Donnerstag, 8. Juni 2017

Juan Goytisolo gestorben

Juan Goytisolo

Der spanische Schriftsteller Juan Goytisolo ist tot. Er starb am Sonntag im Alter von 86 Jahren im marokkanischen Marrakesch.

Juan Goytisolo gehörte zu den bedeutendsten Schriftstellern der spanischen Gegenwartsliteratur. Für sein schriftstellerisches Lebenswerk wurde er 2014 mit dem »Premio Cervantes« ausgezeichnet. In seinem Werk befasst sich Goytisolo mit den Spuren, die der Spanische Bürgerkrieg und die Franco-Diktatur in Spanien und bei ihm selber hinterlassen haben.


Den spanischen Schriftsteller hätte der Geiz der Blog-Leser sehr gegrämt.

Kein Geld für Bücher haben, aber jede Menge Zeit zum Gaffen.

Der Katalane besuchte eine Jesuitenschule, begann danach ein Jurastudium und schrieb einen ersten - nie veröffentlichten - Roman. 1953 brach er das Studium ab und unternahm mehrere Reisen nach Paris. 1954 veröffentlichte er den Roman »Juegos de manos«, auf den zahlreiche weitere Romane folgten, die in viele Sprachen übersetzt wurden und den Autor zu einem der wichtigsten spanischen Autoren der Gegenwart machen. 1957 zog er nach Paris und nahm eine Lektoratstätigkeit bei Gallimard auf, wo er sich für die Verbreitung der spanischen Literatur in Frankreich einsetzte.

Der spanische Schriftsteller Juan Goytisolo wurde in seiner Heimat oft als Nestbeschmutzer angesehen. Er war politisch ein linientreuer Stalinist, der aus dem faschistischen Spanien nach Frankreich floh, wo er beim angesehenen Gallimard-Verlag als Lektor tätig wurde. Seine Bücher waren von 1963 bis zum Tod Francos in Spanien verboten. Von 1961 bis 1964 unternahm er mehrere Reisen nach Kuba, Nordafrika und in den Nahen Osten. 1964 gab er die Verlagstätigkeit auf, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. Seit 1969 übernahm er Gastprofessuren u.a. an den Universitäten La Jolla/Kalifornien, Boston und New York.


Seine ersten Romane waren »Juegos de manos« (1954), und »Duelo en el paraíso« (1955), welche Tendenzen des sozialen Realismus der 50er Jahre aufzeigen. Die darauffolgenden Romane, »El circo« (1957), »Fiestas« (1958) und »La resaca« (1958), eine Trilogie, spiegeln ein anti-(spieß) bürgerliches Gedankengut wider, das sich auch in seinen Texten »Problemas de la novela« (1959) und »Campos de Níjar« (1960) wiederfindet.

Goytisolos Hauptwerk ist eine von Américo Castros Roman »Vision und Wirklichkeit« (1948/1953) Geschichtsbild beeinflusste Romantrilogie, bestehend aus den Romanen »Identitätszeichen« (1978), »Rückforderung des Conde don Julián« (1976) und »Johann ohne Land« (1981). »Identitätszeichen« (»Señas de identidad«) aus dem Jahr 1966 ist eines der berühmtesten und bedeutendsten Werke der spanischen Literatur. Die Trilogie ist durchwirkt von religiösen Auseinandersetzungen, wie Goytisolo sie zumal in den Werken von José Maria Blanco White fand.

Juan Goytisolo hat sich mit Romanen wie »Die Rückforderung des Conde Don Julián« (1976) und »Das Manuskript von Sarajewo« (1999) nicht nur als Literat einen Namen gemacht, sondern als kritischer, engagierter Geist auch vielfach zu politischen Themen in Form von Essays und Reportagen Stellung bezogen und sich dabei vor allem mit dem Islam auseinandergesetzt. In den neunziger Jahren besuchte er das vom Konflikt zwischen Islam und westlicher Welt gespaltene Algerien. Während dieser Reisen entstand »Ein algerisches Tagebuch«.


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Juan Goytisolo wurde am 5. Januar 1931 in Barcelona geboren. Er lebte abwechselnd in Marrakesch und Paris.

Literatur [ >> ]:

Landschaften nach der Schlacht
Landschaften nach der Schlacht
von Juan Goytisolo

Identitätszeichen
Identitätszeichen
von Juan Goytisolo

Weblinks:

Spanischer Schriftsteller Juan Goytisolo gestorben - www.welt.de

Trauer um spanischen Schriftsteller: Juan Goytisolo gestorben | MDR.DE

Zum Tod von Juan Goytisolo: Er haderte mit Spanien – und liebte es ... - www.nzz.ch › Feuilleton

Blog-Artikel:

Federico Garcia Lorca vor 80 Jahren ermordet

Miguel de Cervantes 400. Todestag

Dienstag, 6. Juni 2017

Spanischer Schriftsteller Juan Goytisolo gestorben

Juan Goytisolo

Der mehrfach ausgezeichnete spanische Schriftsteller und Orientexperte Juan Goytisolo ist tot. Der Autor von »Trauer im Paradies« starb am Sonntag im Alter von 86 Jahren in seinem Haus im marokkanischen Marrakesch.

Juan Goytisolo gehörte zu den bedeutendsten Schriftstellern der spanischen Gegenwartsliteratur. Für sein schriftstellerisches Lebenswerk wurde er 2014 mit dem »Premio Cervantes« ausgezeichnet. In seinem Werk befasst sich Goytisolo mit den Spuren, die der Spanische Bürgerkrieg und die Franco-Diktatur in Spanien und bei ihm selber hinterlassen haben.

Der am 5. Januar 1931 als Sohn einer wohlhabenden Familie in Barcelona geborene Goytisolo galt seit Jahren als Kandidat für den Literaturnobelpreis. 2014 erhielt der kritische Intellektuelle in seiner Heimat den renommierten Cervantes-Preis.

Der Katalane galt als Pendler zwischen der westlichen und der arabischen Welt, als Mittler zwischen den Kulturen und den Religionen. Er wuchs in Barcelona auf, ging aber schon 1956 als energischer Gegner des Regimes von Diktator Francisco Franco ins selbstgewählte Exil nach Paris. In Spanien waren seine Werke von 1963 bis zum Tod Francos im Jahr 1975 verboten.

In den 1960er Jahren unternahm Goytisolo viele lange Reisen, unter anderem nach Lateinamerika, Nordafrika und in den Nahen Osten. Er unterrichtete danach an verschiedenen US-Universitäten, bevor er in seinen zweiteiligen Memoiren über seine Kindheit und Jugendzeit und unter anderem auch über seine Homosexualität schrieb.


Er besuchte eine Jesuitenschule, begann danach ein Jurastudium und schrieb einen ersten - nie veröffentlichten - Roman. 1953 brach er das Studium ab und unternahm mehrere Reisen nach Paris. 1954 veröffentlichte er den Roman »Juegos de manos«, auf den zahlreiche weitere Romane folgten, die in viele Sprachen übersetzt wurden und den Autor zu einem der wichtigsten spanischen Autoren der Gegenwart machen. 1957 zog er nach Paris und nahm eine Lektoratstätigkeit bei Gallimard auf, wo er sich für die Verbreitung der spanischen Literatur in Frankreich einsetzte.

Der spanische Schriftsteller Juan Goytisolo wurde in seiner Heimat oft als Nestbeschmutzer angesehen. Er war politisch ein ehedem linientreuer Stalinist, der aus dem faschistischen Spanien nach Frankreich floh, wo er beim angesehenen Gallimard-Verlag als Lektor tätig wurde. Seine Bücher waren von 1963 bis zum Tod Francos in Spanien verboten. Von 1961 bis 1964 unternahm er mehrere Reisen nach Kuba, Nordafrika und in den Nahen Osten. 1964 gab er die Verlagstätigkeit auf, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. Seit 1969 übernahm er Gastprofessuren u.a. an den Universitäten La Jolla/Kalifornien, Boston und New York.

Zu seinen bekanntesten Werken gehören »Landschaften nach der Schlacht« (1982), »Die Rückforderung des Conde Don Julián« (1976), »Identitätszeichen« (1978), »Jagdverbot. Eine spanische Jugend«. 2006 erschien sein vielbeachteter Roman »Der blinde Reiter«.

Juan Goytisolo wurde am 5. Januar 1931 in Barcelona geboren. Er lebte abwechselnd in Marrakesch und Paris.



Literatur [ >> ]:

Landschaften nach der Schlacht
Landschaften nach der Schlacht
von Juan Goytisolo

Identitätszeichen
Identitätszeichen
3518029428


Weblinks:

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Zum Tod von Juan Goytisolo: Er haderte mit Spanien – und liebte es ... - www.nzz.ch › Feuilleton




»Merlin oder Das wüste Land« von Tankred Dorst

Merlin oder Das wüste Land
Merlin oder Das wüste Land

»Merlin oder Das wüste Land« von Tankred Dorst ist seine moderne Adaption des Stoffes um den Teufelssohn Merlin, Parzival, König Arthus und die Ritter der Tafelrunde aus dem Jahr 1981. Im Mittelpunkt steht Merlin, einer der bekanntesten mythischen Zauberer des westlichen Kulturkreises. Das Werk handelt von Ideal und Utopie und wie beide letzlich am Menschen scheitern und der Mensch an ihnen.

Tankred Dorst bedient sich der Artussage, entfernt sich aber vollständig vom mythischen Heldencharakter und sucht die verzweifelten Menschen dahinter, die ihrem Schicksal nicht entgehen können, so sehr sie sich auch dagegen wehren.

Die häufigen Szenenwechsel zwischen Camelot und der teilweise ekelhaften Umsetzung der Parzivalsage, die sich immer mehr ineinander verflechten und dabei durch bunte, oft rauschartige Bilder wandern, verwirren etwas, spiegeln aber den Stil und die Aussage des Buches wieder. Auf der einen Seite ein berserkerhaftes Stück. In seiner Reinform unmöglich zu inszenieren.

Berühmte Figuren wie König Arthus, Parzival und Merlin, Galahad und Lancelot garantieren zugleich spannende Unterhaltung und facettenreiche Einblicke in die Vorstellungswelt des ausgehenden europäischen Mittelalters.

Bizarr, grob und brutal, dann aber auch wieder mit unzähligen Feinheiten. Dieses Buch hat meinen Lesegewohnheiten nicht gerade entsprochen, war aber wegen seiner Aussage dennoch lesenswert.


Weblinks:

Die_Artussage - Wikipedia - de.wikipedia.org

Merlin - Wikipedia - de.wikipedia.org


Literatur [ >> ]:

Merlin oder Das wüste Land
Merlin oder Das wüste Land
von Tankred Dorst

König Arthur und die Ritter der Tafelrunde
König Arthur und die Ritter der Tafelrunde
von Sir Thomas Malory

Samstag, 3. Juni 2017

»Das Pfingstwunder« von Sibylle Lewitscharoff

»Das Pfingstwunder« von Sibylle Lewitscharoff

Kaum eine deutsche Schriftstellerin ist so fantasievoll, klug und gleichzeitig so verspielt wie Sibylle Lewitscharoff. »Das Pfingstwunder« erzählt von eimem Leben nach dem Tod und ist ein Loblied auf die Macht der Poesie. »Das Pfingstwunder« von Sibylle Lewitscharoff ist eine Mischung aus hsitorischer Komödie und Gegenwartsroman - ein wahres Konstruktionswunder mit Dantescher Inspiration - trotz der fantastischen Konstruktion mehr Traktat als fiktionaler Roman.

Epikur war sich sicher: Es gibt kein Leben nach dem Tod. Der Mann sollte irren, denn nach seinem Ableben fand sich der griechische Philosoph (341 - 271 v. Chr.) unter den Ketzern im sechsten Kreis der Hölle wieder - wenn man Dante glaubt, der vor 700 Jahren in seiner »Göttliche Komödie« das Jenseits bis ins Detail beschrieb: Neun Höllenkreise für die Sünder, der Läuterungsberg mit dem Fegefeuer und den himmlischen Sphären des Paradieses.

Das Versepos, in dem der italienische Nationaldichter Dante Alighieri (1265 - 1321) das politische Geschehen, das theologische, naturwissenschaftliche und philosophische Wissen seiner Zeit und mit einer hinreißenden Liebeserklärung verknüpft, ernährt die Dante-Forscher bis heute. So auch Gottfried Elsheimer, die Hauptfigur in dem Roman.

Mit 33 Kollegen aus drei Erdteilen ist der Romanist zu Pfingsten 2013 zu einem Dante-Kongress nach Rom gekommem. Er ist überzeugter Agnostiker und knochenharter Realist, doch als vom Petersdom die Glocken läuten, passiert etwas, was eigentlich gar nicht sein kann. Ist Dante doch mehr als nur Dichtung?

Die "Dantisti" gehen die »Commedia Divina« Dantes systematisch durch. Als der Läuterungsberg (Purgatorio) an der Reihe ist, wird die Stimmung ausgelassener. Ähnlich dem der Bibel können die Gelehrten fremde Sprachen verstehen.Siekommen gar nicht mehr dazu, sich mit dem Paradiso zu befassen. Plötzlich verschwinden alle auf wundersame Weise bis auf Elsheimer.

Der hockt 13 Tage später völlig fertig in seiner Frankfurter Wohnung und sucht nach Erklärungen. Er kann niemandem erzählen, was er erlebt hat - man würde ihn ja für verrückt halren. Als 34. Kongressteilnehmer ist er übriggebleiben und mit dieser Zahl hat es in der Danteschen Welt etwas auf sich: 100 Cantos (Gesänge) zählt die »Commedia«, je 33 für Fegefeuer und Paradies, 34 - inklusive Einleitung - für die Hölle.


Das Buch erzählt die Geschichte um den Dante-Forscher Gottfried Elsheimer, der als einziger Teilnehmer eines Dante-Kongresses in Rom nicht gen Himmel fährt, sich fortan mit Fragen der Theodizee beschäftigt, von Vergil in die "Spiralen des inferno" herabgeführt wird und äußert gelehrt alle deutschen Dante-Übersetzungen, inklusive derjenigen Rudolf Borchardts durchrezensiert, zeugt vor allem von Lewitscharoffs Leidenschaft für die Commedia.

Im Mittelpunkt steht die »Göttliche Komödie«, Dantes realismusgetränkter Einblick in die Welt nach dem Tod. Einer der eifrig Debattierenden ist Gottlieb Elsheimer, Frankfurter Romanist und nach eigener Einschätzung eher ein Kandidat fürs Fegefeuer als fürs Paradies.

Das Pfingstwunder
Das Pfingstwunder


34 Dante-Forscher aus aller Welt treffen sich Pfingsten 2013 zu einem Kongress, auf dem zentrale Gesänge des Dante’schen Großgedichts »Göttliche Komödie« aus literaturwissenschaftlicher Perspektive abgehandelt werden. Die Beiträge der jeweiligen Dantisti bilden das Gerüst für Lewitscharoffs neuen Roman, dessen Geschehnisse aus Sicht des Frankfurter Italianisten Gottlieb Elsheimer berichtet werden.

Absurd erscheint die Idee der Autorin, die im Buch auftretenden Teilnehmer eines Dante-Kongresses in Rom würden alle Gesänge Dantes leserfreundlich Stück für Stück abhandeln, statt sich an autonomen wissenschaftlichen Fragestellungen zu orientieren. Und obwohl sich der Kritiker auch noch über die ein oder andere Phrase auslässt, die ihm wie aus einem Mädchenroman der frühen sechziger Jahre entsprungen scheint, entdeckt er in diesem Buch dann doch nicht nur ausgezeichnete Beobachtungen, etwa wenn Lewitscharoff die einzelnen Figuren aus Dantes "Göttlicher Komödie" präzise umreißt oder einen snobistischen, von der "eigenen Großherzigkeit gerührten" Akademiker porträtiert, sondern auch herausragende Passagen, etwa über die "Natur der Wahrheit". Nur ein Roman ist es halt nicht.

Das Buch ist trotz der fantastischen Konstruktion mehr Traktat als fiktionaler Roman, in jedem Falle aber klug und - abgesehen von ein paar bemüht lebendigen Passagen - auch unterhaltsam zu lesen.

Literatur:

Das Pfingstwunder
Das Pfingstwunder
von Sibylle Lewitscharoff

Göttliche Komödie
Göttliche Komödie
von Dante Alighieri


Rezensionen:

"Das Pfingstwunder": Gnade den himmlischen Heerscharen! - ZEIT - www.zeit.de

Das Pfingstwunder: Roman von Sibylle Lewitscharoff - Suhrkamp Insel - www.suhrkamp.de

Sibylle Lewitscharoff: Das Pfingstwunder. Roman - Perlentaucher - www.perlentaucher.de

"Das Pfingstwunder" von Sibylle Lewitscharoff: Die ersehnte ... - www.spiegel.de


Weblinks:

Dante Alighieri-Biografie - www.die-biografien.de

Der Büchnerpreis für Sibylle Lewitscharoff - www.youtube.com


Blog-Artikel:

»Die Fremden: Für mehr Mitgefühl« von William Shakespeare



Freitag, 2. Juni 2017

Wolfgang Hilbig 10. Todestag

Wolfgang Hilbig

Wolfgang Hilbig starb vor 10 Jahren am 2. Juni 2007 in Berlin. Wolfgang Hilbig war ein deutscher Dichter und Schriftsteller.

