Sonntag, 25. Oktober 2015

»Faust II oder Der Tragöde zweiter Teil«

Goethe schrieb über 60 Jahre an seinem Faust und nannte "diese sehr ernsten Scherze" am Ende sein "Hauptgeschäft". Goethe hat den Faust-Stoff nicht erfunden, aber so bearbeitet, daß aus dem mittelalterlichen Schwarzmagier Dr. Faustus ein Sucher nach Erkenntnis wurde, wie er etwa am Anfang der Neuzeit als der Arzt und Philosoph Paracelsus in die Geschichte getreten ist.

In den zwei Jahrhunderten seit Erscheinen von »Faust I« hat es viele kluge und einander widersprechende Interpretationen und auch Aufführungen gegeben - man erinnere sich nur an die theatergeschichtlich sehr bedeutsame Aufführung von Gustaf Gründgens als Regisseur und Mephisto und Will Quadflieg als Faust.

»Faust II oder Der Tragöde zweiter Teil« - wie es bei Goethe authentisch heißt - ist weniger gespielt und auch weniger klug und/oder bedeutungsvoll interpretiert worden. Noch weniger wird er gelesen. Goethes »Faust II« bleibt rätselhaft, kompliziert und wird wenig gelesen.

Er ist ein Buch für Kenner, wahre Liebhaber und Philosophen, denn er setzt einiges an Bildung und Wissen über die antike Philosophie und heidnische Religion voraus und läßt sogar Mephistopheles bekennen, daß er dafür eigentlich nicht zuständig sei, da seine Identität nun einmal die eines christlichen Teufels sei.

Goethe selbst hat 1831 an seinen Freund Zelter geschrieben: "Es ist keine Kleinigkeit, das, was man im zwanzigsten Jahr konzipiert hat, im 82. außer sich darzustellen und als solches inneres lebendiges Knochengeripp mit Sehnen, Fleisch und Oberhaut zu bekleiden, auch wohl dem fertig Hergestellten noch einige Mantelfalten umzuschlagen, damit alles zusammen ein offenbares Rätsel bleibe, die Menschen fort und fort ergetze und ihnen zu schaffen mache."

Weblink:

Kurt Flasch - www.al-kulturzentrum.de


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen