Samstag, 20. Mai 2017

»Die Fremden: Für mehr Mitgefühl« von William Shakespeare


Um 1600 entstand das anonyme Theaterstück "Sir Thomas More", das fünf Autoren im Kollektiv verfasst haben. Höhepunkt des Theaterstückes, das in London spielt, ist Mores große humanistische Rede vor dem Volk. Heute weiß man dank wissenschaftlicher Methoden wie linguistischer Statistik: Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit ist diese Seite jedoch von William Shakespeare geschrieben worden, denn vieles deutet auf seine Handschrift und damit Urheberschaft hin.

Sir Thomas More

Damit ist das Dokument, das derzeit in der »British Library« in London ausgestellt wird, das einzige handschriftliche Zeugnis des Dichters - abgesehen von sechs seiner krakeligen Unterschriften.

Als Dokument gegen Fremdenfeindlichkeit ist William Shakespeares More-Rede von erschütternder Aktualität. Nachzulesen ist die Rede in einem Büchlein, das neben dem englischen und deutschen Shakespeare-Text einen informativen Essay des Übersetzers Frank Günter sowie einem pointierten Vorwort des Journalisten Heribert Prantl.


Shakespeare legt Thomas More eindringliche Worte in den Mund: "Dann stellt euch vor, ihr seht die Fremden, elend, mit Lumpenbündeln, Kinder auf dem Rücken, wie sie zu Küsten und zu Häfen trotten, und ihr sitzt da, als König eurer Wünsche, die Staatsmacht starr verstummt vor eurer Wut, und ihr gespreizt im Prozornat eures Dünkels: Was habt ihr dann? Ich sag`s euch: ihr habt nur gelernt, wie Frechheit und Gewalt obsiegt."

Sir Thomas More

Lange wurde spekuliert, nun ist bewiesen: Eine über 400 Jahre alte Handschrift stammt tatsächlich von William Shakespeare. Unter dem Titel »Die Fremden: Für mehr Mitgefühl« ist der Text gerade auf Deutsch erschienen. »Die Fremden« von William Shakespeare ist bestürzend aktuell.


Literatur:


Die Fremden: Für mehr Mitgefühl
von William Shakespeare


Blog-Artikel:

»Die Fahnen: Roman in fünf Bänden« von Miroslav Krleža

»Das Maskenspiel der Genien« von Fritz von Herzmanovsky-Orlando

Fritz von Herzmanovsky-Orlando 140. Geburtstag

Ludwig Uhland 230. Geburtstag

»Frühlingsglaube« von Ludwig Uhland

Montag, 15. Mai 2017

George Orwell zieht auf die Insel Islay


George Orwell

George Orwell litt an Tuberkulose. Vermutlich hatte er sich diese Krankheit während seines Lebens als Obdachloser zugezogen – sie hatte ihn fast ein Jahrzehnt begleitet, weshalb er immer wieder Lungenprobleme hatte. Er berichtete aber auch von Problemen mit einem Lungenflügel bereits in der Kindheit und Kuraufenthalte in verschiedenen Sanatorien verbrachte.



Islay

Im Mai 1947 zog George Orwell zur Linderung seiner Krankheit in die Abgeschiedenheit der Insel Islay vor der Westküste Schottlands. Er lebte in Barnhill, einem verlassenen Farmhaus ohne Strom und Telefon, umgeben von einer Landschaft aus Heide, Torf und Moor. Auf der einsamen Insel schrieb er 1947 und 1948 eine „Utopie in Form eines Romans“, welche später den Namen »1984« tragen sollte.


