Samstag, 11. Oktober 2014

»La place de l'étoile« von Patrick Modiano

<center><!-- img title="»La place de l'étoile« von Patrick Modiano" src="http://www.texaswatertowers.com/kayandlyn/imagespostcards/postcard_france_4.jpg" width="280" height="" alt="La Place de l'Etoile "/ --><a title="Patrick Modiano La place de l'étoile" href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/342314100X/zitatenschatz-21" rel="nofollow" target="blank"><img alt="La place de l'étoile" src="http://images-eu.amazon.com/images/P/342314100X.03.TZZZZZZZ.jpg" width="75" border="0"/><br />La place de l'étoile</a></center>
 
Patrick Modiano gehört heute zu den bedeutendsten französischen Schriftstellern der Gegenwart. Bekannt wurde Modiano 1968 durch die Veröffentlichung seines Romans <a title="Patrick Modiano La place de l'étoile" href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/342314100X/zitatenschatz-21" rel="nofollow" target="blank">»La place de l'étoile«"</a> - eine Reminiszenz auf den sternförmigen Platz rund um den Arc de Triumph, den Triumphbogen von Paris. <!-- 22-jährig schrieb er 1967 seinen Debütroman »Place de l'Étoile«. -->

Der Roman spielt in Paris zur Zeit des Nationalsozialismus und er sorgte für gewaltiges Aufsehen, denn der jüdische Autor lässt durch den jüdischen Erzähler Raphael Schlemilovitch, der in der deutschen Besatzungszeit zum Nazispitzel wird, in einer vorgegaukelten Autobiografie facettenreich die Lebensentwürfe verschiedener Juden Revue passieren.

Der Roman zeigt die Misere französischer Juden während der Herrschaft des Nationalsozialsmus und der Besetzung Frankreichs schillernd und in vielen Facetten auf. Alle Verwirrungen französischer Intellektueller während des Zweiten Weltkriegs kommen zum Vorschein und werden in einer kaleidoskopartigen Seelenschau noch einmal durchlebt.

In den übertrieben dargestellten Figuren wird mit viel Ironie und Apercu der Judenhass verdeutlicht. Ob "Feld-und-Flur-Jude" oder "Kollaborationsjude", die gemeinten Vorbilder sind für Eingeweihte unschwer erkennbar, wie zum Beispiel die Nazi-Sympathisanten Simone Weil-Céline und Maurice Sachs, wie der distinguierte Jude Proust-Daniel Halévy-Maurrois oder der Militärjude Dreyfus-Stroheim.

Der Roman spielt mit dem Stilmittel der Übertreibung und ist eine aufsehenerregende Parodie auf den Antisemitismus. Es ist ein unglaublich virtuoses Buch mit einer Fülle von Anspielungen, welche die alt überlieferten Annahmen und Vorstellungen auf den Kopf stellen und durchaus zu Irritationen beim Leser führen können.

Den deutschsprachigen Lesern wurde Patrick Modiano erst durch die Vermittlung Peter Handkes bekannt, der auch zwei seiner Romane übersetzte. Die beiden Romane »Place de l'Étoile« (2010) und »Im Café der verlorenen Jugend« (2012) sind mittlerweile auf Deutsch erschienen.

Weblink:

<a title="Patrick Modiano La place de l'étoile" href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/342314100X/zitatenschatz-21" rel="nofollow" target="blank"><img alt="La place de l'étoile" src="http://images-eu.amazon.com/images/P/342314100X.03.TZZZZZZZ.jpg" width="65" border="0"/><br />La place de l'étoile</a> von Patrick Modiano

Freitag, 10. Oktober 2014

Siegfried Lenz gilt als einer der großen deutschen Erzähler

Siegfried Lenz


Siegfried Lenz gilt als einer der großen deutschen Erzähler. Er war nicht ein großer deutscher Erzähler, sondern auch ein großer Deutschland-Erzähler, denn er hat den Deutschen ihre Geschichte erzählt.

Seinen ersten Roman "Es waren Habichte in der Luft" hat er bereits im Alter von 25 Jahren geschrieben. Lenz erzählte Geschichten aus der Perpektive der kleinen Leute, wie dem Dorfpolizisten, der seine Pflicht tut, aber sich doch darüber verheddert und verstrickt.

Lenz war bereits zu Lebzeiten ein Klassiker - ein Heimatautor für die Bundesrepublik, der dem Leser Orientierung gab. Die Kritik war nicht immer milde, doch er wurde von seinem Publikum geliebt und sein Publikum liebte ihn. Seine Bücher verkauften sich wie von selbst und bei jeder neuen Buchveröffentlichung hieß es: "Der neue Lenz ist da."



Ein Schriftsteller ist ein Mensch,
der niemanden zwingt,
das zu sein, was er ist.


Siegfried Lenz

Siegfried Lenz hat stets gegen das Vergessen und Verschweigen im restaurativen Nachkriegsdeutschland angeschrieben. Zusammen mit Heinrich Böll, Günter Grass und Martin Walser hat er, in literarischer Form, an die alltäglichen Verbrechen der Nazi-Zeit erinnert.

Deutschstunde
Deutschstunde
dtv, 9,90
Deutschstunde
Deutschstunde
Welt Edition, 9,95
Die Erzählungen
Die Erzählungen
Hoffmann, 20,00
Schweigeminute
Schweigeminute,
dtv, 7,90



Lenz war nie moralisierend, er erzählte einfach und er erzählte gut. Das war seine Stärke. Lenz’ konventionelle Erzählweise, die an Erzähler des 19. Jahrhunderts erinnert, führte zur Kritik, er sei ein Traditionalist und seine Werke seien „altmodisch“. Marcel Reich-Ranicki belegte Lenz mit dem Prädikat „der gütige Zweifler“.



Ich brauche Geschichten,

um die Welt zu verstehen.


Siegfried Lenz


Der eher leise Erzähler Siegfried Lenz war ein politisch engagierter Schriftsteller, der sich nicht von der Politik vereinnahmen ließ und ein Mann der stets leisen Töne.

Der Schriftsteller wurde mit zahlreichen Literaturpreisen und Auszeichnungen geehrt, für die höchste Auszeichnung, den Literaturnobelpreis wurde er jedoch nicht vorgeschlagen.

Der leise Erzähler, der Geschichten brauchte, um die Welt zu verstehen, ist nun verstummt, doch sein Werk wird weiterleben.

Blog-Artikel:

Siegfried Lenz wird 85

Siegfried Lenz Autor der Deutschstunde

Donnerstag, 9. Oktober 2014

Literatur-Nobelpreis für Patrick Modiano

Patrick Modiano


Der Nobelpreis für Literatur geht in diesem Jahr an den französischen Autor Patrick Modiano. Das teilte die Schwedische Akademie am 9. Oktober 2014 in Stockholm mit. Die Jury würdigte damit das Werk des Autoren, das sich um die Themen Erinnern, Vergessen, Schuld und Identität dreht.


Modiano werde geehrt für seine ganz besondere "Erinnerungskunst", mit der er kaum zu fassende menschliche Schicksale beschrieben habe. Modianos Romane drehen sich immer wieder um die Vergangenheit und das Erinnern - er hat das Erinnern zur Kunstform erhoben.


Er selbst freue sich zwar, findet die Entscheidung aber auch "bizarr": Patrick Modiano ist mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet worden. Damit ging der begehrteste Literaturpreis der Welt zum 15. Mal nach Frankreich. In Paris reagierte der 69-Jährige auf die Ehrung:


"Ich fühle mich immer wie ein Gefangener, wenn ich etwas schreibe. Man kann nie wirklich sein eigener Leser sein, man hat immer ein etwas verworrenes Bild von seinen Büchern. Ich würde gern wissen, warum die Akademie gerade auf mich gekommen ist."


