Samstag, 4. Mai 2019

»Atlas der literarischen Orte« von Sarah Baxter



»Atlas der literarischen Orte« ist ein wunderbar illustriertes, die literarischen Orte der Welt beschreibendes Buch von Sarah Baxter und ein Streifzug durch die Orte der Literatur. Orte sind Handlungstätte der Literatur. Sarah Baxter wuchs in Nordfolk, England, auf und lebt heute in Bath. Ihre Leidenschaft für das Reisen und großartige Landschaften führte sie quer durch Asien, Australien, Neuseeland und die USA, bevor sie darüber zu schreiben begann und das zu ihrem Beruf machte.

Die wichtigsten Bücher der Literaturgeschichte sind über die ganze Welt verteilt. Sarah Baxter bereist in ihrem neuen Buch literarische Orte rund um den Globus und findet dabei Städte und Landschaften auf, die in die Literaturgeschichte eingangen sind. Was sie beim Reisen auffindet, sind pulsierende Städte voller Urbanität, Plätze spiritueller Ruhe und Zurückgezogenheit, spektakuläre Landschaften, unberührte Natur, Plätze, die Weltliteratur inspiriert haben.



Bei dem literarischen Streifzug zu entdecken sind die Landschaft am Missisippi, die Weiten des Hochlandes von La Mancha mit Don Quixote, ein Besuch bei Clara del Valle im Geisterhaus in Santiago, spazieren über den Alexanderplatz in Berlin oder streifen mit Cathy und Heathcliff durch das Moor von Yorkshire.


Wer schreibt, beschreibt dabei auch Orte der Handlung. Jeder Ort hat eine besondere Geschichte: Baxter verknüpft die Geschichte und Kultur des realen Ortes mit seiner literarischen Wirkung bis in unsere Gegenwart. Handgemalte Illustration mit liebevollen Details komplettieren diese Liebeserklärung an die Phantasie.

Das sehr schön illustrierte Werk ist eine Reise durch die Welt der Literatur zum Nachschmökern, Mitreisen und Weiterlesen. Es bringt dem Leser die Orte und die Handelnden sehr anschaulich näher.


Literatur:

Atlas der literarischen Orte
Atlas der literarischen Orte
von Sarah Baxter

Montag, 29. April 2019

Walter Kempowski 90. Geburtstag

Walter Kempowski 90. Geburtstag

Der deutsche Schriftsteller Walter Kempowski wurde vor 90 Jahren am 29. April 1929 als Sohn eines Reeders in Rostock geboren. Kempowski gehört zu den bedeutendsten deutschen Autoren der Nachkriegszeit.

Der aus einer Rostocker Reederfamilie stammende Kempowski war 1948 aus politischen Gründen von einem sowjetischen Militärtribunal zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden, kam aber nach acht Jahren Zuchthaus wieder frei.

Er studierte in Göttingen Pädagogik und ging als Lehrer aufs Land. Seit Mitte der sechziger Jahre arbeitete Walter Kempowski planmäßig an der auf neun Bände angelegten "Deutschen Chronik", deren Erscheinen er 1971 mit dem Roman "Tadellöser & Wolff" eröffnete und 1984 mit "Herzlich Willkommen" beschloss.

Die Arbeit an der neunbändigen "deutschen Chronik" begann er Mitte der 1960er Jahre. Kempowskis "Deutsche Chronik" ist ein in der deutschen Literatur beispielloses Unternehmen, dem der Autor das mit der "Chronik" korrespondierende zehnbändige "Echolot", für das er höchste internationale Anerkennung erntete, folgen ließ. Walter Kempowski hat mit seinem "Echolot" aus einer Fülle von Briefen, Tagebüchern, Aufzeichnungen namenloser und prominenter Zeitgenossen, aus Bildern und Dokumenten in jahrelanger Arbeit eine gewaltige Collage, ein einzigartiges Werk komponiert.

1971 erschien der erste Band "Tadellöser und Wolf" und beschlossen wurde die Reihe mit dem 1984 erschienen "Herzlich willkommen." Als sein Hauptwerk gilt "Das Echolot. Ein kollektives Tagebuch. 1.1. - 28.2.1943" (1993). Ein einmaliges, aber gelungenes Experiment und Zeitdokument - Beiträge aus Tagebüchern von Leuten aller Positionen und Schichten aus den Monaten in 1943, als die Schlacht in Stalingrad geschlagen war.