Weblinks:

George Orwell-Biografie - www.die-biografien.de

George Orwell-Zitate - www.die-zitate.de






Samstag, 13. Mai 2017

Kulturkritiker Joachim Kaiser gestorben

Joachim Kaiser

.Der Kulturkritiker Joachim Kaiser ist im Alter von 88 Jahren gestorben. Joachim Kaiser zählt zu den einflussreichsten deutschsprachigen Musik-, Literatur- und Theaterkritikern. Er hat Generationen von Künstlern, Kulturliebhabern und Kollegen beeinflusst und war Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland. Er war neben Marcel Reich-Ranicki und Fritz J. Raddatz einer der letzten Großkritiker der deutschen Kulturszene und einer der "letzten Mohikaner" des Kulturbetriebes alter Prägung.


Joachim Kaiser war ein Vertreter der Hochkultur und einer der letzten Universalgebildeten - ein »homo universalis« - mit großer Affinität zu Musik und Theater. Seit bald sechs Jahrzehnten begleitete er das kulturelle und geistige Geschehen in Deutschland. Er studierte bei Theodor W. Adorno und Max Horkheimer, war ein Hauptkritiker der Gruppe 47 und begleitet seit Anfang der fünfziger Jahre das Literatur- , Musik- und Theaterleben, das er bereichert hat wie kaum ein Zweiter, mit großer Professionalität und Leidenschaft.

Die Redaktion und Leser der “Süddeutschen Zeitung” hat er mit seinen Kritiken, Essays und Beiträgen seit 1957 jahrzehntelang bereichert und ein großes Publikum weit darüber hinaus. Kaisers Markenzeichen war eine unerreichte Mischung von Hochbildung, Tiefgang und unterhaltsamer Schreibe. Dazu bewies er sich auch als Meister des gesprochenen Wortes in Film- und Videoformaten wie “Kaisers Klassik-Kunde” für das SZ-Magazin.

Joachim Kaiser letzten Mohikaner

»Es kommt doch sehr darauf an, wie man das, was man sagen will, so ausdrückt, dass es die Menschen interessiert.«
Joachim Kaiser, »Credo«

Kaiser war ein Bewahrer und Förderer der Kunst und Hochkultur auch in bildungsfernen Zeiten. Ihm war es stets wichtig, die Bewahrung der Tradition, ja, wenn es sein musste, der ganzen Abendlandes hervorzuheben, und das schon in frühem Alter.


»Wir Jungen nahmen damals Kunst, Bildung und Intellektualität viel ernster, als es heute üblicherweise der Fall ist -aus einem ganz besonderen Grund. Wir hatten in der Jugend die Freiheitsberaubung durch eine Diktatur und einen Krieg erlebt. Wir wussten, wie wichtig Freiheit ist. Das wollten wir in unserer Arbeit zum Ausdruck bringen.«
Joachim Kaiser

Und diese Freiheit kostete der junge Kritiker aus. Er schrieb über Musik, über Theater, über Literatur. 50 Jahre hat er für die Süddeutsche Zeitung geschrieben. "Im Falle des Falles, schreibt Kaiser über alles" - so hieß es dort oft.

Joachim Kaiser ist über seinem mannigfaltigen Schaffen und seinem Credo derweil selbst zum Klassiker geworden – und zum Vorbild für Kultur- und Musikkritiker aller Generationen. Das ist ihm wahrlich gelungen – wovon seine zahlreichen Bücher zeugen.


Weblinks:

Der Musikkritiker Joachim Kaiser ist gestorben - Faz.net - www.faz.net › Feuilleton

Musikkritiker: Joachim Kaiser ist tot - ZEIT ONLINE - Die Zeit - www.zeit.de/kultur

"SZ": Legendärer Musikkritiker Joachim Kaiser ist tot - Spiegel Online

Langjähriger SZ-Feuilletonchef Joachim Kaiser ist tot - SZ-Kultur - www.sueddeutsche.de


Literatur:

Ich bin der letzte Mohikaner
'Ich bin der letzte Mohikaner'
von Henriette Kaiser und Joachim Kaiser


Blog-Artikel:

»Die Fahnen: Roman in fünf Bänden« von Miroslav Krleža

»Das Maskenspiel der Genien« von Fritz von Herzmanovsky-Orlando

Fritz von Herzmanovsky-Orlando 140. Geburtstag

Ludwig Uhland 230. Geburtstag

»Frühlingsglaube« von Ludwig Uhland

Mittwoch, 10. Mai 2017

»Die Fahnen: Roman in fünf Bänden« von Miroslav Krleža


»Die Fahnen: Roman in fünf Bänden« von Miroslav Krleža liegt jetzt erstmals in einer deutschen Übersetzung vor. Das monumentale Werk ist auf 2.170 Seiten - gespiegelt in einem Generationenkonflikt - eine literarische Großtat. »Die Fahnen« (»Zastave«) zeigen ein Kaleidoskop der europäischen Geistes- und Kulturgeschichte, das Krleža zu einem großen europäischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts macht. Krleža zeichnet ein generationenübergreifendes Epochenbild.

Die Romanfolge in fünf Bänden »Die Fahnen« ist eine seltene Mischung aus Epochenbild und Gesellschaftsroman, Bewusstseins- und Konversationsroman – einem höchst geschliffenen, ähnlich Musils »Mann ohne Eigenschaften«. - In seinem umfangreichsten Werk, dem ab 1962 veröffentlichten fünfbändigen Roman »Die Fahnen«, der in den Jahren 1912 bis 1922 spielt und jetzt erstmals in einer deutschen Übersetzung vorliegt, zeichnet Krleža ein Panorama von der geistesgeschichtlichen und politischen Situation Europas zu Beginn des 20. Jahrhunderts.


Das Schicksal von Bürgern, Aristokraten, Politikern, Ministern, Bürokraten, Generälen, Kriegsgewinnlern und Träumern, die ganze Galerie der ungarischen, kroatischen und serbischen Intelligenz – steht im Vordergrund dieser Chronik. Kriegsereignisse und Liebesbeziehungen werden miteinander verwoben.

Die Fahnen: Roman in fünf Bänden - Band I
Die Fahnen: Roman in fünf Bänden - Band I

Krleža erzählt die historischen Ereignisse nicht nach, er bricht sie im Spiegel eines Generationenkonflikts: Kamilo de Emerički steht als oberster Würdenträger, als Ban, in den Diensten der Ungarn, die Kroatien beherrschen, und wird nach 1918 Minister im Königreich der drei Balkanvölker. Er dient der Macht, der Ordnung, gegen die sein Sohn aufbegehrt: Kamilo der Jüngere sympathisiert mit den serbischen Widersachern des k.u.k.-Imperiums, wendet sich aber wegen ihrer Gräuel im zweiten Balkankrieg 1913 von ihnen ab und wird zum Kommunisten.



     



Der kroatische Schriftsteller und Universalgelehrte Miroslav Krleža wird gerne mit Karl Kraus, Bertolt Brecht oder Robert Musil verglichen, manche sprechen von ihm als "kroatischer Goethe". Jean-Paul Sartre soll gesagt haben, er hätte sich viele künstlerische und politische Umwege ersparen können, hätte er früher um das Werk von Miroslav Krleza gewusst. Vier weitere neu übersetzte Bände folgen noch.


Weblink:

Die atemberaubenden Rochaden der kroatischen Intelligenz - www.deutschlandradiokultur.de


Literatur:

Die Fahnen: Roman in fünf Bänden - Band I
Die Fahnen: Roman in fünf Bänden - Band I
von Miroslav Krleža


Blog-Artikel:

