Mittwoch, 21. Dezember 2011

Vaclav Havel »Fassen Sie sich bitte kurz«

Václav Havel zieht in »Fassen Sie sich bitte kurz« in Gedanken und Erinnerungen die politische und zugleich sehr persönliche Bilanz eines Dichters, der vom Dissidenten zum Präsidenten wurde und Weltgeschichte schrieb. Der Titel des Buches ist etwas trügerisch, denn seine Bilanz ist kein Thema, um sich kurz fassen zu können.

Die Veröffentlichungen basieren auf Interviews, welche der Journalist und Vertraute Karel Hvížd´ala mit Vaclav Havel geführt hat. Dem Interviewpartner, der als Stichwortgeber fungiert, ist der Buchtitel gewidmet. Die den Interviews zwischengeschalteten Aktennotizen und Selbstreflexionen erlauben sie doch tiefe Einblicke in das Wesen Havels, dieser Mischung aus künstlerischer Sensibilität, Lebenslust und Lebensklugheit und sind in ihrer intimen Offenheit fast spannender als der Fragenmarathon selbst.

Havel collagiert in diesem im Stil der Befragung geschriebenen Buch seine schriftlichen Antworten auf Fragen eines tschechischen Journalisten mit Instruktionen und Berichten an seine Mitarbeiter in der Zeit seiner Präsidentschaft und mit tagebuchartigen Passagen aus der Gegenwart.




Fassen Sie sich bitte kurz








"Fassen Sie sich bitte kurz"
von Vaclav Havel



Rowohlt-Verlag,
Taschenbuch, 16. März 2007,
19,90 EUR.

ISBN-13: 978-3498029906





Václav Havel blickt auf seine Amtszeit zurück und gewährt dabei auch Einblicke in sein Innenleben. Noch einmal durchleben man die Schicksalsstunden, aus denen der ehemalige Dissident und Häftling zur identitätsstiftenden Lichtgestalt emporwuchs. Das Leben auf der Burg, umgeben von Hofschranzen und loyalen Mitarbeitern. Die Geburtswehen Tschechiens und der Slowakei. Das Leben an der Seite zweier starker Frauen (die „pikanten Themen“). Havels lebensbedrohende Erkrankung und seine Depressionen.

Am Ende schreibt der verletzliche, aber stets Haltung bewahrende Sympathieträger dem Vereinigten Europa einige nachdrückliche Gedanken in Sachen Ost-Erweiterung und Globalisierung ins Poesiealbum.

Es sind gerade die Erinnerungen mit den kleinen, oft sehr komischen Alltagsgeschichten, die einem Havel ganz nahe bringen. Havels Understatement, sein Witz, seine ganz beiläufig wirkende Formulierungskunst, seine Selbstironie und seine Ernsthaftigkeit, machen sein Buch lesenswert und sympathisch.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen