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Dienstag, 6. März 2018

»Die schlesischen Weber« von Heinrich Heine

Im düstern Auge keine Träne,
Sie sitzen am Webstuhl und fletschen die Zähne:
Deutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem Gotte, zu dem wir gebeten
In Winterskälte und Hungersnöten;
Wir haben vergebens gehofft und geharrt,
Er hat uns geäfft und gefoppt und genarrt -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem König, dem König der Reichen,
Den unser Elend nicht konnte erweichen,
Der den letzten Groschen von uns erpreßt
Und uns wie Hunde erschießen läßt -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem falschen Vaterlande,
Wo nur gedeihen Schmach und Schande,
Wo jede Blume früh geknickt,
Wo Fäulnis und Moder den Wurm erquickt -
Wir weben, wir weben!

Das Schiffchen fliegt, der Webstuhl kracht,
Wir weben emsig Tag und Nacht -
Altdeutschland, wir weben dein Leichentuch -
wir weben hinein den dreifachen Fluch -
Wir weben, wir weben!

»Die schlesischen Weber« von Heinrich Heine (1845)


Anmerkung der Re(d)aktion:

Dieses Gedicht ist den großkoalitionären Leichenwebern Deutschlands gewidmet.

Mittwoch, 21. Februar 2018

»Schneeglöckchen« von Joseph von Eichendorff

's war doch wie ein leises Singen
In dem Garten heute Nacht,
Wie wenn laue Lüfte gingen:
»Süße Glöcklein, nun erwacht,
Denn die warme Zeit wir bringen,
Eh's noch jemand hat gedacht.« -
's war kein Singen, 's war ein Küssen,
Rührt' die stillen Glöcklein sacht,
Dass sie alle tönen müssen
Von der künft'gen bunten Pracht.
Ach, sie konnten's nicht erwarten,
Aber weiß vom letzten Schnee
War noch immer Feld und Garten,
Und sie sanken um vor Weh.
So schon manche Dichter streckten
Sangesmüde sich hinab,
Und der Frühling, den sie weckten,
Rauschet über ihrem Grab.

»Schneeglöckchen« von Joseph von Eichendorff (1839)

Mittwoch, 10. Januar 2018

Hermann Kasack 50. Todestag

Hermann Kasack

Hermann Kasack starb am 10. Januar 1966 in Stuttgart – wenige Monate vor seinem 70. Geburtstag. Hermann Kasack war ein deutscher Schriftsteller und Dichter. Bekannt wurde er für seine gleichnishaften Romane und Erzählungen.

Nach dem Ersten Weltkrieg begann sein Weg: wie Brecht mit expressionistischer Lyrik (»Der Mensch«, 1918) und mit seiner Tätigkeit als Lektor zunächst im Gustav Kiepenheuer Verlag in Potsdam und später bei S. Fischer.

Er war auch einer jener deutschen Dichter, die aus den geschichtlichen Erfahrungen Lehren zu ziehen wußten. Nach dem Zweiten Weltkrieg verfaßte er daher zeitkritische Bücher, die gegen die Diktatur und die Tyrannei, den Krieg und die Nazi-Herrschaft gerichtet sind und den Überlebenden ihre Situation vergegenwärtigen sollen. Dies gilt für die gleichnishaften Romane und Erzählungen »Der Webstuhl« (1949), »Das große Netz« (1952) und »Fälschungen« (1953), vor allem aber für »Die Stadt hinter dem Strom«.

Hermann Kasack war ein vielseitig begabter Autor, der mehrere Gattungen der Literatur berherrschte. Er schrieb Erzählungen, Romane, Dramen, Lyrik und Hörspiele.

Hermann Kasack schrieb mit dem Roman »Die Stadt hinter dem Strom« eines der wichtigsten Werke der so genannten inneren Emigration.

Der Roman entstand in zwei Abschnitten von 1942 bis 1944 sowie 1946 und erschien zunächst als gekürzter Vorabdruck im Berliner Tagesspiegel. Schreibanlass waren nach eigenen Angaben des Autors zwei visionäre Träume aus den Jahren 1941 und 1942.