Kempowski ist ein von der Literaturkritik lange Zeit skeptisch betrachteter Autor. Man muß den Stil des Autors mögen und sich darauf einlassen, verschiedene Stränge der Erzählung ziehen sich wie ein roter Faden durch alle Bücher. Kempowskiwar ein großer Erzähler und seine Bücher sind ein Dokument der deutschen Geschichte lebensnah erzählt.

Der Autor wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet und geehrt. Walter Kempowski verstarb am 5. Oktober 2007 im Kreise seiner Familie.

Literatur:

Das Echolot. Ein kollektives Tagebuch. 4 Bände in Schuber.
Das Echolot. Ein kollektives Tagebuch. 4 Bände in Schuber.
von Walter Kempowski

Sonntag, 28. April 2019

Marcel Proust und das Motiv der Kathedrale

Marcel Proust

Der gotische Baustil ist eine französische Schöpfung. Die wichtigsten Merkmale sind: Spitzbogen, Rippengewölbe, Strebewerk (Strebepfeiler und Strebebogen am Außenbau zur Entlastung des Gewölbes), Maßwerk, Triforium (Zwischengeschoß zwischen Bogenreihe und Fenstergeschoß). Im Allgemeinen: schmal und hoch, aufsteigend.

Das Motiv der Kathedrale durchzieht - als sakrales Element - das gesamte Werk des französischen Schriftstellers Marcel Proust. Mit der Kathedrale hat er sich in der grandiosen Übersetzung von John Ruskins »The Bible of Amiens« auseinandergesetzt.

Und seinen epochalen Roman »Auf der Suche nach der verlorenen Zeit« hat Proust daselbst als eine "Kathedrale" bezeichnet. Proust selbst hat sein Werk, das als eines der bedeutendsten der Weltliteratur gilt, eine Kathedrale genannt.

Darin sind zahlreiche Spuren einer gotischen Kathedrale mit "einer Vorhalle, mit den Skulpturen, mit einem Säulenwald, mit einer Apsis, mit Kapellen und einer Krypta" zu finden.

Marcel Proust hat 1904 - wie Victor Hugo 70 Jahre zuvor - den "Tod der Kathedralen" beklagt. In einem Zeitungsartikel schrieb er: "Ach, es ist immer noch besser, eine Kirche zu verwüsten, als sie ihrem Zweck zu entfremden. Wenn das Opfer von Christi Fleisch und Blut nicht mehr in den Kirchen zelebriert wird, werden sie ohne Leben sein."

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

Sein Hauptwerk »Auf der Suche nach der verlorenen Zeit« (»À la recherche du temps perdu«) in sieben Bänden, dieser epochale Roman gilt als eines der bedeutendsten Werke des 20. Jahrhunderts. Es ist eine monumentale Darstellung der Pariser Aristokratie und des Großbürgertums in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Dieses Werk hat einen katholischen Grundton.

Das monumentale Romanwerk ist als fiktive Autobiographie aus der Persepektive des Ich-Erzählers und seinen Erinnerungen geschrieben . Der Erzähler besticht »Auf der Suche nach der verlorenen Zeit« vor allem durch seine präzisen und einfühlsamen Beschreibungen.

Literatur:

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit
Auf der Suche nach der verlorenen Zeit
von Marcel Proust


Auf der Suche nach der verlorenen Zeit
Auf der Suche nach der verlorenen Zeit
von Marcel Proust


Weblinks:

Marcel Proust: Ekstasen der Erinnerung - www.tagesspiegel.de/kultur

Marcel Proust-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Marcel Proust-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de


Blog-Artikel:

»Der Glöckner von Notre Dame« von Victor Hugo

Samstag, 20. April 2019

»Der Glöckner von Notre Dame« von Victor Hugo


Der Glöckner von Notre Dame

»Der Glöckner von Notre Dame« ist ein 1831 erschienener historischer Roman des französischen Schriftstellers Victor Hugo, der im Jahr 1482 in Paris spielt. Der deutsche Titel des Romans Der Glöckner von Notre-Dame ist somit etwas fehlgeleitet, denn der französische Originaltitel lautet allgemeiner »Notre-Dame de Paris«. Dieses Werk ist ein epochaler Roman und mehr als nur ein historischer Roman, er ist ein ganz wesentlicher Teil der literarischen Identität Frankreichs. Der Roman verdankt seine Entstehung dem drohenden Verfall der Kathdrale Notre Dame. Mit diesem Roman wollte Victor Hugo durch einen patriotischen Akt für den Erhalt von Notre-Dame de Paris einstehen.

