Samstag, 22. August 2020

»Ein unvergänglicher Sommer« von Isabel Allende


Ein unvergänglicher Sommer: Roman (suhrkamp taschenbuch)


»Ein unvergänglicher Sommer« ist ein im Frühjahr 2018 erschienener Roman von Isabel Allende und erzählt eine Geschichte, die im Einwanderermilieu von Brooklyn spielt.

Ein Schneesturm in Brooklyn, und den Auffahrunfall tut Richard als belanglose Episode ab. Aber kaum ist der eigenbrötlerische Professor zuhause, steht die Fahrerin des anderen Autos vor der Tür. Evelyn ist völlig aufgelöst: In ihrem Kofferraum liegt eine Leiche. Zur Polizei kann sie nicht, denn das scheue guatemaltekische Kindermädchen ist illegal im Land. Richard wendet sich Hilfe suchend an Lucía, seine draufgängerische chilenische Untermieterin, die ebenfalls an der Uni tätig ist. Lucía drängt zu einer beherzten Aktion: Die Leiche muss verschwinden. Hals über Kopf machen sie sich auf den Weg in die nördlichen Wälder, auf eine Reise, die die drei zutiefst verändern wird. Und am Rande dieses Abenteuers entsteht etwas zwischen Richard und Lucía, von dem sie beide längst nicht mehr zu träumen gewagt hatten.

»Nicht die Schwerkraft hält unser Universum im Gleichgewicht, sondern die Liebe.« Isabel Allende erzählt eine Geschichte, wie nur sie es kann, beseelt, humorvoll und lebensklug. Eine Geschichte von Flucht, Verlust und spätem Neuanfang. Und davon, wie viel wir Menschen erleiden können, ohne unsere Hoffnung zu verlieren.

Jede Menge starker Frauen trifft man hier. Manches kam mir dabei sehr autobiographisch vor. Manches erinnerte stellenweise an „Das Geisterhaus“ von Allende, bloß einige Jahrzehnte später. Männer kommen hier insg. weniger gut weg.

Grundlegende, existenzielle Fragen wurden hier gestellt und bildhaft in Szene gesetzt: Was ist Heimat? Was ist ein gutes, glückliches Leben? Was ist eine gute Ehe, eine gute Familie? Mutter-Sohn Beziehung wie Mutter-Tochter Beziehung sind auch eingehend thematisiert worden, und noch vieles mehr.

Paar mystische Elemente sind hier und dort, wie so oft bei Allende, wohl dosiert und passend, auch dabei.

Buchempfehlung:

Ein unvergänglicher Sommer
Ein unvergänglicher Sommer
von Isabel Allende

Sonntag, 16. August 2020

75 Jahre Satire-Roman »Farm der Tiere«

Farm der Tiere


Am 16. August 1945 vor 75 Jahren veröffentlichte George Orwell den als Satire geschriebenen Roman »Farm der Tiere« (»Animal Farm«). Der Abrechnungsroman »Farm der Tiere« ist heute ein moderner Klassiker.

George Orwell hat mit der 1945 veröffentlichten Fabel »Farm der Tiere: Ein Märchen« eine ausgesprochen unterhaltsame Persiflage auf den Sowjetkommunismus geschaffen. Auch knapp 70 Jahre nach seinem Entstehen zählt dieses Werk zu den eindrücklichsten Beschreibungen der Transformation der Sowjetunion von der Oktoberrevolution 1917 bis zum Hitler-Stalin-Pakt des Jahres 1939.

Zu Beginn des Romans vertreiben die unterdrückten Tiere den Bauern vom Hof und übernehmen selber die Macht. Sie genießen ihre neue Freiheit und geben sich eine Verfassung, die mit den Worten »Alle Tiere sind gleich« beginnt.


