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Mittwoch, 7. Dezember 2011

»Kassandra« von Christa Wolf


Christa Wolf hat mit »Kassandra« eine historische Erzählung geschrieben, welche den antiken Stoff von der Geschichte Trojas aufgreift, um ihn feierlich seines Mythos zu berauben und zugleich eine tragische Dimension zu verleihen. Die Erzählung führt auf mythologisch verschlüsselte Weise die Absurdität eines jahrzehntelangen, kräftezehrenden und vor allem sinnlosen Krieges vor Augen. Die Schriftstellerin wechselt dazu die Perspektive und erzählt die Geschichte Trojas nun aus der weiblichen Sicht.

Erzählt wird der Untergang von Troja, wie ihn die trojanische Seherin und Königstochter Kassandra erlebt hat. Es ist keine Geschichte vom Trojanischen Krieg, aber eine Geschichte von der Unterdrückung (der Frauen) und vom Zerfall einer Hochkultur. Als »Seherin« erkennt Kassandra all die Lügengebäude, die sie in Troja umgeben. Ganz im Gegensatz zu den übrigen Menschen. Diese glauben die Durchhalteparolen der Verteidiger und sehen nicht, wie Troja um sie herum auch von innen zerfällt. Beziehbar auf Christa Wolfs eigenes Leben und ihre Selbstwahrnehmung in der DDR.



Kassandra ist in der griechischen Mythologie die Tochter des trojanischen Königs Priamos und der Hekabe, damit Schwester von Hektor, Polyxena, Paris und Troilos sowie Zwillingsschwester von Helenos.

Die trojanische Seherin und Königstochter Kassandra, mittlerweile Kriegsbeute des Königs Agamemnon, weiß, dass sie in wenigen Stunden sterben wird. Klytämnestra wird sie töten, und Kassandra erinnert sich während dieser letzten Stunden an ihr zurückliegendes Leben als Seherin, als Zeugin des trojanischen Krieges, an ihre Zeit am Skamander. Entsprechend ist der Text als innerer Monolog angelegt, der mehrere Zeitebenen berührt.

»Kassandra« ist kein trojanisches Heldenepos, keine Beweihräucherung männlicher Kampfkraft, sondern das genaue Gegenteil. Aus weiblicher Sicht, nämlich aus Sicht der trojanischen Königstochter Kassandra, werden die Ereignisse geschildert, wobei allerdings nicht der Trojanische Krieg an sich, sondern ihre Seelenlandschaft auf dem Weg zur Selbstfindung- und Selbstbefreiung im Mittelpunkt steht.

Als »Kassandra« 1983 erschien, traf Christa Wolf den Nerv der Zeit in der damals heftig frauen- und friedensbewegten Gesellschaft der Bundesrepublik. Angesichts der atomaren Bedrohung und des Wettrüstens zwischen den Großmächten machte sich in Deutschland eine geradezu apokalyptische Stimmung breit.

Literatur:

Kassandra
Kassandra
von Christa Wolf

Freitag, 2. Dezember 2011

Schriftstellerin Christa Wolf ist tot

Christa Wolf

Christa Wolf gilt als eine der bekanntesten und produktivsten Schriftstellerinnen der DDR. Die DDR war ihre literarische Heimat und sie hat das Land, das sie für das bessere Deutschland hielt, über die Jahre hinweg begleitet und in ihren Romanen literarisch verarbeitet. Wie keine andere hat sie das Lebensgefühl der DDR wiedergegeben. Nun ist die 1929 geborene Schriftstellerin im Alter von 82 Jahren in Berlin gestorben.

Als DDR-Autorin galt Wolf als eine der wichtigsten deutschen Autorinnen der Nachkriegszeit. Innere Zerissenheit war ihr Antrieb. Zu ihren bedeutendsten Werken gehören die Romane und Erzählungen “Nachdenken über Christa T.“, “Kindheitsmuster“, “Kein Ort. Nirgends“, “Kassandra“, “Medea. Stimmen“ und “Der geteilte Himmel“. Ihr letzter Roman “Stadt der Engel oder The Overcoat of Dr. Freud“ erschien im Sommer 2010.

Christa Wolf sah die DDR und die SED zunehmend mit kritischer Distanz, blieb ihr aber bis zum Schluss treu. Am Ende der DDR glaubte sie an einen selbstbestimmten, eigenen Weg zum Sozialismus und einen demokratischen Wandel im Land.

Vielen Lesern in Ost und West war sie über Jahre eine moralische Instanz des anderen Deutschlands. Christa Wolf wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der Georg-Büchner-Preis, der Thomas-Mann-Preis und der Uwe-Johnson-Preis. 2002 erhielt sie den Deutschen Bücherpreis für ihr Lebenswerk, weil sie sich nach Ansicht der Jury "mutig in die großen Debatten der DDR und des wiedervereinigten Deutschland eingemischt" hatte.