Die römisch-katholische Kirche »Notre-Dame de Paris« (»Unsere Liebe Frau von Paris«) ist die Kathedrale des Erzbistums Paris. Die Unserer Lieben Frau, also der Gottesmutter Maria, geweihte Kirche wurde in den Jahren von 1163 bis 1345 errichtet und ist somit eines der frühesten gotischen Kirchengebäude Frankreichs. Die Kirche war im frühen 19. Jahrhundert vom Verfall bedroht. Mit diesem Roman wollte Victor Hugo für den Erhalt der Kathedrale von »Notre-Dame de Paris« einstehen und daher ist die Kathedrale auch der wichtigste Schauplatz für die Hauptfiguren im Roman.

Der Roman beinhaltet mehrere Handlungsstränge, die nach und nach ineinanderfließen und ein buntes und vielseitiges Bild des französischen Spätmittelalters mit all seinen Bevölkerungsschichten zeichnen. Die Geschichte vom missgestalteten Glöckner Quasimodo, der sich in die schöne Zigeunerin Esmeralda verliebt, ist - obgleich sie meist als interessant genug angesehen wurde, um ihn zur Haupthandlung einer Vielzahl von Verfilmungen zu machen - nur einer dieser Stränge.

Notre Dame

Der bucklige und sehr unansehnliche Quasimodo lebt seit seiner frühesten Kindheit in der Kathedrale von Notre-Dame und ist dort als Glöckner tätig. Er meidet die Außenwelt, da er sich vor dem Entsetzen der Menschen verbirgt.
Doch hinter seinem hässlichen Aussehen verbirgt sich ein gutherziger, aber naiver Charakter. Nur der Erzdiakon Claude Frollo, der sich trotz seines hässlichen Äußeren um ihn gekümmert hat, ist seine einzige Vertrauensperson.

Doch dann taucht in Paris die wunderschöne Zigeunerin Esmeralda auf und schon bald verliebt sich Frollo entgegen seines kirchlichen Gelübtes in sie. Jedoch verliebt sich Esmeralda in Phoebus, dem Hauptmann der königlichen Leibgarde, und das löst eine dramatische Kettenreaktion aus, da sich auch der hässliche, aber gutherzige Glöckner Quasimodo in die Zigeunerin verliebt.

Victor Hugo schuf ein unvergessliches Meisterwerk mit faszinierenden Charakteren und vor allem hat dieser Roman neben Dramatik auch Tiefgründigkeit. Victor Hugo gelingt es sehr realistisch, die Stadt Paris im Spätmittelalter zu beschreiben.


Alles in dem Roman »Der Glöckner von Notre-Dame« ist eine faszinierende Gegenüberstellung von Groteske und Erhabenen - der Rede, der Charaktere, der Umgebung. Man hat das Gefühl, dass der Sinn dieser anrührenden Geschichte darin bestand, aufzuzeigen, daß Architektur das einzig Gute ist, das aus dem Mittelalter kam, verbunden also mit der Bitte "Zerreißen sie dieses Gebäude um Himmels willen nicht! So etwas könnten wir nie wieder bauen!" Dieses Buch rettete tatsächlich die Kathedrale Notre Dame, indem es den Menschen einen Grund gab, sich darum zu kümmern, und zeigte, wie schön die gotische Architektur war, auch wenn sie damals anders war als heute - welches ein Thema des Romans ist, das auch für die Figuren gilt.

Victor Hugo mag Listen, die sehr, sehr lang sind und noch längere Namen enthalten, und in der ersten Hälfte des Buches ist die Handlung etwas träge, aber dann wird der Leser plötzlich von dieser dampfenden, leidenschaftlichen, actiongeladenen, grausig gewalttätigen zweiten Hälfte des Romans mit der verbotenen Liebe über den Kopf geschlagen. Ich habe das nicht kommen sehen. Es ist überraschend modern, daß in dieser Geschichte viele Elemente enthalten sind, die heutzutage in Romanen, insbesondere bei jungen Erwachsenen, recht beliebt sind.

Der 1831 erschienene historische und epochale Roman von Victor Hugo fesselt und bewegt die Literaturfans seit fast 200 Jahren und gilt als einer der ersten Großstadtromane der Weltliteratur. Der Stoff der Romanvorlage Hugos wurde schon mehrmals filmisch adaptiert, wenn auch nicht ganz getreu der literarischen Vorlage.

Die bekanntesten Verfilmungen sind zweifellos die von 1923 mit Lon Chaney sen. als Quasimodo, von 1939 (mit Charles Laughton als Quasimodo), von 1956 mit Anthony Quinn als Quasimodo und ist 1996 sogar als Disney-Zeichentrickfilm adaptiert worden.

