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Mittwoch, 21. Dezember 2011

Vaclav Havel »Fassen Sie sich bitte kurz«

Václav Havel zieht in »Fassen Sie sich bitte kurz« in Gedanken und Erinnerungen die politische und zugleich sehr persönliche Bilanz eines Dichters, der vom Dissidenten zum Präsidenten wurde und Weltgeschichte schrieb. Der Titel des Buches ist etwas trügerisch, denn seine Bilanz ist kein Thema, um sich kurz fassen zu können.

Die Veröffentlichungen basieren auf Interviews, welche der Journalist und Vertraute Karel Hvížd´ala mit Vaclav Havel geführt hat. Dem Interviewpartner, der als Stichwortgeber fungiert, ist der Buchtitel gewidmet. Die den Interviews zwischengeschalteten Aktennotizen und Selbstreflexionen erlauben sie doch tiefe Einblicke in das Wesen Havels, dieser Mischung aus künstlerischer Sensibilität, Lebenslust und Lebensklugheit und sind in ihrer intimen Offenheit fast spannender als der Fragenmarathon selbst.

Havel collagiert in diesem im Stil der Befragung geschriebenen Buch seine schriftlichen Antworten auf Fragen eines tschechischen Journalisten mit Instruktionen und Berichten an seine Mitarbeiter in der Zeit seiner Präsidentschaft und mit tagebuchartigen Passagen aus der Gegenwart.




Fassen Sie sich bitte kurz








"Fassen Sie sich bitte kurz"
von Vaclav Havel



Rowohlt-Verlag,
Taschenbuch, 16. März 2007,
19,90 EUR.

ISBN-13: 978-3498029906





Václav Havel blickt auf seine Amtszeit zurück und gewährt dabei auch Einblicke in sein Innenleben. Noch einmal durchleben man die Schicksalsstunden, aus denen der ehemalige Dissident und Häftling zur identitätsstiftenden Lichtgestalt emporwuchs. Das Leben auf der Burg, umgeben von Hofschranzen und loyalen Mitarbeitern. Die Geburtswehen Tschechiens und der Slowakei. Das Leben an der Seite zweier starker Frauen (die „pikanten Themen“). Havels lebensbedrohende Erkrankung und seine Depressionen.

Am Ende schreibt der verletzliche, aber stets Haltung bewahrende Sympathieträger dem Vereinigten Europa einige nachdrückliche Gedanken in Sachen Ost-Erweiterung und Globalisierung ins Poesiealbum.

Es sind gerade die Erinnerungen mit den kleinen, oft sehr komischen Alltagsgeschichten, die einem Havel ganz nahe bringen. Havels Understatement, sein Witz, seine ganz beiläufig wirkende Formulierungskunst, seine Selbstironie und seine Ernsthaftigkeit, machen sein Buch lesenswert und sympathisch.

Montag, 19. Dezember 2011

Václav Havel ist tot

Vaclav Havel


Der frühere tschechische Staatspräsident Václav Havel ist tot. Der einstige Dramatiker und Held der antikommunistischen Bewegung starb am Sonntag früh mit 75 Jahren in seinem Wochenendhaus im Norden Tschechiens.

Vaclav Havel war ein Präsident wider Willen, denn seiner Berufung nach war er immer ein Dichter. In seinem Werk verarbeitete er die erzwungene Entfremdung durch das Leben in der sozialistischen Diktatur. Sein bestimmendes Thema war die Absurdität des Lebens im Kommunismus.

Der einstige Dissident zählte zu den Anführern der "Samtenen Revolution" 1989, in deren Verlauf die kommunistische Führung der damaligen Tschechoslowakei gestürzt wurde. Die Symbolfigur des gewaltlosen Widerstands wurde noch im selben Jahr zum Präsidenten gewählt. Nach der Teilung des Landes wurde Havel 1993 Staatschef von Tschechien und blieb bis 2003 im Amt.


In der Tschechoslowakei avancierte der Autor durch seinen permanenten Konflikt mit den sozialistischen Machthabern zu einer Art Volkshelden, der seine Erfahrungen literarisch verarbeitete. Später erlebte Vaclav Havel einen Wandel von Theaterautor zum engagierten Bürgerrechtler.

Was das Absurdeste in seiner Amtszeit gewesen sei, wurde Václav Havel einmal gefragt. Die Antwort: Dass er so lange Staatspräsident war, und dann noch einer von zwei Staaten: Erst der Tschechoslowakei und dann, ab 1993, der von Tschechien.

Bereits während seiner Amtszeit kämpfte Havel mit großen gesundheitlichen Problemen. Als Folge seiner jahrelangen Gefängnisaufenthalte unter dem kommunistischen Regime litt er unter einer chronischen Atemwegserkrankung. Zudem wurde er, der jahrzehntelang starker Raucher war, 1996 wegen Lungenkrebs operiert. Zwei Jahre später überlebte er einen Herzinfarkt.

In Tschechien herrscht grosse Trauer um den tschechischen Ex-Präsidenten. Politiker in Tschechien und in anderen europäischen Staaten reagierten mit großer Bestürzung auf den Tod Havels. Bundeskanzlerin Angela Merkel würdigte in einem Kondolenzschreiben an dessen Nachfolger Vaclav Klaus Havels Einsatz für Freiheit und Demokratie.

Manchmal kam er sich wie in einem seiner absurden Stücke vor. Daß die Theaterwelt nicht unbedingt der Realität gleicht, hat sich für Havel im politischen Alltag als wertvolle Erfahrung erwiesen. Daß seine Landsleute möglicherweise zu wenig aus seinen politischen Stücken gelernt haben, geht aus der Verlangsamung des Wertewandels und des moralischen Wandels hervor. Havel gesteht, er komme sich als Präsident wider Willen manchmal selber vor, wie eine der Figuren aus seinen (absurden) Stücken.

Als politisqhe Figur glich der Präsident einem (Staats-) Schauspieler, dem die Bühne zu klein geworden ist. Die Popularität Havels im Ausland erhielt jedoch ihm auch zu Hause Sympathiewerte, die nur denen des Ministerpräsidenten Klaus glichen.

Weblink zum Tode von Vaclav Havel:

Vaclav Havel gestorben - www.tagesschau.de

Ein Vorbild an Moral und Menschlichkeit - www.tagesschau.de

Václav Havel ist tot - www.dw-world.de




Weblinks:

Václav Havel-Biografie - www.die-biografien.de

Václav Havel-Zitate - www.die-zitate.de



Blog-Artikel:

Václav Havel wird 75 - Geburtstag des tschechischen Präsidenten

»Largo desolato«

»Das Gartenfest«




Freitag, 4. November 2011

Tschechischer Schriftsteller Jiri Grusa gestorben

Der tschechische Schriftsteller und Diplomat Jiri Grusa ist tot. Der 1938 im böhmischen Pardubice geborene Autor promovierte 1962 an der philosophischen Fakultät der Prager Universität und trat als Lyriker und Erzähler hervor.

Nach dem Ende des Prager Frühlings erhielt er 1969 ein Veröffentlichungsverbot. Als Unterzeichner der <b>»Charta 77«</b> ging er 1978 ins Exil, zunächst nach Kanada, dann nach Deutschland.

Von 2004 bis 2009 war Grusa Präsident des internationalen PEN-Clubs. Zuvor war der ehemalige Dissident und enge Vertraute von Vaclav Havel Botschafter seines Landes, unter anderem in Deutschland. Zuletzt lebte Grusa in der Nähe von Bonn. Am 28. Oktober 2011 ist er im Alter von 72 Jahren gestorben.

Mittwoch, 5. Oktober 2011

Václav Havel 75. Geburtstag

Vaclav Havel

Vaclav Havel stand immer in dem Ruf, ein großer Moralist zu sein und mit seinen Ansichten quasi in moralisch höheren Sphären als den irdischen zu schweben. Er schien immer der Verkünder einer besseren Welt zu sein, an der es lag sich selbst in Freiheit zu verwirklichen.

In der Tschechoslowakei avancierte der Autor durch seinen permanenten Konflikt mit den sozialistischen Machthabern zu einer Art Volkshelden, der seine Erfahrungen literarisch verarbeitete. Ferdinand Vanek brachte es wie sein Schöpfer in seiner Heimat längst zum Status einer Kulturfigur.