Die Verdrängung der Vergangenheit, sowohl der politischen als auch der privaten, ist das Grundthema Mondianos. Mondiano macht deutlich, daß Erinnerung immer ein Konstrukt ist, wie ein Roman.


Patrick Modiano gehört heute zu den bedeutendsten französischen Schriftstellern der Gegenwart. Bekannt wurde Modiano 1968 durch die Veröffentlichung seines Romans "La place de l'étoile", eine aufsehenerregende Parodie des Antisemitismus, die erst 2010 ins Deutsche übersetzt wurde.


Er war wie Roland Barthes, der von sich selbst sagte, er habe sich sein Leben lang nur für eine einzige Sache engagiert: die Sprache, ein Pariser Intellektueller, . Allein in der Literatur sei Widerstand möglich, nur sie sei in der Lage, Ritzen in der Mauer zu öffnen, durch die der "Atem der Sprache" dringen könne.


1972 erhielt Modiano für seinen Roman "Les boulevards de ceinture" den Grand Prix du Roman der Académie Française und 1976 den Prix des Libraires für seinen Roman "Villa triste", der nach Kritikermeinung unverkennbar in der Nachfolge des Nouveau Roman stand. Viel Kritikerlob erhielt Modiano auch für sein 1990 erschienenes Buch "Voyage de noces" ("Hochzeitsreise").


Auf Deutsch sind von ihm unter anderem die Romane "Eine Jugend", "Im Café der verlorenen Jugend" und "Die Gasse der dunklen Läden" erschienen.


Modianos Erzählungen spielen meist in den 1940er und 1960er Jahren des 20. Jahrhunderts. Die Besetzung Frankreichs durch Nazi-Deutschland ist zudem immer Thema. Er erhielt zahlreiche Auszeichungen, darunter den großen Romanpreis der Académie française und den "Prix Goncourt". 2012 wurde ihm der "Österreichische Staatspreis für Europäische Literatur" verliehen.


Geboren wurde Patrick Jean Modiano 1945 im französischen Boulogne-Billancourt. Sein Vater Albert war ein Geschäftsmann italienisch-jüdischer Abstammung, die Mutter, Luisa Colpeyn, eine Schauspielerin aus Flandern. Der Autor lebt zurückgezogen in Paris.


Weblink:


La place de l'étoile
La place de l'étoile
von Patrick Modiano

Dienstag, 7. Oktober 2014

Siegfried Lenz ist tot

Siegfried Lenz

Siegfried Lenz, einer der großen Schriftsteller und Erzähler der deutschen Nachkriegsliteratur, ist tot. Lenz starb am Dienstag im Alter von 88 Jahren im Kreise der Familie. Er war einer der bedeutemdsten und meistgelesenen Autoren der deutschprachigen Nachkriegsliteratur.

Lenz gilt als einer der großen deutschen Erzähler. Er war nicht ein großer deutscher Erzähler, sondern auch ein großer Deutschland-Erzähler, denn er hat den Deutschen ihre Geschichte erzählt.


Sein Metier war stets die Küstenland und seine Menschen. Sein wichtigstes Werk ist der in viele Sprachen übersetzte und verfilmte Roman "Deutschstunde" (1968) über die Nazizeit und einen falsch verstandenen Pflichtbegriff. Er erzählt die Geschichte eines Dorfpolizisten, der nur seine Pflicht tut, aber sich darin verheddert.


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Ein Schriftsteller ist ein Mensch,
der niemanden zwingt,
das zu sein, was er ist.
Siegfried Lenz
Siegfried Lenz hat stets gegen das Vergessen und Verschweigen im restaurativen Nachkriegsdeutschland angeschrieben. Zusammen mit Heinrich Böll, Günter Grass und Martin Walser hat er, in literarischer Form, an die alltäglichen Verbrechen der Nazi-Zeit erinnert.

Deutschstunde
Deutschstunde
dtv, 9,90
Deutschstunde
Deutschstunde
Welt Edition, 9,95
Die Erzählungen
Die Erzählungen
Hoffmann, 20,00
Schweigeminute
Schweigeminute,
dtv, 7,90

Der gebürtige Ostpreuße galt aber vor allem als ein Meister der Erzählung. Dafür stehen humorvolle Bände wie "So zärtlich war Suleyken" (1955) oder "Lehmanns Erzählungen" (1964). Vor zwei Jahren (2011) erschien sein letzter Erzählband "Die Maske".

Lenz war nie moralisierend, er erzählte einfach und er erzählte gut. Das war seine Stärke. Lenz’ konventionelle Erzählweise, die an Erzähler des 19. Jahrhunderts erinnert, führte zur Kritik, er sei ein Traditionalist und seine Werke seien „altmodisch“. Marcel Reich-Ranicki belegte Lenz mit dem Prädikat „der gütige Zweifler“.

Ich brauche Geschichten,
um die Welt zu verstehen.
Siegfried Lenz
Siegfried Lenz war ein Erzähler und Chronist des alten Ostpreußen. Er hat die Vorkriegsstimmung in Ostpreußen wirklich bewusst miterlebt und dank seiner Nüchternheit für die Nachwelt erhalten.

Siegfried Lenz war ein politisch engagierter Schriftsteller, der sich nicht von der Politik vereinnahmen ließ und ein Mann der stets leisen Töne. In der öffentlichen Wahrnehmung war Lenz nie eine Reizfigur wie Grass oder Böll. Er war ein Vertreter der von Sartre geforderten kritischen Literatur, die Mißstände aufdeckt und thematisiert.

In den 1970er Jahren sollte Lenz das Bundesverdienstkreuz erhalten. Er lehnte jedoch mit dem Hinweis ab, dass er Bürger einer Hansestadt sei. Laut Günter Grass war der wahre Grund jedoch, dass auch viele ehemalige Nationalsozialisten den Orden bekommen hatten.

Siegfried Lenz war schon zu Lebzeiten ein Klassiker, den seine Leser geliebt haben. Der Schriftsteller wurde mit zahlreichen Literaturpreisen und Auszeichnungen geehrt, für die höchste Auszeichnung, den Literaturnobelpreis wurde er jedoch nicht vorgeschlagen.

Der Erzähler, der Geschichten brauchte, um die Welt zu verstehen, ist nun vestummt, doch sein Werk lebt weiter.

Blog-Artikel:

Siegfried Lenz wird 85
 
Siegfried Lenz Autor der Deutschstunde

Montag, 6. Oktober 2014

Lutz Seiler erhält Deutschen Buchpreis 2014

<center><img title="Lutz Seiler erhält Deutschen Buchpreis 2014" src="http://www.tagesschau.de/multimedia/bilder/lutz-seiler-101~_v-videowebs.jpg" alt="Lutz Seiler"/></center>

Für die vor dem Mauerfall auf Hiddensee angesiedelte Robinsonade wird der Autor Lutz Seiler mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet. Für das Finale des Buchpreises - der Gewinner erhält 25.000 Euro - waren sechs Romane nominiert.

Für seinen DDR-Aussteigerroman <a title="Kruso von Lutz Seiler" href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3518424475/zitatenschatz-21" rel="nofollow" target="blank">"Kruso"</a> hat Lutz Seiler den Deutschen Buchpreis 2014 erhalten. Poetisch und sinnlich beschreibe der Autor darin den Sommer des Jahres 1989 auf Hiddensee, begründete die Jury ihre Wahl. Sichtlich gerührt nahm er am Montagabend in Frankfurt den Preis entgegen.

Lutz Seilers <a title="Kruso von Lutz Seiler" href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3518424475/zitatenschatz-21" rel="nofollow" target="blank">"Kruso"</a> ist eine auf der Ostseeinsel Hiddensee spielender Abenteuerroman mit dem Abwäscher Edgar als Helden. Der wird Abwäscher auf Hiddensee, jener legendenumwogten Insel, die, wie es heißt, schon außerhalb der Zeit und »jenseits der Nachrichten« liegt. Der Roman erzählt über eine schwierige, zärtliche Freundschaft.

