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Sonntag, 2. Februar 2014

"Ole Bienkopp" von Erwin Strittmatter

Erwin Strittmatter

Der Roman "Ole Bienkopp" des sorbischen Schriftstellers Erwin Strittmatter ist ein Roman über die Nachkriegszeit und die "Wirren" der Bodenreform in der ehemaligen DDR.
Beschrieben werden die schwierigen Aufbaujahre des DDR-Sozialismus anhand einer LPG, welche Ole mitaufbaut.

In "Ole Bienkopp" wird von Strittmatter eindrucksvoll erzählt, aus welcher Not heraus die Bauern sich zusammen schließen, weil man gemeinsam mehr erreicht und mit welchen Schwierigkeiten die Menschen zu kämpfen hatten. Ole ist ein kleiner "Querschläger", er sieht die Welt oft anders als seine Mitmenschen.

Es ist nicht ohne Komik, wie die verschiedenen Menschen des Dorfes nach dem Kriege auf Neues reagieren und - trotz Parteidisziplin oder gerade deswegen - die alten Verhaltensweisen beibehalten und kultivieren. Daran scheitert letztendlich auch Ole Bienkopp auf tragische Weise.

Ole Bienkopp glaubt an Gerechtigkeit. Für ihn ist vernünftig, was Menschen nutzt. Voll Trotz und Zorn tritt er gegen den allmächtigen Parteiapparat an, der ihn im Stich gelassen und tödlich enttäuscht hat. Allein versucht er, einen Plan umzusetzen, der ihm gut, den anderen aber schädlich erscheint.

Man erfährt auch, daß nicht jede gutgemeinte Anstrengung von Erfolg gekrönt war und daß es keinen gibt, der immer alles richtig anpackt und ganz im Recht ist. Gerade diese Schwächen der Figuren machen sie liebenswert und den Reiz dieses Klassikers von Erwin Strittmacher aus.

Weblink:

Ole Bienkopp
Ole Bienkopp
von Erwin Strittmatter

Samstag, 1. Februar 2014

Erwin Strittmatter - 20. Todestag

Erwin Strittmatter

Der Schriftsteller Erwin Strittmatter starb vor 20 Jahren am 31. Januar 1994.
Strittmatter ist ein sorbischer Schriftsteller aus der Niederlausitz.

Erwin Strittmatter war so etwas wie ein Volksschriftsteller der DDR-Literatur. Seine Romane und Kinderbücher "Ochsenkutscher", "Tinko", "Ole Bienkopp", "Der Wundertäter I - III" und vor allem sein "Schulzenhofer Kramkalender" waren in der DDR fast Bestseller. Mit seiner Romantrilogie "Der Laden" und dessen späteren Verfilmung wurde Strittmatter auch im Westen bekannt.

Ab 1945 arbeitete er erneute als Bäcker, war daneben Volkskorrespondent einer Zeitung und seit 1947 Amtsvorsteher in sieben Gemeinden, später Zeitungsredakteur in Senftenberg. 1950 erschien sein Erstlingswerk "Ochsenkutscher".

»Wer sucht, sieht
übers Gesuchte hinweg.«
Erwin Strittmatter, Tinko
Bis 1953 arbeitete Strittmatter als Assistent bei Bertolt Brecht am Berliner Ensemble. 1963 erschien "Ole Bienkopp" - dieser Roman wurde zu einem der meistgelesenen Bücher der DDR. Er wurde von der offiziellen DDR-Literaturkritik zum Teil scharf attackiert, 1964 aber trotzdem mit dem Nationalpreis ausgezeichnet.

Von 1963 beschäftigte sich Strittmatter neun Jahre lang mit Kurzprosa. Man bezeichnet diese Phase, die 1972 mit "Wie ich meinen Großvater kennenlernte" ihr Ende fand, bisweilen als sein novellistisches Jahrzehnt.
Strittmatter schrieb auch nach der Wende 1989/90 weiter. Es entstand neben anderen Arbeiten 1992 der letzte Teil der Romantrilogie "Der Laden". Mit diesem autobiografischen Roman setzte er der kulturellen Symbiose von Deutschen und Sorben ein Denkmal.

Bekannt wurde der Sorbe durch seine Trilogien "Der Wundertäter" und "Der Laden". Seine großen Romane, vor allem die Trilogien "Der Wundertäter" und "Der Laden" tragen deutliche autobiografische Züge.

