Samstag, 12. Dezember 2020

»Advent« von Rainer Maria Rilke




Es treibt der Wind im Winterwalde
Die Flockenherde wie ein Hirt,
Und manche Tanne ahnt, wie balde
Sie fromm und lichterheilig wird,
Und lauscht hinaus. Den weißen Wegen
Streckt sie die Zweige hin - bereit,
Und wehrt dem Wind und wächst entgegen
Der einen Nacht der Herrlichkeit.

»Advent« von Rainer Maria Rilke (1875-1926)

Samstag, 5. Dezember 2020

Alexandre Dumas der Ältere 150. Todestag

Alexandre Dumas der Ältere

Alexandre Dumas der Ältere starb vor 150 Jahren am 5. Dezember 1870 in Puys bei Dieppe im Département Seine-Maritime. Alexandre Dumas war ein französischer Schriftsteller. Alexandre Dumas schrieb historische Romane, Abenteuerromane, Reiseliteratur und Novellen. Heute ist er vor allem durch seine zu Klassikern gewordenen Historienromane bekannt. Alexandre Dumas' mitreißend erzählter Historienroman aus dem Jahr 1844 ist die wohl beste und meistgelesene Mantel- und Degengeschichte aller Zeiten.

1830 war Dumas aktiv an der Julirevolution beteiligt. Schon 1832 jedoch ging er auf Distanz zu seinem ehemaligen Protektor König Louis-Philippe. Dies hinderte ihn nicht, 1833 seinen neuen Status als Erfolgsautor mit einem Fest für die Pariser Literatenkollegen zu demonstrieren.

Dumas d. Ä. unternahm Reisen an den Rheins im Jahre 1838, in die Schweiz, eine Reise in den Kaukasus, nach Spanien und Nordafrika, und eine Reise durch Rußland.

Zu seinen bekanntesten Werken gehören die Historienromane »Die drei Musketiere« (1844) und »Der Graf von Monte Christo« (1845–46), »Königin Margot« (1845), »Der Mann mit der eisernen Maske« und »Das Halsband der Königin« (1848–50).

»Der Graf von Monte Christo« ist der klassische Abenteuerroman um Verrat und Rache. Dumas Roman ist als Fortsetzungsgeschichte in einer Zeitung erschienen und ist seit seinem Erscheinen zu einem der meistgelesenen Werke der Abenteuerliteratur geworden.

Viele wesentliche Episoden und Persönlichkeiten in seinen Werken sind durch das Leben und die militärische Laufbahn seines Vaters inspiriert worden.

Alexandre Dumas der Ältere wurde am 24. Juli 1802 in Villers-Cotterêts, Département Aisne, geboren.

Literatur:

Die drei Musketiere
Die drei Musketiere
von Alexandre Dumas

Der Graf von Monte Christo
Der Graf von Monte Christo
von Alexandre Dumas

Freitag, 27. November 2020

»Corona« von Paul Celan




Aus der Hand frißt der Herbst mir sein Blatt: wir sind Freunde. Wir schälen die Zeit aus den Nüssen und lehren sie gehn: die Zeit kehrt zurück in die Schale.

Im Spiegel ist Sonntag, im Traum wird geschlafen, der Mund redet wahr.

Mein Aug steigt hinab zum Geschlecht der Geliebten: wir sehen uns an, wir sagen uns Dunkles, wir lieben einander wie Mohn und Gedächtnis, wir schlafen wie Wein in den Muscheln, wie das Meer im Blutstrahl des Mondes.

Wir stehen umschlungen im Fenster, sie sehen uns zu von der Straße: es ist Zeit, daß man weiß! Es ist Zeit, daß der Stein sich zu blühen bequemt, daß der Unrast ein Herz schlägt. Es ist Zeit, daß es Zeit wird.

Es ist Zeit.

»Corona« von Paul Celan

Video: »Corona« von Paul Celan - Youtube Weblink: Corona - www.lyrikline.org

Donnerstag, 26. November 2020

Mark Twain 185. Geburtstag


Mark Twain feiert am 30. November seinen 185. Geburtstag. Mark Twain, eigentlich Samuel Langhorne Clemens, wurde am 30. November 1835 als Sohn eines Rechtsanwaltes und Händlers in Florida, Missouri geboren. Mark Twain war ein berühmter amerikanischer Schriftsteller, Erzähler und Journalist des 19. Jahrhunderts.

Er war ein Vertreter des amerikanischen Realismus und ist besonders wegen seiner humoristischen, von Lokalkolorit und genauen Beobachtungen des sozialen Verhaltens geprägten Erzählungen und aufgrund seiner scharfzüngigen Kritik an der amerikanischen Gesellschaft berühmt.


In seinen Werken beschreibt der traditionelle Erzähler den alltäglichen Rassismus, seine „Helden“ durchschauen die Heuchelei und Verlogenheit der herrschenden Verhältnisse.

Mark Twain beschrieb als tradidtioneller Erzähler in seinen Werken das Leben und den Alltag in den Südstaaten entlang des Mississippi.

Gefürchtet war Twain für seine gnadenlose Kritik an den rassistischen Verhältnissen und der Sklaverei in der amerikanischen Gesellschaft sowie seine treffsicheren sarkastischen Aphorismen, mit denen er seinen Landsleuten ebenso wie den Europäern den Spiegel vorhielt.


Als junger Mann lies sich Samuel Langhorne Clemens zum Lotsen auf einem Schaufelraddampfer auf dem Mississippi ausbilden. Der Bürgerkrieg brachte 1861 die Flussschiffahrt zum Erliegen - und bereitete Clemens' Karriere ein jähes Ende. Er zog weiter nach Westen, schürfte nach Gold und verlegte sich auf das, was er am besten konnte: aufs Schreiben.

Von 1852 an reiste er als wandernder Schriftsetzer durch den Osten und Mittleren Westen. Aus St. Louis, Philadelphia, New York und Washington D. C. schrieb er Reiseberichte für die Zeitung seines Bruders.



Ab 1855 lebte Samuel Clemens in St. Louis und plante, Steuermann auf einem Mississippidampfer zu werden. 1857 begann er eine Ausbildung zu diesem Beruf, 1859 erhielt er eine Lizenz und arbeitete vollzeitig in diesem Beruf. Der amerikanische Bürgerkrieg unterbrach die vielversprechende Lotsenkarriere, doch gelang es Sam Clemens, der sich eher aus Zufall als aus Überzeugung der Union angeschlossen hatte, den blutigen Schlachtfeldern geschickt auszuweichen.



Am 3. Februar 1863 nutzte er erstmals das Pseudonym „Mark Twain“ und begann seine schriftstellerische Karriere. Mark Twain ist ein Ausdruck aus der Seemannsprache, der Zwei Faden (Wassertiefe) bedeutete und der möglicherweise ein Überbleibsel aus seinem Lebensabschnitt als Lotse eines Dampfschiffes auf dem Mississippi ist.

Ab 1864 zog Twain nach San Francisco, später wieder nach Nevada, zurück nach Kalifornien, nach Hawaii und wieder nach Nevada. Zwischenzeitlich arbeitete er ebenfalls kurzfristig als Reisekorrespondent aus Europa und dem Nahen Osten.

In seinen Romanen machte er die gesellschaftlichen Verhältnisse in den Südstaaten, das Leben auf und entlang des Mississippi, den alltäglichen Rassismus und die Schiffahrt zum Thema. Mark Twain ist vor allem als Autor der Bücher über die Abenteuer von »Tom Sawyer« und »Huckleberry Finn« bekannt.

Über das heutige Amerika ihm wohl als erstes eingefallen, dass Amerika dahintreibt wie der der Ol' Man River - der Fluss, auf dem Mark Twain als Lotse gearbeitet hat, bevor der amerikanische Bürgerkrieg seiner Tätigkeit auf dem Fluss beendet hat.





Literatur, die man gelesen haben sollte:

Tom Sawyer
Tom Sawyer
von Mark Twain

Huckleberry Finn
Huckleberry Finn
von Mark Twain

Weblink:

Mark Twain-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Mark Twain-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de

Was würde der Schriftsteller Mark Twain wohl über das heutige Amerika sagen? - Satiren - satiren.wordpress.com

Montag, 23. November 2020

Paul Celan 100. Geburtstag

Paul Celan

Paul Celan wurde vor 100 Jahren am 23. November 1920 als Paul Antschel als einziger Sohn deutschsprachiger, jüdischer Eltern im damals rumänischen Czernowitz in der Bukowina geboren.

Paul Celan, der das Land seiner Sprache nie besucht hat und den die Vergangenheit nie loslies, ist einer der bedeutendsten Dichter der Neuzeit. Paul Celan steht zusammen mit wenigen Autoren wie Primo Levi, Nelly Sachs oder Imre Kertész international herausragend für die Möglichkeit von »Dichtung im Angesicht der Shoah«.

Nach dem Abitur 1938 begann er ein Medizinstudium in Tours in Frankreich, kehrte jedoch bereits ein Jahr später nach Rumänien zurück, um dort Romanistik zu studieren.

1942 wurden Celans Eltern deportiert. Im Herbst desselben Jahres starb sein Vater in einem Lager an Typhus, seine Mutter wurde erschossen. Von 1942 bis 1944 musste Celan in verschiedenen rumänischen Arbeitslagern Zwangsarbeit leisten. Von 1945 bis 1947 arbeitete er als Lektor und Übersetzer in Bukarest, publizierte in diesen Jahren erste Gedichte.

Im Juli 1948 zog er nach Wien und dann nach Paris, wo er bis zu seinem Tod lebte. Im selben Jahr begegnete Celan Ingeborg Bachmann in Wien. Dass Ingeborg Bachmann und Paul Celan Ende der vierziger Jahre und Anfang der fünfziger Jahre ein Liebesverhältnis verband, das im Oktober 1957 bis Mai 1958 wieder aufgenommen wurde, wird durch den posthum veröffentlichten Briefwechsel »Herzzeit« zwischen den beiden bestätigt.

Einer der ersten öffentlichen Auftritte des damals noch weitgehend unbekannten Paul Celan fand im Mai 1952 auf der Tagung der Gruppe 47 in Niendorf statt. Die Lesung kam auf Vermittlung der Wiener Freunde Ingeborg Bachmann, Milo Dor und Reinhard Federmann zustande, wurde allerdings zu einem Misserfolg.

Entdeckt wurde Paul Celan von der »Gruppe 47« 1952 bei einer Lesung. Die Linie der Gruppe war eine schnörkellose Prosa im Stile einer nüchternen Reportage. Celan vertrat eine andere Auffassung von zeitgemäßer Lyrik: "Die Dichtung muss eine graue Sprache haben"

Heinrich Böll setzte sich jedoch entschieden für den Lyriker ein und forderte, daß seine Lyrik Pflichtlekture im Schulunterricht werden sollte.

Im November 1951 lernte Celan in Paris die Künstlerin Gisèle de Lestrange kennen, die er ein Jahr später heiratete. 1955 kam ihr gemeinsamer Sohn Eric zur Welt.

In den 1950er Jahren begann sich Celan mit der Philosophie Heideggers auseinanderzusetzen und auch umgekehrt las Heidegger Celans Werke. Am 24. Juli 1967 begegneten sie sich in Freiburg und unternahmen am Tag danach einen Ausflug zu Heideggers Hütte in Todtnauberg. Todtnauberg wurde auch der Titel eines Gedichtes, das Celan am 1. August 1967 schrieb. Es folgten weitere Besuche und es entstand ein Briefwechsel. Celans Verhältnis zu Heidegger war zwar ambivalent, aber freundschaftlich.

Das Gefühl der Zerissenheit, keine geistige Heimat zu finden, hat ihn nie verlassen. Am 20. April 1970 nahm sich Celan in der Seine das Leben.

