Donnerstag, 5. Mai 2011

Luise Rinser 100. Geburtstag


Luise Rinser

Luise Rinser wurde am 30. April 1911 in Pitzling bei Landsberg am Lech geboren. Mit ihren Romanen wie »Mitte des Lebens«, »Mirjam« und »Abaelards Liebe« gehörte die streitbare Autorin Luise Rinser zu den meistgelesenen Schriftstellerinnen ihrer Zeit. Ihre zeitlose Literatur ist eine Mischung aus weiblicher Weltsicht, Gefühl und Mystizismus, die bis heute nachwirkt.

Ihre Biografie ist ein ungewöhnlicher Spiegel des Jahrhunderts, so dass man die hellsichtige Literatin durchaus als epochale Schriftstellerin bezeichnen könnte. Luise Rinser hat das 20. Jahrhundert in einem Leben voller Widersprüche begleitet und dabei so manche persönliche Wandlung mitgemacht, ohne dass es ihrem Ruf geschadet hätte.

Die impulsive Frau fühlte sich stets „von Urkräften getragen“ und schwankte zwischen den Extremen des zwanzigsten Jahrhunderts. Und von diesem Grundmotiv lies sie sich leiten. Ein weiteres Grundmotiv ist sicher, dass sich Rinser von Männern mit Macht ungemein angezogen fühlt, - Männer mit Macht hatten es ihr dabei besonders angetan - parallel dazu aber auch selbst eine starke Ausstrahlung entwickelte.

Die streitbare Autorin, welche die deutsche Kultur der Nachkriegszeit entscheidend mitprägte, war tief in den Natianolsozialismus verstrickt, sah sich aber gern als Gegnerin und Opfer des Nazi-Regimes. Die huldvolle Nazi-Anhängerin schrieb Huldigungsgedichte an Hitler, leitete BDM-Schulungslager, entwarf Propagandafilme.

Manches nie Ausgesprochene konnte Luise Rinser erst in ihren späten Jahren dem Freund José Sánchez de Murillo anvertrauen. Anderes hat sie literarisch verarbeitet: die Spannung zwischen Lebensentwurf und Wirklichkeit als schriftstellerische Inspiration.

Ihr unkonventioneller Lebenslauf ist so spektakulär, dass die jetzt zu diesem runden Gedenktag erschienene Biografie des spanischen Philosophen José Sánchez de Murillo, der den Versuch unternimmt, das schillernde Leben von Luise Rinser tiefenphänomenologisch zu erhellen, Eindruck macht.




Ein Leben in Widersprüchen


"Luise Rinser: Ein Leben in Widersprüchen"
von José Sánchez de Murillo

Fischer, Gebundene Ausgabe,
480 Seiten, 5. April 2011,
22,90 EUR.
ISBN-13: 978-3100713117

Montag, 2. Mai 2011

Gottfried Benn zum 125. Geburtstag des Dichters der Moderne

Gottfried Benn

Gottfried Benn wurde am 2. Mai 1886 in Mansfeld / Brandenburg als Sohn eines evangelischen Pfarrers geboren. Der Pastorensohn und Arzt, gilt trotz seines ambivalenten Werkes als einer der bedeutendsten deutschen Lyriker des 20. Jahrhunderts. Er gilt als bedeutender lyrischer Expressionist und Dichter der Moderne zwischen Nihilismus und Neuer Sachlichkeit. Mit dem Arzt und Pathologen Benn hielt neben der Großstadt das Pathologische Einzug in die Lyrik.

Der Dichter und Bedenker Gottfried Benn verkörperte einen sehr modernen Dichter-Typus - den Großstadtneurotiker: Einer, der sich auflehnt gegen die preußisch-egalitäre Erziehung des patriarchalisch-pietistischen Vaters.