Weblinks:

Christa Wolf ist tot - www.tagesschau.de

Schriftstellerin Christa Wolf gestorben - www.stern.de

Im ewigen Zwiespalt - Zum Tode von Christa Wolf - www.3sat.de/kulturzeit

Literatur:

Kassandra
Kassandra
von Christa Wolf

Dienstag, 26. April 2011

»Störfall« von Christa Wolf


Störfall

»Störfall« von Christa Wolf ist ein essayistischer Roman auf die atomare Katastrophe im sowjetischen Atomkraftwerk Tschernobyl, ihr Roman, der auf den Nachrichten eines Tages gründet. Dieses Buch ist aufgrund der Atomkatastrophe in Japan sowie des 25. Jahrestages des Reaktorunglückes von Tschernobyl am 26. April beklemmend aktuell.

Es war, endlich, ein sonniger Frühlingstag nach einem langen, zu langen Winter.

"Man hat sehen können", so erinnert sich die Autorin,
"dies würde einer der schönsten Tage des Jahres."

Im Frühling 1986, auf dem mecklenburgischen Land, sind die Blüten an den Kirschbäumen förmlich explodiert - aber das Wort vom Explodieren wagt man nicht einmal mehr zu denken, seit sich die schreckliche Nachricht von einem Atomunfall verbreitet hat:

Im Kernreaktor von Tschernobyl hat eine Explosion stattgefunden. Und während die Erzählerin den stündlichen Warnungen im Radio lauscht, muß sich ihr Bruder einer riskanten Gehirnoperation unterziehen.

Zwei Störfälle, eine kollektive und eine individuelle Katastrophe, fallen zusammen an einem Tag: Christa Wolfs Erzählung schildert den Einbruch des Unfaßbaren in das menschliche Leben: plötzlich entfesselte Kräfte, über die Menschen keine Kontrolle mehr haben.

Viele Worte werden der Schriftstellerin durch die Katastrophe von Tschernobyl, die zunächst nicht Katastrophe heißen darf, suspekt oder verleidet: "Eine unsichtbare Wolke von ganz anderer Substanz ... hat die weiße Wolke der Poesie ins Archiv gestoßen."

Gerade ist Ihre Tschernobyl-Erzählung »Der Störfall« von 1987 neu erschienen.





Störfall








"Störfall"
Nachrichten eines Tages
von Christa Wolf



Suhrkamp, 7,00 EUR.
ISBN-13: 978-3-518-46079-X










»Der Fortschritt der Menschheit besteht
in der Zunahme ihres problematischen Charakters.«


Egon Friedell, österreich. Kulturkritiker


Weblinks

Ein Experiment, das in der Katastrophe endete - 25 Jahre nach Tschernobyl

25 Jahre Tschernobyl - Der Tag, der die Welt verändert hat

Christa Wolf-Weblinks

Bösartiger Himmel - SPIEGEL-Kommentar

Christa Wolf-Portrait - SPIEGEL-Portrait

"Bücher helfen uns auch nicht weiter" - ZEIT-Interview

Donnerstag, 31. März 2011

»Störfall« von Christa Wolf

Störfall






Es war, endlich, ein sonniger Frühlingstag nach einem langen, zu langen Winter.

"Man hat sehen können", so erinnert sich die Autorin,
"dies würde einer der schönsten Tage des Jahres."




Im Frühling 1986, auf dem mecklenburgischen Land, sind die Blüten an den Kirschbäumen förmlich explodiert - aber das Wort vom Explodieren wagt man nicht einmal mehr zu denken, seit sich die schreckliche Nachricht von einem Atomunfall verbreitet hat:

Im Kernreaktor von Tschernobyl hat eine Explosion stattgefunden. Und während die Erzählerin den stündlichen Warnungen im Radio lauscht, muß sich ihr Bruder einer riskanten Gehirnoperation unterziehen.

Zwei Störfälle, eine kollektive und eine individuelle Katastrophe, an einem Tag: Christa Wolfs Erzählung schildert den Einbruch des Unfaßbaren in das menschliche Leben: plötzlich entfesselte Kräfte, über die Menschen keine Kontrolle mehr haben.

Viele Worte werden der Schriftstellerin durch die Katastrophe von Tschernobyl, die zunächst nicht Katastrophe heißen darf, suspekt oder verleidet: "Eine unsichtbare Wolke von ganz anderer Substanz ... hat die weiße Wolke der Poesie ins Archiv gestoßen."

Gerade ist Ihre Tschernobyl-Erzählung »Der Störfall« von 1987 neu erschienen.

Dieses Buch ist aufgrund der Atomkatastrophe in Japan sowie des 25. Jahrestages des Reaktorunglückes von Tschernobyl in Monat April beklemmend aktuell.


Störfall


"Störfall"
Nachrichten eines Tages
von Christa Wolf

Suhrkamp, 7,00 EUR.
ISBN-13: 978-3-518-46079-X
Weblinks
Bösartiger Himmel - SPIEGEL-Kommentar
Christa Wolf-Portrait - SPIEGEL-Portrait
"Bücher helfen uns auch nicht weiter" - ZEIT-Interview