»Das Maskenspiel der Genien« von Fritz von Herzmanovsky-Orlando

Fritz von Herzmanovsky-Orlando 140. Geburtstag

Ludwig Uhland 230. Geburtstag

»Frühlingsglaube« von Ludwig Uhland

Donnerstag, 4. Mai 2017

»Das Maskenspiel der Genien« von Fritz von Herzmanovsky-Orlando

Das Maskenspiel der Genien
Das Maskenspiel der Genien

Fritz von Herzmanovsky-Orlando hat 1929 seinen weithin berühmten, jedoch vollkommen unbekannten Roman »Das Maskenspiel der Genien« abgeschlossen. Der Roman ist ein wahres Königtum des phantasievollen Einfallsreichtums. Die K.u.K.-Groteske spielt in der Tarockei, einer fiktiven Landschaft im Südosten Europas und vermittelt viel vom imperialen Glanz des Kaiserreichs. Der zu Lebzeiten unveröffentlichte und zunächst deutlich gekürzt publizierte Großroman »Das Maskenspiel der Genien« wurde 2011 in einer unkommentierten "Volksausgabe" veröffentlicht.

Später im Roman dann im Fortgang eine Huldigung des klasssischen Ideals der Antike unter der Sonne Arkadiens: Einem ägäischen Wunderland voller mondäner Feste, bizarrer Einsiedler, berückender Landschaft und undeutlicher politischer Zugehörigkeit – die Türken werden nicht wirklich geleugnet, spielen aber nur eine untergeordnete dekorative Rolle – ist die eigentliche politisch-surrealistische Erfindung Herzmanovskys vorgelagert: die Tarockei, ein vom Fürsten Metternich geschaffener Pufferstaat im Süden der Donaumonarchie, der den Namen von seiner monarchischen Konstitution her trägt: Er wird nach den Regeln des Tarock-Spieles regiert.

In der Tarockei herrscht ein Vierkönigtum und die Könige werden aufgrund der Ähnlichkeit mit den Tarockfiguren erwählt. Die vier Könige des Landes werden ausschließlich nach ihrer physiologischen Ähnlichkeit mit den Spielkarten ausgesucht, und so gelangen die erstaunlichsten Personnagen auf den Thron. Hinter den Tetrarchen aber steht der eigentliche Machthaber, ein unheimlicher, nie erblickter Rat der Drei, bestehend aus den Tarockkarten Sküs, Mond und Pagat.

Herzmanovsky-Orlando phantasierte sich in seinen Werken mit der „Tarockei“ ein mystisches Traumland, das er in einem ausschweifenden, barocken, ans Parodistische grenzenden Stil schilderte. Als Hauptfigur seines grotesk-phantastischen Romans »Maskenspiel der Genien« ließ er den italienischen Humanisten Cyriakus von Pizzicolli auftreten.


Den ersten Teil der Reise führt den Abenteurer und Forscher Cyriak von Pizzicolli, eine literarische Verfremdung des Vorbildes Cyriacus von Ancona, in die Tarockei. Den zweiten Teil der Reise führt Pizzicolli nach Arkadien und in das antike Griechenland. Ins Bizarre gleitet die Reise nach Griechenland zur Zeit der Gotik ab. Hier spielt das Maskenspiel in der neuerwachten Gotik der Levante. Durch ungeheure Tragik gerät er in ein antikes Göttermysterium.


Die Tarockei ist keine Insel der Seligen, obwohl von der Außenwelt der Nachbarstaaten gut abgeschirmt. Sie enthält natürlich Elemente einer Satire auf das alte Österreich mit seiner im Rückblick von heute bewunderten Bürokratie, die vor allem durch die von ihr entwickelte Sprache zu ihrer Zeit aber auch in manchem administrativen Exzess im Gedächtnis geblieben ist.

Die K.u.K.-Groteske nähert sich in der Tarockei und ist bedrohlich in ihren auf die Spitze getriebenen Absurditäten. Alle diese Landschaften und Staaten werden von der tragischen Hauptfigur Cyriak von Pizzicolli durchreist, der, beständig von Hunden umknurrt, seinem erotischen Ideal, einem strahlend schönen Knabenmädchen hinterherspürt, so lange bis sich ihm die schreckenerregende Göttin Artemis offenbart und ihn den Tod des Aktäon sterben lässt, der in einen Hirsch verwandelt von Jagdhunden zu Tode gehetzt wurde.