Einer, der aus der märkischen Provinz nach Berlin floh, weil er die »Großstadtkünstlichkeit« zum expressionistischen Schreiben braucht. Einer, der sich zunächst für die Exaktheit der Naturwissenschaften begeistert und dann verzweifelt, weil er in der Geschichte keinen Sinn mehr zu erblicken vermag und seinen Zukunftsglauben verliert. Einer, der das bürgerliche Stehaufmännchen des Behagens attackiert und provoziert und gleichzeitig der Pedanterie bedarf, um das beängstigende Chaos zu bändigen.

Mit seiner Lyrik und Prosa hat Gottfried Benn wie kein anderer die literarische Moderne geprägt. Der Sound seiner Gedichte hat ganze Generationen beeinflusst. Vor allem aber ist Benn bis heute das große Vorbild für eine Literatur, die von der griechischen Mythologie bis hin zur Sprache der Naturwissenschaften die unterschiedlichsten Vokabulare in Poesie zu verwandeln versucht.

Gottfried Benn. Genie und Barbar
So einer kann dann auch zumindest kurzzeitig dem ideologischen Wahnsinn der Nationalsozialisten verfallen. Es ist das Bild des »modernen Ich«: Vielschichtig, widersprüchlich, schizotym. Genie und Barbar. Auch seine fraglosen Irrwege und Verfehlungen haben nichts an seiner Größe und Bedeutung gemindert.

Weblinks:

Gottfried Benn-Biografie - Biografien-Portal - www.die-Biografien.de

Gottfried Benn-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de


Samstag, 30. April 2011

Luise Rinser zum 100. Geburtstag

Luise Rinser wurde vor 100 Jahren am 30. April 1911 in Pitzling am Lech, Oberbayern geboren. Rinser rechnete sich zu den Großen der deutschen Literatur. Aber ihr leben war voller Widersprüche und ihr literarischer Rang ist umstritten.

Die Schriftstellerin publizierte 13 Romane, etliche Erzählbände, autobiographische Bücher, Jugendbücher und zahlreiche Reiseberichte. Sie habe, so Luise Rinser in dem autobiographischen Text "Im Dunkeln singen", nie Literatur geschrieben, sondern "immer persönliche Bekenntnisse". Zumeist schien sie wie vernarrt in die scheinbar austauschbaren Bilder und Hervorbringungen ihrer Frauenfiguren, im Grunde hat sie nie etwas anderes getan als über Frauen zu schreiben.

Als Luise Rinser vor neun Jahren starb, war sie eine der prominentesten Autorinnen im wieder vereinigten Deutschland. Und doch war sie eine Stimme der alten Bundesrepublik, in ihren Urteilen und politischen Neigungen umstritten und unberechenbar. Ihre Sympathie galt auf der einen Seite den Sozialdemokraten, später den Grünen.

Auf der anderen himmelte sie den nordkoreanischen Diktator Kim Il Sung an. Dass sie bereits als junge Frau auch poetische Elogen auf Adolf Hitler fabriziert hatte, hinderte die Grünen nicht daran, sie 1984 – allerdings vergeblich – gegen Richard von Weizsäcker für das Amt des Bundespräsidenten ins Rennen zu schicken.

Von dem Huldigungsgedicht "Junge Generation" auf den "Führer" aus dem Jahr 1935 wollte die aus Oberbayern stammende einstige Lehrerin damals nichts mehr wissen.

Die Walpurgisnacht im Harz

Der Harz ist ein sagenumwobenes Gebirge zalreicher Sagen und Legenden. Ein bedeutende nordisch-germanische Sage handelt von der Walpurgisnacht. In der Walpurgisnacht wird traditionell der Winter ausgetrieben. Die Walpurgisnacht läutet den nordischen Sommer ein. Daher müssen die finsteren Gestalten rechtzeitig zum Morgengrauen verschwunden sein, um die Herrschaft an die Lichtgestalten abzugeben.

