Samstag, 13. November 2010

Jonathan Franzen nimmt sich seine Freiheit

Jonathan Franzen wurde 1959 in Western Springs / Illinois, einem Vorort von Chicago geboren und wuchs in Missouri auf. Er studierte Literatur in den USA und in Deutschland. Als Schriftsteller hatte er schon mit seinen ersten Werken grossen Erfolg. Nach seinen ersten beiden Romanen wurde Franzen vom <em>„New Yorker“</em> ordentlich mit Vorschußlorbeeren versehen und auf die Liste der wichtigsten Schriftsteller des 21. Jahrhunderts gesetzt.

Jonathan Franzen ist ein epischer Erzähler und schreibt gerne hintergründige Familienromane - bevorzugt über Familien im Mittleren Westen - weil die prägendste Erfahrung in seinem Leben das Aufwachsen im Mittleren Westen mit seinen Eltern gewesen sei. Sein Thema ist das <font color="000090">Familienleben</font>, in dessen Gelingen oder Scheitern sich gesellschaftliche Entwicklungen spiegeln. Seine Werke erzählen von den Werten und vom Wandel der Gesellschaft am Beispiel einer amerikanischen Familie. Ein wichtiges Unterfangen in einem Buch ist es nach seiner Auffasssung, diese Erfahrung unvergesslich zu machen, ihr echtes Leben und Form einzuhauchen.


Jonathan Franzen ist ein Autor, der sich - wie bei seinem neuen Roman - die Freiheit herausnimmt, sich Zeit zum Schreiben zu lassen. Seit seinem Sensationserfolg mit dem Roman »Korrekturen« 2001 hat der 51-jährige Autor mit »Freiheit« gerade einmal seinen vierten Roman vorgelegt. Die Freiheit, sich Zeit zu nehmen, spiegelt sich aber auch im Buch selbst wieder: Franzen erzählt episch, ohne zu langweilen. Und er ist noch in der Lage, ein großes psychologisches Panorama seiner Figuren zu entwerfen - und ein großes Panorama der US-Zeitgeschichte.

Für Franzen ist nach eigener Aussage Schreiben "meine Idee von Freiheit": in einer stillen Kammer befindlich, angekettet an den Roman, aber unabhängig. "Es ist Glück, wenn ich zwischendurch in die Natur kann, um Vögel zu beobachten, ist es perfekt."

Wie bei seinen anderen Romanen, handelt es sich bei »Freiheit« wieder um einen Familienroman mit zeitgenössischem Hintergrund. Aber dieser Roman ist viel mehr als das, es ist eine Abrechnung mit dem Amerika unter Präsident George W. Bush. Der Titel »Freiheit« ist ironisch gemeint. In einem Interview mit dem „Spiegel“ sagte Franzen: „Ich kann nur hoffen, dass jeder die Ironie sofort versteht. ‚Freiheit’ ist der am häufigsten missbrauchte Begriff der Bush-Jahre. Er ist vergiftet, ist ein Krüppel.”

Franzen behauptet immer noch - wie mit seinen Thesen der 90er Jahre - mit einiger Überzeugungskraft, dass Literatur Aufmerksamkeit nur mit hoher Qualität erringen kann. Statt Anpassung an den Markt der schnellen Sensationen und billigen Effekte fordert Franzen, ähnlich wie sein Kollege (und Freund) David Foster Wallace, die Rückbesinnung der Literatur auf das Literarische selbst: auf die Kraft der Sprache, den Sog der Erzählung und die Macht der Identifikation.






Jonathan Franzen Freiheit








Freiheit, von Jonathan Franzen

Rowohlt-Verlag, 8. September 2010.
736 Seiten, 24,95 EUR.
ISBN-13: 978-3498021290






Weblink:

Jonathan Franzen »Freiheit« - Rowohlt-Verlag www.rowohlt.de

Sonntag, 31. Oktober 2010

»Die Landkarte und der Landstrich« von Michel Houellebecq

Die Landkarte und der Landstrich
Die Landkarte und der Landstrich

In seinem jüngsten Buch, das auf Deutsch so viel heißt wie »Die Landkarte und der Landstrich«, erzählt Michel Houellebecq die Geschichte des Künstlers Jed Martin, der seinen Erfolg der Arbeit mit Versatzstücken von Michelin-Landkarten verdankt - daher auch der Titel des Romans.