Inzwischen gibt es mehrere Ausgaben, ja sogar stark gekürzte und vereinfachte Kinder- und Jugendbuchfassungen, aber es geht nichts über eine vollständige Ausgabe, wenn man bisher nur die filmischen Umsetzungen gesehen hat.

Literatur:

Der Glöckner von Notre Dame
Der Glöckner von Notre Dame
von Victor Hugo


Blog-Artikel:

Die Kathedrale Notre Dame von Paris - Kulturwelt-Blog

Dienstag, 16. April 2019

Anatole France 175. Geburtstag

Anatole France

Anatole France wurde vor 175 Jahren am 16. April 1844 in Paris geboren. Anatole France war ein französischer Schriftsteller.

Als Autor begann er mit Lyrik im Stil der Dichter des Parnasse, in deren Kreis um Charles Leconte de Lisle er sich ab 1867 bewegte. Er betätigte sich aber früh auch als Erzähler sowie als Literaturkritiker, welcher zum Beispiel den neuen Symbolismus etwa Mallarmés oder Verlaines zunächst nicht goutierte.

Sein Durchbruch war 1881 der Roman »Le Crime de Sylvestre Bonnard, membre de l'Institut« (»Das Verbrechen Sylvestre Bonnards, Mitglied des Instituts«), der mit dem »Prix de l'Académie française« ausgezeichnet wurde, ihm Zugang zu den Pariser literarischen Salons verschaffte, u.a. dem von Mme de Caillavet, und ihm 1884 das »Kreuz der Ehrenlegion« eintrug.

1895 wurde France in seiner Eigenschaft als gemäßigt progressistischer Autor zum Offizier der Ehrenlegion befördert. Am 23. Januar 1896 wurde der vielseitige Literat und glänzende Stilist als Nachfolger des verstorbenen Ferdinand de Lesseps in die Académie française aufgenommen.

Am berühmtesten wurden die Romane »Die Insel der Pinguine« (»L'Île des Pingouins«), »Die Götter dürsten« (»Les dieux ont soif«) und »Die Rote Lilie (»Le Lys Rouge«).

Ersterer ist ein sarkastischer Abriss der französischen Geschichte von den Anfängen bis in die Gegenwart, verkleidet dargestellt als die Geschichte eines fiktiven Pinguin-Reichs, wobei der Autor dessen Zukunft aufgrund der Habgier und hochmütigen Uneinsichtigkeit der „Pinguine“ sehr pessimistisch beurteilt.

Der andere Roman erzählt die Geschichte eines doktrinären Revolutionärs und dessen Mitwirkens an der blutrünstigen Schreckensherrschaft von 1793/94. Es ist ein Aufruf gegen den ideologischen und politischen Fanatismus, der das Frankreich der Zeit polarisierte.

1921 erhielt er den Literaturnobelpreis. Von heutigen Lesern wird Anatole France vor allem als Romancier und Autor von »Die Insel der Pinguine« (»L'Île des Pingouins«), »Die Götter dürsten« (»Les dieux ont soif«) und »Die Rote Lilie (»Le Lys Rouge«) wertgeschätzt.

Zu seinem 80. Geburtstag 1924 wurde France mit Ehrungen überhäuft und bei seinem Tod noch im selben Jahr mit einem Staatsbegräbnis in Paris ausgezeichnet.

Anatole France starb am 12. Oktober 1924 in Saint-Cyr-sur-Loire.

Literatur:

Insel der Pinguine
Insel der Pinguine
von Anatole France

Samstag, 13. April 2019

»Verlorener Morgen« von Gabriela Adameşteanu


»Verlorener Morgen« von Gabriela Adameşteanu - in der Übersetzung von Eva Ruth Wemme - ist die rumänische Suche nach der verlorenen Zeit. Die große Kunst des europäischen Erzählens im 20. Jahrhundert. Ein Klassiker, erstmals aus dem Rumänischen ins Deutsche übertragen.

Der Roman gewährt einen tiefen Einblick in die Gesellschaft und das Leben hinter dem Eisernen Vorhang in Rumänien im 19. Jahrhundert.

