Posts mit dem Label Dramatiker werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Dramatiker werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Samstag, 30. Dezember 2017

1897 Uraufführung des »Cyrano de Bergerac«

Cyrano de Bergerac

Dem Autor Edmond Rostand gelang mit seinem romantisch-verklärten Versdrama »Cyrano de Bergerac« vor 120 Jahren der erste große Erfolg. Die Uraufführung fand am 28. Dezember 1897 am Pariser »Théâtre de la Porte Saint-Martin« statt.

Der langnasige, sprachgewandte und liebesschüchterne Held Cyrano von Bergerac liebt die begehrte Roxane, doch er verhilft ihr zum Liebesglück mit einem hübschen, aber in der Redekunst minder bemittelten Kadetten. Er souffliert ihm unter dem Balkon, schreibt für ihn Liebesbriefe aus dem Krieg und wirbt so mit seinem eigenen Geist durch den Körper des Schönlings um die Dame seines Herzens.


Mit Worten weiß der schöngeistige Offizier Cyrano de Bergerac ebenso virtuos umzugehen wie mit dem Degen. Doch während er so manchen Spötter, der sich allzu lautstark über seine riesige Nase mokiert, im Duell mühelos in die Schranken weist, verschlägt es dem wegen seiner Missgestalt schüchternen Gascogner in der Liebe zu seiner schönen Cousine Roxane die Sprache. Da bittet ihn der stattliche, aber tumbe Jüngling Christian, ihm seine Worte zu leihen, um ausgerechnet Roxane zu betören.


Edmond Rostands turbulent-romantische Verskomödie »Cyrano de Bergerac«, 1897 uraufgeführt, ist bis heute eines der meistgespielten französischen Theaterstücke.

Im 20. Jahrhundert wurde das Drama das meistgespielteste französische Theaterstück. 1950 wurde das Stück mit Jose Ferrer in der Titelrolle in Hollywood verfilmt und 1990 verfilmte es Jean-Paul Rappeneau mit Gerard Depardieu in der Hauptrolle.

1990 erlangte die turbulente Komödie durch die grandiose Verfilmung mit Gérard Depardieu in der Titelrolle neuerlichen Ruhm.

Literatur:

Cyrano de Bergerac
Cyrano de Bergerac
von Edmond Rostand













Dienstag, 16. August 2016

Brechts episches Theater


Bertolt Brecht gilt als einflussreicher deutscher Dramatiker und Lyriker des 20. Jahrhunderts. Er hat das epische Theater begründet, das den Zuschauer eher zum distanzierten Hinterfragen anregt als zum Mitfühlen. Der Begriff „episches Theater“ wird heute meist ausschließlich auf die Werke und Inszenierungstechniken Brechts und – mit Abstrichen – Piscators bezogen, obwohl es im 20. Jahrhundert zahlreiche Dramatiker gab, die epische Elemente einsetzten. Brecht hat das Konzept des epischen Theaters stetig weiterentwickelt und den Bedürfnissen seiner Inszenierungspraxis angepasst.

Das epische Theater soll nach Brecht gesellschaftliche und politische Veränderungen in Gang setzen. Die Demonstration gesellschaftlicher Widersprüche auf der Bühne soll Zuschauer aktivieren, Kritik am Schicksalsglauben und eine materialistische Haltung vermitteln. Das Theater soll vom Repräsentations- und Unterhaltungsinstrument für die Oberschicht zu einer kritischen Veranstaltung insbesondere für das Proletariat werden.

Brechts episches Theater zielt nicht auf Moral, sondern auf eher auf Erkenntnis. Es ist daher nicht moralisierend, sondern erkenntisfördernd. Das epische Theater soll nach Brecht gesellschaftliche und politische Veränderungen in Gang setzen. Die Demonstration gesellschaftlicher Widersprüche auf der Bühne soll Zuschauer aktivieren, Kritik am Schicksalsglauben und eine materialistische Haltung vermitteln. Das Theater soll vom Repräsentations- und Unterhaltungsinstrument für die Oberschicht zu einer kritischen Veranstaltung insbesondere für das Proletariat werden.


Brecht wollte ein analytisches Theater, das den Zuschauer eher zum distanzierten Nachdenken und Hinterfragen anregt als zum Mitfühlen. Zu diesem Zweck „verfremdete“ und desillusionierte er das Spiel absichtlich, um es als Schauspiel gegenüber dem wirklichen Leben erkennbar zu machen. Brecht nannte dies den „Verfremdungseffekt“.

Schauspieler sollten analysieren und synthetisieren, das heißt, von außen an eine Rolle herangehen, um dann ganz bewusst so zu handeln, wie es die Figur getan hätte. Diese Neukonzeption des Theaters, ursprünglich „episches Theater“, nannte er später „dialektisches Theater“, da ein Widerspruch zwischen Unterhaltung und Lernen entstehen soll, der die Illusion des „emotionalen Hineingezogenwerdens“ beim Publikum zerstören will.

"Das Theater darf nicht danach beurteilt werden,
ob es die Gewohnheiten seines Publikums befriedigt,
sondern danach, ob es sie zu ändern vermag."


Bertolt Brecht

Das epische Theater Brechts und Piscators ist politisch engagiert. Das enge Korsett der traditionellen Dramatik wird gesprengt, weil beide komplexe politische Verhältnisse darstellen wollten. Das epische Theater ist marxistisch orientiert, will gegen Ausbeutung und Krieg wirken, sich einsetzen für eine sozialistische Veränderung der Gesellschaft.



„Ich wollte auf das Theater den Satz anwenden,
dass es nicht nur darauf ankommt,
die Welt zu interpretieren, sondern sie zu verändern.“

Bertolt Brecht



Brecht vertrat die Auffassung der Dialektik vom Menschen als Produkt der Verhältnisse und glaubte an dessen Fähigkeit, diese zu verändern: „Ich wollte auf das Theater den Satz anwenden, dass es nicht nur darauf ankommt, die Welt zu interpretieren, sondern sie zu verändern.“ Damit bezieht er sich auf die zentrale Schlussfolgerung der marxschen „Thesen über Feuerbach“.

Das epische Theater Brechts steht im Gegensatz sowohl zur Lehre Stanislawskis als auch zu der des method acting (methodische Schauspielkunst) von Lee Strasberg, die größtmögliche Realitätsnähe anstrebten und vom Schauspieler verlangten, sich in die Rolle hineinzuversetzen. Die wichtigsten Elemente des Epischen Theaters waren im Werk Brechts jedoch bereits vor dessen Begegnung mit dem Marxismus ausgebildet.



Brecht-Werke:


Ausgewählte Werke in sechs Bänden
von Bertolt Brecht


Weblinks:

Bertolt Brecht-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Bertolt Brecht-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de

Mittwoch, 15. Juni 2016

»Bahnwärter Thiel« von Gerhart Hauptmann

»Bahnwärter Thiel« von Gerhart Hauptmann ist ein deutscher Klassiker aus der Epoche des Naturalismus. Obwohl die Erzählung nur etwas mehr als 50 Seiten umfasst, vermag Hauptmann die Tragödie des Bahnwärters detailreich und anschaulich zu beschreiben.

Der gläubige Bahnwärter Thiel ist zwei Jahre lang mit der feingliedrigen und blassen Minna verheiratet. Doch dann verstirbt sie auf dem Wochenbett und Thiel muss allein mit seinem Söhnchen Tobias zu recht kommen. Das ist für Thiel zu viel und so heiratet er bereits nach einem Jahr die ehemalige Kuhmagd Lene, damit sich jemand um Tobias kümmert. Doch schnell muss Thiel feststellen, dass er in eine Abhängigkeit von Lene gerät, aus der er nicht mehr entkommt. Er findet nicht einmal mehr die Kraft und den Mut, sich gegen seine Frau aufzulehnen, als er sie dabei ertappt, wie sie Tobias schlägt. Thiels Situation verschlechtert sich zusätzlich dadurch, dass er sich immer öfters mit Träumen und Visionen seiner verstorbenen Frau Minna konfrontiert sieht. Das Unheil nimmt seinen Lauf, als Lene Thiel mit Tobias und ihrem gemeinsamen Kind zur Arbeit begleitet.