Wenn der Name Hermann Kasack im Bewußtsein des lesenden Publikums heute vor allem mit einem Romantitel (»Die Stadt hinter dem Strom«, 1947) und mit einem Amt verknüpft ist - er war von 1953 bis 1963 Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt gewesen - so entspricht dies tatsächlich der Zweigleisigkeit seines Werks und Wirkens.

Denn anders als manche Dichter seiner Generation – Kasack wurde 1896 in Potsdam geboren – war er von Anfang an ein Poet und ein Mann des literarischen Lebens zugleich.


Literatur:

Die Stadt hinter dem Strom
Die Stadt hinter dem Strom
von Hermann Kasack

Die Stadt hinter dem Strom
Die Stadt hinter dem Strom
von Hermann Kasack


Weblink:

Hermann Kasack - ZEIT ONLINE 1966 - www.zeit.de

Samstag, 13. August 2016

»Buckower Elegien« von Bertolt Brecht

Buckower Elegien

Irgendwo, weit im Osten Brandenburgs, hatte - zu unseligen DDR-Zeiten ostzonaler Anfangsjahre - Bertolt Brecht sein Häuschen, "Das kleine Haus unter Bäumen am See." In Buckow in der Märkischen Schweiz. Dort schrieb Brecht im Sommer 1953 die dreiundzwanzig Gedichte, die als "Buckower Elegien" später ihre Zusammenfassung und Veröffentlichung fanden. .

Bertolt Brecht schrieb die »Buckower Elegien« im Jahr 1953 in Buckow am Scharmützelsee. Hier in der Idylle der Märkischen Schweiz fand er die Ruhe, um ungestört arbeiten zu können. Brecht hatte sich zurückgezogen, keine Dramen mehr, keine Theaterarbeit, nur noch Gedichte - kurze Gedichte. Die Buckower Elegien, immer als Reaktion auf den 17. Juni 1953 verstanden, sind die letzte Gedichtsammlung Brechts.

In diesem späten Gedichtzyklus klingen neben den einfachen Schönheiten der Natur („Später, im Herbst / Hausen in den Silberpappeln große Schwärme von Krähen“) auch tagespolitische Themen, wie der Volksaufstand vom 17. Juni („Wäre es da / Nicht doch einfacher, die Regierung / Löste das Volk auf und / Wählte ein anderes?“) an.


"Ich sitze am Straßenhang.
Der Fahrer wechselt das Rad.
Ich bin nicht gern, wo ich herkomme.
Ich bin nicht gern, wo ich hinfahre.
Warum sehe ich den Radwechsel
Mit Ungeduld?"


Die Buckower Elegien, immer als Reaktion auf den 17. Juni 1953 verstanden, sind die letzte Gedichtsammlung Brechts. Bedeutend sind sie vor allem wegen ihrer komprimierten Konzeption und ihrem allegorischen Charakter. Wie zum Beispiel "Der Radwechsel"(oben) oder dieses:

"In der Frühe
Sind die Tannen kupfern.
So sah ich sie
vor einem halben Jahrhundert
vor zwei Weltkriegen
mit jungen Augen."


Am schönsten empfinde ich gerade bei diesen Gedichten die ungereimten Verse. Sie sagen so viel mehr und ihre Melodie ergibt sich bei jedem Gedicht, am Schluss, rückwirkend, auch immer wieder, wenn man sie noch mal liest.

Der schmale Insel-Band - eine Nachauflage aus dem Jahre 1964 - bringt neben den „Buckower Elegien“ auch die „Gedichte im Exil“. Die beiden Gedichtsammlungen hatte Brecht selbst zusammengestellt. Die „Gedichte im Exil“ waren erstmals 1939 in Kopenhagen erschienen. Neben Beobachtungen zur politischen Lage in Deutschland verarbeitete Brecht hier auch seinen Alltag in Dänemark, wohin er nach der nationalsozialistischen Machtübernahme geflohen war.

Literatur:


Buckower Elegien
von Bertolt Brecht

Mittwoch, 15. Juni 2016

»Bahnwärter Thiel« von Gerhart Hauptmann

»Bahnwärter Thiel« von Gerhart Hauptmann ist ein deutscher Klassiker aus der Epoche des Naturalismus. Obwohl die Erzählung nur etwas mehr als 50 Seiten umfasst, vermag Hauptmann die Tragödie des Bahnwärters detailreich und anschaulich zu beschreiben.

