Samstag, 22. September 2018

»Die letzte Welt« von Christoph Ransmayr

»Die letzte Welt« ist Christoph Ransmayrs großer Roman ist ein Klassiker der deutschen Gegenwartsliteratur. Als vor gut zwanzig Jahren Christoph Ransmayrs apokalyptischer Ovid-Roman »Die letzte Welt« erschien und einen Sturm der Begeisterung auslöste, sah sich die Klassische Philologie in große Verlegenheit gebracht:

Wie den Dichter Ovid vor entstellender Rezeption retten, ohne auf die Früchte des Erfolges zu verzichten? Waren nicht im Roman, diesem Amalgam aus Fragmenten ovidischer Figuren (Metamorphosen) und Versatzstücken aus Ovids im Exil verfasster literarischer Biographie (Tristien, Briefe), die Grenzen zwischen Fiktion und Realität postmodern verfremdet.

»Die letzte Welt« ist ein phantastisches Spiel um die Suche nach dem verschollenen römischen Dichter Ovid und einer Abschrift seines Hauptwerks, der legendären »Metamorphosen«.

Als Christoph Ransmayrs Roman »Die letzte Welt« 1988 erschien, wurde er von der Kritik gefeiert wie kaum ein anderer – wegen seiner poetischen, rhythmischen Sprache, wegen seiner stilistischen Eleganz, auch wegen seiner bildmächtigen Traum- und Albtraumwelten. Er wurde bisher in 29 Sprachen übersetzt.

In diesem Roman ist die Verbannung des römischen Dichters Ovid durch Kaiser Augustus im Jahre 8 n. Chr. der historisch fixierte Ausgangspunkt einer phantasievollen Fiktion. Der Römer Cotta, sein – durch Ovids »Briefe aus der Verbannung« – ebenfalls historisch belegter Freund, macht sich in Tomi am Schwarzen Meer auf die Suche: nach dem Verbannten, denn in Rom geht das Gerücht von seinem Tod, als auch nach einer Abschrift der »Metamorphosen«, dem legendären Hauptwerk Ovids. Cotta trifft in der »eisernen grauen Stadt« Tomi jedoch nur auf Spuren seines Freundes, Ovid selbst begegnet er nicht.

Er findet dessen verfallenes Haus im Gebirge, den greisen Diener Pythagoras und, je komplizierter und aussichtsloser sich die Suche gestaltet, immer rätselhaftere Zeichen der »Metamorphosen« – in Bildern, Figuren, wunderbaren Begebenheiten. Bis sich zuletzt Cotta selbst in der geheimnisvoll unwirklichen Welt der Verwandlungen zu verlieren scheint: die Auflösung dieser »letzten Welt« ist wieder zu Literatur geworden.

Literatur:

Die letzte Welt
von Christoph Ransmayr

»Spätsommer« von Hermann Hesse

Noch schenkt der späte Sommer
Tag um Tag voll süßer Wärme.
Über Blumendolden schwebt da und dort
mit müdem Flügelschlag ein Schmetterling
und funkelt sammetgolden.


Die Abende und Morgen atmen feucht
von dünnen Nebeln, deren Naß noch lau.
Vom Maulbeerbaum mit plötzlichem Geleucht
weht gelb und groß ein Blatt ins sanfte Blau.

Eidechse rastet auf besonntem Stein,
Blätterschatten Trauben sich verstecken.
Bezaubert scheint die Welt, gebannt zu sein,
in Schlaf, in Traum, und warnt dich, sie zu wecken.

So wiegt sich manchmal viele Takte lang
Musik, zu goldener Ewigkeit erstarrt.
Bis sie erwachend sich dem Bann entrang
zurück zu Werdemut und Gegenwart.

Wir Alten stehen erntend am Spalier
und wärmen uns die sommerbraunen Hände.
Noch lacht der Tag, noch ist er nicht zu Ende.
Noch hält und schmeichelt uns das heut und Hier.

Samstag, 15. September 2018

»Frankenstein oder Der moderne Prometheus« von Mary Shelley vor 200 Jahren erschienen

Frankenstein

»Frankenstein oder Der moderne Prometheus« ist ein Roman von Mary Shelley, der im Jahr 1818 erstmals anonym veröffentlicht wurde und als ihr wichtigstes Werk gilt. Er erzählt die Geschichte des jungen Schweizers Viktor Frankenstein, der an der damals berühmten Universität Ingolstadt einen künstlichen Menschen erschafft.

Mary Godwin schrieb den Roman in der Villa Diodati in der Nähe des Genfer See. Bei Lord Byron und dessen Leibarzt John Polidori verbrachte sie mit ihrer Stiefschwester Claire Clairmont und ihrem zukünftigen Ehemann Percy Bysshe Shelley den Sommer 1816. Dieses Jahr ging aufgrund des Ausbruchs des Vulkans Tambora im Jahr zuvor als das Jahr ohne Sommer in die Geschichte ein. Aufgrund des extrem schlechten Wetters konnten die Anwesenden das Haus oft nicht verlassen. So beschlossen sie, jeweils eine Schauergeschichte zu schreiben und den anderen vorzutragen.

Victor Frankenstein stammt aus Genf, und hat ein Studium der Naturwissenschaften in Ingolstadt absolviert. Während seines Studiums befasste er sich zunehmend mit der menschlichen Materie und schafft sich selbst einen Menschen, den er eigenhändig zum Leben erweckt. Als dieses Wesen erwacht, ist Frankenstein jedoch so erschrocken von dessen Gestalt, dass er schlagartig die Flucht ergreift.

Frankenstein ist ein erschaffenes Monster, welches im Roman stets als Unhold oder dämonische Kreatur bezeichnet wird, nicht nur Frankensteins Familie zu ermorden, sondern auch später dessen besten Freund. Der Unhold und sein Schöpfer treffen aufeinander, und Victor erfährt, dass die Kreatur ursprünglich einen guten Willen hatte und nur bösartig geworden ist, weil die Gesellschaft ihn zu einem bösen Wesen gemacht hat. Von den Menschen die er (über lange Zeit) gesehen und beobachtet hatte, wurde er genau so zurückgestoßen, wie einst von Frankenstein selbst'aus diesem Grund hat er seinem Schöpfer Rache geschworen.


Viktor Frankenstein erzählt dem Leiter einer Forschungsexpedition, zugleich Eigner des Schiffes, das ihn in der Arktis rettet, seine Geschichte. Der Roman wird so zu einem Lehrstück, gibt Frankenstein doch deutlich zu verstehen, dass seine Erzählung auch eine Warnung an den Zuhörer und damit auch die Leser sein soll: Er warnt vor einer entgrenzten menschlichen Vernunft, die sich selbst zu Gott macht und sich anmaßt, lebendige Materie zu schaffen. Die Figur des Viktor Frankenstein ähnelt damit sowohl dem 'literarischen' Faust als auch dem Prometheus aus der griechischen Mythologie.

Frankenstein

Die Handlung wird durch eine Mischung aus Briefroman und klassischer Ich-Erzählsituation vermittelt. Stilistisch gewinnt der Roman gerade durch den berichthaften Erzählstil an Authentizität, sodass man selbst glaubt, dass man eine Mitschrift einer Erzählung liest. Gerade die Verschachtelung der verschiedenen Erzählebenen, machen den Roman lesenswert.

2015 wählten 82 internationale Literaturkritiker und -wissenschaftler den Roman zu einem der bedeutendsten britischen Romane.

Literatur:

»Frankenstein oder Der moderne Prometheus«
Frankenstein oder Der moderne Prometheus
von Mary Shelley

Samstag, 8. September 2018

Clemens Brentano 240. Geburtstag

Clemens Brentano

Clemens Brentano wurde vor 240 Jahren am 8. September 1778 in Ehrenbreitstein oberhalb von Koblenz geboren. Clemens Brentano war ein deutscher Schriftsteller und neben Achim von Arnim und Joseph von Eichendorff der Hauptvertreter der sogenannten Heidelberger Romantik - auch Hochromantik genannt.

Nach dem Scheitern einer kaufmännischen Lehre 1795 bis 1796 in Langensalza studierte er ab dem 19. Mai 1797 in Halle Bergwissenschaften und wechselte am 5. Juni 1798 zum Medizinstudium an die Universität Jena. Statt sein Studium abzuschließen, widmete er sich aber immer mehr seinen literarischen Neigungen.

Während seines Medizinstudiums in Halle und Jena kam Brentano 1797 mit den Ideen der Frühromantiker in Berührung. In dieser Zeit nahm seine lebenslange Freundschaft zu seinem zukünftigen Schwager Achim von Arnim ihren Anfang.