»Bahnwärter Thiel« wird dem Naturalismus zugeordnet. Dies aus folgenden Gründen: Wie es sich für den Naturalismus gehört, steht das Milieu, in dem sich der Protagonist Thiel - typischerweise ein Antiheld - befindet, im Zentrum der Erzählung. Wie es für naturalistische Texte typisch ist, liefert auf Hauptmanns Text genaue und detailreiche Beschreibungen und der Hauptcharakter ist von seiner Umwelt geprägt. Ebenfalls erfüllt »Bahnwärter Thiel« das Kriterium der bewussten Betonung des Hässlichen, wodurch die Leserschaft aufgerüttelt werden soll. Zudem bedient sich Hauptmann oft des formalen Mittels des Sekundenstils, bei dem die Beschreibung im Werk sich mit der tatsächlichen Handlung zeitlich decken. Ein typisches Element des Naturalismus.

Dennoch passt nicht ganz alles, was Hauptmanns Werk auszeichnet, zum Naturalismus. Eher untypisch ist das Fehlen von Umgangssprache und Jargon, sowie die komplexe, psychische Ausmodellierung von Thiels Charakter. Normalerweise sind die Personen stereotyp gemäss ihrer Milieuzugehörigkeit gehalten. Das ist in "Bahnwärter Thiel" nicht der Fall. Genauso verwendet Hauptmann oft Metaphern, Naturbilder und mystische Elemente, was ebenfalls untypisch ist für den Naturalismus.

Das zentrale, symbolische Element dieser Erzählung ist der Zug. Dieser steht stellvertretend für die technischen Entwicklungen, die um die Jahrhundertwende tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen nach sich zogen. Erstmals lebten mehr Menschen in den Städten als auf dem Land. Entsprechend waren die Verhältnisse in den Städten prekär. Es gab zu viele Menschen, zu wenig Wohnungen, wenig Arbeit und als Folge daraus wuchs die Armut. Naheliegend ist daher, dass die Menschen der neuen Technik eher skeptisch entgegenblickten, ja sie sogar fürchteten. Diese Angst kann dem Text entnommen werden, vor allem in den Passagen, in denen Hauptmann die Eisenbahn beschreibt.


Weltliteratur, die man gelesen haben sollte:

Bahnwärter Thiel
Bahnwärter Thiel
von Gerhart Hauptmann


Bahnwärter Thiel
Bahnwärter Thiel
von Gerhart Hauptmann

Weblink:

Bahnwärter Thiel von Gerhart Hauptmann - deutschsprachige-literatur.blogspot.de

Donnerstag, 9. Juni 2016

»Der Biberpelz« von Gerhart Hauptmann

Gerhart Hauptmann


Hauptmanns Diebeskomödie »Der Biberpelz« ist eine schwarze Komödie in bester Unterhaltungsmanier.
Diese 1893 erstmals veröffentlichte Komödie gilt zu Recht als ein herausragendes Werk des deutschen Naturalismus. Sie zählt zu einer der wenigen gelungenen Komödien in der deutschen Literatur, deren besonderes Merkmal der offene Schluß ist.

Frau Wolff, ihres Zeichens Waschfrau, versucht, sich und ihre Familie auf der gesellschaftlichen Leiter nach oben zu bringen und setzt dafür ihre ganze Schläue und Schlagfertigkeit ein, und schreckt dabei vor kriminellem Verhalten nicht zurück. Es ist faszinierend zu sehen, wie sie sich allen Wendungen des Geschehens gleich anpassen und sie zu ihrem Vorteil nutzen kann.


Das unmoralische Verhalten der Möchtegern-Aufsteigerin wird aber parallelisiert durch das ebenso unethische Verhalten des Amtsvorstehers Wehrhahn - der Name ist sprechend - der, wie ein stolzer Hahn, sein Revier verteidigt und als konformistisch-kaisertreuer Beamter lieber einem Unbescholtenen staatsfeindliches Verhalten nachweist als wirkliche Verbrecher fängt. Frau Wolff, die das Publikum als Wildererin, Holzdiebin und Einbrecherin kennt, ist ihm eine „fleissige, ehrenhafte Person", er lässt sich von ihr täuschen.

Die Sprache der Figuren entspricht ihrer regionalen Herkunft, einzelne Dialekte und Soziolekte sind erkennbar. Typisch für Stücke des Naturalismus ist das Bestreben, Wirklichkeit in ihrer Fülle abzubilden. Dazu dienen auch die konkreten Anweisungen für ein Bühnenbild und die genauen Regieanweisungen, die der Charakterisierung der Personen dienen und an die Schauspieler wohl nur schwer zu vollbringende Anforderungen stellen - so heisst es z. B. über Frau Wolffs Tochter Adelheid, dass der „Ausdruck ihrer Augen ... frühe Verderbnis" verrate.

Mutter Wolff, nie kleinlich, wenn es um das Wohl ihrer Familie geht, stiehlt einen Pelz. Amtsvorsteher Wehrhahn untersucht den Fall peinlich genau und verdächtigt mit kriminalistischem Scharfblick 'königsfeindliche Elemente'.

Die Komödie »Der Biberpelz« (1893), das dramatische Hauptwerk »Die Weber« (1892) und die Tragikkomödie »Die Ratten« (1911) gehören zu seinen bekanntesten Werken von Gerhart Hauptmann.

Gerhart Hauptmann ist vielleicht der bedeutendste Dichter aus dem Kreis der deutschen Naturalisten. 1912 erhielt Gerhart Hauptmann den Literatur-Nobelpreis.


Weltliteratur, die man gelesen haben sollte:

Der Biberpelz
Der Biberpelz
von Gerhart Hauptmann


Weblinks:

Gerhart Hauptmann: Eine Biografie
Gerhart Hauptmann: Eine Biografie
von Rüdiger Bernhardt


Gerhart Hauptmann-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de


Gerhart Hauptmann-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de


Samstag, 4. Juni 2016

»Die Stützen der Gesellschaft« von Henrik Ibsen

»Die Stützen der Gesellschaft« von George Grosz

Das Stück »Die Stützen der Gesellschaft« von Henrik Ibsen spielt in einer kleinen, von der Schifffahrt lebenden Küstenstadt. Im Mittelpunkt der Handlung steht Konsul Bernick, Reeder und Unternehmer, dessen wirtschaftlicher Erfolg auf Lüge und Betrug beruht. Eine Lüge hat ihn zu dem gemacht, wer er ist. Als ein Enthüllungsskandal droht, ist er sogar zum Mord bereit. "Und ihr nennt euch Stützen der Gesellschaft!" Bernick antwortet: "Die Gesellschaft hat keine besseren."

"Und ihr nennt euch Stützen der Gesellschaft!"

Die Stützen der Gesellschaft


Ibsen nimmt in diesem Drama die heuchlerische Moral der bürgerlichen Gesellschaft Ende des 19. Jahrhunderts aufs Korn: Im Lauf des Stücks erweisen sich die so genannten "Stützen der Gesellschaft" als Betrüger, die sogar sich selbst hinters Licht führen. Besonders Leben und Karriere des ersten Mannes am Platze, Konsul Bernick, sind auf ein Fundament aus Lügen gebaut. Als ihn die Gespenster seiner Vergangenheit immer mehr bedrängen, plant er sogar einen Mord, um seinen Ruf zu retten.

Schließlich ist es seine Frau, bislang ein unterdrücktes Wesen, die diese Untat verhindern kann. Bernick versucht sich gesellschaftlich zu retten, indem er Teile der Wahrheit über sein Vorleben verkündet, und hält sich nun für rehabilitiert - doch Ibsen lässt den Schluss beunruhigend offen. Um diesen Handlungskern herum weben sich die Gedanken und Taten zahlreicher kleingeistiger Moralapostel.


"Die Frauen, das sind die Stützen der Gesellschaft!"

Henrik Ibsen

Einzige Rebellen und Hoffnungsträger sind in dieser Gesellschaft einige Frauen, ein Kind sowie die Arbeiterschaft, die gegen ihre Ausbeutung im Manchesterkapitalismus ankämpft. Ibsens erstes realistisches sozialkritisches Stück prangert die Wirtschaftsführer seiner Zeit an und ist damit bis heute aktuell: Je lauter sich die Mächtigen für das Allgemeinwohl einsetzen, desto egoistischer sind ihre Motive.

Nicht nur der familäre Konflikt steht im Vordergrund, sondern auch die gesellschaftliche Moral, denn bei Ibsen sind die sog. Stützen der Gesellschaft moralisch korrumpiert.

»Die Stützen der Gesellschaft«, im Jahr 1877 uraufgeführt, ist das erste der Dramen, in denen Ibsen soziale und ethische Fragen der sich damals in Norwegen entfaltenden bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft zum Thema macht. Damit entsteht eine neue dramatische Gattung, das gesellschaftskritische Drama, dasbis heute grosse Gültigkeit bestitzt und aktueller denn je ist.