Vaclav Havel

Die Rezeption Havels und seine Popularität blieben nicht auf den Dramatiker beschränkt. Je stärker er sich aus seinem anfänglich eng umrissenen Theaterhorizont löste, desto mehr zog er die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich. Für die kommunistischen Diktatoren war der Bürgerrechtler einer der meistgefürchteten Regimekritiker.

Havel wirkte entscheidend an der „Samtenen Revolution“ in der Tschechoslowakei mit. Er gilt als Symbolfigur der „Samtenen Revolution“. Er war das Aushängeschild und der charismatische Führer des gewaltlosen Umsturzes.

Am 29. Dezember 1990 wurde er vom Parlament zum Präsidenten gewählt. Die „Samtene Revolution“ hatte endgültig gesiegt. Von 1990 bis 1993 war er Präsident der tschechoslowakischen Republik. Von 1993 bis 2003 war er Staatspräsident Tschechiens. Er verkörperte die Hoffnungen der Tschechen auf einen demokratischen Neuanfang. Seither betätigt er sich publizistisch für Tschechiens Integration in Europa, mit der der derzeit amtierende Staatspräsident Vaclav Klaus auf Kriegsfuß steht.



Für die Tschechen ist Václav Havel ganz gewiss eine der wichtigsten Figuren des 20. Jahrhunderts. In seiner Amtszeit entwickelte sich Tschechiens Integration nach Europa. Der Dissident im Ruhestand genießt längst den Rang einer Kultfigur. Václav Havel ist eine starke Persönlichkeit, der man mit vollem Respekt begegnet.

Vanek-Trilogie Audienz - Vernissage - Protest und Versuchung - Sanierung: Audienz - Vernissage - Protest und Versuchung, Sanierung. Theaterstücke Das Gartenfest. Die Benachrichtigung: Zwei Dramen. Essays. Antikoden Largo Desolato: Schauspiel in sieben Bildern


Manchmal kommt er sich wie in einem seiner Stücke vor. Daß die Theaterwelt nicht unbedingt der Realität gleicht, hat sich für Havel im politischen Alltag als wertvolle Erfahrung erwiesen. Daß seine Landsleute möglicherweise zu wenig aus seinen politischen Stücken gelernt haben, geht aus der Verlangsamung des Wertewandels und des moralischen Wandels hervor.

Havel gestand einmal, er komme sich als Präsident wider Willen manchmal selber vor, wie eine der Figuren aus seinen (absurden) Stücken. Als politisqhe Figur gleicht der Präsident einem (Staats-) Schauspieler, dem die Bühne zu klein geworden ist. Die Popularität Havels im Ausland erhält jedoch ihm auch zu Hause Sympathiewerte, die denen des Ministerpräsidenten Klaus gleichen.

Weblinks:

Václav Havel-Biografie - www.die-biografien.de


Václav Havel-Zitate - www.die-zitate.de

Donnerstag, 25. August 2011

»Das Gartenfest« von Václav Havel

Václav Havel

Vaclav Havel ist ein Vertreter des absurden Theaters und seine Erzählwerke stehen in dessen Tradition. Bestimmendes Grundthema in Havels dramatischem wie essayistischem Werk – als Ursache der Absurdität – war die Entfremdung des heutigen Menschen von der von ihm genannten Lebenswelt, einer Idealvorstellung der Menschen auf Erden.

Diese werde dadurch hervorgerufen, dass in der aufgeklärten Fortschritts-Gesellschaft die Wissenschaft die Position der obersten Instanz, die zuvor dem unbekannten Höheren - Gott oder ähnlichem - vorbehalten war, eingenommen hat.

1960 kam der junge Autor am Prager »Theater am Geländer« unter. Angestellt wurde er als Bühnenarbeiter. Doch Havel gelang es, die Schere zwischen zugewiesener sozialer Rolle und selbst bestimmter Identität zu schließen: Er setzte sich als Dramaturg und Hausautor des Theaters durch. Sein erstes abendfüllendes Stück war »Das Gartenfest«. Es geht darin, wie könnte es anders sein, um einen Menschen, der seine Identität verliert - gefangen im Mechanismus der Phrase.

Was kann es denn anderes sein als eine Parodie, wenn Vaclav Havel die Phrasen von Parteifunktionären zum Inhalt eines Theaterspiels macht. Václav Havels als »Spiel« bezeichnetes Drama »Das Gartenfest« ist eine Satire auf die vom Staat geforderte Phraseologie, die sich als Sprache verselbständigt, alles überwuchert und die Menschen zu blossen Erfüllungsgehilfen einer totalitären Ideologie abstempelt.

