O wär' ich dieser Welt doch los
Los von den vielen Dingen
Und säß' in kühlem Felsenschoß
Zu schweigen oder singen,
Ja schweigen oder singen,
Oder was es soll sein,
Du müßtest vollbringen
Du wüßtest's allein.
Was soll ich mit der weiten Welt,
Sie ist so voller Sachen,
Mein eigen Haus ist schlecht bestellt,
Ich soll bei Fremden wachen,
Ja wachen oder hüten,
Ob auch beten dabei?
Wirst du mir vergüten
Man stellt es mir frei.
Ich schaudre bei dem bunten Kram
Von Anstand und von Lügen,
Ich muß die Wahrheit und die Scham
Mit Schicklichkeit betrügen,
Ja lügen oder trügen,
Der Tag bricht doch an,
Mit zürnenden Zügen,
Blickt Wahrheit mich an.
Hör' ich von einer groben Schuld,
So bebet meine Seele,
Ich ruf' o Jesus hab' Geduld,
Wenn tausendmal ich fehle,
Ja fehlen und dann zählen,
Macht auch eine Zahl,
Ich tu' es mit Wählen,
Der tut's auf einmal.
Tagtäglich wecket mich dein Licht,
Doch will's in mir nicht tagen,
O Herr, die Stunde zum Gericht
Laß in der Nacht nicht schlagen,
Ja schlagen, auf dein Winken
Erbebet die Welt
Da werden zur Linken
Die Böcke gestellt.
O Herr, zuvor brich noch mein Herz
Brich es mit harten Schlägen,
Scheid aus in Glut das taube Erz,
Dein Bild ins Gold zu prägen,
Ja prägen und wägen,
Dein Kreuz und dein Bild,
Zum Himmel ein Segen,
Vor Hölle ein Schild.
Nimm doch den Zweifel ganz von mir,
Laß mich doch ganz vertrauen,
Und strafe meine Neubegier,
So viel umherzuschauen,
Ja Schaun und Begehren
Sind nahe verwandt,
Den Fingern zu wehren
Nimm ganz meine Hand.
Ist's wahr mein Herr, warst du mir nah,
Warum willst du dann scheiden,
Und war's mein Leid, als ich dich sah,
O Herr so gieb mir Leiden,
Ja leiden oder meiden,
Wer möchte das nicht,
Wenn Jesus zu beiden,
Ich liebe dich, spricht.
Was Finsternis empfangen will
In mir als einem Weibe,[432]
Mit deinem teuren Blute still',
Daß ich zum Licht auftreibe,
Ja treibe und bleibe
Am Kreuzbaum ein Blatt,
Dem heiligen Leibe,
Der Schatten nicht hat.
Was in mir aus der Schlangenbrut
Versuchend liegt gefangen,
Herr tilg mit deinem Fleisch und Blut,
Dies Drängen, Sehnen, Bangen,
Ja bangen und verlangen
Nach Früchten des Leibs,
Aufs Haupt tritt den Schlangen
Du Samen des Weibs!
Mir ist nach meiner Sündenzahl
Manch kleines Kreuz vonnöten,
Für jede böse Lust gieb Qual,
Sie kräftig zu ertöten,
Ja töten und quälen,
Wenn 's Herz übrig blieb
Soll dir es erzählen,
Wie sehr ich dich lieb'.
Weil Qual um Qual und Pein um Pein
Du auch für mich gelitten,
So will ich auch das Leiden mein
Recht nach und nach erbitten,
Ja bitten und ringen
Um langsame Not,
Und beten und singen
Und tragen zum Tod.
»Kennst du das Land« von Clemens Brentano
Gedichte:
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