Weblinks:

Henrik Ibsen-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de


Henrik Ibsen-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de


Die Stützen der Gesellschaft
Die Stützen der Gesellschaft
von Henrik Ibsen

Samstag, 14. Mai 2016

»Shakespeare: Die Biographie« von Peter Ackroyd


Das Leben des begnadeten Dramatikers und Dichters William Shakespeare (1564-1616) gibt bis heute zu Spekulationen Anlass, denn kaum etwas Persönliches ist über ihn überliefert. Nur das Werk ist ein Vermächtnis von zeitloser Genialität. Grund also, über Shakespeare nachzuforschen.

Der englische Schriftsteller und Journalist Peter Ackroyd hat sich dieser Aufgabe gestellt und eine mit 650 Seiten sehr umfangreiche Biographie über William Shakespeare geschrieben. Herausgekommen ist dabei eine sehr englische Biographie eines sehr englischen Dichters. Ackroyd lässt sich dabei weder von der Fülle der Shakespeare-Literatur noch von den Ungewissheiten seines Lebensweges bei seiner gefühlvollen Annäherung abschrecken.

Der beste und erfolgreichste Weg eines Biografen, sich einer Person anzunähern,
ist dabei stets eine eigene Interpretation des zu Portraitierenden.

Shakespeare: Die Biographie
Shakespeare: Die Biographie


"Peter Ackroyd sagt uns endlich, wer Shakespeare ist."

F A Z

In seiner Biographie über William Shakespeare lebt sich Peter Ackroyd kunstvoll in Shakespeares Welt hinein und läßt den Dichter quasi wiederauferstehen. Ackroyd entwickelt dabei seinen eigenen Shakespeare. Er entwirft in seiner empathischen Shakespeare-Biographie das Bild eines Mannes, der die Freiheit, das Spiel und das Wort liebte, dem das Leben überbordende Energie, nie versiegende Lust am Neuen und einen hell strahlenden Geist mitgegeben hatte.

Wahlverwandt und souverän findet er Spuren in Dramen und Sonetten, bei Zeitgenossen und Nachfahren. Er gesellt sich zu dem glücklichen Kind aus wohlgeordneten Verhältnissen, das den Fluss liebte und den freien Flug der Vögel, begleitet den Dichter als warmherzigen, kühnen und selbstbewussten jungen Mann, der süchtig war nach Experimenten jeder Art und sich durch nichts aufhalten ließ.

Mit überschäumender Vitalität entwickelte sich Shakespeare schnell zu einem sehr guten Schauspieler und Autor. Der tägliche Kontakt mit seinem Publikum, das aus allen Gesellschaftsschichten kam, floss unmittelbar in seine Stücke ein. Sie waren theaterwirksam und ganz nah am Leben. Shakespeare predigte nicht und lieferte keine Regeln; er bildete die Welt in ihrem Widerspruch ab, so dass sich Menschen bis heute in seinen Stücken erkennen.

Getreu Ackroyd's eigenem Leitwort, dass jedes Genie zu 99% gewöhnlich und 1% außergewöhnlich ist, wird Shakespeare in dieser Biographie als das porträtiert was er zu allererst war: ein Sohn seiner Zeit. Ackroyd schildert das damalige Leben in Stratford und London plastisch, lebendig und farbenfroh. Und aus diesem Hintergrund wächst sein Shakespeare ganz organisch hervor.

Ackroyd's Shakespeare ist ein Bürger aus der Provinz, ein Geschäfts- und Lebemann, ein Schauspieler, Regisseur und ein routinierter und erfolgreicher Autor. Der Leser kommt Shakespeare dabei so nah wie selten in einem Buch zuvor, was nicht zuletzt an Ackroyd's außerordentlich fundierten Einbeziehung verschiedenster Quellen liegt.

Dass nämlich wenig Quellen existieren ist mittlerweile ein überholter Mythos: Shakespeare's Leben gehört zu den bestdokumentierten Bürgerleben des 16. und 17. Jahrhunderts und Ackroyd versteht es diesen Reichtum schriftstellerisch zu nutzen. Das Buch ist äußerst gut lesbar, kurzweilig und unterhaltsam, sehr englisch eben.

Das hintergründige Werk ist eine Annäherung an Shakespeare. Peter Ackroyd kommt in seinem kunstvollen Portrait dem Mann aus Stratford-on-Avon beispiellos nahe. Diese freundschaftliche Nähe macht das Buch zu einer berührenden und wunderbar leichten Lektüre.

Biografien, die man gelesen haben sollte:


Shakespeare: Die Biographie
Shakespeare: Die Biographie
von Peter Ackroyd

Shakespeare: The Biography
Shakespeare: The Biography
von Peter Ackroyd


Weblinks:

William Shakespeare - – Leben und Legende - www.mdr.de

William Shakespeare-Biografie - Biografien-Portal www.die-biografien.de

William Shakespeare-Zitate - Zitate-Portal www.die-zitate.de

William Shakespeare - www.bbc.co.uk

Mittwoch, 30. Dezember 2015

Heiner Müller 20. Todestag

Heiner Müller

Heiner Müller 20. Todestag jährt sich am 30. Dezember. Er starb am 30. Dezember 1995 in Berlin. Er gilt als einer der wichtigsten deutschsprachigen Dramatiker der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Bedeutung erlangte Heiner Müller außerdem als Lyriker, Prosa-Autor und Essayist, Interviewpartner sowie als Regisseur, Dramaturg, Intendant und Präsident der »Akademie der Künste« in Ost-Berlin.

Heiner Müller war einer der wichtigsten deutschsprachigen Dramatiker der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Heiner Müller ist einer der großen, weltbekannten, deutschen Dramatiker und ein Weltautor mit DDR-Prägung. Der Dichter und Stückeschreiber, dieser scharfsinnigste Kopf der DDR, ist nach Brecht ein Intellektueller von Weltrang,

Krieg ohne Schlacht: Leben in zwei Diktaturen
Krieg ohne Schlacht: Leben in zwei Diktaturen

Heiner Müller gehört zu den meistgespielten deutschsprachigen Theaterautoren der Gegenwart, zurzeit jedoch eher in Frankreich und Griechenland, in Lateinamerika oder Japan als an deutschen Bühnen. Müllers Lebensthema waren Revolution und Konterrevolution. Die Geschichte zeigte er oft sehr düster als Schlachthaus.

In Orientierung an Brecht standen im Mittelpunkt der Geschichten aus der Produktion, wie Müller seine Stücke bezeichnete, die Probleme des Aufbaus der sozialistischen Gesellschaft wie »Traktor« (1955), »Der Lohndrücker« (1958).

1961, nach der Uraufführung des Stückes »Die Umsiedlerin«, führte die Aufführung zu seinem Ausschluss aus dem Schriftstellerverband der DDR. Seine langjährige Arbeit als Dramatiker und Regisseur vollzog er zunächst am »Berliner Ensemble« und dann, ab 1976, an der »Volksbühne«.


1992 übernahm Müller gemeinsam mit Peter Zadek, Matthias Langhoff, Peter Palitzsch und Fritz Marquardt die Leitung des »Berliner Ensembles«.

Insbesondere mit den Stücken »Die Hamletmaschine« (1978) und »Wolokalamsker Chaussee I – V« (1987) gilt Müller als einer der innovativsten (wenn auch umstrittenen) deutschen Dramatiker der Gegenwart. Ausgezeichnet wurde er u. a. mit dem »Heinrich-Mann-Preis der DDR« (1959, gemeinsam mit Inge Müller), dem »Hamburger Lessing-Preis«¯ (1975), dem »Dramatiker-Preis der Stadt Mülheim a. d. R.« (1979), dem Georg-Büchner-Preis (1985), dem »Nationalpreis der DDR« (1986) und dem »Kleist-Preis« (1990).

Viele seiner Stücke wurden im Westen uraufgeführt, dennoch blieb ihm die DDR wichtig, "weil alle Trennlinien der Welt durch dieses Land gehen".

Heiner Müller wurde am 9. Januar 1929 in Eppendorf, Sachsen geboren. 1929 kam er in Eppendorf, einem kleinen Dorf im sächsischen Erzgebirge, zur Welt. Heiner Müllers Grab befindet sich auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin-Mitte.

