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Sonntag, 31. Oktober 2010

»Die Landkarte und der Landstrich« von Michel Houellebecq

Die Landkarte und der Landstrich
Die Landkarte und der Landstrich

In seinem jüngsten Buch, das auf Deutsch so viel heißt wie »Die Landkarte und der Landstrich«, erzählt Michel Houellebecq die Geschichte des Künstlers Jed Martin, der seinen Erfolg der Arbeit mit Versatzstücken von Michelin-Landkarten verdankt - daher auch der Titel des Romans.

Dieser reflexive Roman nimmt an Fahrt auf, als Martin den Text für seinen Ausstellungskatalog von einem "berühmten, weltweit berühmten Schriftsteller" verfassen lassen möchte, wobei er an Michel Houellebecq denkt. Er erfindet sich selber als Romanfigur.

Martin ist wie Houellebecq: Ein Einzelgänger, Zyniker und nicht immer sehr umgänglich. In seinen Arbeiten, zunächst als Fotograf, dann als Maler, reflektiert und kritisiert er die heutige Gesellschaft, das Diktat des Konsums, die Macht des Geldes, überholte Konventionen und Traditionen. Die unterhaltsame Geschichte endet spannend mit der Ermordung Houellebecqs und bekommt dadurch den Hauch eines Psychothrillers und trägt stark autobiografische Züge.

Wer von Houellebecq einen Skandalroman erwartet hatte, wurde enttäuscht. Houellebecq zeigte sich weder als Rassist noch als Frauenhasser, Reaktionär noch als Islamfeind, was Frankreichs Presse auf Höchste erstaunte - und manche auch enttäuschte.

Houellebecq ist mit seiner vertrackten Geschichte um Michellin-Landkarten erstmalig ein Roman gelungen, der auf fast einhellige Lobeshymen stößt: Von Vollendung und literarischer Tiefe ist die Rede. Kritiker loben den Roman in höchsten Tönen als Meisterwerk. Es scheint, als habe sich Houellebecq besonnen und sei dem Rezept gefolgt, wie man einen erfolgreichen Roman schreibt - und dabei den Skandal verpasst.

Weblinks:

Michel Houellebecq: Skandal verpasst - Die Zeit - www.zeit.de

Die Landkarte und der Landstrich
Die Landkarte und der Landstrich
von Michel Houellebecq

Freitag, 24. September 2010

Über den Romanautor Michel Houellebecq

Michel Houellebecq gilt in Frankreich zurzeit als der meistgelesene, aber auch umstrittenste Autor seiner Generation. Houellebecq ist ein gewiefter Provokateur im literarischen Betrieb. In seinen Romanen erzielte er Aufmerksamkeit durch die gepflegte Kunst der gezielten Provokation.

<em>»Provocation sells!«</em> - Mit seinen Romanen »Ausweitung der Kampfzone« (1994) und vor allem »Elementarteilchen« (1998), die beide verfilmt wurden, erreichte er nationale und internationale Bekanntheit. Der dritte Roman  »Plattform« (2001) und der vierte, »Die Möglichkeit einer Insel« (2005) waren gleich bei ihrem Erscheinen Erfolge.

In seinen meist in der Ich-Form erzählten Romanen zeichnet Houellebecq, ähnlich wie sein Freund Frédéric Beigbeder, das provokante Bild einer narzisstischen westlichen Konsumgesellschaft. Seine Protagonisten leiden unter ihrer Egozentrik, ihrem Unerfülltsein und ihren Schwierigkeiten, in einer kontakt- und gefühlsgehemmten Gesellschaft menschliche Nähe und gegenseitige Hingabe zu erleben. Insbesondere die sexuelle Frustration erscheint als ein Leitmotiv.

Eine von Houellebecqs Spezialitäten, die besonders in seinem Roman »Plattform« zum Tragen kommt, besteht darin, regelmäßig halb- bis anderthalbseitige Sexszenen in die Handlung einzufügen. Hierbei werden die Vorgänge (die sich i. d. R. im Rahmen des „Normalen“ halten) teils sachlich, teils einfühlsam dargestellt. Ein anderes Merkmal sind die ebenfalls oft en passant eingefügten essayistischen, zeitkritischen oder populär-wissenschaftlichen Betrachtungen. Insgesamt ist Houellebecqs Sprache schnörkellos und präzise; sein Erzählstil wirkt nüchtern und beiläufig.

Nun hat Michel Houellebecq seinen fünften Roman »Die Landkarte« veröffentlicht. Er hat ein packendes, trauriges und humorvolles Buch geschrieben, kurz: ein klassisches und auch skandalfreies. Die Zeit der Provokationen ist vorerst vorbei, Houellebecqs neues Buch ist eine schlichte Anbiederung an den Kulturbetrieb. Wer einen neuen Skandalroman erwartete hatte, wird enttäuscht: nicht das allerklitzekleinste Elementarteilchen des Stoffs, aus dem Skandale sind. Mit diesem Roman vollzieht eine Wandlung von Skandal- zum Romanautor - oder anders formuliert: er öffnet sich einem breiteren Publilkum.