Jedes Jahr in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai fliegen die "Walpurgis-Hexen" in der Walpurgisnacht auf Besen, Mistgabeln und Tieren als Fluggeräte aus allen Himmelsrichtungen herbei, um sich dann mit ihrem Herrn und Meister, dem Teufel, zu treffen und bis zum Morgengrauen ein rauschendes Fest zu feiern.

Die Hexen versammeln sich vor der Feier zunächst auf dem Hexentanzplatz bei Thale und fliegen dann gemeinsam zum Blocksberg, dem Brocken, um sich dort mit dem Teufel zu vermählen. Der Name "Blocksberg" gilt dabei als Synonym für den Handlungsort der Hexenfeier. Die Walpurgisfeier selbst geht bereits auf germanische Ursprünge zurück.

Auf dem Brocken tanzen der Sage nach alle Hexen in einem großen Kreis um das Feuer herum und küssen anschließend dem Teufel den Hintern. Dann lassen Sie sich mit dem Teufel vermählen und empfangen von ihm neue Zauberkräfte.

Für den Harz ist es die Nacht der Nächte: In nahezu allen Orten wird die Walpurgisnacht gefeiert. Hochburg der Walpurgisfeiern sind der Luftkurort Schierke, der Hexentanzplatz bei Thale und die Städte Wernigerode, Braunlage und Bad Lauterberg.

Weblink

Tausende Hexen und Teufel im Anflug - Walpurgisnacht

Donnerstag, 28. April 2011

Mario Vargas Llosa macht Wahlkampf

Als Schriftsteller erlebt Mario Vargas Llosa wunderbare Zeiten, mit dem Nobelpreis des Jahres 2010 hat der Peruaner mit spanischem Pass den Olymp erreicht und wird mit Ehrungen überhäuft.

In seiner Wahlheimat Madrid wurde der Autor von König Juan Carlos in den Adelsstand erhoben. In Mexico bekam er den aztekischen Adler verliehen.

Schwieriger wird es, wenn der Autor seine Popularität nutzt und als Politiker auftritt oder versucht, sich politisch einzumischen. Denn als Marktapologet und Linkenhasser mischt er sich gerne noch immer ein. Einmischen, verteidigen, Partei ergreifen ist für Vargas Llosa selbstverständlich und folgerichtig bewarb er sich auch um politische Verantwortung.

Mit Gabriel Garcia Marquez zerstritt er sich einst, weil der Kolubianer den kubanischen Altrevolutionär Fidel Castro mag und Vargas Llosa ihn für einen Diktator hält. "Eine Art Bürgerkrieg" seien seine Meinungsverschiedenheiten zum Fall Kuba gewesen, sagte Vargas Llosa gerade der argentinischen Zeitung La Nacion.

Jetzt hat sich der Literat, der sich als "demokratischer Liberaler" bezeichnet und den seine Gegner als Rechten sehen, in die Wahlkämpfe von Peru und Argentinien eingeschaltet. - Dies hat seinen Hintergrund. In seiner peruanischen Heimat wollte er 1990 selbst Präsident werden, das wurde sein Trauma. Er verlor gegen den Populisten Alberto Fujimori, der sich danach zum korrupten Despoten entwickelte und inzwischen in einem Gefängnis in Lima sitzt.

Weblink:

Der prinzipienfeste Neoliberale

Dienstag, 26. April 2011

»Störfall« von Christa Wolf


Störfall

»Störfall« von Christa Wolf ist ein essayistischer Roman auf die atomare Katastrophe im sowjetischen Atomkraftwerk Tschernobyl, ihr Roman, der auf den Nachrichten eines Tages gründet. Dieses Buch ist aufgrund der Atomkatastrophe in Japan sowie des 25. Jahrestages des Reaktorunglückes von Tschernobyl am 26. April beklemmend aktuell.

Es war, endlich, ein sonniger Frühlingstag nach einem langen, zu langen Winter.