Weblinks:

Heiner Müller – Weltautor mit DDR-Prägung - www.mdr.de

Das Licht der Finsternis - Zum 20. Todestag von Heiner Müller - www.tagesspiegel.de/kultur

Buch:

Krieg ohne Schlacht: Leben in zwei Diktaturen
Krieg ohne Schlacht: Leben in zwei Diktaturen
von Heiner Müller

Sonntag, 25. Oktober 2015

»Faust II oder Der Tragöde zweiter Teil«

Goethe schrieb über 60 Jahre an seinem Faust und nannte "diese sehr ernsten Scherze" am Ende sein "Hauptgeschäft". Goethe hat den Faust-Stoff nicht erfunden, aber so bearbeitet, daß aus dem mittelalterlichen Schwarzmagier Dr. Faustus ein Sucher nach Erkenntnis wurde, wie er etwa am Anfang der Neuzeit als der Arzt und Philosoph Paracelsus in die Geschichte getreten ist.

In den zwei Jahrhunderten seit Erscheinen von »Faust I« hat es viele kluge und einander widersprechende Interpretationen und auch Aufführungen gegeben - man erinnere sich nur an die theatergeschichtlich sehr bedeutsame Aufführung von Gustaf Gründgens als Regisseur und Mephisto und Will Quadflieg als Faust.

»Faust II oder Der Tragöde zweiter Teil« - wie es bei Goethe authentisch heißt - ist weniger gespielt und auch weniger klug und/oder bedeutungsvoll interpretiert worden. Noch weniger wird er gelesen. Goethes »Faust II« bleibt rätselhaft, kompliziert und wird wenig gelesen.

Er ist ein Buch für Kenner, wahre Liebhaber und Philosophen, denn er setzt einiges an Bildung und Wissen über die antike Philosophie und heidnische Religion voraus und läßt sogar Mephistopheles bekennen, daß er dafür eigentlich nicht zuständig sei, da seine Identität nun einmal die eines christlichen Teufels sei.

Goethe selbst hat 1831 an seinen Freund Zelter geschrieben: "Es ist keine Kleinigkeit, das, was man im zwanzigsten Jahr konzipiert hat, im 82. außer sich darzustellen und als solches inneres lebendiges Knochengeripp mit Sehnen, Fleisch und Oberhaut zu bekleiden, auch wohl dem fertig Hergestellten noch einige Mantelfalten umzuschlagen, damit alles zusammen ein offenbares Rätsel bleibe, die Menschen fort und fort ergetze und ihnen zu schaffen mache."

Weblink:

Kurt Flasch - www.al-kulturzentrum.de


Samstag, 24. Mai 2014

George Tabori zum 100. Geburtstag

George Tabori

George Tabori wurde vor 100 Jahren am 24. Mai 1914 als György Tábori in Budapest geboren. Tabori war ein Schriftsteller, Drehbuchautor, Übersetzer, Dramatiker und Theaterregisseur ungarischer Herkunft. Er war schon Lebzeiten eine Legende. Als Schauspieler, Dramatiker und Theaterregisseur jüdischer Herkunft hat er das Theater des 20. Jahrhunderts in entscheidendem Maße geprägt, wie auch dieses Jahrhundert ihn geprägt hat. Den Begriff „Regisseur“ lehnte er für sich als zu autoritär ab und bezeichnete sich stattdessen als „Spielmacher“.



Nach dem Besuch eines Budapester Gymnasiums hatte sich George Tabori eine Zeit als Kellner in Berlin verdingt. 1933 kehrte er nach Budapest zurück, studierte, bis er 1936 nach London emmigrierte. Seit 1945 war Tabori britischer Staatsbürger.

In London arbeitete er als Journalist und Übersetzer. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ging er als Auslandskorrespondent nach Bulgarien, dann in die Türkei. 1941 bis 1943 leistete er als Intelligence Officer Kriegsdienst in der britischen Armee. Als Leutnant war er in Palästina stationiert. 1943 kehrte er nach London zurück, schrieb für die BBC und unternahm erste schriftstellerische Versuche.

1947 emigrierte Tabori in die USA und traf hier mit berühmten Zeitgenossen wie Thomas Mann, Lion Feuchtwanger und Bert Brecht zusammen. In Hollywood machte er sich als Drehbuchautor einen außerordentlich geachteten Namen. So schrieb er für Alfred Hitchcock, Anthony Asquith, Anatol Litvak und Joseph Losey.

Über die Begegnung mit Brecht, von dem er drei Stücke ins Englische übersetzte, entdeckte Tabori das Theater und er begann, selber Stücke zu schreiben. Sein erstes Theaterstück "Flight into Egypt" wurde 1952 von Elia Kazan am Broadway uraufgeführt. Das ironische Melodram über eine österreichische Familie, die versucht, in die Vereinigten Staaten zu emigrieren, erwies sich allerdings als Flop. 1956 stellte Tabori mit Strindbergs "Fräulein Julie" seine erste Inszenierung mit seiner Frau Viveca Lindfors in der Titelrolle vor. Auch nicht gerade ein Publikumsmagnet.

Anschließend schrieb er für das Londoner Aldwych-Theatre "Brouhaha" und inszenierte für das New Yorker Theater De Lys "Brecht on Brecht". Anfang der sechziger Jahre kam Tabori in Kontakt mit dem Free Southern Theatre in New Orleans und erlebte erstmals eine spezifische, fast therapeutische Gruppenarbeit mit einem Ensemble im Theater. 1966 gründete er zusammen mit seiner Frau Viveca Lindfors die Gruppe The Strolling Players, mit der er verschiedene Tourneen unternahm.

1968 kam Tabori nach Deutschland und inszenierte am Berliner Schiller-Theater sein Auschwitz-Stück "The Cannibals". Es sollte ihn berühmt machen. Seither arbeitet er vorwiegend im deutschsprachigen Raum. Zunächst führte Tabori, der sich in seinen eigenen Stücken oder Stückbearbeitungen bevorzugt mit der Geschichte der Deutschen und der Juden auseinandersetzt, an wechselnden Orten Regie und wollte mit kleinen Schauspielergruppen sein "menschlicheres" Theater verwirklichen.

So brachte er 1971 die deutsche Erstaufführung seines Anti-Vietnam-Stücks "Pinkville" in Berlin mit Schauspielern der Abschlussklasse der Max-Reinhardt-Schule heraus. Als Dramatiker, Schauspieler und Regisseur avancierte Tabori in den folgenden Jahren zur "lebenden Theaterlegende". "Seine Arbeiten", so die Süddeutsche Zeitung 1991, "sind Versuche, die Magie des Theaters und das Grauen des Lebens zu beschwören, wundersame Gratwanderungen zwischen Schmerz und Scherz."

Sei 1975 arbeitete Tabori am Bremer Theater und gründete dort 1976 das Bremer Theaterlabor. Mit dieser von ihm geleiteten Gruppe brachte er unter anderem "Sigmunds Freude" heraus, ferner "Talk Show", eine tiefschwarze Satire über das Sterben, Kafkas "Hungerkünstler" in einer sehr freien Dramatisierung sowie einen viel beachteten "Hamlet" (in der Übersetzung von Heiner Müller).

In der Zeit zwischen 1978 und 1981 war Tabori vor allem an den Münchner Kammerspielen tätig. 1978 stellte er hier "Improvisationen über Shakespeares Shylock" und 1980 eine Szenenfolge nach Enzensbergers "Titanic-Poem" vor. Mit solchen und anderen Produktionen gelang Tabori nach Kritikermeinung die "gültige Alternative zum experimentellen wie zum konventionellen Theater in Deutschland".

Viel Aufsehen erregte die Uraufführung von "My Mother's Courage", in dem Tabori die Geschichte seiner Mutter erzählt, im Mai 1979 in einem Proberaum der Münchner Kammerspiele. Hanna Schygulla spielte die Hauptrolle. Michael Verhoeven verfilmte die zugrundeliegende Erzählung 1996 mit Tabori in einer der Hauptrollen. 1980 inszenierte Tabori in der Manege des Münchner Circus Atlas mit seiner Truppe und zahlreichen Mitgliedern der Zirkusfamilie Frank einen Beckett-Abend, den er 1981 in Bochum mit einem "Beckett-Abend 2" fortsetzte. Im gleichen Jahr drehte er für das ZDF seinen ersten Spielfilm, die Satire "Frohes Fest", die den Großen Preis der Internationalen Filmwoche in Mannheim gewann.

Von 1987 bis zum Ende der Spielzeit 1989/90 leitete Tabori das Wiener Theater "Der Kreis". Dieses Schauspielhaus in der Porzellangasse wurde nach seinen Vorstellungen als "actors' studio" umgebaut.