Er war der einzige echte Arbeiterschriftsteller der DDR und damit zugleich eine schreibende Koryphäe, denn Schriftsteller gehörten nicht zum Repertoire und Leitbild der Arbeiterklasse in der DDR.

Aufgewachsen in der Familie der Großvaters in Meuselwitz in Sachsen, absolvierte er eine Lehre als Werkzeugmacher, ging anschließend zur Armee, arbeitete dann als Tischabräumer in einem Ausflugslokal, als Erdbauarbeiter und als Monteur. Ab 1970 war er Heizer und blieb diesem Beruf viele Jahre lang treu.

Wolfgang Hilbig war ein Arbeiterschriftsteller, aber nicht im Sinne des "Bitterfelder Weges". Um diese staatlich kontrollierte Richtlinie des Literaturbetriebs zu befolgen, war er einerseits zu sehr tatsächlicher Arbeiter, andererseits literarisch zu begabt.

Hineingeboren in eine Umgebung aus Sprachlosigkeit, galt er spätestens seit seinem Roman »Ich« als einer der sprachmächtigsten Autoren der deutschen Literatur – und blieb doch ihr geheimnisvollster Außenseiter. Hilbig, der jahrelang als Heizer arbeitete, war in der DDR gezwungen, eine Doppelexistenz zu führen.

Seitdem er sich, losgeworden von der lästigen Doppelexistenz Anfang der 80er Jahre als freischaffender Schriftsteller etablierte, überraschte Hilbig seine Leserschaft allmählich mit längeren Texten, nicht mehr nur Lyrik und Kurzprosa, ab 1989 kann man sich auch über seine Romane freuen.

Nach dem positiv aufgenommenen Erstling "Eine Übertragung", äußert er sich in "Ich" auf 378 Seiten zum Thema der Stasi-Debatte um die enttarnten Literaten der Prenzlauer Berger Szene.

1979 machte sich Wolfgang Hilbig als Schriftsteller selbstständig, seine Aufenthaltsorte wechselten zwischen Ost-Berlin und Leipzig. 1985 verließ er mit einem Reise-Visum die DDR in Richtung Westdeutschland.

Der Heizer schaufelte ein Leben lang Wörter aus den Schächten der Arbeit und der Erinnerung. Häufig ist es Hilbig selbst, über den der schreibt - einer, den die DDR kaputtgemacht hat.

„Die Literatur kann es sein, die der

Gesellschaft ihre noch ungelösten Aufgaben stellt.“


Wolfgang Hilbig

Der Ost-Schriftsteller übersiedelte 1985 aus der DDR in die Bundesrepublik. Er erhielt zahlreiche literarische Auszeichnungen, darunter den Georg-Büchner-Preis, den Ingeborg-Bachmann-Preis, den Bremer Literaturpreis, den Berliner Literaturpreis, den Literaturpreis des Landes Brandenburg, den Lessing-Preis, den Fontane-Preis, den Stadtschreiberpreis von Frankfurt-Bergen-Enkheim, den Peter-Huchel-Preis und den Erwin-Strittmatter-Preis. Der Ost-Schriftsteller wurde im Westen mit Preisen geradezu überhäuft.

Wolfgang Hilbig wurde am 31. August 1941 in Meuselwitz bei Leipzig in Sachsen geboren. Als „Kleinstadt des ewigen Nachmittags“ hat Wolfgang Hilbig dieses thüringische Meuselwitz bezeichnet, wo er am 31. August 1941 zur Welt kam.


Weblinks:

Wolfgang-Hilbig-Gesellschaft: Aktuell - www.wolfgang-hilbig.de

Biografie - Wolfgang-Hilbig-Gesellschaft - www.wolfgang-hilbig.de/wolfgang-hilbig/biografie

Erinnerung an Wolfgang Hilbig: Eine Liebe von damals - www.tagesspiegel.de › Kultur

Biographie über Wolfgang Hilbig: Ein Betriebsheizer der Weltlietratur schrieb - www.deutschlandfunkkultur.de


Literatur:

Ich
Ich
von Wolfgang Hilbig


Biografie:

Wolfgang Hilbig. Eine Biografie
Wolfgang Hilbig. Eine Biografie
von Michael Opitz


Blog-Artikel:

»Die Fahnen: Roman in fünf Bänden« von Miroslav Krleža

»Das Maskenspiel der Genien« von Fritz von Herzmanovsky-Orlando

Donnerstag, 1. Juni 2017

Dramatiker Tankred Dorst gestorben

Tankred Dorst

Der Schriftsteller Tankred Dorst ist im Alter von 91 Jahren in Berlin gestorben. Das teilte der Suhrkamp Verlag mit. Dorst war ein deutscher Dramatiker und Schriftsteller. Tankred Dorst war ein vielfältg begabter Schriffsteller und Dramatiker, der in mehreren literarischen Genres zu Hause war und sich somit der litierischen Kategorisierung entzog. Er hat in Zusammenarbeit mit seiner Frau Ursula Ehler über dreißig Theaterstücke geschrieben. Er war einer der meistgespielten Autoren des deutschen Gegenwartstheaters.

Er lebte seit seiner Studentenzeit in München-Schwabing, wo er seinerzeit begann, für das Marionettentheater Kleines Spiel zeitkritische Stücke zu schreiben, die zum Teil heute noch aufgeführt werden.


Der deutsche Dramatiker hätte sicher sehr gewundert,

welche Folgen der Geiz in den Hirnen hinterlässt,

die sich für Literatur interessieren.

Seinen Durchbruch als Dramatiker verdankte Tankred Dorst einem Missverständnis. Mit seinem Stück "Toller. Eine deutsche Revolution", in dem Dorst die Münchener Räterepublik zu Zeiten des Schriftstellers und Revolutionärs Ernst Toller wieder aufleben ließ, platzte er mitten in die Studentenproteste des Jahres 1968. Die Aufführung wurde zu einem politischen Skandal. Völlig unbeabsichtigt, so Dorst.

"Dass ein Mensch einem anderen vorspielt, wie er sein sollte,
sein könnte oder wie er nicht sein sollte, das ist ein menschliches Grundbedürfnis.
Das ist der Anfang von Theater.“


Tankred Dorst (1925-2017)

Dorst sagte damals über den "Toller": "Ich dachte nicht daran, dass es aktuell sein könnte. Mich interessiert die Figur, mich interessiert die Zeit, aber von der Politik verstehe ich nichts." Der Dramatiker sagte, er fühle sich nicht als politischer Mensch. Er habe das Stück eigentlich für sich geschrieben. "Und ich dachte auch nicht, dass das jemand aufführen könnte." Dazu sei das Stück auch ziemlich umfangreich. "Und dann hat sich aber während der Arbeit daran dieser Stoff von selber mit Emotionen aufgeladen und wurde plötzlich so aktuell ohne mein Zutun, ich konnte das nicht wissen."

So hat sich Dorst auch danach nicht politisch vereinnahmen lassen. Er blieb geistig unabhängig und vor allem produktiv. Zwei Stücke pro Jahr - dieses Ziel hatte sich Dorst schon früh gesetzt. Geschrieben hat er schließlich insgesamt mehr als 50 Dramen, Drehbücher und Theaterstücke. Sie wurden von Regisseuren wie Peter Zadek, Jossi Wieler und Dieter Dorn uraufgeführt.

Zu seinen bekanntsten Werken gehören "Toller", "Herr Paul. Sieben Stücke" und "Merlin oder das wüste Land".

Im Jahr 1990 wurde Dorst für sein Gesamtwerk mit dem Büchner-Preis ausgezeichnet, dem bedeutendsten Preis für deutschsprachige Literatur. Routine sei das Stückeschreiben trotz hoher Produktivität für ihn nie geworden, so Dorst. "Wenn man zwei, drei Stücke geschrieben hat, und die haben sich auf der Bühne bewährt, denkt man: 'Ich kann das jetzt.' Und dann kam etwas anderes auf mich zu, und dann merke ich: 'Ich kann das überhaupt nicht. Ich muss eigentlich mit jedem Stück neu anfangen.'"

Tankred Dorst wurde am 19. Dezember 1925 in Oberlind, Landkreis Sonneberg in Thüringen geboren.


Literatur [ >> ]:

Merlin oder Das wüste Land
Merlin oder Das wüste Land
von Tankred Dorst

Toller
Toller
von Tankred Dorst

Tankred Dorst
Tankred Dorst
von Günther Erken

»Der Steppenwolf« von Hermann Hesse vor 90 Jahren erschienen

Der Steppenwolf
Der Steppenwolf


Vor 90 Jahren wurde Hermann Hesses Roman »Der Steppenwolf« am 1. Juni 1927 - einen Monat vor Hesses 50. Geburtstag - veröffentlicht. Der Roman ist das meistgelesenste Werk Hesses, welches eine Leserschaft auf der ganzen Welt gefunden hat.