Herzmanovsky ist Manierist und Groteskenmaler, die erotische Obsession und die jede erotische Spannung aufhebende Fratzenmalerei treten bei ihm janusköpfig auf, und je ungebräuchlicher und ungewohnter ein Wort oder historisches Detail sein mag, desto eher wird es Eingang in ein Herzmanovsky-Manuskript finden können. Seine groteske Lautmalerei treibt allerdings viele recht skurile Blüten. Schon 1989 hatte der Residenz-Verlag deshalb eine Ausgabe der vollständigen Fassung des Romans gewagt und ihr einen ausführlichen Kommentar beigegeben, der auch notwendig ist, wie man ja auch bei Jean Paul für solche Verständnishilfen dankbar ist.

Der Roman steht in der Tradition der Fantasy-Literatur mit Geistesverwandten wie Laurence Sterne und Jean Paul. Ein recht bunter und mit Sicherheit einzigartiger Mix aus entlegenem Wissen und von keinen Hemmungen gebremster Fantasie sei diese Geschichte, die in der Tarockei spielt, einem Land, in dem - wie der Name schon sagt - vieles auf Kartenspiele Bezug hat. Diese Mischung aus dem Grotesken, dem Komischen und dem Schwärmerischen ist in all ihrer Ungewöhnlichkeit eben doch eine Spezialität der deutschen Literatur – Heinrich Heine nickt zustimmend – und in diesem Sinn ist auch der Ritter von Herzmanovsky-Orlando, der Abkömmling vieler Völker der Donaumonarchie, ein überaus deutscher Autor.

Es geht hier nicht um die Handlung an sich oder gar um lineares Erzählen, sondern um die groteske Verzerrung einer monarchischen Welt, die Lust an der Abschweifung, am Einfall als solchen, und zwar auf stets auch humoristische Weise. Dabei keine tarocke Phantasie, die nicht gesteigert superb werden könnte. Kurzum: ein manieristisches Werk eines Groteskenmalers, aber eines aus der absoluten Meisterkategorie. - Dies ist eine abenteuerliche Geschichte einer Reise in eine kunstvolle Phantasiewelt, viel zu phantastisch um je erdacht zu werden - eine Phantastik auf Abwegen.

Der Abkömmling der Donaumonarchie hat der Monarchie mit seinem Werk ein groteskes Denkmal gesetzt. Sehr empfehlenswerter Lesestoff für alle, die wirklich gute phantastische Literatur und nicht nur "Fantasy" lesen wollen. Vergessen Sie alles, was Sie an humorvoller skuriler Phantastik je gelesen haben!

Literatur:

Das Maskenspiel der Genien
Das Maskenspiel der Genien
von Fritz von Herzmanovsky-Orlando

Phantastik auf Abwegen. Fritz von Herzmanovsky-Orlando im Kontext
Phantastik auf Abwegen. Fritz von Herzmanovsky-Orlando im Kontext
von Bernhard Fetz und Klaralinda Ma



Blog-Artikel:

Fritz von Herzmanovsky-Orlando 140. Geburtstag

»Der Mann ohne Eigenschaften« von Robert Musil

Tarockspiel:

Tarock - Wikipedia



Sonntag, 30. April 2017

Fritz von Herzmanovsky-Orlando 140. Geburtstag

Herzmanovsky-Orlando, Fritz von


Fritz von Herzmanovsky-Orlando wurde am 30. April 1877 als Friedrich Josef Franz Ritter von Herzmanowsky in Wien geboren. Er war ein österreichischer Schriftsteller und Zeichner. Zudem wurde er als Chronist der kuk-Monarchie, liebenswürdiger Fabulierer und Erzähler absurdester Andekdoten bekannt.