Auf der Herren-Farm ist es nicht zum Besten bestellt und bei den Tieren herrscht große Unzufriedenheit: Sie werden von dem Farmer ausgebeutet und geschlachtet. Das wollen die Tiere nicht länger hinnehmen und planen unter der Führung der intelligenten Schweine die Revolution: Sie vertreiben den Farmer und gründen einen Staat: "Farm der Tiere". Dieser Staat hat fünf Gesetze, die dafür sorgen sollen, dass keine Tier benachteiligt wird oder jemals mit Menschen zu tun haben soll.

Der "Revolutionsführer" Napoleon ist ein Schwein, welches zunächst diese positiven Regeln propagiert. Doch nach einiger Zeit wächst die Macht von Napoleon und er errichtet eine Diktatur. Hunde sind seine Leibgarde, Tauben seine Spione, Schafe seine dummen Gefolgsleute und Schwatzwutz - ebenfalls ein Schwein - sein Propagandist. Die freiheitlichen Gesetze werden nach und nach geändert und außer Kraft gesetzt. Die freiheitliche Hymne wird verboten. Wer nicht für Napoleon ist, ist gegen ihn. Und so kommt es, dass Napoleon mit den benachbarten Farmern paktiert, selbst wie ein Mensch wird und alle Tiere der Herren-Farm ausbeutet. Es hat sich nichts geändert.

Die Utopie der Tiere wandelt sich jedoch in ein despotisches Regime, als die Schweine die Macht auf dem Hofan sich reißen und die anderen Tiere unterdrücken.

Farm der Tiere

Der dystopische Abrechnungsroman beschreibt das Scheitern der russischen Revolution durch den Verrat des Stalinismus an den sozialistischen Idealen. Das Werk ist eine düstere Parabel auf den Sozialismus stalinistischer Prägung und war eine Abrechnung des überzeugten Sozialisten mit der Machtübernahme der totalitären Bolschewisten in der Sowjetunion.


Der Roman ist in Form eines Märchens geschrieben, welche eine Anthropologie enthält: »Lebt im Einklang mit der Natur, behandelt andere so, wie auch ihr behandelt werden möchtet und denkt immer daran, daß auch Tiere haben eine Seele. «

Literatur:

Farm der Tiere
Farm der Tiere: Ein Märchen
von George Orwell

Video:

Klassiker der Weltliteratur: George Orwell - "Farm der Tiere - Youtube




Die Farm der Tiere - YouTube

Samstag, 15. August 2020

Die Entstehung von Stifters Erzählung «Bergkristall«

Adalbert Stifter: Im Gosautal. Die Holzmeisteralm mit dem Dachstein, 1834

Im Sommer 1845 reiste Adalbert Stifter ins Salzkammergut und traf in Hallstatt seinen Freund, den Geographen und Alpenforscher Friedrich Simony. Er erzählte Stifter von seinen Forschungen zum Dachsteingebiet und zeigte ihm am nächsten Tag das Bild einer Eishöhle. Diese Zeichnung animierte Stifter zu seiner Erzählung vom »Bergkristall«, der wohl bekanntesten Erzählung aus der Sammlung »Bunte Steine«: „Ich habe mir jetzt das Kinderpaar von gestern in diesen blauen Eisdom versetzt gedacht; welch‘ ein Gegensatz wäre dies liebliche, aufknospende, frisch pulsierende Menschenleben zu der grauenhaft prächtigen, starren, todeskalten Umrahmung!“ (so berichtet von Simony in einem Brief an Emil Kuh vom 19.8.1871)1.

In der Erzählung »Bergkristall«, die zur Weihnachtszeit im Hochgebirge spielt, verirren sich zwei Kinder bei heftigem Schneefall in der kargen Fels- und Eisregion des Hochgebirges. Für die Nacht finden sie Schutz in einer Höhle. Das Krachen des Gletschereises durchbricht die Lautlosigkeit der Eiswelt. Der dunkelblaue Gebirgshimmel verwandelt sich in einen Sternenhimmel, über den das Polarlicht flimmert. Der nächste Tag bringt die Rettung der beiden Kinder und die Versöhnung zweier ehemals verfeindeter Dörfer.

Stifter brilliert mit eindringlichen Beschreibungen der winterlichen Natur und einer herzerwärmenden Geschwisterliebe. Der »Bergkristall« ist eine der schönsten Erzählungen von Adalbert Stifter, in der sich beim Lesen auch ein literarischer Zauber verbreitet. Diese ergreifende Weihnachtsgeschichte ist eine phantasievolle und zeitlose Erzählung nicht nur für Kinder.

Weblinks:

Bergkristall - www.weihnachtsgeschichten.org

Adalbert Stifter-Biografie - Biografien-Portal www.die-biografien.de

Blog-Artikel:

»Bergkristall« von Adalbert Stifter - Literatenwelt-Blog Literatur:

Bergkristall
Bergkristall
von Adalbert Stifter

»Gehe hin und verkünde es vom Berge« von James Baldwin


James Baldwin



»Gehe hin und verkünde es vom Berge«, 1953 erschienen, ist der Debütroman des afroamerikanischen Schriftstellers James Baldwin. In seinem ersten Roman schildert der afroamerikanische Schriftsteller die Auseinandersetzung des vierzehnjährigen John Grimes mit seinem Stiefvater, dem Laienprediger Gabriel Grimes, der mit seiner zweiten Frau Elizabeth und drei Kindern in Harlem lebt.

In die Darstellung der persönlichen und religiösen Krise Johns an seinem vierzehnten Geburtstag, die mit seiner "Erlösung" und "Rettung" während des abendlichen Gottesdienstes in einer Evangelisten-Kirche, dem "Tempel der Feuergetauften" endet, sind zahlreiche Rückblenden eingefügt, in denen das frühere Leben der ebenfalls in der Kirche anwesenden Hauptgestalten, im Mittelpunkt vor allem das von Gabriel, Elisabeth und Florence, der älteren Schwester von Gabriel, erzählt wird. Die an diesem Abend nur mäßig versammelte religiöse Gemeinde von Harlem widmet sich ihren Gesängen, Gebeten, Anrufungen und Fürbitten und alle warten sie darauf, dass der anwesende John seinen Stolz und seine Zweifel ablegt und überwindet und sich der Gemeinde der wiedergeborenen Gläubigen anschließt.

Das Dilemma, in dem der junge John sich befindet, beruht darin, dass er in seinem Hass nicht so sein will wie sein Vater und seine Vorfahren und sich gegen seine Umgebung, die ihn zu einem Prediger wie sein Vater bestimmt hat, zur Wehr setzt. Die Welt, die John als Vermächtnis auf sich nehmen muss, ist die des Ghettos in Harlem, die Welt der Neger im Norden der USA, die sich im Roman zum einem verwirklicht in der Unmittelbarkeit des religiösen Gefühls, der Sprache de Bibel und einer Gemeinde von "Geretteten", die die zur Sühne und Bekehrung Bereiten zum Heil durchbringen, voll der musikalischen Tradition, die in Gospelsong ihren stärksten Ausdruck fand.

Gleichzeitig ist sie aber auch eine Welt der Armut, des Leidens, des Fatalismus, der zwanhghaften Selbstkasteiung, der radikalen Trennung von Körper und Seele, der Dämonisierung und Verachtung des Weltlichen und Profanen und einer anmassenden Überhöhung religiöser Werte, der niemand auf die Dauer gewachsen ist. John spürt diese Ambivalenz und die Zweifel in sich. Wenn er auf seinem Lieblingshügel im Central Park steht und auf die Stadt New York runterblickt, erinnert er sich an die Worte seiner Eltern, für die diese Stätte ein Ort der Verdammnis ist, ein Hindernis auf dem schmalen Pfad, der zur ewigen Seligkeit führt. Und doch hat John kein Verlangen nach dem schmalen Pfad, den alle seine Angehörigen wandelten: "Auf diesem schmalen Pfad, dem Weg des Kreuzes, erwarteten ihn nur Demütigungen; dort erwartete ihn eines Tages ein Haus wie das seines Vaters, eine Kirche wie die seines Vaters, und eine Arbeit wie die seines Vaters, und er würde darüber alt und grau werden unter Entbehrungen und Mühsal. Der Weg des Kreuzes hatte seinem Vater einen knurrenden Magen und seiner Mutter gebeugte Schultern eingebracht."

So bleibt auch seine "Rettung" im Schlussteil des Buches widersprüchlich. Sie ist in ihrer ganzen Macht intensiv dargestellt, das Abgleiten in die Finsternis, das Erscheinen Gottes, das Gefühl der Befreiung, die unaussprechliche Freude. Im gleichen Moment aber ist sich John des Preises, den er für diese Erlösung zu zahlen hat, bewusst, nämlich den Verlust seines individuellen Lebens. Auch stellt er enttäuscht fest, dass seine "Rettung" ihm nicht die Sprache gegeben hat, seine Mutter nun wirklich zu verstehen und sich mit seinem Vater zu versöhnen.

In dem Vater-Sohn-Konflikt wird ein zentrales Thema von Baldwin berührt, Gewalt und Männlichkeit in den familiären Strukturen. Wie Baldwin selbst, ist John ein uneheliches Kind. Dies und die Kränkung, mit seinen "Froschaugen" als hässlich zu gelten, macht ihn zu einem Außenseiter auch innerhalb der Familie. Eindringlich werden die Demütigungen und die Gefühle der Ohnmacht und Unterlegenheit in dem väterlichen Milieu beschrieben. Der Laienprediger Gabriel, der in der religiösen Gemeinde ein ehrbares und geachtetes Mitglied ist, ein Vorbild sogar, ist in seinem eigenen Heim eine gefürchtete Autoritätsperson, der seine ungehorsamen Söhne und seine Ehefrau mit Schlägen malträtiert und erzieht. Dieser Widerspruch zwischen dem Anspruch ein gottgefälliges Leben zu führen und einem Zustand des "Heils" das keine erkennbaren Früchte trägt wird John schon sehr früh bewusst und zieht auch die scharfe Kritik von Florence, der Schwester von Gabriel, herauf. Während sich John in der gottesdienstlichen Andacht am frühen Morgen in einem ekstatischen Zustand befindet, wo er zwischen Verdammnis in der ewigen Finsternis und der Rettung im göttlichen Licht ringt, erinnert er sich verschwommen daran, wie sein Vater ihm mit Prügeln drohte, weil er gesündigt hatte, da er "wie einst der verfluchte Sohn Noahs, die abstoßende Blöße seines Vaters" gesehen hat. Sein hoch stehender Vater, der "Gesalbte des Herrn", wird mit dem wachsamen Blick und dem aufmerksamen Hören des Sohnes seines weißen Gewandes entzogen und als fleischlicher, lüsterner und sündiger Mann entlarvt: "Ich hab dich gehört - die ganze Nacht lang. Ich weiß, was du schwarzer Kerl im Dunkeln machst, wenn du glaubst, der Sohn des Teufels schläft. Ich hab dich gehört, wie du gekeucht hast, gestöhnt hast und fast erstickt bist - und ich hab gesehen, wie du dich bewegt hast, auf und ab und rein und raus. Ich bin nicht umsonst der Sohn des Teufels."

In den Rückblenden wird der komplexe Zusammenhang von Gabriels Stolz und Schuld, der Konflikt von Geist und Körper noch ausführlicher erzählt: sein anrüchiges und sündiges Leben im Süden vor seiner Bekehrung, seine geschwisterähnliche, reine, unerfüllte Ehe mit Deborah, die als junges Mädchen von einer Horde von Weißen Männer vergewaltigt wurde, die keine Früchte tragen wird und seine außereheliche Affäre mit der sinnlichen, aber nicht frommen Esther, die er verstoßen wird und aus der ein unehelicher Sohn hervorgehen wird, der wiederrum ein blutiges Ende finden wird.