Dieser reflexive Roman nimmt an Fahrt auf, als Martin den Text für seinen Ausstellungskatalog von einem "berühmten, weltweit berühmten Schriftsteller" verfassen lassen möchte, wobei er an Michel Houellebecq denkt. Er erfindet sich selber als Romanfigur.

Martin ist wie Houellebecq: Ein Einzelgänger, Zyniker und nicht immer sehr umgänglich. In seinen Arbeiten, zunächst als Fotograf, dann als Maler, reflektiert und kritisiert er die heutige Gesellschaft, das Diktat des Konsums, die Macht des Geldes, überholte Konventionen und Traditionen. Die unterhaltsame Geschichte endet spannend mit der Ermordung Houellebecqs und bekommt dadurch den Hauch eines Psychothrillers und trägt stark autobiografische Züge.

Wer von Houellebecq einen Skandalroman erwartet hatte, wurde enttäuscht. Houellebecq zeigte sich weder als Rassist noch als Frauenhasser, Reaktionär noch als Islamfeind, was Frankreichs Presse auf Höchste erstaunte - und manche auch enttäuschte.

Houellebecq ist mit seiner vertrackten Geschichte um Michellin-Landkarten erstmalig ein Roman gelungen, der auf fast einhellige Lobeshymen stößt: Von Vollendung und literarischer Tiefe ist die Rede. Kritiker loben den Roman in höchsten Tönen als Meisterwerk. Es scheint, als habe sich Houellebecq besonnen und sei dem Rezept gefolgt, wie man einen erfolgreichen Roman schreibt - und dabei den Skandal verpasst.

Weblinks:

Michel Houellebecq: Skandal verpasst - Die Zeit - www.zeit.de

Die Landkarte und der Landstrich
Die Landkarte und der Landstrich
von Michel Houellebecq

Freitag, 29. Oktober 2010

Leo Tolstoi bricht zu seiner letzten Reise auf

Leo Tolstoi

Im Morgengrauen eines Oktobermorgens steigt Leo Tolstoi in die Kutsche und bricht auf zu seiner letzten Reise. Es ist kurz nach vier Uhr am 28. Oktober 1910, als er plötzlich beschließt, sein Landgut Jasnaja Poljana zu verlassen. Es ist das Ende eines unglücklichen Familiendramas.

Eilig kramt der alte Mann die nötigsten Habseligkeiten zusammen, Tochter Sascha und sein Leibarzt helfen beim Packen. Tolstoi schreibt einen letzten Brief an seine Frau Sofja. "Unerträglich" sei die Situation im Haus geworden, begründet er seine Flucht, die ein tragisches Ende finden sollte.

Begonnen hatte das Familiendrama schon viele Jahre vor dieser Oktobernacht. Die Protagonisten sind der weltberühmte und verehrte Lew Nikolajewitsch Tolstoi und seine Frau Sofja Andrejewna Tolstaja. Daneben noch Tochter Alexandra, Sascha genannt, die dem Vater treu ergeben ist, ebenso wie der intrigante Wladimir Grigorjewitsch Tschertkow, Begründer des Tolstojanismus, einer Art christlicher Anarchismus.

Graf Tolstoi pflegte bis zum Beginn der 1880er Jahre auf seienm Landgut Jasnaja Poljana den Lebensstil eines russischen Adligen, lud Aristokraten und Künstler zu Bällen und zur Jagd. Später vollzog er jedoch eine Abkehr zu einem einfachen und geistigen Leben.

Weblink:

Krieg und später Frieden - www.sueddeutsche.de

Donnerstag, 28. Oktober 2010

Leo Tolstoi bricht zu seiner letzten Reise auf

Leo Tolstoi

Im Morgengrauen eines Oktobermorgens steigt Leo Tolstoi in die Kutsche und bricht auf zu seiner letzten Reise. Es ist kurz nach vier Uhr am 28. Oktober 1910, als er plötzlich beschließt, sein Landgut Jasnaja Poljana zu verlassen. Es ist das Ende eines unglücklichen Familiendramas.

Eilig kramt der alte Mann die nötigsten Habseligkeiten zusammen, Tochter Sascha und sein Leibarzt helfen beim Packen. Tolstoi schreibt einen letzten Brief an seine Frau Sofja. "Unerträglich" sei die Situation im Haus geworden, begründet er seine Flucht, die ein tragisches Ende finden sollte.