Seit 1954 lebte Strittmatter als freier Schriftsteller in Schulzenhof bei Gransee. Er hatte das fragwürdige 'Glück', zu Lebzeiten nie mit den Schattenseiten seines Wirkens konfrontiert zu werden. Er starb am 31. Januar 1994.

Weblinks:

Der Laden: Roman-Trilogie
Der Laden: Roman-Trilogie
von Erwin Strittmatter
Ole Bienkopp
Ole Bienkopp
von Erwin Strittmatter
Ochsenkutscher
Ochsenkutscher
von Erwin Strittmatter
Tinko
Tinko
von Erwin Strittmatter

Dienstag, 22. Oktober 2013

»Völkerschlachtdenkmal« von Erich Loest anlässlich des Jubiläums "200 Jahre Völkerschlacht"

Erich Loest

Der historische Roman »Völkerschlachtdenkmal« von Erich Loest bietet seine eigene Verarbeitung und Sicht der Historie und lässt dabei die Geschichte um die berühmte Völkerschlacht von 1813 anschaulich werden. In dem Roman wird die Geschichte eines Sprengmeisters erzählt, der vom Staatssicherheitsdienst verhaftet wird.

Linden heißt der Protagonist in Erich Loests Roman: Er ist 1913, im Jahr der Einweihung des Denkmals, geboren und von Beruf Sprengmeister. Inzwischen 70 Jahre alt und in Rente, hat dieser Linden versucht, das Völkerschlachtdenkmal in die Luft zu jagen. Er ist verhaftet worden, wird psychiatrisch beobachtet und von der Stasi verhört.

Völkerschlachtdenkmal

Der Mann gerät in ein Verhör und was der wunderliche alte Mann bei seinem Verhör zu erzählen weiß, entwickelt sich zu einem geschichtlichen Entwicklungsroman und einem Parforce-Ritt durch die Historie Sachsens.

In den dreizehn Kapiteln von »Völkerschlachtdenkmal« - Panoramen gleich - holt der gebürtige Sachse Erich Loest weit aus: Sein Erzähler, der Sprengmeister hört auf einen langen Namen, die wie auf einer Perlenschnur aufgereiht sind: Carl Friedrich Fürchtegott Vojciech Felix Alfred Linden. Es sind die Namen seiner Vorfahren und ihrer Freunde, aus deren Sicht er Leipzigs Geschichte von Napoleon über Ulbricht bis Honecker eindrucksvoll erzählt.

In dem gut recherchierten Roman des Chronisten Erich Loest werden (fiktive) Erlebnisse aus mehreren Epochen erzählt, in sarkastischem Unterton und mit intellektuellem Witz, vermittelt von einem vermeintlichen Underdog. Der Erzähler beweist in diesem präzisen Portrait umfangreiche historische Kenntnisse und ein geradezu leidenschaftliches Interesse für Geschichte.

Weblink:

Furchtbares Gemetzel mit unendlichen Folgen Die Völkerschlacht von 1813 - www.nzz.ch/aktuell/feuilleton/literatur

Blog-Artikel über Erich Loest:

Zum Tod des Schriftstellers Erich Loest - literatenwelt.blog.de

Nikolaikirche von Erich Loest - literatenwelt.blog.de

Dienstag, 17. September 2013

»Nikolaikirche« von Erich Loest

Nikolaikirche Leipzig

Die Wende ging von Leipzig aus und dort war eine der Keimzellen die Nikolaikirche. Das Gotteshaus war Symbol des gewaltlosen Wandels in der DDR. Hier trafen sich die Verzweifelten, sprachen über die notwendigen Veränderungen, beteten dafür.

Der Roman "Nikolaikirche" von Erich Loest greift dieses Thema auf und schildert die Geschichte einer Leipziger Familie vor dem Hintergrund der Ereignisse, die 1989 zum Fall der Mauer und zur Kapitulation der DDR führten. Die Familie Bacher spiegelt im Kleinen die Konflikte und Entwicklungen eines ganzen Volkes wieder.

Anhand ganz unterschiedlicher Personen, die aus Aufrührern und Angepassten, Helden und Nichthelden bestehen, schildert Loest den hoffnungslosen Niedergang einer Stadt und schließlich den Zusammenbruch eines Staates, der mit jener Ausweglosigkeit zeitlebens zu kämpfen hatte.


Loest setzt die Geschichte keimender Opposition lange vor den Friedensgebeten bereits im Jahr 1968 mit der Sprengung der Leipziger Universitätskirche an: Eine Kirche stürzte in sich zusammen und gab den Blick auf St. Nikolai frei. Schließlich steuert die Handlung auf die historische Montagsdemonstration von 70.000 Menschen am 9. Oktober 1989 in Leipzig zu - für Loest zugleich das Datum der Wende.

