»Spaziergang nach Syrakus« von Johann Gottfried Seume ist ein Bericht von seiner meist zu Fuß zurückgelegten Reise nach Sizilien. Der Bericht ist Reiseliteratur der ganz besonderen Art, vermischt diese doch Kunst, Kultur und Politik mit seinen Reiseeinndrücken.
Der polyglotte Dichter begibt sich zu Fuß auf abenteuerliche Wanderschaft. Seine Route führte von Leipzig über Wien, Laibach, Venedig, Rom und Neapel nach Syrakus und wieder zurück über Mailand, Zürich und Paris. Es ist eine Reise durch das von im Norden von östereichischen und im Süden von französischen Truppen besetztes Italien. Auflösung der Staatsmacht und unsichere Wege Ein unmittelbar wirkendes, authentisches Bild ist entstanden, das nicht nur schöne Landschaften und die atmosphärische Leichtigkeit italienischen Lebens, sondern auch Einblick in soziale und politische Mißstände bietet. Die Alternative und Ergänzung zu Goethes »Italienischer Reise«.
Seume ist ein scharfer Beobachter seiner Gegenwart. Mit großer Freundlichkeit begegnet er seinen Mitmenschen und Weggenossen, und voller Wißbegierde erkundet er das Italien des napoleonischen Zeitalters - im wahrsten Wortsinn ein bewanderter Mann. Immer wohlmeinend, nie beschönigend nimmt er die politischen, die sozialen und Rechtsverhältnisse seiner Zeit wahr.
Seume verfügt über eine umfassende klassische Bildung - er hat seinen Homer, Horaz und Vergil gelesen -, eine Bildung, welche ihn in Italien auf Schritt und Tritt begleitete und zur Orientierung diente. Für den halbgebildeten Leser ist deshalb manches nicht unmittelbar verständlich. Andererseits führt die Wanderung unmittelbar hinein in die rauhe italienische Wirklichkeit um 1800. Hier zeigt sich, dass Seume ein Mann aus dem Volke ist, der schon sehr viel erlebt hat und sich vor fast nichts fürchtet. Er ist ein sympathischer-lässiger Weltbürger und plastischer Schilderer. Die politisch-religiösen Zustände beschreibt er gnadenlos aus einer aufklärerischen Perspektive.
Ziel von Seumes abenteuerlicher Reise war die Insel Sizilen - das Land, wo die Orangen blühen, welche er so gerne aß und als Proviant mit in seinen Tornister steckte. Af Sizilien besuchte er die antiken Stätten der Griechen, die größeren Städte an der Küste und er stieg auf den aktiven Vulkan Vesuv. Die Wege auf Sizilien waren damals sehr unwegsam, weshalb er immer wieder Mauleseltreiber engagieren musste, welche ihn auf den schmalen Pfaden begleiteten.
Sicher ist: Was als Bildungsreise in der Tradition der "Grand Tour" begann, wurde zum Vorbild für Generationen kritischer Touristen. Der Erlebnisbericht "Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802" beschreibt ein bis dahin unbekanntes Reiseerlebnis: subjektiv, eigenwillig, politisch, kritisch, alltagsnah. Ein Vorbild für Heinrich Heine, ein Langweiler für Goethe. Wo der Dichterfürst Hof hielt, suchte der Wanderer eine billige Unterkunft.
Literatur:
Spaziergang nach Syrakus von Johann Gottfried Seume
Weblink:
Spaziergang nach Syrakus - www.seume.de