<center><iframe width="420" height="236" src="http://www.youtube.com/embed/qM3pgonJNzY" frameborder="0" allowfullscreen></iframe></center>

Der Autor habe in seiner Wendezeit-Parabel poetisch und sinnlich sowie in einer fast ins Magische gehenden Sprache den Sommer des Jahres 1989 auf der Insel Hiddensee beschrieben, würdigte die Jury den Roman. Als "Vorhof des Verschwindens" sei Hiddensee damals ein Ort für Sonderlinge, Querdenker, Freiheitssucher und angehende DDR-Flüchtlinge geworden.

Daraus habe Seiler eine packende Robinsonade um den titelgebenden Kruso und den jungen Abwäscher Edgar gemacht, pries das Kritiker-Gremium den Roman.

Hiddensee sei damals ein Ort für Sonderlinge, Querdenker, Freiheitssucher und angehende DDR-Flüchtlinge gewesen, erklärte die Jury. Daraus habe Seiler eine packende Robinsonade um den titelgebenden Kruso und den jungen Abwäscher Edgar gemacht.

Im Zentrums des Erstling-Romans steht eine Gruppe von Aussteigern, die eine Gaststätte auf Hiddensee betreibt. Seiler selbst arbeitete damals als Abwäscher auf der Insel. "Kruso" sei zugleich auch ein Requiem für alle Ostseeflüchtlinge, die bei ihrer Flucht ums Leben kamen, hob die Jury hervor.

Die Preisvergabe ist die Ouvertüre zur Frankfurter Buchmesse. Im Vorfeld der Buchmesse in Frankfurt wird traditionell der wichtige und hoch dotierte Deutsche Buchpreis verliehen. <!-- Und der geht an Lutz Seiler mit seinem Roman-Debüt "Kruso". -->

Weblink:

<a title="Kruso von Lutz Seiler" href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3518424475/zitatenschatz-21" rel="nofollow" target="blank"><img alt="Kruso" src="http://images-eu.amazon.com/images/P/3518424475.03.TZZZZZZZ.jpg" width="57" border="0"/><br />Kruso</a> von Lutz Seiler

Rezension:

<a title="»Kruso Rezension« von Joachim Weiser" href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/B00YSS726A/zitatenschatz-21" rel="nofollow" target="blank"><img alt="Kruso Rezension" src="http://images-eu.amazon.com/images/P/B00YSS726A.03.TZZZZZZZ.jpg" width="60" border="0"/><br />Kruso Rezension</a> von Joachim Weiser
<!--
Dieser Roman über den historischen Sommer 1989 ist ein Leuchtturm.

http://www.heute.de/lutz-seiler-erhaelt-deutschen-buchpreis-2014-35321990.html
Lutz Seiler erhält Deutschen Buchpreis 2014

http://www.hr-online.de/website/specials/buchmesse2014/index.jsp?rubrik=87367&amp;key=standard_document_53190729
Deutscher Buchpreis an Lutz Seiler --><!--

Einleitung

Im Herbst vor 25 Jahren nahte das Ende der DDR. Zeit also für einen Wende-Roman. Der Lyriker Lutz Seiler hat im reifen Mannesalter mit "Kruso" sein Romandebüt vorgelegt, das auf der abgelegenen Insel Hiddensee spielt.

Es behandelt das große Thema Freiheit – literarisch abgewandelt als Inselfreiheit. Der Roman spielt erzählerisch geschickt auf Hiddensee - einem Eiland als Sehnsuchtsort für Aussteiger und vor dem zeitlichen Hintergrund der DDR-Wende 1989.

Hier sind die „Schiffbrüchigen“ beheimatet, wie der deutschrussische Inselguru Kruso die Aussteiger der DDR-Gesellschaft nennt.

Daraus hat Seiler ein eigenes Kosmos gemacht und eine packende Robinsonade um den titelgebenden Inselguru Kruso und den jungen Abwäscher Edgar geschrieben, die in dem Roman zu Helden werden.

In einer Insel-Klause hoch über dem Meer lernt Edgar B. Alexander Krusowitsch Kruso kennen und es sich entwickelt daraus die Geschichte einer tiefen Männerfreundschaft.

Der Roman spielt im Jahr 1989 und ist vom Hauch der Wende umweht. Poetisch und sinnlich beschreibt der Autor darin den Sommer des Jahres 1989 auf Hiddensee.


Einleitung - vorläufiger Entwurf

Im Herbst vor 25 Jahren nahte das Ende der DDR. Zeit also für einen Wenderoman. Der Lyriker Lutz Seiler hat im reifen Mannesalter mit "Kruso" sein Romandebüt vorgelegt, das auf der abgelegenen Insel Hiddensee spielt.

Ort der Handlung ist die Insel Hiddensee. Die Ostseeinsel Hiddensee als exterritorialer Raum am Rand der DDR zwsichen Küste und Meer.

Der DDR-Aussteigerroman "Kruso" von Lutz Seiler ist eine vor dem Mauerfall auf Hiddensee angesiedelte Robinsonade. Hiddensee war damals ein Ort für Sonderlinge, Querdenker, Freiheitssucher und angehende DDR-Flüchtlinge und Lutz Seiler kennt sich aus auf der entlegenen Insel.

Daraus hat Seiler eine packende Robinsonade um den titelgebenden Kruso und den jungen Abwäscher Edgar gemacht. Poetisch und sinnlich beschreibt der Autor darin den Sommer des Jahres 1989 auf Hiddensee.

Kruso, der erste, lang erwartete Roman von Lutz Seiler, schlägt einen Bogen vom Sommer 89 bis in die Gegenwart.


Erzählung

"Kruso" ist eine auf der Ostseeinsel Hiddensee spielender Abenteuerroman mit dem Abwäscher Edgar als Helden. Der wird Abwäscher auf Hiddensee, jener legendenumwogten Insel, die, wie es heißt, schon außerhalb der Zeit und »jenseits der Nachrichten« liegt. Der Roman erzählt über eine schwierige, zärtliche Freundschaft.

Seiler erzählt hier von zwei Männern, Edgar Bendler und Alexander Krusowitsch, die sich ausgerechnet im Wendejahr 1989 der Welt entziehen wollen, um auf der Ostsee-Insel Hiddensee ihre ganz eigenen Vorstellungen von Freiheit zu realisieren. Mit den großen Fluchtbewegungen, die andere DDR-Bürger zu Zehntausenden in den Westen treibt, haben sie nichts am Hut, sie suchen ihre Freiheit im Innern.

Lutz Seilers "Kruso" ist eine auf der Ostseeinsel Hiddensee spielender Abenteuerroman mit dem Abwäscher Edgar als Helden, der auf eine Aussteigerinsel kommt. Edgar ist traumatisiert, seit seine Freundin bei einem Straßenbahnunfall ums Leben kam. Er wird nach einem Schicksalsschlag Abwäscher auf Hiddensee, jener legendenumwogten Insel, die, wie es heißt, schon außerhalb der Zeit und »jenseits der Nachrichten« liegt.

....

Hier sind die „Schiffbrüchigen“ beheimatet, wie der deutschrussische Inselguru Kruso die Aussteiger der DDR-Gesellschaft nennt. Er will ihr guter Geist sein, sie in seinen freien „Inselstaat“ eingemeinden, damit sie keinen lebensgefährlichen Unsinn machen, etwa auf schwankenden Booten oder schwimmend die Freiheit in der Ostsee suchen. Und dabei umkommen, wie einst seine Schwester.