Paul Celan-Handbuch:

Celan-Handbuch: Leben – Werk – Wirkung

Celan-Handbuch: Leben – Werk – Wirkung von Markus May

Blog-Artikel:

»Corona« von Paul Celan - Poetenwelt

»Todesfuge« von Paul Celan - Literatenwelt-Blog

Samstag, 21. November 2020

»Prosa-Edda: Altisländische Göttergeschichten« von Snorri Sturluson

Edda

Snorri Sturluson (1178/79–1241), isländischer Dichter, Gelehrter und Gesetzessprecher, prägte mit seinen Werken unsere Vorstellung von der Wikingerzeit wie kein zweiter. Er war Verfasser einer monumentalen Chronik des norwegischen Königsgeschlechts sowie der «Egill-Saga» um den berüchtigten gleichnamigen Skaldendichter und Abenteurer.

Er verfasste die »Prosa-Edda« (um 1220), mit dem er die der altgermanischen Tradition verhafteten Göttergeschichten vor dem Vergessenwerden bewahren wollte.

Prosa-Edda: Altisländische Göttergeschichten


Prosa-Edda: Altisländische Göttergeschichten

Im ersten Teil, der "Gylfagining", begibt sich der schwedische König Gylfi zur Götterburg und fordert Auskunft über Anfang und Ende der Welt, wobei er mit seinen Fragen die Weisheit der Götter auf die Probe stellt. Das "Skáldskaparmál" beschreibt die Skaldenkunst, in die zur Erläuterung der Dichtung und der alten Mythen manche Geschichte eingeflochten wird.



In der »Sprache der Dichtkunst« finden sich weitere Geschichten, und das Buch schließt mit den Erörterungen von Snorri Sturluson über die altisländischen Göttersagen. Dabei wird deutlich, dass Snorri Sturluson versucht hat, diese Mythen mit dem Christentum in Einklang zu bringen, um sich nicht dem Vorwurf, heidnisch zu sein, auszusetzen.

Literatur:


Prosa-Edda: Altisländische Göttergeschichten
Prosa-Edda: Altisländische Göttergeschichten
von Snorri Sturluson und Arthur Häny

Samstag, 14. November 2020

»Straumeni« von Edvarts Virza



Edvarts Virza (1883–1940) schuf mit dem Prosapoem »Straumēni« eine Hymne auf das bäuerliche lettische Leben auf dem Land. Der Schriftsteller beschreibt ein Jahr auf dem zemgalischen Gehöft Straumēni Mitte des 19. Jahrhunderts, verknüpft Kindheitserinnerungen mit Erzählungen seiner Großeltern und folgt dem Takt der Natur.

Nicht ein einzelner Bewohner, sondern der Hof selbst wird zur Hauptfigur des berückenden Buches. Jedes Mitglied der Hausgemeinschaft hat seine zugewiesene Aufgabe zu verrichten, und die Erfüllung birgt eine eigene Schönheit und verleiht Lebenssinn. Die Natur bestimmt das Leben und die Menschen leben im Einklang mit der Natur. Im Einklang mit den Jahreszeiten wird im Frühjahr gepflügt und gesät, im Sommer bewirtschaftet und herangereift, im Herbst geerntet und geschlachtet, schließlich im Winter eingelagert und sich häuslich eingerichtet – und immer auch Feste wie Mittsommer, Erntedank oder Weihnachten gefeiert. Unausgesprochen ist im harmonischen Idealjahr jedoch auch eine Trauernote enthalten, ein Schmerz darüber, dass dieses Ideal unwiederbringlich verloren ist, ja eigentlich niemals bestanden hat.

Die Sprache, in der Virza das voranschreitende Jahr beschreibt, enthält alles, was auf dem Hof vor sich geht. Da summt und raschelt es, knistert, duftet und klingt es in den Wörtern – ein Sprachstrom, der unaufhaltsam voranstrebt wie der Fluss Lielupe, der sich durch die Wiesen um Straumēni schlängelt. Berthold Forssman stimmt in seiner Übersetzung ein in die Melodie der zemgalischen Landschaft und des ländlichen Lebens. Er schöpft aus dem Reichtum der deutschen Sprache, aus Begriffen und Beschreibungen, die schon vergessen scheinen und eine ganze Welt in die Sinne und vor Augen rufen.


Literatur:

Straumeni von Edvarts Virza