Im Juli 1987 sorgte Tabori für einen hanfesten Theaterskandal, als er in der Salzburger Kollegienkirche Franz Schmidts Oratorium "Das Buch mit den sieben Siegeln" in einer eigenwilligen szenischen Fassung inszenierte. Nach heftigen Zuschauerprotesten wegen "obszöner Szenen" setzte man das Stück nach der Premiere wieder ab. Einen glänzenden Erfolg als Autor, Schauspieler und Regisseur verbuchte er dagegen im Mai des Jahres mit der Uraufführung seiner Hitler-Farce "Mein Kampf" am Wiener Akademietheater. In seinem "Kreis"-Theater inszenierte er im gleichen Jahr Eugene O'Neills "Der Eismann kommt" und Peter Sichrowskys szenische Protokolle "Schuldig geboren", in denen Kinder von Nazi-Verbrechern über ihre Familien berichten.

Bei den Wiener Festwochen 1991 hatten Taboris mit glänzenden Kritiken bedachte "Goldberg-Variationen" Premiere, in Wolfenbüttel wurde im November des Jahres Taboris vielbeachtete Lessing-Bearbeitung "Nathans Tod" in eigener Regie uraufgeführt. An der Oper Leipzig hatte 1994 Schönbergs "Moses und Aron" in einer Tabori-Inszenierung Premiere. Mit dieser triumphal gefeierten Opernproduktion wollte er "ein Zeichen der Kunst gegen den wiederaufkeimenden Antisemitismus setzen". Als achte Inszenierung eines eigenen Stückes während der Intendanz von Claus Peymann ging im Juni 1995 Taboris "Die Massenmörderin und ihre Freunde" über die Bühne des Wiener Akademietheaters. Ein Jahr später inszenierte er die Uraufführung seiner "Ballade vom Wiener Schnitzel", die groteske Bilder vom alltäglichen Antisemitismus bot. Das Stück wurde der Höhepunkt der Wiener Saison und ein Triumph für den Hauptdarsteller Gert Voss.

Ungeachtet seiner öffentlichen Abschiedsbekundungen von der Regie und einem erklärten Rückzug auf die Arbeit als Autor blieb der "sanfte Provokateur" und "leise Ironiker" als Interpret eigener und fremder Stücke sowie "produktiver Playmaker", wie er sich selbst am liebsten nannte, immer aktiv.

Mit "Die letzte Nacht im September" brachte er im Januar 1997 in Wien ein neues Stück zur Uraufführung, inszenierte dann zum ersten Mal mit "Stecken, Stab und Stangl" ein Werk von Elfriede Jelinek, wagte mit dem Choreographen Ismael Ivo an der Berliner Schaubühne ein Crossover von Musik, Tanz, Poesie und Schauspiel unter dem Titel "Der nackte Michelangelo", zeigte Mozarts Oper "Die Zauberflöte" in einem Berliner Zirkus und verabschiedete sich dann von Wien und 13 Claus-Peymann-Intendantenjahren im Mai 1999 mit einer elften selbst inszenierten und umjubelten Uraufführung, der kurzen Farce "Purgatorium".

Mit Claus Peymann ging der 85-jährige Tabori nach Berlin und inszenierte 2000 zum Beginn der Peymann-Intendanz an der berühmten, umfangreich sanierten Brecht-Bühne Berliner Ensemble die Uraufführung seines Stücks "Die Brecht-Akte" über zwei FBI-Mitarbeiter, die Brecht ausspionieren.

George Tabori war ein Wanderer zwischen den Welten - ein Wanderer zwischen Schmerz und Scherz. Fremd war er Zeit seines wechselvollen und von grauenhafter Lebenserfahrung geprägten Lebens überall, seine angestammte Heimat war das Theater. "Ich bin kein Regisseur, ich bin ein Spielmann", schrieb Tabori trotzig. Ich bin grundsätzlich ein Fremdling. Erst hat mich das gestört, aber alle Theatermacher, die ich liebe, waren Fremde. Meine Heimat ist ein Bett und eine Bühne."

"'Mensch' ist mein liebstes Wort in der deutschen Sprache", hat George Tabori einmal gesagt. Die deutschen Verbrechen gegen die Menschheit überlebte der vor 100 Jahren geborene Autor, Regisseur und Schauspieler in Großbritannien. Seit den späten Sechzigern brachte er den Holocaust auf seine ganz eigene Art ins deutschsprachige Theater: brutal komisch, politisch völlig unkorrekt und mit "jüdischer Witz" nur notdürftig umschrieben.

Freitag, 9. Mai 2014

»Wallenstein« von Friedrich Schiller

Wallenstein

Das historische Drama »Wallenstein« ist die gängige Bezeichnung für eine Dramen-Trilogie von Friedrich Schiller, die eine Episode aus dem Dreißigjährigen Krieg thematisiert.

Der Dramatiker Schiller behandelt in dem dramatischen Werk den Niedergang des berühmten Feldherrn Albrecht von Wallenstein - wobei der Dichter sich frei an den realen historischen Ereignissen orientiert.

Dreißigjähriger Krieg


»Zerfallen sehen wir in diesen Tagen
Die alte feste Form, die einst vor hundert
Und fünfzig Jahren ein willkommner Friede
Europens Reichen gab, die teure Frucht
Von dreißig jammervollen Kriegesjahren.
Noch einmal laßt des Dichters Phantasie
Die düstre Zeit an euch vorüberführen,
Und blicket froher in die Gegenwart
Und in der Zukunft hoffnungsreiche Ferne.«

Friedrich Schiller, Wallenstein, Prolog


Schillers berühmtes Historiendrama »Wallenstein« ist in den Jahren 1796/99 entstanden, der Erstdruck erschien bei dem Verleger Cotta in Tübingen 1800.

Samstag, 26. April 2014

William Shakespeare und sein Einfluss bis heute

William Shakespeare

Der Dramatiker, Lyriker und Schauspieler William Shakespeare wurde vor 450 Jahren, im April 1564 im englischen Städtchen Stratford-upon-Avon geboren. Shakespeare gilt auch heute noch als größter Dramatiker aller Zeiten.

"Nach Gott hat keiner soviel geschrieben wie William Shakespeare", sagte Alexendre Dumas. 38 Theaterstücke hat William Shakespeare geschrieben und 154 Sonette. Seine meist historischen Werke nehmen einen bedeutenden Platz ein in der Weltliteratur, seine Komödien und Tragödien gehören zu den am meisten aufgeführten Bühnenstücken.

Wirklich gesicherte Fakten gibt es nur wenige, über das Leben von Englands berühmtestem Schriftsteller. Der überwiegende Teil der Shakespeare-Forscher ist sich heute einig, dass Shakespeare, der einfache Mann aus Stratford, die Werke tatsächlich selbst verfasst hat. Als sicher gilt aber, dass Shakespeare beim Schreiben Helfer hatte.

Der Dichter, Dramatiker und Theatermann William Shakespeare hat ein zeitloses Werk geschaffen, das so gewaltig ist, dass es die Zeiten bis heute überdauert hat. Er gilt nicht umsonst als einer der meistgespielten Autoren der Weltliteratur.

Shakespeares Einfluss auf die englische Sprache ist so gewaltig, dass Shakespeare mittlerweile überall drin steckt - auch in dahingeworfenen Sätzen wie "nicht alles, was glänzt, ist Gold", "es ist was Faul im Staate Dänemark", "das stinkt zum Himmel", "der Wahnsinn hat Methode".

Weblinks:

William Shakespeare-Biografie - Biografien-Portal www.die-biografien.de

Video:

Shakespeare wird 450: Klassiker der Weltliteratur - Youtube

Mittwoch, 23. April 2014

William Shakespeare vor 450 Jahren geboren

William Shakespeare

William Shakespeare wurde am 23. April 1564 in Stratford upon Avon geboren. William Shakespeare gilt als einer der bedeutendsten Dichter und Dramatiker des 16. Jahrhunderts. Der Dichter lebte in der kunstsinnigen Epoche der elisabethanischen Zeit in England.

Da kaum biographische Dokumente existieren, ist das Lebensbild Shakespeares nur unzuverlässig und bruchstückhaft zu rekonstruieren. Sein Vater war ein relativ wohlhabender Handwerker.

Shakespeare arbeitete zunächst als Schauspieler in kleineren Rollen und schrieb Schauspiele für seine Theatertruppe, an der er Teilhaber war. Seine Stücke waren offensichtlich sehr erfolgreich.