In Jena lernte er die Vertreter der Weimarer Klassik Christoph Martin Wieland, Johann Gottfried von Herder, Johann Wolfgang von Goethe und der Frühromantik Friedrich Schlegel, Johann Gottlieb Fichte und Ludwig Tieck kennen. Letztere war ab 1800 in Jena personell nahezu vollständig vertreten.

Von ihren Werken und literaturtheoretischen Schriften ließ Brentano sich zu seinen ersten Werken anregen, vor allem zu dem Roman Godwi, in dem auch einige der bekanntesten Gedichte Brentanos enthalten sind (Zu Bacharach am Rheine, Sprich aus der Ferne, Ein Fischer saß im Kahne).

1801 in Göttingen, wo er als Student der Philosophie eingeschrieben war, lernte er Ludwig Achim von Arnim kennen, mit dem ihn bald eine enge Freundschaft verband und mit dem er 1802 eine Reise auf dem Rhein unternahm. In den nächsten Jahren wohnte er bis 1811 immer wieder über längere Zeiträume hinweg mit Arnim zusammen.

Zusammen mit dem Gelehrten Joseph von Görres bildeten Brentano und Arnim ab 1805 das Zentrum der Heidelberger Romantik. Von 1805 bis 1808 gaben sie hier ihre Liedersammlung "Des Knaben Wunderhorn" heraus, eine Anthologie deutscher Volksdichtungen.

Brentano war ein begeisterter Liedersammler, welchen die Lieder des Volkstones besonders interessierten. Er veröffentlichte zusammen mit Ludwig Achim von Arnim die Volksliedersammlung« »Des Knaben Wunderhorn, eine Liedersammlung in drei Bänden. Auf der Rheinreise der Freunde Achim von Arnim und Clemens Brentano im Juli 1802 entstanden die ersten Ansätze zu der bedeutendsten Liedersammlung der deutschen Romantik, die von 1805 bis 1808 in mehreren Bänden erstmals erschien.

So eindrucksvoll war der Ton seiner Gedichte, daß dieser mehr als 120 Jahre lang maßgebend für die deutsche Literatur wurde.

Brentano har daneben auch ein umfangreiches Werk religiöser Literatur vorgelegt, wahrscheinlich die berühmtesten Andachtsbücher der Welt, übersetzt in viele Sprachen.

"Alles, was zwischen unserm Auge und einem entfernten zu Sehenden
als Mittler steht, uns den entfernten Gegenstand nähert, ihm aber
zugleich etwas von dem Seinigen mitgiebt, ist romantisch."

Die letzten Lebensjahre Brentanos waren von Schwermut geprägt. Er starb am 28. Juli 1842 im Alter von 63 Jahren in Aschaffenburg im Hause seines Bruders Christian. Der Dichter der Romantik wurde auf dem dortigen Altstadtfriedhof beigesetzt.

Weblinks:

Romantik - wortwuchs.net

Heidelberger Romantik - wortwuchs.net

Literatur:

Des Knaben Wunderhorn
Des Knaben Wunderhorn
von Clemens Brentano

»Selige Zeiten, brüchige Welt« von Robert Menasse

Robert Menasse hat ein Faible für Literaur, in der Philosophie als Grundierung eingebunden ist und in der über ein philosophisches Leben erzählt wird. Der Roman erzählt eine Liebesgeschichte, in der die Politik hineinreicht, so daß das Bild einer Epoche entsteht.

Menasse erzählt in »Selige Zeiten, brüchige Welt« von den Nöten seines Protagonisten Leo Singer, als Philosoph durch’s Leben zu gehen. Zusammen mit seinen Eltern aus dem brasilianischen Exil nach Wien zurückgekehrt, ist der junge Philisophiestudent zunächst finanziell abhängig vom Elternhaus. Mit dem Traum, eine Fortsetzung von Hegels berühmtem Werk »Phänomenologie des Geistes« zu schreiben und dem Anspruch, durch die Beschreibung der Welt die Welt zu verändern, studiert er in Wien und lernt bald Judith kennen, mit der er sein Leben lang verbunden sein sollte.

Judith ist der Mittelpunkt in Roberts Leben. Mit Judith verbindet ihn eine Hassliebe. Er braucht sie als Inspiration für seine Essays. Sie dient ihm dabei als Projektion seiner Gedanken. Judiths Wesen bleibt in der Darstellung schleierhaft. Die Beziehung zwischen den beiden wird kompliziert. Viel Kopf, wenig Herz. Die Beschäftigung mit seinem Werk lassen Leo nur wenig Raum, z.B. für eine Reiseerfahrung nach Venedig und Eifersucht. Mit dem Tod des Vaters wird Leo von dem Zwang befreit, für seinen Lebensunterhalt selbst zu sorgen. Was für eine Arbeit könnte er auch tun, um nicht für immer unzufrieden zu sein – außer als Lehrender seines eigenen Werkes.