Edgar wird auf Hiddensee zu Krusos Freitag, ihre Freundschaft hat intellektuelle und homoerotische Prägung. Die Handlung entwickelt sich allerdings schleppend, ist überladen mit Details und (wie in so vielen "Ost-"Büchern) mehr oder weniger schmunzelnden Anspielungen auf die verblichene DDR-Kultur. Ausführlich geht es um die niederen Weihen des Geschirrspülens im Kult-Lokal „Der Klausner“, dem magischen Ort des Romans. Erfreulich ist der gelegentliche Witz des Buches. Das Begräbnis des „Lurchs“ ist eine skurrile und schön eklige Szene. Es handelt sich um ein meterlanges, wie mit Adern durchzogenes Gebilde aus verpappten Essensresten, das sich regelmäßig am Abflussrost des „Klausners“ bildet.

....

Erzählung

Frühjahr 1989. Edgar Bendler studiert in Halle Germanistik und ist Experte für Georg Trakl. Er kann sehr gut auswendig lernen und hat in seinem Gehirn einen riesigen „Bestand“ an Gedichten und Texten. Aber seit seine Freundin G. bei einem Unfall (bereits im Vorjahr) ums Leben kam, hat auch Ed keinen Spaß mehr am Leben. Er bricht auf, nach Hiddensee, eine Insel, die in der DDR als beliebtes Ferienziel gilt und stark bewacht wird, weil von dort aus schon viele die Republik-Flucht versucht haben. Unterkünfte sind dort schwer zu bekommen.

Im Zentrums des Erstling-Romans steht eine Gruppe von Aussteigern, die eine Gaststätte auf Hiddensee betreibt. Seiler selbst arbeitete damals als Abwäscher auf der Insel. "Kruso" sei zugleich auch ein Requiem für alle Ostseeflüchtlinge, die bei ihrer Flucht ums Leben kamen, hob die Jury hervor.

Inselabenteuer und Geschichte einer außergewöhnlichen Freundschaft: "Kruso" schlägt einen Bogen vom Sommer 89 bis in die Gegenwart. Die einzigartige Recherche, die diesem Buch zugrunde liegt, folgt den Spuren jener Menschen, die bei ihrer Flucht über die Ostsee verschollen sind, und führt uns dabei bis nach Kopenhagen, in die Katakomben der dänischen Staatspolizei.

Als das Unglück geschieht, flieht Edgar Bendler aus seinem bisherigen Leben. Er wird Abwäscher auf Hiddensee, jener legendenumwogten Insel, die, wie es heißt, schon außerhalb der Zeit und »jenseits der Nachrichten« liegt. Im Abwasch des Klausners, einer Kneipe hoch über dem Meer, lernt Ed Alexander Krusowitsch kennen – Kruso. Eine schwierige, zärtliche Freundschaft beginnt. Von Kruso, dem Meister und Inselpaten, wird Ed eingeweiht in die Rituale der Saisonarbeiter auf Hiddensee und die Gesetze ihrer Nächte, in denen Ed seine sexuelle Initiation erlebt. Geheimer Motor dieser Gemeinschaft ist Krusos Utopie, die verspricht, jeden Schiffbrüchigen des Landes (und des Lebens) in drei Nächten zu den Wurzeln der Freiheit zu führen. Doch der Herbst 1989 erschüttert die Insel Hiddensee. Am Ende steht ein Kampf auf Leben und Tod – und ein Versprechen.

http://www.suhrkamp.de/Lutz-Seiler/Kruso_1206.html


Der 2014 erschienene Roman Kruso von Lutz Seiler spielt auf der Insel Hiddensee im Milieu der Saisonarbeiter und gesellschaftlichen Aussteiger zur Zeit des Zusammenbruchs der DDR 1989. Er erzählt die Geschichte der Freundschaft zwischen dem Germanistik-Studenten Edgar Bendler und dem Küchenmitarbeiter Alexander Krusowitsch, genannt Kruso, der in der Gemeinschaft der Saisonarbeiter als Autorität anerkannt ist. Nach dessen Tod 1993 erfüllt Edgar das Versprechen, das Schicksal aller bei der Flucht über die Ostsee Verschollenen aufzuklären.

Wikipedia


Hiddensee - ein eigenes Kosmos

Die Ostseeinsel Hiddensee als exterritorialer Raum am Rand der DDR und ein merkwürdiges DDR-Biotop. Ort der Handlung ist die Insel Hiddensee. Die Handlung spielt hauptsächlich im Dornbusch, dem nördlichen Teil der Insel.

Hiddensee galt als Nische für Andersdenkende und Aussteiger, die im Sommer oft in Hotels, Restaurants oder als Rettungsschwimmer arbeiteten. Auf der kleinen Insel waren sie gut zu kontrollieren, und trotz teilweise offener Stasi-Beobachtung wurden manche Vorfälle und Treffen hingenommen.

Auf Hiddensee herrschte ein intellektuelles Klima, und Künstler, Schriftsteller, Schauspieler, Musiker und Wissenschaftler zogen sich hierhin zurück - ein merkwürdiges DDR-Biotop. Der Roman atmet die Freiheit der Insel.

Diesen Schauplatz von Hiddensee als „Sehnsuchtsort der Freiheit“ im Jahr 1989 spiegelt Lutz Seiler historisch genau wieder. Reale Vorbilder einzelner Romanfiguren sind jedoch nicht auszumachen. Im Epilog erzählt der Autor von seiner späteren Recherche bei dänischen Behörden nach DDR-Flüchtlingen von Hiddensee aus, von denen seit 1961 174 umkamen. Er findet die Identität von 15 anonymen Todesopfern aber nicht heraus, nur die Romanfigur „Speiche“ kann er identifizieren.

Wikipedia


Die Insel Hiddensee ist eigentlich wie geschaffen für die Erzählung eines großen Inselabenteuers. Die abgelegene Insel Hiddensee war damals ein Ort für Sonderlinge, Querdenker, Freiheitssucher und angehende DDR-Flüchtlinge und Lutz Seiler kennt sich aus auf der entlegenen Insel.

Im Zentrums des Erstling-Romans steht eine Gruppe von Aussteigern, die eine Gaststätte auf Hiddensee betreibt. Seiler selbst arbeitete damals als Abwäscher in einem Restaurant auf der Insel. "Kruso" war zugleich auch ein Requiem für alle Ostseeflüchtlinge, die bei ihrer Flucht ums Leben kamen.

Der Roman ist eine Hommege auf die von Künstlern und Aussteigern bewohnte Insel. Seiler hat aus dem abgelegenen Hiddensee ein eigenes Kosmos für seine Helden geschaffen.

Eine Robinsonade mit Robinson und Freitag

Lutz Seilers Roman »Kruso« ist eine moderne »Robinsonade«. Geschickt spielt Seiler mit dem Titel des Romans auf den 1719 erschienenen Roman »Robinson Crusoe von Daniel Defoe an.

Das literarische Motiv des Eingeschlossenseins auf einer Insel wird nach dem englischen Autor Daniel Defoe auch als »Robinsonade« bezeichnet.

Im Abwasch des Klausners, einer Kneipe hoch über dem Meer, lernt sein Held Edgar  Alexander Krusowitsch – auch Kruso genannt - kennen. Eine schwierige, zärtliche Freundschaft beginnt. Edgar wird auf Hiddensee zu Krusos Freitag, ihre Freundschaft hat intellektuelle und homoerotische Prägung.

Von Kruso, dem Meister und Inselpaten, wird Ed eingeweiht in die Rituale der Saisonarbeiter auf Hiddensee und die Gesetze ihrer Nächte, in denen Ed seine sexuelle Initiation erlebt.