Den grössten Teil seines Lebens verbrachte er in London, wo er als Schauspieler und Theaterdichter wirkte. Er war Mitbegründer des »Globe Theater«. 1610 kehrte er als wohlhabender Mann nach Stratford zurück.



Als Schauspieler, Stückeschreiber, vor allem aber als kaufmännischer Teilhaber des »Globe Theatre« erwarb sich Shakespeare Vermögen und Einfluss.

William Shakespeare



Shakespeare war ein äußerst talentierter Stückeschreiber von weltmännischem Format. Er bediente sich bei den antiken Mythen und den Chroniken des Mittelalters und verwob sie mit eigenen Erfahrungen. William Shakespeare war ein des Lebens kundiger Dichter. Er hatte die Fähigkeit, Menschen in allen möglichen Situationen darzustellen.

Er brachte wie kein zweiter Autor die ganze Bandbreite menschlicher Gefühle zum Ausdruck. Seine Werke spiegeln im Zeitablauf häufig Phasen und Erfahrungen seines Lebens.


Mit 46 Jahren kehrte Shakespeare als reicher Mann nach Stratford zurück, und verbrachte dort seine letzten Lebensjahre, wobei er die Verbindungen zu seinen ehemaligen Kollegen nicht ganz abreißen ließ und bei einigen Theaterproduktionen als Mitautor beteiligt war.

William Shakespeare starb am 23. April 1616 im Alter von 52 Jahren in seinem Geburtsort Stratford und wurde dort in der »Holy Trinity Church« beigesetzt.

Weblinks:

William Shakespeare-Biografie - Biografien-Portal www.die-biografien.de

William Shakespeare-Zitate - Zitate-Portal www.die-zitate.de

www.william-shakespeare.at

William Shakespeare - www.bbc.co.uk


Videos:

Shakespeare wird 450: Klassiker der Weltliteratur - Youtube

William Shakespeare - Youtube

E-Book:


Hamlet - Prinz von Dänemark - William Shakespeare
Hamlet
von William Shakespeare

Autor auf XinXii

Samstag, 1. März 2014

»Die tragische Historie vom Doktor Faustus« von Christopher Marlowe

Doktor Faustus

Das Blankversdrama »Die tragische Historie vom Doktor Faustus« («The Tragical History of Doctor Faustus«) erschien erstmals 1604. Seine "tragische Historie" ist eine der größten vorgoethischen Faust-Dichtungen.

Dies ist die Geschichte des Doktor Faustus, der Mephistopheles (vulgo: dem Teufel) seine Seele verschreibt, dafür rund 24 Erdenjahre einigen Luxus und Spaß genießt und schließlich im Wortsinne vom Teufel geholt wird und zur Hölle fährt.

Einige pikante Handlungen tauchen in späteren Faust-Dramen (etwa bei Goethe) nicht mehr auf. So gibt zum Beispiel der Marlowe-Faust dem Papst eine Ohrfeige. Lebenslust und Humor der beteiligten Figuren lassen stimmungsmässig eine Atmosphäre des elisabetahsieh Zeitalters

Das Drama zeigt einen Doktor Faustus als einen Faust zum Lachen und Weinen, der sich nicht der religiösen Buße, sondern eben den magischen Wissenschaften verschreibt, am Ende mit dem Schmachten in der Hölle bestraft und somit dem mittelalterlichen kirchlichen Bestrafungskanon anhängt.

Dieses Stück mag wohl eher der damaligen zeitgenössischen Unterhaltung dienlich gewesen als es vermag, heute noch einen Theaterinteressenten hinter dem Ofen hervorzulocken. Es kann mit einigem Witz und geschickter Dramaturgie aufwarten, aber von bleibendem Wert lässt sich hier nichts finden.

Wer sich für die Geschichte des Doktor Faustus interessiert, sollte wohl wirkliche zum (allerdings auch weit spießigeren) Goethe greifen.

Weblinks:

Die tragische Historie vom Doktor Faustus
Die tragische Historie vom Doktor Faustus
von Christopher Marlowe

Dienstag, 29. Oktober 2013

»Versuch, in der Wahrheit zu leben« von Vaclav Havel

Vaclav Havel
Im Oktober 1978 schrieb Vaclav Havel auf seinem Landsitz in Hradecek einen politischen Essay, den er dem Andenken an den tschechischen Philosophen Jan Patocka widmete: »Versuch, in der Wahrheit zu leben«. Der Essay wurde schon bald überall in der Welt publiziert, kursierte aber in der Tschechoslowakei nur in Abschriften. In diesem Essay analysierte der "Meister des politischen Essays" den Zustand der Gesellschaft und die Gründe für deren zunehmenden Verfall.



Versuch, in der Wahrheit zu leben

»Versuch, in der Wahrheit zu leben« nannte der ehemalige Dissident Václav Havel seinen 1978 verfaßten, vielbeachteten politischen Essay, in dem seine Suche nach Wahrheit im Sozialismus zu einer modernen Gesellschaftskritik des sozialistischen Systems führt und schließlich in dem umfassenden Versuch endet, eine allgemeine "Krise der menschlichen Identität" zu begründen.



Die Erfahrung der existenziellen Widersprüchlichkeit hat Havel auf die Suche nach der Authenzität des menschlichen Daseins geführt und zu der Erkenntnis gebracht, daß es diese Wahrhaftigkeit in der sozialistischen Gesellschaft der Tschechoslowakei nicht mehr gibt. Vielmehr hat sich das politische System auf ein alles umfassendes und alles durchdringendes "Leben in der Lüge" begründet.



Im Unterschied zur klassischen Dikatur ist der Charakter der Macht in einer solchen Gesellschaftsform diffuser, tiefgreifender und nicht mehr an ein System gebunden. Havel bezeichnet diese Herrschaftsform daher als »posttotalitär«. Er zeigt den Verlust der menschlichen Identität darin an: »Zwischen den Intentionen des posttotalitären Systems und den Intentionen des Lebens klafft ein Abgrund: das Leben tendiert in seinem Wesen nach zur Pluraliität, zur Vielfältigkeit, zur unabhängigen Selbstkonstitution und Selbstorganisation«. Das »posttotalitäre System hingegen verlangt »monolithische Einheit, Uniformität und Disziplin«.



Das posttotalitäre System schafft sich seine eigene Wahrheit(en) und führt damit die menschliche Identität mit einem "Leben in der Lüge" in eine Krise. Dieses System ist eine Bedrohung für das Leben, da es sich von den Bedürfnissen des Lebens immer weiter entfernt. Es ist dadurch gekennzeichnet, daß es von allen Mitgliedern der Gesellschaft, die dessen Rituale täglich ausführen, getragen wird. Genau deshalb bedeutet die Weigerung, an diesen Ritualen teilzunehmen und die Lüge mitzuerleben, eine fundamentale Bedrohung für das System.

Versuch, in der Wahrheit zu leben
Vaclav Havel, der sich nie einer Ideologie verschrieben hat, macht im Rahmen seiner Gesellschaftskritik nicht beim sozialistischen System halt, obgleich sein Essay im gesamten Ostblock als "Widerstandsbibel" aufgefasst wurde. Die von ihm diagnostizierte Krise der menschlichen Identität sieht er in dem modernen Leben an sich manifestiert. Sie ist Ausdruck einer technischen Zivilisation, die der europäische Geist des »Rationalismus und des Szientismus« hervorgebracht hat.

Mit dieser herben Kritik an der jüngsten europäischen Ideengeschichte hat sich der "Meister des politischen Essays" Vaclav Havel mit seiner politisch-philosophischen Streitschrift vor 35 Jahren jedoch nicht überall Freunde gemacht.

Weblinks:

Vaclav Havel - Biografien-Portal www.die-biografien.de
Jan Patocka - Wikipedia.org

Sonntag, 27. Oktober 2013

»Dantons Tod« von Georg Büchner

Georg Büchner

Georg Büchners erstes Drama »Dantons Tod« entstand 1835 in nur fünf Wochen. Der Autor beschreibt in dem Revolutionsdrama das Jahr 1794, als in Frankreich die Revolutionäre um Robespierre in moralischer Selbstgefälligkeit und politischer Radikalisierung offen diktatorische Züge annehmen.

In seinem ersten Drama »Dantons Tod« zeichnet Georg Büchner ein düsteres Bild der Französischen Revolution. Er dramatisiert die Ereignisse zweier Wochen im März und April 1794 als Auseinandersetzung zwischen dem tugendhaften Robespierre und dem sittenlosen Danton.

