viel mehr weiß und mit äußerster Berechnung vorgeht. Unbeantwortet bleibt, wie er über die Hintergründe der Tat im Bilde sein kann. Dieser kantige, eigenbrödlerische Polizist lockt den faszinierten Leser immer tiefer in den Roman hinein. Atemlos verfolgt der Leser Schritt um Schritt den beharrlichen Kömmisär.
Um keinen Preis lässt dieser zu, dass jemand seine Pläne durchkreuzt. Selbst Bärlachs Vorgesetzter unterlässt es, Anweisungen zu geben, weil er dessen fehlende Einsicht und Sturheit fürchtet. Die nüchterne und kantige Sprache Dürrenmatts spiegelt schnörkellos den Charakter des Ermittlers wieder.
man erschießt mal nun keinen Hund, wenn Bach gespielt wird.
Der Autor zeichnet sein Bild der Schweiz in den 50er Jahren und feuert immer wieder feine Spitzen gegen den Staat, Gesellschaft und die Polizei ab. Ohne Überheblichkeit begreift sich Dürrenmatt absolut als Teil dieser Gesellschaft. Sein alter ego im Roman, der Kommissär Bärlach, lebt in Bern, „dieser verschlafenen, biederen Stadt, von der man nie recht weiß, wieviel Totes und wieviel Lebendiges eigentlich noch an ihr ist."
Vor der Forderung der Gerechtigkeit gibt es keine Neutralität. Von dieser Maxime wird schon »Der Richter und sein Henker« bestimmt, das in der Bundeshauptstadt des Jahres 1948 spielende Kriminalstück, in dem die Protagonisten nach langen Auslandsaufenthalten mehr oder weniger gezwungenermassen wieder in der Schweiz gelandet sind, hadernd mit dem Leben in der Provinz.
Der bärbeissige Kommissar Bärlach, der sich zum selbsternanten Richter und Henker erhebt, bringt zwar den Bösewicht und Waffenhändler Gastmann zur Strecke, aber nur um den Preis, daß er ihn exekutieren lässt für ein Verbrechen, das Gastmann gar nicht begangen hat. Wer dem Unrecht entgegentreten will, muss sich die Hände schmutzig machen, sich kompromittieren. Obwohl Dürrenmatt sich immer mit Schaudern dagegen verwahrte, ein engagierter Literat zu sein, und sich damit dezidiert von Brecht und zeitweilig auch von Max Frisch absetzte - einfach weil er nie an die Reinheit politischer Lehren geglaubt hat, für die er sich hätte engagieren können -, gab es für ihn auch keine künstlerische Warte, die frei schwebend und «neutral» über den Dingen gestanden hätte.
Friedrich Dürrenmatt schrieb auch erfolgreiche Kriminalromane, die einer eigenen kriminalistischen Logik folgen. Dieser Kriminalroman zeichnet sich dadurch aus, dass er die üblichen Genre-Erwartungen enttäuscht, dafür aber durch Ironie und Groteske neue und überraschende Spannungsmomente schafft. Ausgangspunkt der Kriminalromane von Friedrich Dürrenmatt ist die Nichtberechenbarkeit der Welt.
Damit verletzt er die üblichen Regeln des Genres, das die Berechenbarkeit des menschlichen Handelns und die innere Ordnung der Welt durch ausgleichende Gerechtigkeit voraussetzt. In Dürrenmatts Kriminalromanen - wie auch in seinen Dramen - spielt der Zufall die Hauptrolle.
Bis auf ein paar Schweizer Spezialitäten wie z.B. die Jura-Frage oder Ortsnamen alles ohne Nachschlagen auch von Lesern, die keinerlei Alemannisch oder Schweizerdeutsch verstehen, bewältigt werden kann. Das Atmosphärisch-Schweizerische, das unter Anderem auch den Reiz des Buches ausmacht, kommt aber keineswegs zu kurz.
Der Leser erfährt im Roman, daß die Schweiz eine auf Vertraulichkeit und Verschweigenheit bsaierende Gesellschaft ist, welche in ihrer Kriminalistik nicht auf dem neuesten Stand ist und spart dabei nicht mit Spott: Die ganze Polizei muß aus kriminalistischer Ahnungslosigkeit abdenken.
Dürrenmatt hält sich an seine eigene Maxime für Schauspiele, dass es immer mit der denkbar schlechtesten Lösung enden muss. Wer Dürrenmnatts Maxime kennt, der weiß auch, wie das Kriminalstück ausgeht:
wenn sie ihre schlimmstmögliche Wendung genommen hat.
Nach zwei Theaterstücken und zwei Erzählungen veröffentlichte Friedrich Dürrenmatt 1950/51 den Kriminalroman „Der Richter und sein Henker“ als Fortsetzungsgeschichte in der Zeitung »Der Schweizerische Beobachter«. 1952 erschien die Buchausgabe. Damit schaffte er den Durchbruch.
Literatur:
Der Richter und sein Henker von Friedrich Dürrenmatt
Der Richter und sein Henker von Friedrich Dürrenmatt
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