Für die religiöse Wandlung und Bekehrung von Gabriel hat die ältere Schwester Florence zunächst nur Spott und Unverständnis übrig. In ihrem unbändigen Verlangen nach Unabhängigkeit und ihrem unbeugsamen Gerechtigkeitssinn verlässt sie als junge Frau ihre kranke, im Bett liegende Mutter, ihren Bruder und den verhassten, rassistischen Süden und zieht nach New York, wo sie eine Ehe mit Frank, einem gewöhnlichen, farbigen Arbeiter, der zuviel trinkt und sein verdientes Geld gleich wieder ausgibt, eingeht.

Die Ehe scheitert und Frank wird im Ersten Weltkrieg als Soldat fallen. An diesem für John so wichtigem Tag in der Evangelisten-Kirche schaut auch Elisabeth auf ihr Leben zurück. Gemeinsam mit ihrem Freund Richard zieht auch sie in den Norden, voller positiver Erwartungen und Hoffnungen, aber auch ihr Stolz und ihre Zuversicht werden gebrochen und sie erkennt sehr schnell, dass es zwischen Norden und Süden keinen großen Unterschied gibt, "es gab nur einen Unterschied: der Norden versprach mehr."

Richard und Elisabeth werden mit Rassismus und den Folgen der Rassentrennung konfrontiert, Richard landet unschuldig im Gefängnis, erlebt dort Gewalt und Demütigungen, wird entlassen und schneidet sich nach dieser Schmach und Erniedrigung die Pulsadern auf. Elisabeth versäumt es, ihrem Freund zu sagen, dass sie von ihm schwanger ist (mit John) und nach Richards Selbstmord empfindet sie nur noch Wut und Hass auf diese Welt der Weißen, ihr herablassendes, diskriminierendes und gerinsschätziges Verhalten den Schwarzen gegenüber.


Diese Rückblenden lassen sehr schnell erkennen, dass in diesen individuelen Lebenswegen und Konflikten etwas Entscheidendes über das Schicksal der Schwarzen im Allgemeinen in den Vereinigten Staaten berichtet wird. Der Roman macht auch deutlich, dass die religiöse Welt und die religiöse Srache, die hier zum Ausdruck kommt für die Fabrigen in den Ghettos der amerikanischen Großstädte eine Möglichkeit der Selbsbestimmung, der Identität und Befreiung boten, die aber gleichzeitig einen Zwangscharakter aufweisen, der die Farbigen in neue Ghettos einschließt, in die religiöse Gruppe der von Gott Geretten und Erwählten.

James Baldwin hat ein unglaublich aufwühlendes, wuchtiges Werk geschaffen, einen Roman von sprachlicher Gewalt und Intensität, voll Zorn und Mitgefühl. Der Debütroman ist ein weiterer Beweiss für Baldwins lebensbejahende Einstellung, seine Weigerung Mißstände hinzunehmen und seine kämpferische Natur. Er schildert die Schwierigkeien des Individuums, seine eigene Identität aufgrund von Hautfarbe und Sexualität in Einklang zu bringen mit dem sozialen Umfeld. Er zeigt eine Welt voller Konflikte, im familiären, rassischen, sexuellen und religiösen Bereich.


Buchempfehlung:

Christus kam nur bis Eboli
Gehe hin und verkünde es vom Berge
von James Baldwin

Mittwoch, 12. August 2020

Thomas Mann 65. Todestag

Thomas Mann


Thomas Mann starb vor 65 Jahren am 12. August 1955 in seiner Wahlheimat Zürich. Thomas Mann gilt als einer der bedeutendsten Erzähler des 20. Jahrhunderts. Er zählt zu den großen epischen Erzählern.

Thomas Mann entstammte der angesehenen Lübecker Patrizier- und Kaufmannsfamilie Mann. Sein älterer Bruder Heinrich und vier seiner sechs Kinder, Erika, Klaus, Golo und Monika, waren ebenfalls Schriftsteller.

