Die Odyssee
Das griechische Epos »Odyssee« schildert die abenteuerliche Irrfahrt des griechischen Gottes Odysseus und die Kämpfe um die kleinasiatische Stadt Troja.
Odysseus gerät nach dem Sieg über Troja, da ihm einige Götter missgünstig sind, in allerlei Abenteuer in der Ägäis und sonstwo (wer erinnert sich nicht an die Kirke, die Sirenen, den Zyklopen, Skylla und Charybdis etc.), die ihn am Heimkehren hindern, während zu Hause allerlei Freier sein Haus und seine Gattin belagern, um sich in beider Bessitz zu bringen, während sie schmausend und trinkend seinen Vieh- und Weinbestand verprassen.
Am Ende kehrt aber Odysseus dann doch heim und dank Tricks und Beistands der göttlichen Athene sowie einiger Getreuer ermordet er die unbewaffneten Freier und lässt auch noch die wehrlosen Mägde, die seiner während der Abwesenheit spotteten, am Halse aufhängen.
Jahre nach dem Ende des Trojanischen Krieges ist der griechische Held Odysseus noch immer nicht nach Ithaka zurückgekehrt. Die meisten Leute denken, dass er tot ist. Schon bald lässt uns Homer wissen, dass Odysseus auf der Insel der Göttin Calypso gefangen gehalten wird. Oh, und der Meeresgott Poseidon ist bei Odysseus verärgert und sieht keinen Grund, ihn nach Hause zu lassen.
Bei seiner Rückkehr nach Ithaka 20 Jahre späterwird Odysseus' Frau Penelope von einer Horde unerwünschter Freier überhäuft, bereit, den "toten" Odysseus zu ersetzen und natürlich nach Penelopes Hand und dem Thron der Insel zu suchen! Die Freier haben sich im Palast niedergelassen und weigern sich zu gehen, bis Penelope einen von ihnen als ihren Ehemann akzeptiert.
Odysseus wird viel gelobt. Von Göttern, von seinen Untergebenen, seiner Frau, den Lesern des Texts über Jahrhunderte. Doch wenn man sich sein Verhalten und seine Gedanken mal genauer anschaut, ergibt sich kein so wirklich erbauliches Bild: Das erste, auf das er sinnt, als er nach jahrelanger Irrfahrt nach Hause kommt, ist nicht, seinen Familie in die Arme zu schließen. Nein, er denkt an Rache. Blutige Rache, und eine seiner Ängste dabei ist, dass er allein nicht alle Freier seiner Frau erschlagen können wird, dass er dazu Hilfe braucht.
Dass Homers Texte an Brutalitäten nicht sparen, sollte jedem Leser, der die eigentlich unbedingt vorher zu lesende Ilias kennt, klar sein. Dagegen gehts in der "Odyssee" doch recht zivil zu, nur der Schluss glänzt in bester Arnold-Schwarzenegger-Manier mit einem wirklich gut gemachten Showdown, der sogar heutigen, abgehärteten Lesern kurz den Atem stocken lässt, weil er in dieser Form etwas unerwartet kommt.
Die größte Überraschung vieler Leser wird allerdings sein, dass sich die Odyssee eigentlich nur zweitrangig mit den Irrfahrten des Titelhelden beschäftigt. Viele der Szenen, die heute jeder aus Film, Fernsehen und anderen Adaptionen kennt, wie die Blendung des Kyklopen oder die Wachspropfen in den Ohren der Mannschaft, um den Sirenengesang zu mildern, werden auf wenigen Seiten abgehandelt.
Das Hauptaugenmerk liegt für Homer nicht in den Abenteuern der Irrfahrt, sondern in der Heimkehr eines verloren geglaubten Helden, mit dessen Art, mit Verlust und Heimweh umzugehen, und mit einem Umfeld in der Heimat, das sich völlig verändert und still vom einst geschätzten Hausherrn entfremdet hat. Dabei entsteht ein dichtes Psychoprofil eines trotz endloser Widerstände nie aufgebenden Menschen, das trotz seines Alters von 3.000 Jahren unglaublich modern, aktuell und vor allem kraftvoll ist:
Zuhause ist Odysseus mehr ein Fremder in einem fremden Land (geschickt vom Dichter wird die innere Entfremdung durch Odysseus' äußere Verwandlung durch Athene angedeutet), als auf all den vielen Stationen seiner Reise. Viele Kriegsrückkehrer aus allen Jahrhunderten werden seine Gefühle verstehen können.
Trotz des bluttriefenden Endes erweist sich der Dichter Homer als virtuoser Geschichtenerzähler, der mit seiner blumigen Sprache die prangenden, mannhaften Helden in ihren pferdenährenden Landschaften adjektivtriefend zur Geltung kommen lässt. Jeder Literaturfreund sollte daran seine Freude haben. Auch ist die Geschichte, die ja am Ursprung der abendländischen Dichtung steht, auch heute noch aktuell und gut verständlich, eröffnet auch einen malerischen Blick auf die altgriechische Gesellschaft und ist ein Stück Sittenbild.
Diese Modernität und Kraft spürt man allerdings kaum, wenn man sich mit der uralten, für mich zumindest kaum lesbaren versmaßtreuen Übersetzung von Voss Homer nähert. Dort geht alles in einem Gewust von toten Wörtern, gezwungenen, künstlichen Reimen und undeutscher Satzstellung unter - man beschäftigt sich so sehr damit, das Deutsch Vossens zu verstehen, dass man den Sinn und die Atmosphäre des Texts gar nicht mehr würdigen kann.
Daher ist Wolfgang Schadewaldt um so mehr zu danken, der mit dieser Prosaübersetzung eine wunderbar lesbare und trotzdem nicht zu modernisierte Fassung des uralten Epos vorlegt. Man spürt das Alter des Texts, den Rhythmus, die Sprachgewalt, und es geht nichts verloren, wenn Schadewaldt den Hexameter fallen lässt. Der heutige Leser darf daher keine Sprache wie in einem modernen Roman erwarten.
Weblinks:
Eine Reise in die Mythologie; Ithaka & Homers Odyssee - www.itinari.com
Homer -Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de
Homer-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de
Literatur:
Die Odyssee von Homer
Ilias Odyssee von Homer