"Leo hatte immer davon geträumt, ein bedeutender Mann zu werden, der in die Geschichte eingreife, die Welt verändere, und kaum hatte er diesen kindlichen Traum aufgegeben, erlangte er völlig unvorbereitet eine öffentliche Bedeutung.".

Das Erbe des Vaters verschlägt ihn zurück nach Brasilien, wo er eine neue Existenz aufbaut - und doch nicht, denn er nimmt sich selbst mit. Durch die Militärdiktatur um seine Universitätskarriere gebracht, lebt er als Schützling eines alten Bekannten, Kunstsammler Löwinger und ehemaliger Bankier seines Zeichens. Mit der Nachricht über Judiths Tod, die – wie sich später herausstellte – fingiert war, gelingt es dem mittlerweile ewigen Studenten Leo, zu arbeiten. Denn auch nach den vielen Jahren ist noch immer kein Werk entstanden, außer einem kurzen Aufsatz über Sittlichkeit und Bildung. Voraussetzung zum Arbeiten scheint für ihn der permanente Zustand der Sehnsucht zu sein.

Nach einem Wiedersehen mit Judith in Brasilien ziehen die beiden nach langem Zögern ihrerseits zusammen. Doch der Zustand der Zweisamkeit dauert nur sechs Wochen an, dann lebt Judith wieder allein. Von nun an zergeht Leo in dem Bestreben, für perfekte Arbeitsbedingungen zu sorgen. Es gelingt ihm nicht. Er kommt mit seinem geplanten Hauptwerk nicht voran und verzettelt sich immer wieder. Am Ende „rettet“ er sein Werk, das Judith anhand mündlicher Vorträge Leos heimlich niedergeschrieben hat.


Literatur:

Selige Zeiten, brüchige Welt

Selige Zeiten, brüchige Welt

Dienstag, 4. September 2018

Chateaubriand 250. Gerburtstag


François-René Vicomte de Chateaubriand wurde am 4. September 1768 in Saint Malo geboren und wuchs in behüteten Verhältnissen in Saint Malo und auf Schloss Combourg auf. Chateaubriand war ein französischer Schriftsteller, Politiker und Diplomat. Er gilt als einer der Begründer der literarischen Romantik in Frankreich. Chateaubriand gilt als der größte Stilist französischer Sprache. Wer ihn liest, vergisst nie wieder die Bilder, mit denen er vom Kleinsten bis ins Größte ganze Welten erstehen lässt.

François-René Vicomte de Chateaubriand war Katholik und Royalist, der einem alten bretonischen Adelsgeschlecht entstammte. Chateaubriand war ein weitgereister Politiker, der sich kritisch in Regierungsgeschäfte eingemischt hat, als Minister auch mitregiert hat, aber auch in die Opposition gedrängt oder verfolgt worden ist wie andere Angehörige seiner Familie. In politischer Hinsicht ist Chateaubriand Teil der royalistischen Bewegung. Er wurde während der Restauration zum Außenminister ernannt. Aber im literarischen Bereich ist seine Bekanntheit als Romantiker die durchaus größere. Seine Naturbeschreibungen und seine Analyse der Gefühle des "Ich" haben ein Modell für die Generation romantischer Schriftsteller in Frankreich geschaffen. "Ich möchte Chateaubriand oder nichts sein", verkündete der junge Schriftsteller Victor Hugo.

Chateaubriand hat im Alter von 20 Jahren 1789 den Sturm auf die Bastille mit eigenen Augen erlebt. Wie viele andere französische Adlige verließ er in der Folge der Französischen Revolution Frankreich, lebte mehrere Jahre lang in den USA und London, bevor er im Jahr 1800 nach Frankreich zurückkehrte. 1800 war er dem Aufruf Napoleon Bonapartes an die emigrierten Adeligen gefolgt, nach Frankreich zurückzukehren, und hatte eine Karriere als hoher Beamter begonnen.