Im Mittelpunkt eines undurchschaubaren Machtkampfes zweier verfeindeter Funktionärs-Gruppierungen steht ein junger Mann namens Hugo Pludek. Er wird eines Tages mit einer "außergewöhnlichen Aufgabe" betraut, nämlich "auf den Trümmern des ehemaligen Amtes für Auflösung und des ehemaligen Eröffnungsdienstes ein neues, großes Amt aufzubauen: Die Zentralkommission für Eröffnung und Auflösung".




Auf einem Gartenfest sind die Funktionäre des Amts für Eröffnung und des Amts für Auflösung vertreten, einer dem andern misstrauend. Der junge Hugo fügt sich schnell in diese Gesellschaft ein und entwickelt sein Projekt eines Amts für Eröffnungs-Auflösungs-Eröffnung, das alle in Unkenntnis ihres eigentlichen Zweckes überschwänglich loben, weil es niemand so richtig durchschaut. Obwohl niemand so richtig weiß, was das sein soll, und wer dann wen schulen soll, aber der Plan wird gut geheißen. Schnell wird der mit Opportunisten konfrontiert, die sich allesamt als nonkormistisch empfinden und ihr Arrangement mit dem tyrannischen Staat mittels selbsttrügerischer Leerformeln verteidigen.

Václav Havel zeigt in seinem Drama auf, wie die vom Staat geforderte Sprache den Menschen durchdringt, wie diese Durchdringung der Sprache sich verselbständigt und dann schliesslich zur leeren Phraseologie wird, die keiner mehr durchschaut. Es zeigt die Entfremdung des heutigen Menschen von der sogenannten Lebenswelt deutlich auf.



Weblink:

Hintertürchen und so weiter - www.nachtkritik.de



Gartenfest
von Vaclav Havel

Dienstag, 1. März 2011

"Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk" 1921 erschienen

Am 1. März 1921 erschienen "Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk" des tschechischen Schriftstellers Jaroslaw Hasek. "Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk" gehören zu den größten Satiren der Weltliteratur und das nicht ohne Grund, denn Jaroslav Hasek hat mit diesem Werk eine Satire auf die gesamte Militärmaschinerie der damaligen k.u.k.-Monarchie geschriben.

Josef Schwejk ist von Beruf Hundehändler und gehört der untersten Volksschicht an. Des weiteren ist er laut amtlicher Bescheinigung schwachsinnig. Er wird zum Militär eingezogen und kämpft dort „den Kampf des kleinen Mannes".


Mit entwaffnender Naivität und unbesiegbarer Blödheit bekundet Schwejk jederzeit überschwenglich seine Loyalität mit dem System und nimmt jeden Befehl buchstäblich. Genau so führt er ihn dann auch aus. Dadurch enthüllt er die gesamte Lächerlichkeit des Militärapparates einschließlich der patriotischen Parolen und wirft die Fragwürdigkeit der unbestrittenen Autorität auf.

An der welthistorischen Bedeutung seines Helden hat Hasek nie gezweifelt. Schon kurz nach dessen Erscheinen pries er den Schwejk auf einem Werbeplakat als "eines der bedeutendsten Werke der Weltliteratur". Erlebt aber hat er es nicht mehr. Ohne seinen berühmten Roman zu Ende diktiert zu haben, starb Jaroslav Hasek am 3. Januar 1923. Schon kurz danach beginnt der Siegeszug des Josef Schwejk um die Welt.


"Melde gehorsamst, Herr Oberleuntnant, ich bin der Schwejk!" Mit diesen Worten sorgt der Hundehändler Josef Schwejk ab Dienstag den 1. März 1921 in den Kneipen Prags für herzhaftes Gelächter. Sein Schöpfer hat nämlich gemeinsam mit drei Freunden eine Gesellschaft gegründet, die den Roman in Form von Fortsetzungsheften verlegt und in Gasthäusern kolportiert.

Samstag, 15. Januar 2011

Erinnerungen an Bohumil Hrabal

Bohumil Hrabal war ein tschechischer Schriftsteller. Der Prager Schriftsteller gilt als einer der bedeutendsten tschechischen Autoren des 20. Jahrhunderts. Hrabal war ein Schriftsteller mit durchaus schwejkschen Zügen, denen er auch seine große Beliebheit verdankt.