Charakteristisch für Mann ist seine hohe Sprachkunst und seine sorgsame und ironische Darstellung der Charaktere.


Zu seinen bekanntesten Werken gehören »Die Buddenbrooks«, der Roman »Der Zauberberg«, der Roman »Doktor Faustus« und die Novelle »Tod in Venedig«.

Thomas Manns herausragende Stellung im Literaturbetrieb resultiert daraus, dass er seine Romane zu Sittengemälden ihrer Epoche sowie zu Kultur- und Zeitanalysen erhob. Sie waren auch Zeitdiagnosen und Spiegelbilder ihrer Zeit.

Schon in seinem ersten Roman »Die Buddenbrooks« (1901) zeichnet das Sittenbild einer großbürgerlichen Familie im Niedergang. Hier kündigt sich bereits das Thema seines Gesamtwerkes an. Die Gegensätze Bürger und Kunst sowie Leben und Geist werden später immer neu literarisch abgewandelt.

Sein Bekenntnis lautet: "Phantasie haben, heisst nicht, sich etwas ausdenken, es heisst, sich aus den Dingen etwas machen."

Bekannt wurde Thomas Mann auch für seine umfangreichen Tagebücher, die ein Spiegelbild und Dokument seiner Zeit darstellen. Thomas Mann gilt auch als bedeutender Kultur-kritiker.

Der Gross- und Weltbürger Thomas Mann verstand sich als Repräsentant der deutschen Kultur und zunehmend auch der Politik. Repräsentanz war sein Markenzeichen und sein Erfolgsrezept und die Zeit nahm es ihm ab.

Schon vor dem Ersten Weltkrieg erklärte er sich zum Sprecher des Deutschen und der Deutschen. Und das hieß: der deutschen Kultur, deutschen Seele, des deutschen Wesens, der deutschen Dichtung - alles gerichtet gegen das Französische, Zivilisation, gegen Politik. Deutsche Tiefe wurde gegen französische Oberflächkeit mobilisiert.


Thomas Manns konservative Grundhaltung im Ersten Weltkrieg blieb umstritten, später verteidigte er entschieden die Weimarer Republik. In der Zeit des Ersten Weltkrieges war er reaktionär, danach wandelte er sich zum Demokraten. Ein Konservativer blieb er immer.

1924 entstand sein zweites zentrales Werk »Der Zauberberg«. Thomas Mann schuf ein zeitlos gültiges Bild der Zeit um den Ersten Weltkrieg. Sein Roman »Der Zauberberg«, der auf einem 2-wöchigem Aufenthalt im Kurort Davos basiert, war kein Roman über das abseitigen Leben ein paar Dutzend Lungenkranker, es war der europäische Roman zur Vorgeschichte des Ersten Weltkrieges - ein Roman im Horizont der politischen Ereignisse.

Thomas Mann hat ein reiches literarisches Erbe hinterlassen. Zu seinen bekanntesten Werken gehören »Die Buddenbrooks«, »Der Zauberberg«, »Tod in Wenedig«, »Tonio Krüger«, »Mario und der Zauberer«. Das Leben und Werk Thomas Manns war schon zu seinen Lebzeiten umstritten und blieb es über seinen Tod hinaus.

1929 erhielt er für das Werk »Buddenbrooks«, das ursprünglich als Zusammenarbeit mit seinem Bruder geplant war, den Nobelpreis für Literatur.

1933 emigrierte er zunächst in die Schweiz nach Zürich und 1938 dann in die USA. In dieser Zeit trat neben dem gewaltigen Werk Thomas Mann als Repräsentant des "anderen Deutschland" hervor, das er als Emigrant während des Dritten Reiches vertrat. In Deutschlands schwierigen Jahren wurde er für Europa zum Symbol dessen, was deutsche Kultur bedeutete.