Begonnen hatte das Familiendrama schon viele Jahre vor dieser Oktobernacht. Die Protagonisten sind der weltberühmte und verehrte Lew Nikolajewitsch Tolstoi und seine Frau Sofja Andrejewna Tolstaja. Daneben noch Tochter Alexandra, Sascha genannt, die dem Vater treu ergeben ist, ebenso wie der intrigante Wladimir Grigorjewitsch Tschertkow, Begründer des Tolstojanismus, einer Art christlicher Anarchismus.

Graf Tolstoi pflegte bis zum Beginn der 1880er Jahre auf seienm Landgut Jasnaja Poljana den Lebensstil eines russischen Adligen, lud Aristokraten und Künstler zu Bällen und zur Jagd. Später vollzog er jedoch eine Abkehr zu einem einfachen und geistigen Leben.

Weblink:

Krieg und später Frieden - www.sueddeutsche.de

Dienstag, 19. Oktober 2010

Nobelpreis ging an den Repräsentanten eines Kontinents

Mario Vargas Llosa

Mit Mario Vargas Llosa ist die Wahl der Schwedischen Akademie auf einen Autor gefallen, der sich zum Repräsentanten eines ganzen Kontinents eignet. Dieser Repräsentant der lateinamerikanischen Literatur wird nicht erst durch diesen Preis zum Weltautor, er ist es schon seit langem.

Nachden die Akademie vor zwei Jahren damit gescheitert ist, den französischen Weltenbummler Jean-Marie Le Clézio zu einem Weltautor zu machen, suchte sie nun wieder, wie schon 2007 bei Doris Lessing, den Schulterschlusss mit dem großen, internationalem Publikum.

Mario Vargas Llosa ist ein Repräsentant des bürgerlichen Lateinamerika, anders als etwa der kubatreue Gabriel Garcia Marquez. Sein erklärter Liberalisnmus schließt seit den achtziger Jahren den Marktliberalismus ein.

Llosa ist insofern ein würdiger Preisträger, da er in den letzten Jahrzehnten seine Rolle als ein in seiner peruanischen Herkunftswelt verwurzelter Schriftsteller gefunden und auch als Kosmopolit dea Zeug zum Weltautor hat. Er gilt als wandlungsfähig und hat in einer Korrektur den Weg in die Mitte, zum Publikum gesucht und gefunden - um nicht zu sagen: er hat sich zu seinem Publikum hin entwickelt.


Sonntag, 10. Oktober 2010

Literatur-Nobelpreis geht an Mario Vargas Llosa

Mario Vargas Llosa

Unverhofft kommt manchmal überraschend - das gilt auch für die Verleihung des diesjährigen Literatur-Nobelpreises. Viele Jahre werden Namen von diversen Kandidaten genannt, aber niemand weiß so recht, ob das Ernst gemeint ist. Aber dann trifft es doch wieder einen Kandidaten, der gar nicht mehr ernsthaft mit einer Preisverleihung gerechnet hat.

So war es auch dieses Jahr mit der Verleihung des Literatur-Nobelpreises an den peruanischen Schriftsteller Mario Vargas Llosa, der nach der Nachricht aus Schweden selbst sehr überrascht war. Gemeinsam mit Zeitgenossen wie Gabriel Garcia Marquez, Jorge Luis Borges und Carlos Fuentes gilt er als Vertreter der lateinamerikanischen Literatur.

Die Nobelpreis-Jury hat sich einmal mehr für einen politischen Autor entschieden. In der Begründung teilte die Schwedische Akademie mit, Vargas Llosa werde für "seine Kartographie der Strukturen der Macht und seine gestochen scharfen Bilder von Widerstand, Revolte und Niederlage des Individuums" ausgezeichnet.

Mario Vargas Llosa war Zeit seines Lebens in seiner Heimat politisich aktiv. 1990 kandididerte er sogar für das Amt des Staaatspräsidenten von Peru, unterlag jedoch gegen den späteren Präsidenten Alberto Fujimori.

Das Fest des Ziegenbocks



»Romane zu schreiben ist ein Aufstand gegen die Wirklichkeit,
gegen Gott, gegen die Schöpfung Gottes, die die Wirklichkeit ist.«


Mario Vargas Llosa

Schon in seinen frühen Romanen wie »Das grüne Haus« (1966) und »Gespräch in einer Kathedrale« (1969) bezog er eindeutig politisch Stellung. Seine Hauptwerke »Der Krieg am Ende der Welt« (1981) und »Das Fest des Ziegenbocks« (2000) gelten als herausragende Beispiele politischer Weltliteratur. Im Gegensatz zu anderen Literatur-Nobelpreisträgern der letzten Jahre wie Herta Müller, Doris Lessing oder Harold Pinter lässt sich Mario Vargas Llosas Werk politisch nicht so eindeutig zuordnen.