Bohumil Hrabal wurde jedoch nicht als moderner Schwejk geboren und fand erst spät im Jahr 1953 zum Beruf des Schriftstellers. Zuvor arbeitete er in zahlreichen Berufen. Seine beruflichen Tätigkeiten wechselten zwischen Versicherungsagent, Handelsreisender und schließlich Hilfsarbeiter in einer Stahlhütte (ab 1949), und dann nach einem schweren Unfall von 1953 bis 1959 als Verpacker von Altpapier in einem Rohstoff-Sammellager. Seine Tätigkeiten machte Hrabel später zu Literatur.

1963 erschien seine erste Erzählung Perlchen auf dem Grund erscheint; rasch folgten von 1964-68 »Die Bafler«, »Tanzstunden für Erwachsene und Fortgeschrittene«, »Inserat. verkaufe Haus, in dem ich nicht mehr wohnen will, Moritaten und Legenden und andere Texte«, die zum Teil auch verfilmt wurden.

Ab 1970 durfte er für einige Jahre nicht mehr publizieren und schrieb daher in Samisdat- oder Exil-Zeitschriften. 1975 veröffentlichte er in der Zeitschrift »Tvorba« einen selbstkritischen Aufsatz, der es ihm unter teilweise strenger Aufsicht der Zensur ermöglichte, wieder zu publizieren. Eine Reihe seiner Werke wurde vom Verlag Pražská imaginace ("Prager Imagination") herausgegeben. In den Jahren 1991 bis 1997 erschien dort sein gesammeltes Werk in 19 Bänden.

Bis 1975 wurde ein Publikationsverbot verhängt. Eine Auswahl seiner Texte konnte jedoch im Ausland, darunter in der DDR und in der Bundesrepublik erscheinen. Von 1982 bis 1985 entstand die autobiographische Trilogie »Hochzeiten im Haus«. 1987 starb seine Ehefrau. Noch vor der politischen Wende erschien 1988 der autobiographische »Mädchenroman« in Kanada in einem Exilverlag.

Weblinks


Literatur von und über Bohumil Hrabal im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek

Bohumil Hrabal Biografie - Suhrkamp-Verlag
http://www.odaha.com/bohumilhrabal.php eine (tschechische)Hrabal-Biografie, Bibliographie, Fotos
http://hrabal.eunet.cz/hrabal/bh.htm eine umfangreiche
Materialsammlung der Bohumil-Hrabal-Gesellschaft (tschechisch)

Freitag, 10. Dezember 2010

»Kafka: Die Jahre der Erkenntnis« von Reiner Stach

Kafka: Die Jahre der Erkenntnis
Kafka: Die Jahre der Erkenntnis

»Kafka: Die Jahre der Erkenntnis« ist eine gelungene und hoch gelobte Biografie über Franz Kafka. Das Werk zeigt seinen letzten Lebensabschnitt als Biographie in deutscher Sprache und liefert zugleich ein Panorama seiner Zeit, so nah am Zeitgeschehen, als wäre man selbst dabei.

Dieser hoch gelobte Band im Rahmen eines auf drei Bände angelegten Werkes behandelt die Jahre von 1916 bis zu Kafkas Tod 1924 ― eine Zeit, in der Kafkas vertraute Welt unterging, politisch ebenso wie physisch.
Er war nun deutscher Jude mit tschechischem Pass, und er litt an einer Krankheit, welche die seit Jahren erträumte literarische Existenz unmöglich machte. Beides steigerte seine Hellsicht: Für Kafka wurden es die Jahre der Erkenntnis.

Reiner Stach beschreibt Kafka deutlich als einen Mann, dem die Liebe über alles geht und zum bestimmenden Prinzip wird. Das Schreiben hilft ihm das Lieben zu ertragen. In dem Punkt ist Kafka der schreibende Zwilling van Goghs. Es ist bestimmt kein Zufall, daß diese beiden Menschen, die aus der Not der Liebe ihre Kunst geschaffen haben, heute als die größten Seelen in ihrem Metier gelten.