Der Roman "Nikolaikirche" gilt als einer der wichtigsten Romane der Wende. Loest verzichtet auf Pathos und Schwarzweißmalerei. Das Buch wurde in Deutschland gleich nach Erscheinen ein Bestseller. Es trug ebenso dazu bei, den Autor auch im Westen bekannt zu machen.


Empfohlener Roman von Erich Loest:



Samstag, 14. September 2013

Zum Tod des Schriftstellers Erich Loest

Erich Loest

Der Schriftsteller Erich Loest ist tot. Im Alter von 87 Jahren ist der Leipziger gestorben. Wie die Polizei in Leipzig am Donnerstagabend bestätigte, stürzte der 87-Jährige am Freitag Abend aus einem Fenster im zweiten Stock der Universitätsklinik.

Erich Loest gehörte zu den bedeutendsten Autoren Ostdeutschlands. Mehr als 60 Jahre lang schrieb Loest Dutzende Werke, die meisten mit Blick auf DDR, deutsche Teilung und Wiedervereinigung. Er gilt daher als ein Chronist deutsch-deutscher Geschichte.

Deutsche Geschichte hat Loest wie nur wenige andere Autoren auf wechselhafte Weise am eigenen Leib erfahren: Er war junger Soldat im Zweiten Weltkrieg und NSDAP-Mitglied, trat erst mit voller Überzeugung in die SED ein und später desillusioniert wieder aus. Er verbüßte sieben Jahre wegen "konterrevolutionärer Gruppenbildung" im gefürchteten Stasi-Knast in Bautzen - für ihn "gemordete Zeit", wie er in einer Autobiografie schrieb.



Empfohlene Bücher über Erich Loest:









Erich Loest wurde 1926 im sächsischen Mittweida geboren. 1946 absolvierte der Sohn eines Eisenwarenhändlers ein Volontariat bei der "Leipziger Volkszeitung". Nach einer vernichtenden Kritik seines Roman-Debüts verlor Loest die Stelle - und wurde freier Schriftsteller. Allein zwischen 1965 und 1975 verfasste er elf Romane und 30 Erzählungen, teils unter Pseudonym, da er in der DDR noch verfemt war. Die Stasi hatte den ungeliebten Schriftsteller lange im Visier.

Zu seinen bekanntesten Romanen gehören "Es geht seinen Gang oder Mühen in unserer Ebene" (1977), "Völkerschlachtdenkmal" (1984), "Nikolaikirche" (1995) und "Sommergewiter" (2005).

Aus Protest gegen die Zensur seines Romans "Es geht seinen Gang oder Mühen in unserer Ebene" (1978) trat der Autor 1979 aus dem Schriftstellerverband der DDR aus. Weil seine oppositionelle Haltung in der DDR große Repressalien auslöste, siedelte er 1981 in die Bundesrepublik über. Nach dem Fall der Mauer kehrte Loest jedoch schnell in seine Wahlheimat Leipzig zurück - und mischte sich in der Stadt immer wieder in aktuelle Diskussionen ein.

Erich Loest war schon länger schwer krank. Er habe nicht mehr die Kraft, einen Roman zu schreiben, sagte er zu seinem 85. Geburtstag im Februar 2011.

Weblinks:

Schriftsteller Erich Loest gestorben - www.tagesschau.de/kultur

Autor Erich Loest ist tot - www.zeit.de/kultur

Schriftsteller Erich Loest ist tot - www.spiegel.de/kultur

Zum Tod des Schriftstellers Erich Loest 3Sat Kulturzeit www.kultuzeit.de

Aufrechter Gang und Fenstersturz - www.tagesspiegel.de/kultur

Mittwoch, 7. Dezember 2011

»Kassandra« von Christa Wolf


Christa Wolf hat mit »Kassandra« eine historische Erzählung geschrieben, welche den antiken Stoff von der Geschichte Trojas aufgreift, um ihn feierlich seines Mythos zu berauben und zugleich eine tragische Dimension zu verleihen. Die Erzählung führt auf mythologisch verschlüsselte Weise die Absurdität eines jahrzehntelangen, kräftezehrenden und vor allem sinnlosen Krieges vor Augen. Die Schriftstellerin wechselt dazu die Perspektive und erzählt die Geschichte Trojas nun aus der weiblichen Sicht.