1940 zogen Thomas und Katia Mann an die kalifornische Küste. In Pacific Palisades residierte der Dichter bis 1952 als Weltbürger und Mittelpunkt der deutschen Emigranten.

Bei ihm liefen alle Fäden der Emigranten zusammen. Hier wurde er zum Kristallisationspunkt der deutschen Exil-Literatur.

In der Emigration entstanden Werke, in denen er sich mit Goethe und der deutschen Tradition auseinandersetzte: »Lotte in Weimar« (1939) und »Doktor Faustus« (1947).

Bedeutende Vertreter des modernen Romans sind neben Thomas Mann unter anderem Max Frisch, Heinrich Mann, Hermann Hesse, Hugo von Hofmannsthal, Rainer Maria Rilke, Franz Kafka, Frank Wedekind, Hugo von Hofmannsthal, Robert Musil, Virginia Woolf, Alfred Döblin und Marcel Proust.

Thomas Mann schrieb im Jahr 1945 über den Hang zur Selbstkritik, er sei "kerndeutsch". Und "ewig unbegreiflich wird bleiben, wie ein so zur Selbsterkenntnis angelegtes Volk zugleich den Gedanken der Weltherrschaft fassen konnte. Zur Weltherrschaft gehört vor allem Naivität, eine glückliche Beschränktheit".

1952 kehrte Thomas Mann nach Europa zurück. Er lebte fortan in der Schweiz in Kilchberg bei Zürich und vollendete den »Felix Krull« (1954). Sein letztes Werk vor seinem Tod war ein Essay, der im Jahr 2005 aktuell war: der »Versuch über Schiller«.


Thomas Mann wurde am 6. Juni 1875 in Lübeck als Sohn einer eingessenen Kaufmannsfamilie geboren.


Weblinks:

Thomas Mann-Biografie - Biografien-Portal www.die-biografien.de

Thomas Mann-Zitate - Zitate-Portal www.die-zitate.de

Blog-Artikel:

Democracy will win - Thomas Mann

Literatur:

Buddenbrooks
Buddenbrooks
von Thomas Mann


Buddenbrooks Rezension
von Joachim Weiser

Samstag, 8. August 2020

60 Jahre »Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer«


Vor 60 Jahren ist »Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer« erschienen.

Jim Knopf ist ein kleiner schwarzer Junge, der auf der winzigen Insel Lummerland lebt. Und irgendwann ist die Insel zu klein. Also muß jemand gehen, beschließt König Alfons der Viertel-vor-Zwölfte. Aber soll das ausgerechnet Emma sein, die Lokomotive von Jims bestem Freund Lukas? Das kann Jim nicht zulassen.


Gemeinsam mit Lukas und Emma verläßt er die Insel und macht sich auf zum großen Abenteuer, mit Scheinriesen, Halbdrachen und vielen anderen außergewöhnlichen Wesen. Aber werden sie auch eine Lösung für die Rückkehr nach Lummerland finden?

„Die Lokomotive schoss hinter dem Magneten her, da dieser aber an einem Mast hing, der an der Lokomotive befestigt war, konnte sie natürlich den Magneten niemals einholen. Er blieb immer vor ihr und sie musste, von seiner riesigen Kraft angezogen, hinterdrein rasen.
‚Ho!’, schrie Jim begeistert. ‚Es geht! Und wie es geht! Hurra!’ “


Am Ende der ersten Folge gelangen Jim und Lukas bekanntermaßen nach ihrer heimlichen Flucht von Lummerland auf ihrer zum Schiff umfunktionierten Lokomotive Emma nach China.


Literatur:

Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer

»Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer« von Michael Ende

Mittwoch, 5. August 2020

Guy de Maupassant 170. Geburtstag

Guy de Maupassant


Guy de Maupassant wurde vor 170 Jahren am 5. August 1850 auf Schloss Miromesnil in der Normandie geboren. Guy de Maupassant war ein französischer Schriftsteller und Journalist des 19. Jahrhunderts.