Was Franz Kafka an Literatur geschrieben hat, ist einzigartig und der Begriff "kafkaesk" trifft seine Ausnahmestellung. Doch in seinem eigenen Leben ist sein Lieben viel bedeutender als sein Schreiben. Das hat auch damit zu tun, daß sein Genie so lange nur von wenigen erkannt wurde. Was wohl auch gut war: denn was wäre aus Kafkas Kunst geworden, wenn sie, so wie heutzutage üblich medial breitgetreten worden wäre?

Reiner Stach schafft es in diesem Buch, wie auch schon im letzten, Intimität zu erzeugen. Genau das ist auch Kafkas Botschaft. Intimität verbindet sowohl Liebe als auch Kunst mit Seele und erst durch diese Verbindung wird das persönliche zum allgemeinen.

Die auf drei Bände groß angelegte Kafka-Biographie von Reiner Stach übt eine sogartige Wirkung aus. Vor allem die szenische Vergegenwärtigung, die bisweilen an die Erzählformen des Films erinnert, führt sehr nahe an Kafkas private Existenz und eröffnet zugleich das Panorama seiner Zeit.

Weblink:

Kafka: Die Jahre der Erkenntnis
Kafka: Die Jahre der Erkenntnis
von Reiner Stach

Montag, 13. Februar 2006

Frühwerk Vladimir Holans erstmals übersetzt »Gesammelte Werke, Band 1« (K)

Vladimír Holan

Fast 26 Jahre nach dem Tod des tschechischen Dichters erscheint jetzt der erste Gedichtband von Vladimir Holans »Gesammelte Werke«. Bis in das Jahr 2029 sollen laut Übersetzer und Herausgeber Urs Heftrich im Zwei-Jahres-Rhythmus dreizehn weitere Bände folgen.

Lyrik 1: 1932 – 1937

Vladimír Holans so genanntes kanonisches Frühwerk umfasst die Bände Das Wehen (Vanutí, 1932), Der Bogen (Oblouk, 1934) und Stein, kommst du… (Kameni, přicházíš…, 1937). Der Lyrikband Das Wehen (Vanutí) ist eigentlich Holans dritte Gedichtsammlung, jedoch die erste, die im Nachhinein vor der Selbstkritik des Dichters bestehen kann. Von den früheren beiden Lyrikbüchern Der schwärmerische Fächer (Blouznivý vějíř, 1926) und Triumph des Todes (Triumf smrti, 1930) distanziert er sich später. Mit seinem Frühwerk tritt Holan das Erbe der Symbolisten und ihrer Nachfolger an und verweigert sich dem Poetismus, in dessen Zeichen noch sein Debüt steht. Seine Verse sind nun nicht mehr leicht, optimistisch, erotisch und der zweckfreien Ästhetik gewidmet, sondern zeichnen sich durch Formstrenge, metaphysischen Ernst, Dunkelheit und Tragik aus. Damit entdeckt Holan die poésie pure wieder und knüpft an Dichter wie Stéphane Mallarmé, Rainer Maria Rilke und Paul Valéry an.


Die Lyrikbände Das Wehen (1932), Der Bogen und Stein, kommst Du sind als Band 1 der Gesammelten Werke Vladimir Holans (1905-1980) zusammengefasst. Bis ins Jahr 2029 sollen im Zwei-Jahres-Rhythmus dreizehn weitere Bände folgen, darunter acht weitere Lyrikbände, drei mit epischen Dichtungen und zwei Prosa-Bände.

Diese übersetzerische Mammutprojekt ist dem Heidelberger Slawisten Urs Heftrich zu verdanken, der zusammen mit dem tschechischen Bohemisten Michael Spirit erstmals vollständig in einer Fremdsprache das Gesamtwerk des Tschechen zugänglich macht.

Die erwähnten drei Lyrik-Bände, die als Band 1 erscheinen, waren nicht die ersten Veröffentlichungen Holans, doch sie bilden sein kanonisches Frühwerk und sind ebenfalls erstmals übersetzt worden. Diese späte Rezeption im Ausland liegt nicht an der Qualität der Verse – Holan gilt in seiner Heimat als einer der größten Dichter und hätte ebenso wie sein Freund und Weggefährte Jaroslav Seifert den Literaturnobelpreis verdient – sondern an den Schwierigkeiten einer Übertragung der Lyrik Holans, die als hermetisch, dunkel, tragisch und schwer verständlich gilt. Doch wie bereits der vorliegende erste Band beweist, zeigen seine Gedichte sehr viel mehr Facetten.