»Der verlorene Morgen« umfasst bewegte Zeiten. Seine Handlung deckt das gesamte »kurze« 20. Jahrhundert ab. Seine Stimmen tragen durch die Jahrzehnte: Es entsteht eine panoramatische Geschichte eines ganzen Landes, gespiegelt in den Erlebnissen von Menschen aus allen Gesellschaftsschichten.
Die mehrmals gebrochenen Biografien der Protagonisten treffen in diesem Roman aufeinander und dabei ist ein einziger Tag in Vicas Leben die Klammer, die alles zusammenhält. Ein Leben zwischen dem Ersten Weltkrieg, dem Terror in den 1950er Jahren und den tristen 1980er Jahren in Rumänien zieht in diesem Roman vorüber bevor das Buch im Jahr 1980 endet.

»Der verlorene Morgen« ist ein Roman der Frauen und ein Roman des Alterns, in dem das Glück der Vergangenheit von Anfang an unter dem Unstern des persönlichen Scheiterns und der kollektiven Katastrophe des Krieges steht und an keinem Punkt ins Sentimentale oder Nostalgische abgleitet; vor allem aber ein Roman, der vom Leben und seinem Vergehen handelt. Das Kaleidoskop seiner unvergesslichen Figuren, Stimmen und Geschichten erzeugt eine den Leser mitreißende Melancholie.

Von der Gossensprache über die Rhetorik der Staatspropaganda bis zu den Resten einer vergangenen Bildungsbürgerlichkeit, von Bewusstseinsströmen bis zu brillanten Dialogen zieht »Der verlorene Morgen« alle Sprachregister.

Als der Roman »Verlorener Morgen« zur Jahreswende 1983/84 in Rumänien erschien, wurde er schnell ein literarisches Ereignis. Wenn der Roman in dem letzten Drittel mit den Stimmen Vicas und Ivonas die Schicksale der Familienmitglieder und ihres Umfelds durch die politische Geschichte hindurch kaleidoskopisch zu Ende erzählt, erzeugt es einen melancholischen Sog, an den man sich auch nach beendeter Lektüre noch lange erinnert.

Ihr 1983 erschienener Roman »Verlorener Morgen« packt Rumäniens zerfahrene Geschichte im 20. Jahrhundert in einen einzigen Tag – ein grosser erzählerischer Wurf. Schon kompositorisch ist der Roman ein Meisterwerk.

Literatur:

Verlorener Morgen
Verlorener Morgen
von Gabriela Adameşteanu

Mittwoch, 10. April 2019

Claudio Magris 80. Geburtstag

Claudio Magris

Claudio Magris wurde vor 80 Jahren am 10. April 1939 in Triest geboren. agis ist ein italienischer Schriftsteller, Germanist und Übersetzer. Von 1978 bis zu seiner Emeritierung 2006 war er Professor für moderne deutschsprachige Literatur an der Universität Triest.

Claudio Magris studierte an den Universitäten Turin und Freiburg im Breisgau Germanistik. Er ist Essayist und Kolumnist für die italienische Tageszeitung Corriere della Sera und andere europäische Zeitungen. Durch seine zahlreichen Studien zur mitteleuropäischen Kultur gilt er als deren größter Förderer in Italien.

Claudio Magris lebt in Triest und spricht seinen fast als eigene Sprache bezeichneten Triestiner Dialekt. Das bekannte Retro-Kaffeehaus Caffè San Marco dort, eröffnet am 3. Januar 1914 vom Istrianer Marco Lovrinovich mit seiner erhaltenen, der Republik Venedig verbundenen Atmosphäre, gilt als sein Wohn- und Arbeitszimmer. Und auf seinem dortigen Stammtisch verfasst er seine zahlreichen, auch vom bunten Publikum der Triestiner Kaffeehäuser beeinflussten Essays und Romane.

Magris veröffentlichte als Triestiner Jung-Germanist mit 24 Jahren seine auf Italienisch geschriebene Doktorarbeit (auf Deutsch 1966: Der habsburgische Mythos in der österreichischen Literatur). Diese enthält die bis heute wichtigste und einflussreichste Theorie, die bislang zur österreichischen Literatur entwickelt wurde.

Diese handelt vom habsburgischen Mythos in der modernen österreichischen Literatur. Den „habsburgischen Mythos“ konstituieren nach Magris grundsätzlich drei Elemente: Als ersten Teil sieht er die religiös aufgeladene Vorstellung eines im Zeichen einer höheren Idee gegründeten Reiches mit der Überlebenstaktik des defensiven Hinausschiebens und Sichtotlaufenlassens des Konfliktes („Das Fortwursteln, um einen Vielvölkerstaat zusammenzuhalten“).

Literatur:

Der habsburgische Mythos in der österreichischen Literatur
Der habsburgische Mythos in der österreichischen Literatur
von Claudio Magris