Herzmanovsky-Orlando absolvierte 1896 bis 1903 ein Hochbaustudium an der Wiener Technischen Hochschule. Er war nach dem Studium einige Zeit als Architekt tätig, bevor er sich ganz dem zeichnerischen und literarischen Schaffen zuwandte.

Innerhalb der folgenden eineinhalb Jahre lernte er seinen dann lebenslangen Freund Alfred Kubin kennen und fand in München Anschluss an den Kreis der „Kosmiker“ um Karl Wolfskehl, Ludwig Klages und Alfred Schuler. Herzmanovsky-Orlando arbeitete 1904/05 als angestellter, danach als selbständiger Architekt.

1911/12 gab er wegen schmerzhafter chronischer Nierentuberkulose seinen Beruf auf. Da er von Haus aus finanziell unabhängig war, lebte er von da an als Privatier für die Kunst, zeichnete, sammelte, restaurierte und schrieb. Die Krankheit führte zu mehreren Kuren und Reisen in den Süden.

1928 erschien sein Roman »Gaulschreck im Rosennetz«. Vor allem diesem Werk verdankt Fritz von Herzmanovsky-Orlando seinen Ruf als bizarrer Chronist der kuk-Monarchie, liebenswürdiger Fabulierer und Erzähler absurdester Andekdoten. Sein Humor besaß eine unschätzbare Eigenschaft: Grazie.


Herzmanovsky war Manierist und Groteskenmaler, die erotische Obsession und die jede erotische Spannung aufhebende Fratzenmalerei treten bei ihm janusköpfig auf, und je ungebräuchlicher und ungewohnter ein Wort oder historisches Detail sein mag, desto eher wird es Eingang in ein Herzmanovsky-Manuskript finden können. Schon 1989 hatte der Residenz-Verlag deshalb eine Ausgabe der vollständigen Fassung des Romans gewagt und ihr einen ausführlichen Kommentar beigegeben, der auch notwendig ist, wie man ja auch bei Jean Paul für solche Verständnishilfen dankbar ist.

Die habsburgische Vergangenheit beherrscht weiterhin das literarische Bewusstsein Österreichs. Herzmanovsky-Orlando phantasierte sich in seinen Werken mit der „Tarockei“ ein mystisches Traumland, das er in einem ausschweifenden, barocken, ans Parodistische grenzenden Stil schilderte. Als Hauptfigur seines grotesk-phantastischen Romans Maskenspiel der Genien ließ er den italienischen Humanisten Cyriakus von Pizzicolli auftreten. Der Südtiroler Fritz von Herzmanovsky-Orlando (1877 bis 1954) hat sein "Tarockanien" mit Kuchlmadln, k. u. k. Hoftrommeldepotverwaltern und pensionierten kaiserlichen Hofzwergen bevölkert und auch gleich selbst schnörkelig bebildert.

Fritz von Herzmanovsky-Orlando konnte zu Lebzeiten nur sehr wenig veröffentlichen, weil er keinen Verleger fand, der seine grotesken Werke veröffentlichen bereit war. Viele seiner Werke liegen nur in skizzenhafter Form vor. So erlebte er zu Lebzeiten lediglich die Veröffetlichung nur eines Romans, des »Gaulschreck im Rosennetz«, ein Panoptikum schrulliger und kauziger Charaktere aus dem Hofstaat des "guten Kaiser Franz". Sein umfangreiches schriftstellerisches Werk, das vorwiegend aus Prosa und Theaterstücken besteht, wurde erst postum durch die von Friedrich Torberg initiierte Gesamtausgabe bekannt.

Fritz von Herzmanovsky-Orlando verweigerte sich wie Arno Schmidt der Vereinnahmung durch den Literaturbetrieb. Er war zu Lebzeiten nur wenigen Leuten - Anhängern zumeist - bekannt. Nach seinem Tode flackerte sein Ruhm für eine Weile auf. Auch das graphische Werk Herzmanovsky-Orlandos wurde erst nach seinem Tod bekannt - es handelt sich dabei um ca. 2000 zarte Feder-, Blei- und Farbstiftzeichnungen, die zum Teil die Illustrationen für seine eigenen Romane bildeten.