„Kruso“ ist von eigenem Schwung und voll der Schönheit menschlicher Beziehungen, die sich hier aus einer modernen (obwohl auch schon gar nicht mehr so modernen) Robinsonade ergeben – der wunderliche alte Kruso und Ed als Tellerwäscher sind dabei Robinson und Freitag.

Man sieht Menschen hier sinnieren, und schon gibt es einen Satz aus dem Roman, der auch an diesem Abend wieder fiel und Hiddensee auf immer anhängen wird: „Wer hier war, hatte das Land verlassen, ohne die Grenze zu überschreiten.“

Erzähltechnik

Dieser Roman ist ein Werk über DDR-Thematik und den historischen Sommer 1989 als Hintergrund. Viele spezifische DDR-Themen werden hier eher hintergründig behandelt und sind in die Geschichte eingeflochten.

Lutz Seiler vermisst in seinem Roman den Schauplatz (Hiddensee), das Genre (Abenteuerroman) und die Geschichte (vom Untergang der DDR)  neu. Da wird die Robinsonade, die im Spitznamen des Helden anklingt, zur Abwaschorgie unter Deck, also in der Gastroküche und die Ostseeinsel zum Sammelbecken gestrandeter Freiheitssehnsüchtiger einer abgetakelten Gesellschaft.

Die Geschichte ist geschickt erzählt, verrät zunächst nicht alle Hintergründe, um sie dann wie beiläufig einzustreuen.
Es geht um die unterschiedlichsten Charaktere, die in einer besonderen Situation zu einem Team zusammenwachsen und anschließend, durch die plötzliche Wende überrascht, wieder auseinanderbröckeln.

Der Roman ist erzähltechnisch wie ein Schiff, das dem Untergang entgegensteuert. In der zweiten Hälfte nimmt dieses Schiff der umfangreiche Roman noch einmal Fahrt auf, als sich abzeichnet, dass sich die Außenwelt in umstürzlerischen Veränderungsprozessen befindet, die zunächst im Klausner gar nicht als das ankommen, was sie sind: das Ende des Sozialismus und das Ende der idealisierten Freiheit, die Kruso gegen die kapitalistischen Zwänge setzt.

Das anfängliche Bild des Klausners als Schiff wird hier in seiner Bedeutung am Ende noch einmal zur symbolischen Wirklichkeit: nach und nach verlässt die Besatzung ohne Vorankündigung den Klausner.

Als die Westgrenzen offen sind, bleiben von der utopischen Gemeinschaft nur noch Ed und Kruso übrig. Zu zweit versuchen Ed und Kruso das Schiff auf Kurs zu halten, können seinen Untergang aber doch nicht verhindern.

Kruso kann den Untergang seiner kleinen Welt und das Wegbrechen seines sozialen Beziehungsgeflechtes nicht verkraften und driftet nach und nach in den Wahn ab. Als er seinen Freund Ed körperlich attackiert, wird er verletzt.


Erzählstil - Rezension

"Kruso" spielt auf de Insel Hiddensee und greift damit schon mal das Insel-Thema auf. Die Insel Hiddensee ist eigentlich wie geschaffen für die Erzählung eines großen Inselabenteuers.

Die abgelegene Insel Hiddensee war damals ein Ort für Sonderlinge, Querdenker, Freiheitssucher und angehende DDR-Flüchtlinge und Lutz Seiler kennt sich aus auf der entlegenen Insel.

Auf Hiddensee lassen sich Geschichten von Abenteuer und Freiheit gut erzählen. Seiler hat mit Hiddensee einen wirklich interessanten Ort für seine Erzählung gewählt, denn das Insel-Thema kann auf Zustimmung hoffen. Ihm ist es erzählerisch recht eindrucksvoll gelungen, Hiddensee als “Sehnsuchtsort der Freiheit” im Jahr 1989 darzustellen.

"Kruso" ist ein poetisch verspieltes Werk und ein wunderlich poetischer Abgesang auf die DDR. So lässt sich das Werk durchaus lesen.

Erzählt wird die Geschichte einer Flucht, die gar keine Flucht ist. „Wer hier war, hatte das Land verlassen, ohne die Grenze zu überschreiten.“ Ein Hippieparadies auf Hiddensee und dann die plötzliche Wende.

Der Roman ist eine Hommage auf die von Künstlern und Aussteigern bewohnte Insel. Seiler hat aus dem abgelegenen Hiddensee ein eigenes Kosmos für seine Helden geschaffen. Bei den ganzen sich abspielenden Dramen, vernachlässigt der Autor nicht das zwinkernde Auge.




Erzählstil

"Kruso" spielt auf de Insel Hiddensee und greift damit schon mal das Insel-Thema auf. Die Insel Hiddensee ist eigentlich wie geschaffen für die Erzählung eines großen Inselabenteuers.

Der DDR-Aussteigerroman "Kruso" von Lutz Seiler ist eine vor dem Mauerfall auf Hiddensee angesiedelte Robinsonade, die ein Inselabenteuer und die Geschichte einer außergewöhnlichen Freundschaft erzählt.

Kruso, der erste, lang erwartete Roman von Lutz Seiler, schlägt einen Bogen vom Sommer 89 bis in die Gegenwart. Die einzigartige Recherche, die diesem Buch zugrunde liegt, folgt den Spuren jener Menschen, die bei ihrer Flucht über die Ostsee verschollen sind, und führt uns dabei bis nach Kopenhagen, in die Katakomben der dänischen Staatspolizei.

Der Autor beschreibt in seiner Wendezeit-Parabel poetisch und sinnlich sowie in einer fast ins Magische gehenden Sprache den Sommer des Jahres 1989 auf der Insel Hiddensee. Als "Vorhof des Verschwindens" sei Hiddensee damals ein Ort für Sonderlinge, Querdenker, Freiheitssucher und angehende DDR-Flüchtlinge geworden.

Daraus hat Seiler eine packende Robinsonade um den titelgebenden Kruso und den jungen Abwäscher Edgar gemacht.

Es ist Lutz Seilers Verdienst, daraus eine packende Robinsonade um den titelgebenden Kruso und den jungen Abwäscher Edgar gemacht zu haben.

Die eigenständige sprachliche Verbindung von historischer Genauigkeit, Sinnlichkeit und traumhaften Schilderungen erinnert an den Magischen Realismus.


Erzählstil - Entwurf

Der DDR-Aussteigerroman "Kruso" von Lutz Seiler ist eine vor dem Mauerfall auf Hiddensee angesiedelte Robinsonade, die ein Inselabenteuer und die Geschichte einer außergewöhnlichen Freundschaft erzählt.

Kruso, der erste, lang erwartete Roman von Lutz Seiler, schlägt einen Bogen vom Sommer 89 bis in die Gegenwart. Die einzigartige Recherche, die diesem Buch zugrunde liegt, folgt den Spuren jener Menschen, die bei ihrer Flucht über die Ostsee verschollen sind, und führt uns dabei bis nach Kopenhagen, in die Katakomben der dänischen Staatspolizei.

Der Autor beschreibt in seiner Wendezeit-Parabel poetisch und sinnlich sowie in einer fast ins Magische gehenden Sprache den Sommer des Jahres 1989 auf der Insel Hiddensee. Als "Vorhof des Verschwindens" sei Hiddensee damals ein Ort für Sonderlinge, Querdenker, Freiheitssucher und angehende DDR-Flüchtlinge geworden.

Daraus hat Seiler eine packende Robinsonade um den titelgebenden Kruso und den jungen Abwäscher Edgar gemacht.

Es ist Lutz Seilers Verdienst, daraus eine packende Robinsonade um den titelgebenden Kruso und den jungen Abwäscher Edgar gemacht zu haben.

Die eigenständige sprachliche Verbindung von historischer Genauigkeit, Sinnlichkeit und traumhaften Schilderungen erinnert an den Magischen Realismus.