1798 begann er das anti-aufklärerische Buch »Le Génie du Christianisme« (»Der Geist des Christentums«) zu verfassen, in dem er vor allem die ethischen, ästhetischen und emotionalen Aspekte der katholischen Religion hervorhebt und verklärt. »Der Geist des Christentums« gilt ein Schlüsselwerk der französischen Literatur am Beginn der Rekatholisierung Frankreichs nach der Revolution. Publiziert wurde das anti-aufklärerische Buch voller religiöser Poesie 1802 in Paris.

»Le Génie« war unerwartet erfolgreich und wurde einer der Auslöser der geistigen und literarischen Bewegung der Romantik. Es trug maßgeblich dazu bei, das Christentum in Frankreich zu rehabilitieren. Bei der Abfassung hatte Chateaubriand aber sicher auch opportunistische Motive: Er war sich wohl bewusst, dass Napoleon eine Re-Etablierung der Kirche und eine politische Zweckgemeinschaft mit ihr anstrebte und dass dieses Werk deshalb seiner Karriere nützlich sein konnte.


1806 unternahm Chateaubriand eine mehrmonatige Rundreise durch Italien, Griechenland, Palästina, Nordafrika und Spanien. In Jerusalem wurde er zum Ritter vom Heiligen Grab geschlagen. Er verfasste seine Reise in dem Bericht »Itinéraire de Paris à Jérusalem« teils pittoresk beschreibend, teils melancholisch reflektierend schildernd. Breiten Raum nimmt in dem Buch das damals zum Osmanischen Reich gehörende Griechenland ein. Der »Itinéraire« blieb nach seiner Publikation 1811 nicht ohne Auswirkung auf die Begeisterung der Europäer für den Freiheitskampf der Griechen, denen es 1821 gelang, sich von der türkischen Oberherrschaft zu lösen.

Chateaubriand war ein romantischer französischer Politiker. Das sich „jeder echte Bretone“ vom Hof fernhielt, das hat Chateaubriand zwar nicht konsequent durchgehalten, kennzeichnet aber eben gut seine innere Haltung der persönlichen Freiheit.

Nach dem Sturz Napoleons und der Restauration der Bourbonen (1814/1815) trat er demonstrativ in die Dienste Ludwigs XVIII und wurde mit der Würde eines Pair de France (d. h. eines Angehörigen der Chambre des pairs, die als parlamentarisches Oberhaus fungierte) belohnt. Auch wurde er mit Missionen als Botschafter in Stockholm (1814), Berlin (1820) und London (1822) betraut. Ende 1822 war er französischer Chef-Delegierter auf dem Kongress von Verona.

In seinen »Erinnerungen von jenseits des Grabes«, anders als in gewöhnlichen Memoiren, spiegelt sich die Weltgeschichte seiner Zeit authentischer. Er beschwört das Christentum, das vor allem die Schöpfung preist und mit der Paradiesvorstellung ein Unendlichkeitsgefühl für alle Menschen gleichermaßen verheißt. Er schreibt vom Zusammenspiel der kosmischen Mächte mit Lebensbiografien, das keine Generalisierung zulässt, sondern die Besonderheiten der jeweiligen Situation abwägt und berücksichtigt. So wünscht er, dass sein Grab auf der Felseninsel Grand-Bé vor Saint Malo „auf ewig Wind und Wellen ausgesetzt sein“ soll.

Sein Nachruhm als Hauptvertreter der literarischen Romantik in Frankreich stützt sich vor allem auf die Novelle »Atala« und die »Erinnerungen von jenseits des Grabes«.

François-René Chateaubriand starb am 4. Juli 1848 in Paris.

Literatur:

Geist des Christentums oder Schönheiten der christlichen Religion
Geist des Christentums oder Schönheiten der christlichen Religion
von Francois-Rene de Chateaubriand


Kindheit in der Bretagne
von Francois-Rene de Chateaubriand

Freitag, 31. August 2018

»Ein einunddreißigster August« von Christian Morgenstern

Das war der letzte leuchtende August:
Der Sommer gipfelte in diesem Tage.
Und Glück erklang wie eine Seegrundsage
in den Vinetatiefen unsrer Brust.

Ein leises fernes Läuten kam gegangen -
und welche wollten selbst die Türme sehn,
in denen unsres Glückes Glocken schwangen:
so klar liess Flut und Himmel sie verstehn.

Der Tag versank. Mit ihm Vinetas Stunde.
Septembrisch ward die Welt, das Herz, das Glück.
Ein Rausch nur wie von Tönen blieb zurück
und schwärmt noch über dem verschwiegnen Grunde.

»Ein einunddreißigster August«, Christian Morgenstern (1871-1914)