Erzählt wird der Untergang von Troja, wie ihn die trojanische Seherin und Königstochter Kassandra erlebt hat. Es ist keine Geschichte vom Trojanischen Krieg, aber eine Geschichte von der Unterdrückung (der Frauen) und vom Zerfall einer Hochkultur. Als »Seherin« erkennt Kassandra all die Lügengebäude, die sie in Troja umgeben. Ganz im Gegensatz zu den übrigen Menschen. Diese glauben die Durchhalteparolen der Verteidiger und sehen nicht, wie Troja um sie herum auch von innen zerfällt. Beziehbar auf Christa Wolfs eigenes Leben und ihre Selbstwahrnehmung in der DDR.



Kassandra ist in der griechischen Mythologie die Tochter des trojanischen Königs Priamos und der Hekabe, damit Schwester von Hektor, Polyxena, Paris und Troilos sowie Zwillingsschwester von Helenos.

Die trojanische Seherin und Königstochter Kassandra, mittlerweile Kriegsbeute des Königs Agamemnon, weiß, dass sie in wenigen Stunden sterben wird. Klytämnestra wird sie töten, und Kassandra erinnert sich während dieser letzten Stunden an ihr zurückliegendes Leben als Seherin, als Zeugin des trojanischen Krieges, an ihre Zeit am Skamander. Entsprechend ist der Text als innerer Monolog angelegt, der mehrere Zeitebenen berührt.

»Kassandra« ist kein trojanisches Heldenepos, keine Beweihräucherung männlicher Kampfkraft, sondern das genaue Gegenteil. Aus weiblicher Sicht, nämlich aus Sicht der trojanischen Königstochter Kassandra, werden die Ereignisse geschildert, wobei allerdings nicht der Trojanische Krieg an sich, sondern ihre Seelenlandschaft auf dem Weg zur Selbstfindung- und Selbstbefreiung im Mittelpunkt steht.

Als »Kassandra« 1983 erschien, traf Christa Wolf den Nerv der Zeit in der damals heftig frauen- und friedensbewegten Gesellschaft der Bundesrepublik. Angesichts der atomaren Bedrohung und des Wettrüstens zwischen den Großmächten machte sich in Deutschland eine geradezu apokalyptische Stimmung breit.

Literatur:

Kassandra
Kassandra
von Christa Wolf

Dienstag, 26. April 2011

»Störfall« von Christa Wolf


Störfall

»Störfall« von Christa Wolf ist ein essayistischer Roman auf die atomare Katastrophe im sowjetischen Atomkraftwerk Tschernobyl, ihr Roman, der auf den Nachrichten eines Tages gründet. Dieses Buch ist aufgrund der Atomkatastrophe in Japan sowie des 25. Jahrestages des Reaktorunglückes von Tschernobyl am 26. April beklemmend aktuell.

Es war, endlich, ein sonniger Frühlingstag nach einem langen, zu langen Winter.

"Man hat sehen können", so erinnert sich die Autorin,
"dies würde einer der schönsten Tage des Jahres."

Im Frühling 1986, auf dem mecklenburgischen Land, sind die Blüten an den Kirschbäumen förmlich explodiert - aber das Wort vom Explodieren wagt man nicht einmal mehr zu denken, seit sich die schreckliche Nachricht von einem Atomunfall verbreitet hat:

Im Kernreaktor von Tschernobyl hat eine Explosion stattgefunden. Und während die Erzählerin den stündlichen Warnungen im Radio lauscht, muß sich ihr Bruder einer riskanten Gehirnoperation unterziehen.

Zwei Störfälle, eine kollektive und eine individuelle Katastrophe, fallen zusammen an einem Tag: Christa Wolfs Erzählung schildert den Einbruch des Unfaßbaren in das menschliche Leben: plötzlich entfesselte Kräfte, über die Menschen keine Kontrolle mehr haben.

Viele Worte werden der Schriftstellerin durch die Katastrophe von Tschernobyl, die zunächst nicht Katastrophe heißen darf, suspekt oder verleidet: "Eine unsichtbare Wolke von ganz anderer Substanz ... hat die weiße Wolke der Poesie ins Archiv gestoßen."

Gerade ist Ihre Tschernobyl-Erzählung »Der Störfall« von 1987 neu erschienen.