Der gläubige Bahnwärter Thiel ist zwei Jahre lang mit der feingliedrigen und blassen Minna verheiratet. Doch dann verstirbt sie auf dem Wochenbett und Thiel muss allein mit seinem Söhnchen Tobias zu recht kommen. Das ist für Thiel zu viel und so heiratet er bereits nach einem Jahr die ehemalige Kuhmagd Lene, damit sich jemand um Tobias kümmert. Doch schnell muss Thiel feststellen, dass er in eine Abhängigkeit von Lene gerät, aus der er nicht mehr entkommt. Er findet nicht einmal mehr die Kraft und den Mut, sich gegen seine Frau aufzulehnen, als er sie dabei ertappt, wie sie Tobias schlägt. Thiels Situation verschlechtert sich zusätzlich dadurch, dass er sich immer öfters mit Träumen und Visionen seiner verstorbenen Frau Minna konfrontiert sieht. Das Unheil nimmt seinen Lauf, als Lene Thiel mit Tobias und ihrem gemeinsamen Kind zur Arbeit begleitet.

»Bahnwärter Thiel« wird dem Naturalismus zugeordnet. Dies aus folgenden Gründen: Wie es sich für den Naturalismus gehört, steht das Milieu, in dem sich der Protagonist Thiel - typischerweise ein Antiheld - befindet, im Zentrum der Erzählung. Wie es für naturalistische Texte typisch ist, liefert auf Hauptmanns Text genaue und detailreiche Beschreibungen und der Hauptcharakter ist von seiner Umwelt geprägt. Ebenfalls erfüllt »Bahnwärter Thiel« das Kriterium der bewussten Betonung des Hässlichen, wodurch die Leserschaft aufgerüttelt werden soll. Zudem bedient sich Hauptmann oft des formalen Mittels des Sekundenstils, bei dem die Beschreibung im Werk sich mit der tatsächlichen Handlung zeitlich decken. Ein typisches Element des Naturalismus.

Dennoch passt nicht ganz alles, was Hauptmanns Werk auszeichnet, zum Naturalismus. Eher untypisch ist das Fehlen von Umgangssprache und Jargon, sowie die komplexe, psychische Ausmodellierung von Thiels Charakter. Normalerweise sind die Personen stereotyp gemäss ihrer Milieuzugehörigkeit gehalten. Das ist in "Bahnwärter Thiel" nicht der Fall. Genauso verwendet Hauptmann oft Metaphern, Naturbilder und mystische Elemente, was ebenfalls untypisch ist für den Naturalismus.

Das zentrale, symbolische Element dieser Erzählung ist der Zug. Dieser steht stellvertretend für die technischen Entwicklungen, die um die Jahrhundertwende tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen nach sich zogen. Erstmals lebten mehr Menschen in den Städten als auf dem Land. Entsprechend waren die Verhältnisse in den Städten prekär. Es gab zu viele Menschen, zu wenig Wohnungen, wenig Arbeit und als Folge daraus wuchs die Armut. Naheliegend ist daher, dass die Menschen der neuen Technik eher skeptisch entgegenblickten, ja sie sogar fürchteten. Diese Angst kann dem Text entnommen werden, vor allem in den Passagen, in denen Hauptmann die Eisenbahn beschreibt.


Weltliteratur, die man gelesen haben sollte:

Bahnwärter Thiel
Bahnwärter Thiel
von Gerhart Hauptmann


Bahnwärter Thiel
Bahnwärter Thiel
von Gerhart Hauptmann

Weblink:

Bahnwärter Thiel von Gerhart Hauptmann - deutschsprachige-literatur.blogspot.de

Donnerstag, 9. Juni 2016

»Der Biberpelz« von Gerhart Hauptmann

Gerhart Hauptmann


Hauptmanns Diebeskomödie »Der Biberpelz« ist eine schwarze Komödie in bester Unterhaltungsmanier.
Diese 1893 erstmals veröffentlichte Komödie gilt zu Recht als ein herausragendes Werk des deutschen Naturalismus. Sie zählt zu einer der wenigen gelungenen Komödien in der deutschen Literatur, deren besonderes Merkmal der offene Schluß ist.