Sprache

Das Buch ist das Werk eines Lyrikers - ein gut erzählter Roman  mit lyrischen Anklängen und epischen Schwächen - ein großer Roman - und niemand weiß warum.

Die Sprache ist schlicht, schnörkellos, akademisch, und manchmal schimmert sogar etwas durch von Erzählkunst. Aber macht die Sprache allein einen großen Roman aus und ist das wirklich ein großer Roman?

Die Sprache ist lyrisch angehaucht wie der Held des Romans, der Germanistik-Student Edgar aus Jena.

Lutz Seiler beherrscht die Sprache, mit der er erzählt, aber er hätte mehr draus machen können. Es ist nicht mal sonderlich spannend geschrieben, dennoch eröffnet es eine eigene robinsonhafte Welt, die jedoch keine Abenteuer verspricht.


Sprache

"Kruso" ist das Werk eines Lyrikers. Der Autor beschreibt eine Lyrik der Freiheit. Der Roman ist ein lyrisches Spiel mit der Freiheit.

Seilers Roman ist lyrisch und sprachgewaltig. Schon jetzt ist er zu den großen deutschsprachigen Literaten der Gegenwart zu zählen.

Das Werk lebt von seiner Sprachgewalt und Poesie - vor allem der Poesie der Bilder. Ein unbedingtes Meisterwerk ist dieses Buch ungeachtet seiner hohen Ambitionen und seiner überdurchschittlichen Sprache nicht.

Lutz Seiler beschreibt poetisch und sinnlich sowie in einer fast ins Magische gehenden Sprache den Sommer des Jahres 1989 auf der Insel Hiddensee.

Lutz Seiler hatte vorher Essays, Erzählungen und Gedichte veröffentlicht. Die Buchpreis-Jury urteilte: Sein „erster Roman überzeugt durch seine vollkommen eigenständige poetische Sprache, seine sinnliche Intensität und Welthaltigkeit”. Weiter wird eine „lyrische, [...] ins Magische spielende[n] Sprache” hervorgehoben.

„Anschaulich bis zum Ekel beim Lesen sind die Szenen in der Abwaschküche, wenn Teller vorgereinigt werden oder Abflüsse verstopfen. Alles in dem Roman ist nicht nur zu lesen, sondern zu hören, zu riechen, zu schmecken.”


Einordnung

Es ist ein Buch eines Debütanten - abgesehen von seinen Gedichten und Erzählungen – für mich ist er ein neuer Autor - und ob Lutz Seiler dieses Buch nachhaltig begründen kann, muss man erst abwarten.

Das Buch ist schon ein großer Roman, und niemand weiß warum. Die Sprache ist schlicht, schnörkellos, akademisch, und manchmal schimmert sogar etwas durch von Erzählkunst.

Das Thema reizt, handelt es sich doch um eine Geschichte über und ihr individuelles Verhältnis zum Thema Sozialismus und DDR-Diktatur.

Dieses Buch kann man als DDR-Roman am ehesten  mit Uwe Tellkamps Wenderoman „Turm“ oder Ruges „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ vergleichen.

Ist dies ein Buch, das man mit Tellkamps „Turm“ oder Eugen Ruges „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ vergleichen kann? Nur weil die Autoren aus dem Gebiet der ehemaligen DDR stammen? Was soll das noch, die DDR?

Vom Typus her ist es ein klassischer Inselroman wie sein Vorbild „Robinson Crusoe“.

Der Vergleich mit Thomas Manns „Zauberberg“ jedoch erscheint überzogen.


Einordnung

"Kruso" ist ein DDR-Aussteigerroman. Da er im Jahr 1989 spielt, ist er auch ein Wenderoman.

"Kruso" von Lutz Seiler ist eine Allegorie auf die Freiheit und eine Wendezeit-Parabel. Der lyrisch angehauchte Romnan ist ein Versprechen auf die Freiheit.

Der Roman ist ein lyrisches Spiel mit der Freiheit. Seilers Roman ist lyrisch und sprachgewaltig. Schon jetzt ist er zu den großen deutschsprachigen Literaten der Gegenwart zu zählen.

"Kruso" ist ein "Wenderoman" über die letzten Tage der DDR - ein entspanntes Sommerbuch vor zeithistorischem Hintergrund. Seiler entwirft eine Utopie, die zum Scheitern verurteilt ist.

Als "Vorhof des Verschwindens" sei Hiddensee damals ein Ort für Sonderlinge, Querdenker, Freiheitssucher und angehende DDR-Flüchtlinge geworden.

Ein seltenes Buch, das bleiben wird. Im Text finden sich Referenzen an Uwe Johnson und Wolfgang Hilbig, in diese Reihe wird es einmal gehören.


Einordnung

Was ist nun "Kruso"? - "Kruso" ist ganz unbestritten ein Inselroman, denn er spielt auf der Insel Hiddensee und er erweckt Assoziationen zu „Robinon Crusoe“, doch hier hinkt der Vergleich, denn hier wird das Insel-Thema nur in andere Richtung variiert.

Lutz Seiler ist es gelungen, eine Robinsonade geschrieben zu haben, ein richtiger Abenteuerroman freilich ist es nicht, weil darin einfach zu wenig Handlung vorkommt.

"Kruso" ist weniger ein Abenteuerroman, denn dafür ist die Handlung zu dürftig. Wer gerne Abenteuerromane liest, sollte hier Abstand nehmen.

"Kruso" erzählt eher die Geschichte einer Freundschaft auf einer abgelegenen Insel. „Kruso“ ist ein Roman über eine tiefe Freundschaft. Edgar wird auf Hiddensee zu Krusos Freitag, ihre Freundschaft hat intellektuelle und homoerotische Prägung.

„Kruso“spielt im Wendejahr 1989 in der DDR und ist daher gewiss auch ein DDR-Roman, vergleichbar Tellkamps „Turm“ oder Ruges „In Zeiten des abnehmenden Lichts“.

Aber ist dies ein Buch, das man mit Tellkamps „Turm“ oder Ruges „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ vergleichen kann? Nur weil die Autoren aus dem Gebiet der ehemaligen DDR stammen?


Von Hiddensee wird nach Gerhart Hauptmann endlich wieder Weltliteratur gemacht. Diesmal sogar kunstvoller als Tellkamp und Ruge. Erst die nächten Veröffentlichungen werden aber zeigen, ob Lutz Seiler den Erwartungen gerecht geworden ist.


Kritik

"Kruso" ist ein Buch eines Lyriker und Debütanten - abgesehen von seinen Gedichten und Erzählungen, Seiler ist ein neuer Autor - und ob Lutz Seiler dieses Buch nachhaltig begründen kann, muss man erst abwarten.

Aber man sieht Menschen hier auch tragisch scheitern. Man könne das Buch, so die Jury, „als wortgewaltige Geschichte eines persönlichen und historischen Schiffbruchs lesen – und als Entwicklungsroman eines Dichters“.

Eine literarische Kritik dieses Buches ist nicht ganz einfach, denn zum einen ist es der Debütroman und zum anderen steht es in dem Verdacht, von den  Literaturkritiken hochgejubelt worden zu sein. Das Buch changiert zwischen Weltliteratur und Tellerwäscher-Roman.

"Kruso" ist ein Buch mit lyrischem und erzählerischen Anspruch, doch Anspruch und Wirklichkeit fallen bei diesem hochgelobten Buch auseinander.

Den Mangel an … macht das Buch durch … wett.


Kritik

"Kruso" ist ein gelungener Debüt-Roman mit reichlich Potential. Ein Meisterwerk ist dieses Buch ungeachtet seiner hohen Ambitionen und seiner überdurchschittlichen Sprache nicht. Jedoh ist der Roman weitaus mehr als "Tellerwäscher-Lyrik".