»Der Steppenwolf« ist ein sehr vielschichtiger Roman und eines der vielschichtigesten Werke der Literaturgeschichte: Er ist Gesellschafts-, Kultur- und Zeitkritik wie auch Psychoanalyse und Seelendiagnose, welche der Autor in seinem Werk vereinigt. Er hat in diesem Seelenroman ein Grundmotiv der Künstlerproblematik der Moderne gestaltet.

Der Roman »Der Steppenwolf« ist ein experimenteller Roman der großen Seelenentfaltung und erzählt von der Selbstbespiegelung der Seele - er ist eine Kritik der Gesellschaft und eine Persönlichkeitsanalyse gleichermaßen. Ein Roman über einen feinsinnigen Menschen names Harry Haller.Harry Haller, der Protagonist des Romans, leidet an einer starken Seelenpein und inneren Zerrissenheit, die auch eine Seelenkrankheit der Zivilisation ist. Einerseits sieht er in sich den kleinbürgerlichen Menschen, andererseits hegt er einen tiefen Hass gegen alles Bürgerliche.

»Der Steppenwolf« erzählt die Geschichte eines tiefen seelischen Leidens der Hauptfigur Harry Haller, eines Alter Egos Hermann Hesses. Haller leidet an der Zerrissenheit seiner Persönlichkeit: Seine menschliche, bürgerlich-angepasste Seite und seine steppenwölfische, einsame, sozial- und kulturkritische Seite bekämpfen sich und blockieren Hallers künstlerische Entwicklung. Der Weg der Heilung ist die Versöhnung beider Seiten im Humor, im Lachen über sich selbst und das Ungenügen in Kultur und Gesellschaft. Erst mit der Betrachtung der Wirklichkeit vom Standpunkt des Humors werden Hallers weitere, im Roman nicht mehr beschriebene Schritte auf dem Weg seiner künstlerischen Vollendung möglich.

Die Handlung spielt von einem ungefähr fünfzig Jahre alten Mann, namens Harry Haller. Er leidet unter der Zwiespältigkeit seiner Persönlichkeit. Seine Person besteht aus zwei Naturen, einem Wolf und einem Mensch. (vgl. »Der Steppenwolf«, S.55) Die nach Einsamkeit strebende und sozial- und kulturkritische wölfische Seite und die bürgerliche, menschschliche Seite bekämpfen sich stets. Das Leben, das er führte, war das eines Selbstmörders.

Harry Haller ist ein angesehener Mann, bis er seinen bürgerlichen Ruf, samt seinem Vermögen verliert und sein Familienleben über Nacht zusammenbricht und seine Frau hatte ihn rauswirft. Somit beginnt die Vereinsamung. Bei jeder Erschütterung seines Lebens hatte er etwas an Freiheit, an Geist, an Tiefe, aber auch an Einsamkeit und Unverstandensein gewonnen. (S.89) Durch die ständigen Erschütterungen kommt er immer mehr ab vom Normalen, Gesunden und Erlaubten. (S.89) „Er suchte über den Trümmer seines Lebens den zerflatternden Sinn, litt das scheinbar Unsinnige, lebte das scheinbar Verrückte, hoffte heimlich im letzten irren Chaos noch Offenbarung und Gottesnähe.“(S.47) Einziger Trost und eine Stütze für ihn sind, dass er sich jederzeit durch den Tod von seinem unerträglichen Leidesakt erlösen kann. (S.64)


Kontinuierlich verlor Harry Ansehen und Vermögen. Seine geisteskrank gewordene Frau warf ihn aus dem gemeinsamen Haus, und für einige Zeit fand er sich mit seinem einsamen Leben ab. Langsam aber sicher sah er auch darin keinen Sinn mehr. Selbst seine Geliebte Erika besuchte ihn nur selten. Um sich nicht mehr mit dem Sinn des Lebens beschäftigen zu müssen, trank er fast jeden Abend in einer Kneipe einige über seinen Durst. Nach einem solchen Abend begegnete er einem Mann, der für eine "anarchistische Abendunterhaltung im magisches Theater" warb und ihm ein Jahrmarktheft in die Hand drückte. Der Titel lautete: "Tractat vom Steppenwolf. Nur für Verrückte." Diesen Text fügte Harry seinen Aufzeichnungen hinzu.