Neben der Schriftstellerei beschäftigte sich Herzmanovsky-Orlando auch mit Kabbalistik, Toponomastik und dem rassistischen Gedankengut des Jörg Lanz von Liebenfels. In seinen Werken zeigt sich Herzmanovsky-Orlando als altösterreichisch und im Detail von einer kulturhistorischen Akribie. Er gilt als Homer des österreichischen Humors.


Fritz von Herzmanovsky-Orlando verweigerte sich wie Arno Schmidt der Vereinnahmung durch den Literaturbetrieb. Er war zu Lebzeiten nur wenigen Leuten - Anhängern zumeist - bekannt. Nach seinem Tode flackerte sein Ruhm für eine Weile auf.
Auch das graphische Werk Herzmanovsky-Orlandos wurde erst nach seinem Tod bekannt - es handelt sich dabei um ca. 2000 zarte Feder-, Blei- und Farbstiftzeichnungen, die zum Teil die Illustrationen für seine eigenen Romane bildeten.

Neben der Schriftstellerei beschäftigte sich Herzmanovsky-Orlando auch mit Kabbalistik, Toponomastik und dem rassistischen Gedankengut des Jörg Lanz von Liebenfels. In seinen Werken zeigt sich Herzmanovsky-Orlando als altösterreichisch und im Detail von einer kulturhistorischen Akribie. Er gilt als Homer des österreichischen Humors.


Durch den Anschluss Österreichs ans Deutsche Reich 1938 deutscher Staatsbürger geworden, zwang die Optionsvereinbarung Herzmanovsky-Orlando, Südtirol 1940 zu verlassen. Da er krankheitsbedingt nicht nördlich der Alpen leben konnte, zog er nach Malcesine am Gardasee. Erst 1949 kehrte er nach Meran zurück.

Er übersiedelte 1916 nach Meran, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 1954 seinen ständigen Wohnsitz hatte. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er im nahegelegenen Schloss Rametz, wo er verstarb.

Fritz von Herzmanovsky-Orlando starb am 27. Mai 1954 auf Schloss Rametz bei Meran.


Weblink:

Fritz von Herzmanovsky-Orlando - Austria-Forum - austria-forum.org


Literatur:

Ausgewählte Werke
Ausgewählte Werke
von Fritz von Herzmanovsky-Orlando

Das Maskenspiel der Genien
Das Maskenspiel der Genien
von Fritz von Herzmanovsky-Orlando

Der Gaulschreck im Rosennetz
Der Gaulschreck im Rosennetz
von Fritz von Herzmanovsky-Orlando

Scoglio Pomo oder Rout am Fliegenden Holländer
Scoglio Pomo oder Rout am Fliegenden Holländer
von Fritz von Herzmanovsky-Orlando


Phantastik auf Abwegen. Fritz von Herzmanovsky-Orlando im Kontext
Phantastik auf Abwegen. Fritz von Herzmanovsky-Orlando im Kontext
von Bernhard Fetz und Klaralinda Ma


Blog-Artikel:

»Die Fahnen: Roman in fünf Bänden« von Miroslav Krleža

Fritz von Herzmanovsky-Orlando 140. Geburtstag

Ludwig Uhland 230. Geburtstag

»Frühlingsglaube« von Ludwig Uhland


Sonntag, 23. April 2017

»Frühlingsglaube« von Ludwig Uhland


Die linden Lüfte sind erwacht,
Sie säuseln und weben Tag und Nacht,
Sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herze, sei nicht bang!
Nun muss sich alles, alles wenden.

Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
Man weiß nicht, was noch werden mag,
Das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Tal;
Nun, armes Herz, vergiss der Qual!
Nun muss sich alles, alles wenden.


»Frühlingsglaube« von Ludwig Uhland (1787-1862)