Büchners Danton mag nicht mehr an die Revolution glauben. Er ahnt, dass sie ethische und materielle Fragen nicht lösen kann. Danton erkennt, dass man seine Bemühungen dem Blutvergießen ein Ende zu bereiten nicht wohlwollend gegenübersteht. Er weiß, dass er unter der Guillotine sterben wird und erträgt schon im Vorfeld sein bevostehendes Ende gelassen, allerdings mit leichtem Zynismus.


Büchners Danton übermittelt den Gedanken, dass Handeln nicht lohnt, dass die Summe aller Tätigkeiten wachsendes Leid und Lebensekel zum Ergebnis haben. Danton muss an seinem eigenen politischen Genie verzweifeln, weil sein "Herz nicht steinern", "sein Geist nicht beschränkt ist".

Sein Revolutionsdrama »Dantons Tod« gehört zu den bedeutendsten Dramen des 19.Jahrhunderts. Büchners revolutionäres Stück wurde wegen seiner politischen Schärfe und mitunter drastischen Sinnlichkeit zu Lebzeiten des Autors nur zensiert gedruckt.

Weil Büchners Drama schonungslos das Scheitern einer humanistischen Idee zeigt, ohne die Idee selbst zu verleugnen, ist »Dantons Tod« ein Revolutionsstück von ungebrochener Aktualität.

Weblinks:

Georg Büchner-Biografie - Biografien-Portal www.die-biografien.de

Revolutionär und Dichter - Georg Büchner - www.dw.de

200 Jahre Georg Büchner: Du bist ein starkes Echo - www.zeit.de




Dienstag, 30. Juli 2013

Pavel Kohout »Mein tolles Leben mit Hitler, Stalin und Havel«

Pavel Kohout, 1928 in Prag geboren, war einer der meistgespielten Dramatiker der Tschechoslowakei und gestaltete 1968 als Wortführer den Prager Frühling mit.

Pavel Kohout war meistgespielter Dramatiker der CSSR, bevor er das Land verlassen musste und seine Stücke verboten wurden. Er war treues Mitglied der Kommunistischen Partei (KP). 1969 wurde er aus der KP ausgeschlossen.





Als einer der Mitverfasser der „Charta 77" galt er fortan als führender Dissident. In der Folge wurden seine Stücke verboten, er selbst wurde aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen und 1979 zur Emigration gezwungen. Erst 1989 konnte er in seine Heimatstadt zurückkehren.

Pavel Kohout hat sich als Schriftsteller und Dramatiker international einen Namen gemacht. Zu seinen bekanntesten Werken gehören »August, August, August« (1968) und »Wo der Hund begraben liegt« (1987) und »Die Henkerin«. Sein jüngster Roman »Die Schlinge« erschien im Herbst 2009.
Mein tolles Leben mit Hitler, Stalin und Havel- Erinnerungen

In seiner Autobiografie »Mein tolles Leben mit Hitler, Stalin und Havel« rekonstruiert Kohout seinen konfliktreichen Lebenslauf. Er beschreibt seine Wandlung vom linientreuen Kommunisten zum überzeugten Demokraten.

Trotz aller Tragik hat Kohout Charme, Herz und Humor bewahrt. Sein bewegtes Leben spiegelt die wechselhafte Geschichte des 20. Jahrhunderts wieder.

Mittwoch, 20. Februar 2013

Papst-Drama »Der Stellvertreter« 1963 aufgeführt

Rolf Hochhuth

Am 20. Februar 1963 betrat der damals 31-jährige Rolf Hochhuth mit einem Paukenschlag die Bühne der Öffentlichkeit. Das Papst-Drama »Der Stellvertreter« um Pius XII. wurde an der »Berliner Freien Volksbühne« uraufgeführt. Der Regisseur, Erwin Piscator, ist bereits aus dem avantgardistischen Berlin der 1920er Jahre bekannt. Seine Inszenierung sorgt für nachhaltiges Aufsehen.

Das Drama beschäftigt sich mit der Rolle des Vatikans und im speziellen mit der des Stellvertreter Gottes auf Erden - Papst Pius XII. während des Dritten Reiches. Das Stück bricht Tabus, es klagt den Papst Pius XII. und die katholische Kirche an. Der Vorwurf lautet: ein Konkordat, eine Abmachung verband den Papst und die gesamte katholische Kirche mit den Nazis.

Der Stellvertreter: Ein christliches Trauerspiel
Der Stellvertreter
von Rolf Hochhuth
Hochhuth spitzt das Thema zu: Tausende Juden werden über den Petersplatz aus Rom in die Gaskammern der Nazis abtransportiert und der Papst, die moralische Instanz des Erdkreises, sieht zu und schweigt. "Falsch" lautet das Dementi der Papsttreuen, "Pius schwieg nur, um einer noch drastischeren Verfolgung der Juden und auch des Klerus entgegenzuwirken."

Hochhuth kann akribisch nachweisen, dass der Papst stets über das Ausmaß der Deportationen und der Judenvernichtung informiert war. Der Vorwurf hat eine tiefere Dimension: Der Stellvertreter Gottes auf Erden, die Kurie und die meisten Bischöfe der Ortskirchen konnten sich einer gewissen Sympathie für rechtstotalitäre Systeme nicht erwehren.

In seinem ergreifenden Schauspiel wirft Hochhuth tiefere existenzielle Fragen auf: Warum schritt Pius der XII. nicht ein? Warum hat er sich nicht gegen die massenhafte Judenverfolgung ausgesprochen, auch als ihm schon lange klar war, dass der Abtransport in die KZs gleichzusetzen war mit der Vernichtung der Menschen? Warum konnte sich dieser Mann nicht zu einer Erklärung gegen die Verfolgung und Ermordung der Juden durchringen?

Eine solche Erklärung aus seinem Munde hätte vieles bewirken können. Hitler hätte nie gewagt, den Vatikan oder gar den Papst anzugreifen. Und doch gab es nie ein solches Bekenntnis. Denn es zählten nicht mehr die christlichen Grundwerte, sondern die Politik der Diplomatie, die das Wohl der Institution Kirche an erster Stelle sah.

Der Stellvertreter ist ein Werk über die Schuld des wissenden Schweigens, aber auch eine offene Kritik an der katholischen Kirche. Eine Kirche, die durch ihre Bürokratie den Menschen fremd geworden ist und sich, abgelöst von ursprünglichen Idealen, verselbständigt hat.

Hochhuth gelingt es in dem Bühnenstück, eines der dunkelsten Kapitel der katholischen Kirche, zu verarbeiten. Er nimmt kein Blatt vor den Mund und prangert die Kirche an ohne auch nur einen Hauch des guten Willens an ihr zu lassen. Nur Pater Fontana macht hier eine Ausnahme, symbolisch für das Gewissen des Einzelnen angesichts der ungeheuerlichsten Verbrechen der Weltgeschichte.

Sein Stück »Der Stellvertreter« kündigt die Restauration des Nachkriegs-Deutschland auf und rüttelt die Adenauer-Ära aus ihrem Wirtschaftswunder-Dornröschenschlaf.

Weblink:

Der Stellvertreter: Ein christliches Trauerspiel
Der Stellvertreter: Ein christliches Trauerspiel
von Rolf Hochhuth

Rolf Hochhuth-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Rolf Hochhuth-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de

Montag, 19. Dezember 2011

Václav Havel ist tot

Vaclav Havel


Der frühere tschechische Staatspräsident Václav Havel ist tot. Der einstige Dramatiker und Held der antikommunistischen Bewegung starb am Sonntag früh mit 75 Jahren in seinem Wochenendhaus im Norden Tschechiens.

Vaclav Havel war ein Präsident wider Willen, denn seiner Berufung nach war er immer ein Dichter. In seinem Werk verarbeitete er die erzwungene Entfremdung durch das Leben in der sozialistischen Diktatur. Sein bestimmendes Thema war die Absurdität des Lebens im Kommunismus.

Der einstige Dissident zählte zu den Anführern der "Samtenen Revolution" 1989, in deren Verlauf die kommunistische Führung der damaligen Tschechoslowakei gestürzt wurde. Die Symbolfigur des gewaltlosen Widerstands wurde noch im selben Jahr zum Präsidenten gewählt. Nach der Teilung des Landes wurde Havel 1993 Staatschef von Tschechien und blieb bis 2003 im Amt.