Störfall








"Störfall"
Nachrichten eines Tages
von Christa Wolf



Suhrkamp, 7,00 EUR.
ISBN-13: 978-3-518-46079-X










»Der Fortschritt der Menschheit besteht
in der Zunahme ihres problematischen Charakters.«


Egon Friedell, österreich. Kulturkritiker


Weblinks

Ein Experiment, das in der Katastrophe endete - 25 Jahre nach Tschernobyl

25 Jahre Tschernobyl - Der Tag, der die Welt verändert hat

Christa Wolf-Weblinks

Bösartiger Himmel - SPIEGEL-Kommentar

Christa Wolf-Portrait - SPIEGEL-Portrait

"Bücher helfen uns auch nicht weiter" - ZEIT-Interview

Donnerstag, 31. März 2011

»Störfall« von Christa Wolf

Störfall






Es war, endlich, ein sonniger Frühlingstag nach einem langen, zu langen Winter.

"Man hat sehen können", so erinnert sich die Autorin,
"dies würde einer der schönsten Tage des Jahres."




Im Frühling 1986, auf dem mecklenburgischen Land, sind die Blüten an den Kirschbäumen förmlich explodiert - aber das Wort vom Explodieren wagt man nicht einmal mehr zu denken, seit sich die schreckliche Nachricht von einem Atomunfall verbreitet hat:

Im Kernreaktor von Tschernobyl hat eine Explosion stattgefunden. Und während die Erzählerin den stündlichen Warnungen im Radio lauscht, muß sich ihr Bruder einer riskanten Gehirnoperation unterziehen.

Zwei Störfälle, eine kollektive und eine individuelle Katastrophe, an einem Tag: Christa Wolfs Erzählung schildert den Einbruch des Unfaßbaren in das menschliche Leben: plötzlich entfesselte Kräfte, über die Menschen keine Kontrolle mehr haben.

Viele Worte werden der Schriftstellerin durch die Katastrophe von Tschernobyl, die zunächst nicht Katastrophe heißen darf, suspekt oder verleidet: "Eine unsichtbare Wolke von ganz anderer Substanz ... hat die weiße Wolke der Poesie ins Archiv gestoßen."

Gerade ist Ihre Tschernobyl-Erzählung »Der Störfall« von 1987 neu erschienen.

Dieses Buch ist aufgrund der Atomkatastrophe in Japan sowie des 25. Jahrestages des Reaktorunglückes von Tschernobyl in Monat April beklemmend aktuell.


Störfall


"Störfall"
Nachrichten eines Tages
von Christa Wolf

Suhrkamp, 7,00 EUR.
ISBN-13: 978-3-518-46079-X
Weblinks
Bösartiger Himmel - SPIEGEL-Kommentar
Christa Wolf-Portrait - SPIEGEL-Portrait
"Bücher helfen uns auch nicht weiter" - ZEIT-Interview

Samstag, 2. Oktober 2010

Geschichte eines untergehenden Landes

Der Turm Geschichte aus einem versunkenen Land.

Uwe Tellkamps Roman »Der Turm« ist ein akkurat gemaltes Sittenbild der Boheme in einem Dresdner Villenviertel. Der bezeichnende Titel »Der Turm« ist dabei eine Anspielung auf den Dresdner Villenvorort "Weißer Hirsch" mit jener Ansammlung verschnörkelter Bürgerhäuser, die wie die Burgen des nachgeahmten Adels, mit Türmen und Zinnen bewehrt sind.

Der Turm Geschichte aus einem versunkenen Land.

Tellkamp erzählt in diesem umfangreichen Gesellschaftsroman mit epischer Breite die Geschichte eines untergehenden Landes anhand der Lebensgeschichte der Bewohner dieses Villenviertels. Es sind die letzten sieben Jahre der DDR, die der Autor durchaus detailgetreu auferstehen läßt. Schauplatz dieses Gesellschaftsportraits mit Tolstoischen Ausmassen ist das Dresdner Villenviertel "Weißer Hirsch", eine Enklave der Gelehrten.

»Der Turm« erzählt eine kunstvoll verschachtelte Familiengeschichte mit einem geradezu überbordenden Romanpersonal. Parteibonzen, Lektoren, Schüler, Soldaten, Künstler, Sprösslinge der Nomenklatura, Krankenschwestern, Anwälte und Republikflüchtlinge, Zensoren und Chefärzte haben nacheinander ihren genau berechneten Auftritt in diesem Roman von Tolstoischen Ausmaßen, der im Jahre 1982, dem Todesjahr Breschnews beginnt und am 9. November 1989, genau mit dem Datum des Mauerfalls, punktgenau endet.

Weblink:

Der Turm Geschichte aus einem versunkenen Land.
Der Turm
von Uwe Tellkamp