Maupassant gilt neben Stendhal, Balzac, Flaubert und Zola als einer der großen französischen Erzähler des 19. Jahrhunderts.

Guy de Maupassant

Guy de Maupassant betätigte sich unter Anleitung Flauberts literarisch in verschiedenen Gattungen, veröffentlichte lange Zeit jedoch fast nichts. Über Gustave Flaubert, der häufig in Paris weilte, erhielt er Kontakt zu Pariser Literaten, insbesondere 1875 zu Emile Zola, dem Chef der jungen Schule des Naturalismus.

Guy de Maupassant war Freund und Schüler von Emile Zola. Er beschränkte sich auf das selektive Konzept einer ausgewählten und (dadurch) expressiven Wahrheit: „Der Realist, wenn er ein (guter) Handwerker ist, versucht nicht, uns die banale Photographie des Lebens zu geben, sondern uns eine Vision zu liefern, die vollständiger, ergreifender, beweiskräftiger als die Wirklichkeit selbst ist.“

1869 unterbrach er sein Jurastudium, um als Freiwilliger am Deutsch-Französischen Krieg teilzunehmen. 1871 kehrte er zurück und machte seinen Abschluss. Bevor er sich ab 1880 ganz dem Schreiben zuwandte, arbeitete er als Beamter in französischen Ministerien.


Maupassants Durchbruch als Autor war im Jahr 1880 die meisterhafte längere psychologische Novelle »Boule de suif« (»Fettklößchen«), die in einem Sammelband antimilitaristischer Erzählungen erschien, den Zola, Huysmans und andere schon bekannte naturalistische Autoren unter dem Titel »Les soirées de Meudan« herausgegeben hatten.

Die Handlungen der meist dem Naturalismus nahestehenden erzählenden Werke spielen überwiegend in der heimatlichen Normandie und in Paris. Ort der Erstveröffentlichung war in der Regel das Feuilleton von Pariser Zeitschriften, wie "Le Gaulois" und "Gil Blas".

Bel Ami

Heute noch gelesen werden - neben zahlreichen als Schul-Lektüre obligaten Erzählungen - die Romane »Ein Leben« (1883) und vor allem der in vielen Punkten autobiografische »Bel Ami« (1885).


Außer seinen literarischen Texten verfasste Maupassant zahlreiche politische - meist regierungskritische - Artikel (sog. chroniques) für Pariser Zeitungen. Zugleich führte er neben seiner Schriftstellerei eine unruhige und rastlose Existenz.

Er hatte wechselnde Geliebte (mit denen er drei Kinder hatte), weilte oft in seinem Haus in Étretat, unternahm drei längere Reisen nach Nordafrika, lebte zeitweilig in Cannes und Antibes und unternahm dort Reisen auf seiner Yacht Bel-Ami. Offensichtlich war ihm die Wahrscheinlichkeit eines frühen Todes aufgrund seiner Syphilis bewusst.

Fünfzig Novellen

Obwohl seine gesundheitlichen Probleme (Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Sehstörungen, Angstzustände, Halluzinationen usw.) in den späten 1880er Jahren stark zunahmen, hielt er sie geheim und arbeitete wie besessen. Seine düsterer werdenden Texte, z. B. die bekannte Schauernovelle »Le Horla«, spiegeln jedoch seinen seelischen Zustand.

Am Neujahrsabend 1892 brach er beim Abendessen bei seiner Mutter zusammen, kam aber bald wieder zu sich. Er kehrte trotz Bitten der Mutter, bei ihr zu bleiben, nach Cannes zurück und unternahm dort einen Selbstmordversuch. Tage später wurde er in eine psychiatrische Klinik in Passy bei Paris eingeliefert, wo er in geistiger Umnachtung starb.

Guy de Maupassant starb am 6. Juli 1893 in Passy bei Paris.


Weblinks:

Guy de Maupassant-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Guy de Maupassant-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de

Guy de Maupassant - Youtube