Frau Wolff, ihres Zeichens Waschfrau, versucht, sich und ihre Familie auf der gesellschaftlichen Leiter nach oben zu bringen und setzt dafür ihre ganze Schläue und Schlagfertigkeit ein, und schreckt dabei vor kriminellem Verhalten nicht zurück. Es ist faszinierend zu sehen, wie sie sich allen Wendungen des Geschehens gleich anpassen und sie zu ihrem Vorteil nutzen kann.


Das unmoralische Verhalten der Möchtegern-Aufsteigerin wird aber parallelisiert durch das ebenso unethische Verhalten des Amtsvorstehers Wehrhahn - der Name ist sprechend - der, wie ein stolzer Hahn, sein Revier verteidigt und als konformistisch-kaisertreuer Beamter lieber einem Unbescholtenen staatsfeindliches Verhalten nachweist als wirkliche Verbrecher fängt. Frau Wolff, die das Publikum als Wildererin, Holzdiebin und Einbrecherin kennt, ist ihm eine „fleissige, ehrenhafte Person", er lässt sich von ihr täuschen.

Die Sprache der Figuren entspricht ihrer regionalen Herkunft, einzelne Dialekte und Soziolekte sind erkennbar. Typisch für Stücke des Naturalismus ist das Bestreben, Wirklichkeit in ihrer Fülle abzubilden. Dazu dienen auch die konkreten Anweisungen für ein Bühnenbild und die genauen Regieanweisungen, die der Charakterisierung der Personen dienen und an die Schauspieler wohl nur schwer zu vollbringende Anforderungen stellen - so heisst es z. B. über Frau Wolffs Tochter Adelheid, dass der „Ausdruck ihrer Augen ... frühe Verderbnis" verrate.

Mutter Wolff, nie kleinlich, wenn es um das Wohl ihrer Familie geht, stiehlt einen Pelz. Amtsvorsteher Wehrhahn untersucht den Fall peinlich genau und verdächtigt mit kriminalistischem Scharfblick 'königsfeindliche Elemente'.

Die Komödie »Der Biberpelz« (1893), das dramatische Hauptwerk »Die Weber« (1892) und die Tragikkomödie »Die Ratten« (1911) gehören zu seinen bekanntesten Werken von Gerhart Hauptmann.

Gerhart Hauptmann ist vielleicht der bedeutendste Dichter aus dem Kreis der deutschen Naturalisten. 1912 erhielt Gerhart Hauptmann den Literatur-Nobelpreis.


Weltliteratur, die man gelesen haben sollte:

Der Biberpelz
Der Biberpelz
von Gerhart Hauptmann


Weblinks:

Gerhart Hauptmann: Eine Biografie
Gerhart Hauptmann: Eine Biografie
von Rüdiger Bernhardt


Gerhart Hauptmann-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de


Gerhart Hauptmann-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de


Freitag, 3. Juni 2016

»Frühlingslied« von Ludwig Hölty



Mehr deutsche Lyrik zum hören: http://www.deutschelyrik.de/

Die Luft ist blau, das Tal ist grün,
die kleinen Maienglocken blühn
und Schlüsselblumen drunter;
der Wiesengrund ist schon so bunt
und malt sich täglich bunter.
Drum komme, wem der Mai gefällt,
und freue sich der schönen Welt
und Gottes Vatergüte,
die diese Pracht hervorgebracht,
den Baum und seine Blüte.


Ludwig Hölty (1748 - 1776)


Frühlingsbücher, das man gelesen haben sollte:



Frühling: Ein Poesiealbum

von Günter Berg

Frühlingsgedichte
Frühlingsgedichte

von Evelyne Polt-Heinzl und Christine Schmidjell

Freitag, 27. Mai 2016

»Im Frühling« von Eduard Mörike



Hier lieg' ich auf dem Frühlingshügel:
Die Wolke wird mein Flügel,
Ein Vogel fliegt mir voraus.
Ach, sag' mir, alleinzige Liebe,
Wo d u bleibst, dass ich bei dir bliebe!
Doch du und die Lüfte, ihr habt kein Haus.