In der Tschechoslowakei avancierte der Autor durch seinen permanenten Konflikt mit den sozialistischen Machthabern zu einer Art Volkshelden, der seine Erfahrungen literarisch verarbeitete. Später erlebte Vaclav Havel einen Wandel von Theaterautor zum engagierten Bürgerrechtler.

Was das Absurdeste in seiner Amtszeit gewesen sei, wurde Václav Havel einmal gefragt. Die Antwort: Dass er so lange Staatspräsident war, und dann noch einer von zwei Staaten: Erst der Tschechoslowakei und dann, ab 1993, der von Tschechien.

Bereits während seiner Amtszeit kämpfte Havel mit großen gesundheitlichen Problemen. Als Folge seiner jahrelangen Gefängnisaufenthalte unter dem kommunistischen Regime litt er unter einer chronischen Atemwegserkrankung. Zudem wurde er, der jahrzehntelang starker Raucher war, 1996 wegen Lungenkrebs operiert. Zwei Jahre später überlebte er einen Herzinfarkt.

In Tschechien herrscht grosse Trauer um den tschechischen Ex-Präsidenten. Politiker in Tschechien und in anderen europäischen Staaten reagierten mit großer Bestürzung auf den Tod Havels. Bundeskanzlerin Angela Merkel würdigte in einem Kondolenzschreiben an dessen Nachfolger Vaclav Klaus Havels Einsatz für Freiheit und Demokratie.

Manchmal kam er sich wie in einem seiner absurden Stücke vor. Daß die Theaterwelt nicht unbedingt der Realität gleicht, hat sich für Havel im politischen Alltag als wertvolle Erfahrung erwiesen. Daß seine Landsleute möglicherweise zu wenig aus seinen politischen Stücken gelernt haben, geht aus der Verlangsamung des Wertewandels und des moralischen Wandels hervor. Havel gesteht, er komme sich als Präsident wider Willen manchmal selber vor, wie eine der Figuren aus seinen (absurden) Stücken.

Als politisqhe Figur glich der Präsident einem (Staats-) Schauspieler, dem die Bühne zu klein geworden ist. Die Popularität Havels im Ausland erhielt jedoch ihm auch zu Hause Sympathiewerte, die nur denen des Ministerpräsidenten Klaus glichen.

Weblink zum Tode von Vaclav Havel:

Vaclav Havel gestorben - www.tagesschau.de

Ein Vorbild an Moral und Menschlichkeit - www.tagesschau.de

Václav Havel ist tot - www.dw-world.de




Weblinks:

Václav Havel-Biografie - www.die-biografien.de

Václav Havel-Zitate - www.die-zitate.de



Blog-Artikel:

Václav Havel wird 75 - Geburtstag des tschechischen Präsidenten

»Largo desolato«

»Das Gartenfest«




Donnerstag, 24. November 2011

Der rätselhafte Dichter Kleist

Heinrich Kleist

Als ewig Reisender auf der Suche nach sich selbst erfindet Kleist sich immer wieder neu: beim Militär, als Student, als Landwirt, im Staatsdienst. Nur das Schreiben zieht sich durch sein ganzes Leben. Er studiert das menschliche Verhalten und macht vor keinem moralischen Dilemma halt. Doch seine Theaterstücke und Erzählungen werden nicht immer geschätzt, er bleibt ein Außenseiter im literarischen Betrieb. Es ist die Zeit der Napoleonischen Kriege, und Kleist wird von den Franzosen einige Monate als Spion interniert. Nach vielen Lebenskrisen beging er mit 34 Jahren Selbstmord.


Heinrich von Kleist (1777-1811) war ein viel zu früh durch Selbstmord aus dem Leben geschiedener Dichter von Novellen wie auch von Dramen, dem leider die Anerkennung seiner Werke durch seine Zeitgenossen versagt blieb. Von dem Dichter, dessen Leben vor zweihundert Jahren endete kann man nicht sprechen, ohne zugleich auf seine Rätselhaftigkeit zurückzukommen.

Es sei das allerqualvollste Leben gewesen, das je ein Mensch geführt habe. So steht es in einem der letzten Briefe, die Kleist geschrieben hat. Das Ausmaß der Verzweiflung, die sich andeutet, macht betroffen. An Marie von Kleist, den 10. November 1811:

"Aber ich schwöre Dir, es ist mir ganz unmöglich länger zu leben; meine Seele ist so wund, daß mir, ich möchte fast sagen, wenn ich die Nase aus dem Fenster stecke, das Tageslicht wehe tut, das mir darauf schimmert.“

Kleist schrieb Stücke, dem Leben entfremdet und dem Tode seelenverwandt. Kleists Werk ist sein Prosa gewordenes Leben. Er hat die Zerrissenheit seines Lebens in seinen Stücken verewigt und seinen Tod in seinen Dramen bereits vorweggeommen. Kleists Krisen sind nicht etwas neben dem Werk. Sie sind ein Teil seines Werks. Die Rätsel des Seelenlebens sind das eigentliche Feld dieses Dichters geworden.

Der rätselhafte Kleist: das ist schon fast der uns vertraute Kleist. Und so, wie er uns heute erscheint, muß er auch selbst sich erfahren haben: als einen unaussprechlichen Menschen nämlich, wie er sich gelegentlich nennt. Er gilt mit Recht als einer der rätselhaftesten Dichter der deutschen Literatur.

Kleist, dem auf Erden nicht mehr zu helfen war, wirkt durch seine Dichtung vertraut in seiner Rätselhaftigkeit, dennoch ist er durch sein ungelebtes dramatisches Leben bis heute ein Rätsel geblieben.


Weblinks:

Der rätselhafte Kleist und seine Dichtung - Ein Beitrag von 1977 zum 200. Geburtstag - www.literaturkritik.de

>Seelen unterwegs zum Himmel - www.fr-online.de/kultur


Blog-Artikel:

Heinrich von Kleist 200. Todestag - literatenwelt.blogspot.com


Mittwoch, 23. November 2011

»Die Physiker« von Friedrich Dürrenmatt

Die Physiker
Die Physiker

»Die Physiker« ist eine ernste und tragische Komödie des Schweizer Schriftstellers Friedrich Dürrenmatt. Sie entstand vor 50 Jahren im Jahr 1961 und wurde am 21. Februar 1962 im Schauspielhaus Zürich uraufgeführt.

Im Mittelpunkt der Handlung dieser Tragikomödie stehen drei Physiker, die sich als Geisteskranke ausgeben. Der erste von ihnen behauptet, Albert Einstein zu sein, der zweite hält sich angeblich für Isaac Newton. Der dritte, Johann Wilhelm Möbius, hat die so genannte Weltformel entdeckt, die in den falschen Händen zur Vernichtung der gesamten Menschheit führen könnte.

Mit seiner Behauptung, ihm erscheine König Salomo, will er sich selbst unglaubwürdig machen und so dem Missbrauch seiner revolutionären Entdeckung vorbeugen. Newton und Einstein hingegen sind in Wahrheit Agenten rivalisierender Geheimdienste und haben sich nur ins Irrenhaus einweisen lassen, um an Möbius’ Erkenntnisse zu gelangen und diese für ihre Zwecke zu instrumentalisieren.

Die drei Physiker ermorden ihre Krankenschwestern, weil sie um ihre Geheimnisse fürchten. Als die Polizei mit ihren Ermittlungen der Todesfälle eintrifft, vernichtet Möbius seine Formel. Es gelingt ihm, auch seine beiden Kollegen davon zu überzeugen, ihr gefährliches Wissen zu verschweigen, damit die Welt vor dem Untergang bewahrt werde. Doch der Pakt der Physiker kommt zu spät.

Mathilde von Zahnd, die missgestaltete Besitzerin und Chefärztin des Irrenhauses, hat bereits Möbius’ sämtliche Aufzeichnungen kopiert. Als die einzig wirklich Verrückte glaubt sie tatsächlich, im Auftrag König Salomos zu handeln, und will mit der Formel die Weltherrschaft erringen. Die Physiker aber, durch die von ihr initiierten Morde öffentlich als Verrückte gebrandmarkt, bleiben im Irrenhaus eingesperrt und haben keine Möglichkeit mehr, Zahnds Pläne zu verhindern.

Dürrenmatt verknüpft diese Thematik mit seiner Dramentheorie, gemäss der, ausgelöst durch den Zufall, jedes Stück die schlimmstmögliche Wendung nehmen müsse. Seine Komödie wird daher oft auch als Tragikomödie oder Groteske eingeordnet.

Weblink:

Die Physiker
Die Physiker
von Friedrich Dürrenmatt