Jaroslav Seifert: „Weil sie vermutlich neugierig sind, wer von uns damals der beste Dichter war, will ich es Ihnen gleich verraten: Vladimír Holan, der schwarze Engel.“

Nach einer ersten Phase unter dem Einfluss des tschechischen Poetismus, einer Avantgardeströmung mit spielerischem und lebens- und lustbetontem Ansatz in den 20er Jahren, entdeckte Holan bald das Werk von Mallarmé, Rilke und Valery und entwickelte auf dieser Grundlage einen eigenen Stil, der ihn zum führenden Vertreter der „poésie pure“, der reinen Dichtung machte: Er experimentierte im klassizistischen Gewand mit Sprachdeformationen, erfand grammatikalische Eigenwilligkeiten, gedankliche Paradoxien, Neologismen, frönte dem freien Spiel der Klänge.

Inhaltlich umkreiste er das dichterische Schaffen an sich, die Frage nach der Inspiration, die Beziehung zwischen realer und transzendenter künstlerischer Welt. Das Gedicht „Abend“:

"Wir dauern durch das Glänzen von Phantomen! Gierig und erschreckt!
So haben wir am Tanze teil, wo schon Pfeile zielen
um uns das Gift der Zärtlichkeit ins matte Fühlen
zu jagen, das den Rausch erweckt."

Früh und geradezu radikal entschied sich Holan für seine Dichter-Berufung: Ein Jura-Studium brach er nach dem ersten Semester ab. Der Plan, durch eine Beamtentätigkeit beim Prager Allgemeinen Pensionsinstitut mehr Zeit und Ruhe für seine Gedichte zu finden, scheiterte. Holan ließ sich, gerade mal 30 Jahre alt, frühpensionieren, um nur noch zu schreiben.

Unter dem Eindruck der politischen Entwicklungen verließ Holan seinen lyrischen Elfenbeinturm. Er reagierte in der zweiten Hälfte der 30er Jahre auf den spanischen Bürgerkrieg und die Bedrohung der Tschechoslowakei durch den Nationalsozialismus.

„An die spanischen Arbeiter“:
"Mit euch vereint, mit euch auch attackiert
will ich sie donnern hören, die Antennen
wer euch für Früchte hielt, der spürt
den harten Kern, der lernt euch kennen"

Holans Verse werden formal einfacher, verständlicher und klarer, doch sie bedienen sich immer noch einer ganz eigenen Bildsprache. In dem Gedicht „Europa 1936“ heißt es zum Beispiel:

"So wie ein Kind bei seiner Scheibe weißen Brots
die Rinde bis zum Schluss bewahrt
so wird die Zeit, gerüstet, auch vom Mond abbeißen.
Stück für Stück. Die Sichel blieb noch aufgespart."

Die Befreiung durch die Rote Armee begrüßte Holan mit großer Begeisterung – auch in seinen Versen – doch unvorsichtige Bemerkungen über die Befreier in seinem nun schon erzkommunistischen Heimatland des Jahres 1949 brachten ihm eine Denunziation und ein jahrlanges Publikationsverbot ein. Bis 1955 durfte er kein einziges Buch veröffentlichen, bis 1963 wurden allenfalls bibliophile Drucke geduldet. Die materielle Not wurde von einer künstlerischen Isolation begleitet.

Doch gerade in diesen „grausamsten Jahren“ seines Lebens schrieb er sein Lebenswerk „Nacht mit Hamlet“ und „Toskana“, beides 1000 Verse umfassende Gesänge, in denen er Gericht hielt über sein Leben und sein Jahrhundert.

1969 wurde Holan für den Literaturnobelpreis vorgeschlagen. Eine der traurigsten Paradoxien im Leben des verfemten Dichters ist, dass ihm das Regime bei seinem Tod 1980 ein Staatsbegräbnis ausrichtete.

Vladimír Holan: Gesammelte Werke, Band 1
Das lyrische Frühwerk (1932-1937):
Die Gedichtsammlungen „Das Wehen“, „Der Bogen“, und „Stein, kommst Du...“
Mutabene Verlag