Der Sonnenblume gleich steht mein Gemüte offen,
Sehnend,
Sich dehnend
In Liebe und Hoffen.
Frühling, was bist du gewillt?
Wann werd ich gestillt?

Die Wolke seh ich wandeln und den Fluss,
Es dringt der Sonne goldner Kuss
Mir tief bis ins Geblüt hinein;
Die Augen, wunderbar berauschet,
Tun, als schliefen sie ein,
Nur noch das Ohr dem Ton der Biene lauschet.

Ich denke dies und denke das,
Ich sehne mich, und weiß nicht recht, nach was:
Halb ist es Lust, halb ist es Klage;
Mein Herz, o sage,
Was webst du für Erinnerung
In golden grüner Zweige Dämmerung?
- Alte unnennbare Tage!

Eduard Mörike (1828, Erstdruck 1832)

Freitag, 20. Mai 2016

»Frühling« von Theodor Fontane



 
Nun ist er endlich kommen doch
In grünem Knospenschuh;
»Er kam, er kam ja immer noch«,
Die Bäume nicken sich's zu.
Sie konnten ihn all erwarten kaum,
Nun treiben sie Schuss auf Schuss;
Im Garten der alte Apfelbaum,
Er sträubt sich, aber er muss.
Wohl zögert auch das alte Herz
Und atmet noch nicht frei,
Es bangt und sorgt: »Es ist erst März,
Und März ist noch nicht Mai.«
O schüttle ab den schweren Traum
Und die lange Winterruh':
Es wagt es der alte Apfelbaum,
Herze, wag's auch du.

Theodor Fontane (1851)


Frühlingsbücher, das man gelesen haben sollte:


Frühling: Ein Poesiealbum
 
von Günter Berg

Frühlingsgedichte
Frühlingsgedichte
 
von Evelyne Polt-Heinzl und Christine Schmidjell

Donnerstag, 8. August 2013

Joachim Ringelnatz 130. Geburtstag

Joachim Ringelnatz

Joachim Ringelnatz wurde vor 130 Jahren am 7. August 1883 als Hans Bötticher in Wurzen bei Leipzig geboren.

Joachim Ringelnatz war ein bekannter deutscher Schriftsteller, Dichter, Kabarettist und Maler in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Er fuhr in jungen Jahren als Schiffsjunge und Matrose selbst zur See. Den Ersten Weltkrieg machte er zuerst als Maat und zuletzt als Leutnant und Kommandant eines Minensuchbootes mit.

Hans Bötticher, wie Ringelnatz bürgerlich hieß, kam als Seemann durch etwa 22 Länder, von denen er einige näher kennenlernte, weil er mehrmals desertierte. Auf der Flucht nahm er alle möglichen Jobs an, der ungewöhnlichste war wohl der eines Schlangenbändigers.

Nach dem Ersten Weltkrieg trug der Leutnant a. D. als Kabarettist seine Gedichte in ganz Deutschland vor. 1920 erhielt der Künstler ein Engagement an der Berliner Kleinkunstbühne "Schall und Rauch".

Seepferdchen
In der bayerischen Hauptstadt entdeckte er das Künstlerlokal "Simplicissimus", und der "Simpl" entdeckte ihn: Er wurde zum Hausdichter und begann, Gedichte und Geschichten zu veröffentlichen und mit "Ringelnatz", dem Seemannsnamen für das glückbringende Seepferdchen, zu signieren.

Das Ringelnatz-Lesebuch
Große Popularität erlangte Ringelnatz durch unkonventionelle und spielerische Lyrik. Die Mischung aus Seemannsgarn, Moritaten, Nichtsnutz-Erkenntnissen, bitterer Zeitkritik und sanfter Verzweiflung traf als Sprachrohr das Lebensgefühl der Ersten-Weltkriegs-Generation. Ringelnatz' tiefer Ernst wurde über die spaßigen Dichtungen jedoch vielfach nicht wahrgenommen.


Seinen Durchbruch als Dichter und Vortragskünstler erreichte er 1920 mit seinem Gedichtbändchen »Turngedichte«. An diesen großen Erfolg knüpfte er 1923 mit dem Gedichtband »Kuttel Daddeldu« an.