„Er ahnt seine Stellung im Weltgebäude, er ahnt und kennt die Unsterblichen, er ahnt und fürchtet die Möglichkeit einer Selbstbegegnung, er weiß vom Vorhandensein jenes Spiegels, in den zu blicken er so bitter nötig hätte, in den zu blicken er sich so tödlich fürchtet.“

Nach dem Besuch bei einem Professor ist er kurz bevor, sich umzubringen, doch er entscheidet sich für einen anderen Weg und geht in ein Lokal, dort trifft er auf eine junge Frau namens Hermine. In ihr kann er das Spiegelbild seiner Seele erkennen. Sie, ihre Kollegin Maria und der Musiker Pablo lernen Harry das Leben zu leben. Zum Schluss, im magischen Theater, sind ihm unter Drogeneinfluss all die Türen seiner vielen Seelen geöffnet. Durch dieses magische Theater begreift er, dass der Weg zur Heilung die Versöhnung aller Seiten im Humor ist. Er muss lernen, über sich selbst und die Unfähigkeit der Gesellschaft zu lachen, anstatt sich über das Leben zu ärgern.

Der Steppenwolf
Der Steppenwolf

Im magischen Theater stehen alle Spiegel seiner Seele offen. Nun blickt Haller in alle Facetten seiner Seele.

Im Roman gibt es eine Rahmenerzählung; „Das Vorwort des Herausgebers“, eine Binnenerzählung; „Harry Hallers Aufzeichnungen“ und noch eine Geschichte in der Binnengeschichte; „Das Tractat vom Steppenwolf“. Die Handlung ist in der Rahmenerzählung in der Ich-Erzählform geschrieben, aus der Sicht des Neffen der Tante, in wessen Dreifamilienhaus Haller ein Mansardenzimmer mietet. Die Binnenhandlung ist auch in der Ich-Erzählform geschrieben, aus der Sicht von Harry Haller, das „Tractat vom Steppenwolf“ ist hingegen in der Er-Erzählform formuliert. Bei beiden Ich-Erzählungen wird jeweils die Innensichtweise geschildert, da man weiss, was in den Erzählern vorgeht. Bei der Er-Erzählung ist die Innensichtweise vom Steppenwolf Harry bekannt.

Hermann Hesse hat für den Roman die Form des Bildnisses gewählt und so ist »Der Steppenwolf« eine bildnishafte Erzählung, in der Bilder aneinander gereiht werden, eine romanhafte Bilderfolge sozusagen. Diese Erzählung ist voll aufgeladen mit mythischen und phantastischen Bildern, welche in loser Abfolge erzeugt werden und an die Dichtkunst des Dichters Novalis erinnern.

»Harry Haller ist in das kulturlose und unmenschliche Inferno unserer prunkenden und lärmenden Gegenwart vorgedrungen und steht mit seinem Begriff von Menschenwert… einsam außerhalb der bürgerlichen Gesellschaft. Seine Sehnsucht kennt eine unerreichbare Wirklichkeit: seine Verzweiflung treibt ihn zuweilen in die erreichbare andere zurück. Lust und Enttäuschung ihres Daseins führen in seinem Herzen und Hirn einen Kampf, an dem die Zivilisation Europas mit ihrem ganzen Bestände und Befunde teilnimmt.« Oskar Loerke

»Der Steppenwolf« ist eine Kritik der Gesellschaft und eine Persönlichkeitsanalyse gleichermaßen.
Das Werk ist ist ein Seelen- und Entwicklungsroman von experimenteller Gewagtheit - etwa vergleichbar mit dem »Ulysses« von James Joyce. Die bewegende Geschichte des Steppenwolfes ist eine Versöhnung mit sich. Roman »Der Steppenwolf« ist ein empathisches Werk, das alle Sinne anspricht. Hierin wird nach Kräften gegessen, getrunken, geschmeckt, gelebt und geliebt.

Weblink:

Steppenwolf Interpretation


Literatur:

Der Steppenwolf
Der Steppenwolf
von Hermann Hesse

Rezension:

Der Steppenwolf Rezension
Der Steppenwolf Rezension
von Joachim Weiser

Blog-Artikel:

»Die Blumen des Bösen« von Charles Baudelaire

Charles Baudelaire 150. Todestag