Mario Vargas Llosa

Mario Vargas Llosa ist ein sehr wandlungsfähiger Schriftsteller. Einzig sein Widerstand gegen Nationalismus und autoritäre Regime sind politische Konstanten in seinem Leben geblieben. In jungen Jahre war Llosa wie viele seiner lateinamerikanischen Zeitgenossen stark vom Erfolg der sozialistischen Revolution auf Kuba geprägt. Später bekannte er sich mehr zum Liberalismus. 1987 war er Mitbegründer der konservativen Partei »Movimiento Libertad«. In die Politik ist er dennoch nie gegangen, sondern ein politischer Schriftsteller geworden.

Die diesjährige Preisverleihung an den politischen Schriftsteller Mario Vargas Llosa ist ein Signal und ruft zugleich die lateinamerikanische Literatur wieder in das allgemeine Bewusstein zurück.

Weblink:

Ins Mark Südamerikas - www.zeit.de

Mario Vargas Llosa

Unverhofft kommt manchmal überraschend - das gilt auch für die Verleihung des diesjährigen Literatur-Nobelpreises. Viele Jahre werden Namen von diversen Kandidaten genannt, aber niemand weiß so recht, ob das Ernst gemeint ist. Aber dann trifft es doch wieder einen Kandidaten, der gar nicht mehr ernsthaft mit einer Preisverleihung gerechnet hat.

So war es auch dieses Jahr mit der Verleihung des Literatur-Nobelpreises an den peruanischen Schriftsteller Mario Vargas Llosa, der nach der Nachricht aus Schweden selbst sehr überrascht war. Gemeinsam mit Zeitgenossen wie Gabriel Garcia Marquez, Jorge Luis Borges und Carlos Fuentes gilt er als Vertreter der lateinamerikanischen Literatur.

Die Nobelpreis-Jury hat sich einmal mehr für einen politischen Autor entschieden. In der Begründung teilte die Schwedische Akademie mit, Vargas Llosa werde für "seine Kartographie der Strukturen der Macht und seine gestochen scharfen Bilder von Widerstand, Revolte und Niederlage des Individuums" ausgezeichnet.

Mario Vargas Llosa war Zeit seines Lebens in seiner Heimat politisich aktiv. 1990 kandididerte er sogar für das Amt des Staaatspräsidenten von Peru, unterlag jedoch gegen den späteren Präsidenten Alberto Fujimori.

Das Fest des Ziegenbocks



»Romane zu schreiben ist ein Aufstand gegen die Wirklichkeit,
gegen Gott, gegen die Schöpfung Gottes, die die Wirklichkeit ist.«


Mario Vargas Llosa

Schon in seinen frühen Romanen wie »Das grüne Haus« (1966) und »Gespräch in einer Kathedrale« (1969) bezog er eindeutig politisch Stellung. Seine Hauptwerke »Der Krieg am Ende der Welt« (1981) und »Das Fest des Ziegenbocks« (2000) gelten als herausragende Beispiele politischer Weltliteratur. Im Gegensatz zu anderen Literatur-Nobelpreisträgern der letzten Jahre wie Herta Müller, Doris Lessing oder Harold Pinter lässt sich Mario Vargas Llosas Werk politisch nicht so eindeutig zuordnen.

Mario Vargas Llosa

Mario Vargas Llosa ist ein sehr wandlungsfähiger Schriftsteller. Einzig sein Widerstand gegen Nationalismus und autoritäre Regime sind politische Konstanten in seinem Leben geblieben. In jungen Jahre war Llosa wie viele seiner lateinamerikanischen Zeitgenossen stark vom Erfolg der sozialistischen Revolution auf Kuba geprägt. Später bekannte er sich mehr zum Liberalismus. 1987 war er Mitbegründer der konservativen Partei »Movimiento Libertad«. In die Politik ist er dennoch nie gegangen, sondern ein politischer Schriftsteller geworden.

Die diesjährige Preisverleihung an den politischen Schriftsteller Mario Vargas Llosa ist ein Signal und ruft zugleich die lateinamerikanische Literatur wieder in das allgemeine Bewusstein zurück.

Weblink:

Ins Mark Südamerikas - www.zeit.de