Die Presse jubelt ekstatisch, doch  der Roman bleibt leider etwas hinter den hochgetriebenen Erwartungen zurück. Sicher kein schlechtes Buch, sprachlich anspruchsvoll, aber doch langatmig und streckenweise esoterisch vermumpft. Es bestätigt sich die alte Wahrheit, dass Lyriker nicht die besten Romanautoren sind.

Das Personal des Romans hat zu wenig Faszinationskraft für einen 500-Seiter. Vor allem die Hauptfigur kommt mir nicht wirklich nahe: Edgar Bendler in seiner "Thälmann-Jacke", der Trakl-lesende Literaturstudent aus Halle, immer ein wenig neben der Spur. Problematisch, wenn bei einem „Bildungs“- oder „Initiationsroman“ (mit dem „Zauberberg“ ist das Buch ja von einer verzückten Kritikerin verglichen worden, s.o.) die Hauptfigur nicht zur „Identifikation“ einlädt (womit ich natürlich nicht meine, dass sie sympathisch sein soll, sondern spannend in ihren inneren und äußeren Konflikten). Ed ist traumatisiert, seit seine Freundin bei einem Straßenbahnunfall ums Leben kam. Auch das wird nicht so erzählt, dass es einen wirklich berührt.

Es läuft, wieder einmal, auf die letzten Tage der DDR hinaus. „Alle Grenzen waren offen.“ Dieses Thema, muss ich gestehen, ist für mich durch. Ist es nicht mal für eine Weile gut mit den sogenannten „Wende-Romanen“? Mit all dem Geraune von der „gescheiterten Utopie“?

Am Interessantesten ist die Beschreibung der Ostseeinsel Hiddensee als exterritorialer Raum am Rand der DDR, oder fast schon jenseits von ihr. Es geht um Hiddensee im wahren Sinn des Wortes – „hidden“, versteckt also, sind hier die „Schiffbrüchigen“, wie der deutschrussische Inselguru Kruso die Aussteiger der DDR-Gesellschaft nennt. Er will ihr guter Geist sein, sie in seinen freien „Inselstaat“ eingemeinden, damit sie keinen lebensgefährlichen Unsinn machen, etwa auf schwankenden Booten oder schwimmend die Freiheit in der Ostsee suchen. Und dabei umkommen, wie einst seine Schwester.

Edgar wird auf Hiddensee zu Krusos Freitag, ihre Freundschaft hat intellektuelle und homoerotische Prägung. Die Handlung entwickelt sich allerdings schleppend, ist überladen mit Details und (wie in so vielen "Ost-"Büchern) mehr oder weniger schmunzelnden Anspielungen auf die verblichene DDR-Kultur. Ausführlich geht es um die niederen Weihen des Geschirrspülens im Kult-Lokal „Der Klausner“, dem magischen Ort des Romans. Erfreulich ist der gelegentliche Witz des Buches. Das Begräbnis des „Lurchs“ ist eine skurrile und schön eklige Szene. Es handelt sich um ein meterlanges, wie mit Adern durchzogenes Gebilde aus verpappten Essensresten, das sich regelmäßig am Abflussrost des „Klausners“ bildet.

Im letzten Drittel wurde es mir dann jedoch zuviel mit der Hiddensee-Esoterik und der Bruderschaft des „Klausners“. Es hat etwas von Veteranenprosa. Diejenigen, die selbst nicht zu den DDR-Hippies von 1989 gehörten (oder sich ihnen heute im Geist zuzählen), bleiben außen vor. Ganz anders als im "Zauberberg". Man muss nicht selbst im Davoser Lungensanatorium gewesen sein, um das Buch zu genießen.

Ein Meisterwerk ist dieses Buch ungeachtet seiner hohen Ambitionen und seiner überdurchschittlichen Sprache nicht. Es ist eher selbst eine Art literarischer „Lurch“, an dem sich alles Mögliche angepappt hat. Immerhin über Strecken ein Stück interessanter Ethnologie eines merkwürdigen DDR-Biotops.

Es bestätigt sich die alte Wahrheit, dass Lyriker nicht die besten Romanautoren sind.


Meinungen

Roman Bucheli schreibt in der NZZ, Seiler blicke „geradezu angestrengt vom historischen Geschehen weg und hin zu seinen sehr intim gezeichneten Protagonisten”. Diese „Verweigerung eindeutiger Gesten” in Poesie und Politik sei eine Provokation: „Poesie ist Widerstand”, sagt einer der Romanhelden. Die Umbruchszeit wird nur „in kleinen Anspielungen auf den panischen Staatsapparat beschworen”.

Für Christoph Schröder von der taz ist das Buch daher ein Beispiel für anhaltend unterschiedliche Tendenzen in der deutschen Literatur: „Bekennt man sich im ehemaligen Westen zu einem offensiven Realismus, halten die Ost-Schriftsteller an dem Versteckspiel fest, das einmal überlebensnotwendig war.”


Fazit

Lutz Seiler hat im reifen Mannesalter sein Romandebüt vorgelegt, mit dem er sich sogleich in die erste Reihe der Schriftsteller hierzulande katapultiert hat.

Der lesenswerte und sprachlich versierte Roman ist eine Hommege auf die von Künstlern und Aussteigern bewohnte Insel, gereift aus dem eigenen Erlebnis als ehemaliger Inselbewohner.

Dieser Roman über den historischen Sommer 1989 ist ein Leuchtturm.

Lutz Seiler vermisst in seinem Roman den Schauplatz (Hiddensee), das Genre (Abenteuerroman) und die Geschichte (vom Untergang der DDR)  neu. Da wird die Robinsonade, die im Spitznamen des Helden anklingt, zur Abwaschorgie unter Deck, also in der Gastroküche und die Ostseeinsel zum Sammelbecken gestrandeter Freiheitssehnsüchtiger einer abgetakelten Gesellschaft. Ein Buch wie ein Leuchtturm

Der Roman ist eine Mischung aus Inselabenteuer, Wendroman und Geschichte einer außergewöhnlichen Freundschaft: Kruso, der erste, lang erwartete Roman von Lutz Seiler, schlägt einen Bogen vom Sommer 89 bis in die Gegenwart.

Ein Meisterwerk ist dieses Buch ungeachtet seiner hohen Ambitionen und seiner überdurchschittlichen Sprache nicht.

Fazit

Lutz Seilers Roman „Kruso“ ist auf alle Fälle einmal anders. Und vielschichtig. Das allein ist schon wohltuend inmitten all des Einheitsbreis, der so geschrieben wird. Er ist wie ein französischer Film, der spätnachts auf Arte läuft und nur wenige, kopfschüttelnde Zuschauer findet, nur da und dort wird einer nicken und sagen: „Ja, so isses. Ganz genau so war es. Ganz genau so“.

Kategorie: Gehobene Literatur

http://www.lovelybooks.de/autor/Lutz-Seiler/Kruso-1101211150-w/

Quellen

Lutz Seiler | Kruso

http://www.suhrkamp.de/Lutz-Seiler/Kruso_1206.html


Traumatisiert auf Hidensee

http://www.lovelybooks.de/autor/Lutz-Seiler/Kruso-1101211150-w/

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Sonntag, 5. Oktober 2014

Peter Ackroyd 65. Geburtstag

Peter Ackroyd


Peter Ackroyd wurde vor 65 Jahren am 5. Oktober 1949 in London geboren, wo er bis heute lebt. Ackroyd ist ein britischer Schriftsteller, der bekannt ist für seine Romane und Biografien. Er ist ein Autor, der dem Prinzip Welterklärung folgt und zu seinem Prinzip erhoben hat.