Animal FarmDer ProzessDas SchloßDie VerwandlungDie TagebücherDer Friedhof von Prag Die Brüder KaramasowSchuld und Sühne

Ringelnatz erhielt im Februar 1933 Auftrittsverbot, seine Veröffentlichungen wurden beschlagnahmt und seine Gemälde aus der Berliner Nationalgalerie als "entartete Kunst" entfernt.

Ringelnatz ist vor allem durch zahlreiche humoristische Gedichte bekannt geworden, unter anderen um den tragischen Helden "Kuttel Daddeldu", einem Seemann mit großem Herzen, der regelmäßig im Hafen Schiffbruch erleidet.


Nachdem die Nazis nach der Machtübernahme 1933 ein Auftrittsverbot über ihn verhängten, erlitt der heimatlose Schriftsteller selber Schiffbruch.

Der große Humorist der Weimarer Zeit Joachim Ringelnatz feierte an seinem 50. Geburtstag am 7. August 1933 in Leipzig seinen letzten öffentlichen Auftritt.

Joachim Ringelnatz starb am 17. November 1934 in Berlin.
 
Weblinks:
 
Joachim Ringelnatz-Biografie - www.die-biografien.de

 Joachim Ringelnatz-Zitate - www.die-zitate.de

Dienstag, 28. Juni 2011

Heinrich Heine in Paris

Heinrich Heine

Als Heinrich Heine in seiner »schönen Zauberstadt« ankam, hatte sich damit eine alte Sehnsucht erfüllt. »Ich befinde mich wie Heine in Paris«, schrieb Heine kurz nach seiner Ankunft im Jahr 1831. Seine grosse Sehnsucht hatte sich für den Dichter erfüllt und nun konnte er die freie Luft atmen, die er in Deutschlsnd nicht vermochte. Die Schrecknisse, die ihn in Deutschland verfolgten, hatte er hinter sich gelassen.

»Sogar die Schrecknisse, die man im eigenen Herzen mitgebracht hat nach Paris, verlieren dort ihre beängstigenden Schauer. Die Schmerzen werden sofort gesänftigt. In dieser Luft heilen die Wunden schneller als irgendanderswo. Es ist in dieser Luft so etwas Großmütiges, so Mildreiches, so Liebenswürdiges.«

Anfang Mai 1831 kam er in »die schöne Zauberstadt«. Er war zu diesem Zeitpunkt 33 Jahre alt und wird den Rest seines Lebens da verbringen. Bald lernte er in einer Pariser Passage eine Schuhverkäuferin kennen, seine große Liebe, die er Mathilde nannte – darüber hinaus aber auch in den Salons die bedeutenden Dichter, Maler und Musiker der Epoche, Balzac, George Sand, Delacroix, Berlioz und viele andere.

Denn Paris war gerade im Begriff, die geistige und kulturelle Metropole Europas zu werden. In Deutschland war Heine ein gescheiterter Jurist, der dichtete, mit mäßigem Erfolg. In Frankreich war er ein Poet, ein freier Mensch, der ein Leben nach seinem Gusto führen konnte.

In Paris, wohin ihn die Julirevolution und das damit verbundene Erwachen der liberalen Bewegung in Europa verschlug, sei er in die göttergleiche Phase seines Lebens getreten, hier habe er den Zenit seiner geistigen und körperlichen Kraft erreicht, sagte Heine.

Die Stadt, die Heine 1831 zum Abschied von Deutschland verführt hatte, war das Paris der Julirevolution. Die "Drei Glorreichen Tage" hatten den alten Bourbonenkönig Karl X. vom Thron verjagt. Das Volk wollte die Einführung einer Republik. La Fayette jedoch drückte dem Bürgerkönig Loui-Philippe, dem Herzog von Orleans, eine Trikolore in die Hand und ließ ihn zum König der Franzosen ausrufen.

Doch er kam zu spät an in Paris. Die Julirevolution 1830, die auch in Deutschland eine Verfassungsbewegung auslöste, war seit zehn Monaten vorbei. So wurde Heinrich Heine zum Räsoneur, nicht zum Revolutionär. In Paris ereilte ihn die Berühmtheit, die ihm in Deutschland verwehrt blieb. Ein deutscher Dichter, gekettet an die Muttersprache, aber blieb er.


Heinrich Heine in Paris
Heinrich Heine in Paris

Die Parisreise war ein politischer Akt, der, wie Heine es selbst voraussschauend formuleirt hatte, einem Bruch mit den heimischen Machthabern gleichkam. Gegen diese Einsicht hatte Heine sich gesträubt, bis zuletzt gemeint, taktieren zu können, und es bedurfte schließlich der Reise selbst, um diese Entscheidung im klarsten Licht erscheinen zu lassen.

Im Laufe der Zeit verflog die Euphorie und die "Hauptstadt der Welt" zeigte auch ihre Schattenseiten, die Fassade des Juste-Milieu wurde rissig und ließ neue soziale Spannungen hervortreten.

Als er siebzehn Jahre später, ausgerechnet im Revolutionsjahr 1848, an Rückenmarksschwindsucht erkrankte und bis zu seinem Tod 1856 seine »Matratzengruft« kaum mehr verlassen konnte, mussten seine Freunde zu ihm in die Dachwohnung hochsteigen. Doch Paris blieb für ihn die Stadt, die er liebte: seine schöne Zauberstadt.

Heinrich Heine hat selbst in seinem Brief an Ferdinand Hiller das Bonmot geprägt:

"Fragt Sie jemand wie ich mich hier befinde, so sagen Sie: wie ein Fisch im Wasser. Oder vielmehr, sagen Sie den Leuten; daß, wenn im Meere ein Fisch den anderen nach seinem Befinden fragt, so antworte dieser: ich befinde mich wie Heine in Paris."

Damit wollte er zum Ausdruck bringen, dass er sich in Paris zunächst am Ziel seiner Wünsche angekommen glaubte. Hier konnte er Flaneur und Genießer, Liebhaber und Korrespondent sein und ein Leben führen, wie es ihm in den beengten und rückständigen deutschen Verhältnissen nicht möglich schien.

Im Laufe der Zeit verflog die Euphorie und die "Hauptstadt der Welt" zeigte auch ihre Schattenseiten, die Fassade des Juste-Milieu wurde rissig und ließ neue soziale Spannungen hervortreten. Verbote und Haftbefehle in Preußen und anderen deutschen Staaten machten eine Rückkehr in die Heimat unmöglich und aus seinem Auslandsaufenthalt ein dauerhaftes Exil. Am Ende wurde für ihn auch Paris im wahrsten Sinne des Wortes unzugänglich, weil eine tückische Krankheit ihn die letzten acht Lebensjahre an sein Lager fesselte.




Heinrich Heine in Paris







Heinrich Heine in Paris

Jörg Aufenanger



dtv Verlag,
Taschenbuch - 1. Nnovember 2005,

160 Seiten.

ISBN-13: 978-3423245180




Sonntag, 30. Januar 2011

Wer war eigentlich Gorch Fock?


Gorch Fock war ein norddeutscher Dichter, der als Johann Wilhelm Kinau am 22. August 1880 auf der Elbinsel Finkenwerder als ältestes von sechs Kindern zur Welt kam. Unter seinem Pseudonym als Heimatdichter das Lied vom Meer und dem Leben der Hochseefischer heroisierend zu singen wusste.

Seine in Plattdeutsch, genauer in Finkenwerderischen Dialekt gehaltenen Gedichte und Erzählungen veröffentlichte Johann Wilhelm Kinau ab den Jahre 1904. Dies geschah unter den Pseudonymen Jakob Holst, Giorgio Focco und Gorch Fock.

Als Johann Wilhelm Kinau ist er Ende August 1916 in der berühmten Seeschlacht am Skagerrak gefallen. Es war die größte Flottenschlacht des Ersten Weltkriegs mit 2551 Toten und 507 Verwundeten allein auf deutscher Seite. Der arme Gorch Fock hatte bei der großen Seeschlacht gerade Dienst als Ausguck auf dem vorderen Masten.

Berühmt wurde der norddeutscher Dichter durch sein Buch »Seefahrt ist not«. Nun möchte man - sein tragisches Schicksal gedenkend - am Ende anfügen:


 »Seefahrt zur Kriegsführung
ist nicht not.«