Er studierte Literaturwissenschaft in Yale und Cambridge und arbeitete viele Jahre für den "Spectator" und die "Times". Mit seinen Romanen, Theaterstücken und Biographien gehört er zu den wichtigsten britischen Gegenwartsautoren. Er erhielt unter anderem den "Somerset Maugham Award" und den "Whitbread Award". Er gilt als brillanter Autor mit einem unverwechselbaren Stil. In Großbritannien ist Peter Ackroyd eine Institution. Mit seiner Biographie über London wurde er auch international bekannt.


Die Welt erklären - viel geringer ist der Anspruch nicht - den Peter Ackroyd an sich selbst hat. Vom alten Ägypten über Rom, Athen und Venedig bis zum heutigen London, von Shakespeare über Dickens bis Charlie Chaplin - der Vielschreiber Peter Ackroyd erklärt dem Leser alles und folgt dem Lauf der Geschichte auf dem Globus.


Ackroyd gilt ein akribischer Autor, der alles zusammenträgt dessen er habhaft werden kann und am Ende erhält man ein Bild, das einem den Verstand und das eigene Wissen verändert. Die Sachbücher und Biografien des Briten umfassen eine riesige Spannbreite. Zusammen mit seinen knapp 20 Romanen haben sie ihn zu einem der bekanntesten zeitgenössischen Autoren auf der Insel gemacht.

„Ich versuche, mir für meine Leser die Welt der Vergangenheit vorzustellen“, so beschreibt er der Nachrichtenagentur dpa seine Arbeit. Dabei kommt er ohne den Fachjargon der Historiker aus, der das Lesen akademischer Literatur oft ermüdend macht.


Angefangen hat es mit einem Theaterstück über den englisch-katholischen Rebellen Guy Fawkes, da war der Junge aus London gerade mal neun Jahre alt. Das Schreiben ließ ihn nicht mehr los, Ackroyd studierte englische Literatur und verbrachte als Stipendiat Zeit an der amerikanischen Eliteuniversität Yale.

Trotzdem blieb er durch und durch ein Londoner: Die Heimat an der Themse ist nicht nur Schauplatz seiner Romane, sie ist auch Gegenstand mehrerer seiner Sachbücher und Erklärfilme und der großen „Biografie“, die Ackroyd über die Millionenmetropole geschrieben hat.

Peter Ackroyds Bücher sind in England längst Kult. "Ackroyd ist einer der ganz wenigen Schriftsteller seiner Generation, die man noch in hundert Jahren lesen wird.", titelte die Sunday Times euphorisch über den großen Welterklärer.



Literatur:

London - Die Biographie
London - Die Biographie
von Peter Ackroyd


Shakespeare: Die BiographieShakespeare: Die Biographie

Donnerstag, 2. Oktober 2014

Heine Besuch bei Goethe in Weimar

Im Oktober 1824, im Anschluss an seine »Harzreise«, kam der damals 27-jährige Heine nach Weimar in der Hoffnung, dort auch auf Goethe zu treffen. In Weimar angekommen, schrieb er gleich einen Brief an Goethe und bat um einen Besuchstermin, der ihm für den nächsten Tag gewährt wurde.

Bereits 1824 hatte der junge Heine ihm seinen soeben erschienenen Gedichtband geschickt. Goethe hatte nicht geantwortet. Am 1. Oktober 1824 bittet Heine den großen Dichter um eine Audienz. Auch dieser Brief ist in der damals üblichen Form abgefasst, wenn von einer Person, die einem höheren Stande angehörten, eine Gunst erbeten wurde.


Ew. Excellenz

bitte ich mir das Glück zu gewähren einige Minuten vor ihnen zu stehen. Ich will gar nicht beschwerlich fallen, will nur ihre Hand küssen und wieder fort gehen.

Ich heiße H. Heine, bin Rheinländer, verweile seit kurzem in Göttingen und lebte vorher einige Jahre in Berlin, wo ich mit mehreren Ihrer alten Bekannten und Verehrern (dem Hugo Wolf, Varnhagen etc.) umging und Sie täglich mehr lieben lernte. Ich bin auch ein Poet, und war so frei Ihnen vor 3 Jahren meine Gedichte und vor anderthalb Jahren meine Tragödien nebst meinem lyrischen Intermezzo (Ratcliff und Almansor) zuzusenden. Außerdem bin ich auch krank, machte deshalb vor 3 Wochen eine Gesundheitsreise nach dem Harz, und auf dem Brocken ergriff mich das Verlangen zur Verehrung Goethes nach Weimar zu pilgern. Im wahren Sinne des Wortes bin ich nun hergepilgert, nämlich zu Fuß und in verwitterten Kleidern, und erwarte die Gewährung meiner Bitte und verharre

mit Begeisterung und Ergebenheit.

H. Heine

Weimar, d. 1. Oktober 1824




Besuch bei Goethe

Am 2. Oktober 1824 stattete Heine einen Besuch bei Goethe ab und machte ihm bei einer gewährten Audienz seine Aufwartung. Doch das Gespräch mit Goethe verlief unterkühlt und fiel für Heine recht enttäuschend aus, denn der Dichterfürst Goethe empfing Heine recht hochmütig und herablassend.




Goethe empfing Heine mit der ihm eigenen graziösen Herablassung. Die Unterhaltung, wenn auch nicht gerade über das Wetter bewegte sich auf sehr gewöhnlichem Boden, selbst über die Pappelallee zwischen Jena und Weimar wurde gesprochen. Da richtete Goethe plötzlich die Frage an Heine: „Womit beschäftigen Sie sich jetzt?" Rasch antwortete der junge Dichter: „Mit einem Faust." Goethe, dessen zweiter Teil des Faust noch nicht erschienen war, stutzte ein wenig und fragte in spitzem Ton: „Haben Sie weiter keine Geschäfte in Weimar, Herr Heine?" Heine erwiderte schnell: „Mit meinem Fuß über die Schwelle Ew. Excellenz sind alle meine Geschäfte in Weimar beendet", und empfahl sich.«


Heine selbst erwähnt zwar in Briefen den Besuch bei Goethe, doch über den Verlauf des Gesprächs schweigt er sich aus. 12 Jahre später äußert er sich auf die ihm eigene Weise zu seinem Besuch bei Goethe:





Ich war nahe daran, ihn griechisch anzureden; da ich aber merkte, dass er deutsch verstand, erzählte ich ihm auf deutsch, dass die Pflaumen auf dem Wege zwischen Jena und Weimar sehr gut schmeckten. Ich habe in so manchen Winternächten darüber nachgedacht, wieviel Erhabenes und Tiefsinniges ich dem Goethe sagen würde, wenn ich ihn mal sähe. Und als ich ihn endlich sah, sagte ich ihm‚ dass die sächsischen Pflaumen sehr gut schmeckten. Und Goethe lächelte.


aus: „Die Romantische Schule"


Wie sich aus dieser Notiz ersehen lässt, war das Gespräch der beiden Dichtertitanen nicht von allzuviel viel Tiefsinn geprägt, was sich nur durch herzliche gegenseitige Ablehnung der beiden Dichternaturen erklären lässt. Dabei hatte ausgerechnet der junge ambitionierte Heine lange Zeit von einer Begegnung mit Goethe geträumt.

Heine erklärte hierin recht reumütig, er habe in so manchen Winternächten darüber nachgedacht, wieviel Erhabenes und Tiefsinniges ich dem Goethe sagen würde, wenn er ihn mal sähe. Und als er ihn endlich sah, fiel ihm nichts anderes im Gespräch ein "dass die sächsischen Pflaumen sehr gut schmeckten".

Weblinks:

Rekonstruktion der Harzreise-Route Heines im Jahr 1824 - II - www.literarischegesellschaft.de

Heinrich Heine - www.weimar-lese.de


Harzreise-Bücher:

Die Harzreise
Die Harzreise
von Heinrich Heine

Die Harzreise. 1824
Die Harzreise. 1824
von Heinrich Heine