"Man hat sehen können", so erinnert sich die Autorin,
"dies würde einer der schönsten Tage des Jahres."

Im Frühling 1986, auf dem mecklenburgischen Land, sind die Blüten an den Kirschbäumen förmlich explodiert - aber das Wort vom Explodieren wagt man nicht einmal mehr zu denken, seit sich die schreckliche Nachricht von einem Atomunfall verbreitet hat:

Im Kernreaktor von Tschernobyl hat eine Explosion stattgefunden. Und während die Erzählerin den stündlichen Warnungen im Radio lauscht, muß sich ihr Bruder einer riskanten Gehirnoperation unterziehen.

Zwei Störfälle, eine kollektive und eine individuelle Katastrophe, fallen zusammen an einem Tag: Christa Wolfs Erzählung schildert den Einbruch des Unfaßbaren in das menschliche Leben: plötzlich entfesselte Kräfte, über die Menschen keine Kontrolle mehr haben.

Viele Worte werden der Schriftstellerin durch die Katastrophe von Tschernobyl, die zunächst nicht Katastrophe heißen darf, suspekt oder verleidet: "Eine unsichtbare Wolke von ganz anderer Substanz ... hat die weiße Wolke der Poesie ins Archiv gestoßen."

Gerade ist Ihre Tschernobyl-Erzählung »Der Störfall« von 1987 neu erschienen.





Störfall








"Störfall"
Nachrichten eines Tages
von Christa Wolf



Suhrkamp, 7,00 EUR.
ISBN-13: 978-3-518-46079-X










»Der Fortschritt der Menschheit besteht
in der Zunahme ihres problematischen Charakters.«


Egon Friedell, österreich. Kulturkritiker


Weblinks

Ein Experiment, das in der Katastrophe endete - 25 Jahre nach Tschernobyl

25 Jahre Tschernobyl - Der Tag, der die Welt verändert hat

Christa Wolf-Weblinks

Bösartiger Himmel - SPIEGEL-Kommentar

Christa Wolf-Portrait - SPIEGEL-Portrait

"Bücher helfen uns auch nicht weiter" - ZEIT-Interview

Freitag, 22. April 2011

»Im Licht der Finsternis« - Was Sie schon immer über Proust wissen wollten

Kathedrale

Anita Albus hat mit „Im Licht der Finsternis“ eines der erstaunlichsten Bücher über Proust vorgelegt. Es ist übersät mit Neuigkeiten, es stellt eine Vielzahl bisher unbemerkter Bezüge her, die eine neue Perspektive auf die vertraute Landschaft des OEuvres eröffnen. Frappierend ist für den Leser, wie unbekümmert die Interpretin hier ganz und gar von ihren eigenen leidenschaftlichen Neigungen (par excellence der zur Naturkunde, zu den Vögeln, den Insekten, den Pflanzen) ausgegangen ist - um mit zauberischer Sicherheit bei der Sache anzukommen.

Die Autorin und Malerin Anita Albus hat ein bemerkenswertes Buch über Marcel Proust mit dem Titel »Im Licht der Finsternis« veröffentlicht. Anita Albus beleuchtet darin poetisch und kenntnisreich einen der bedeutendsten Romanciers der Weltliteratur: Marcel Proust.

Der Titel suggeriert schon, auf Unerwartetes zu stossen, das aus der Finsternis ans Licht befördert wird. In der vorangestellten Notiz wird versprochen, dass die Autorin "Niegesehenes" aus Prousts Werk »Auf der Suche nach der verlorenen Zeit« - auch sich Anita Albus Buch bezieht - zutage fördere. Sie nimmt damit eine selbstbewusste Haltung ein, die in ihrem deutenden Werk durchaus nicht enttäuscht wird.

Aus den Tiefen seines dunklen Werkes holt die Autorin echte Perlen herauf. Was diesem Werk, einem geradezu biliophil ausgestalteten Essay, Gewicht verleiht, ist der Blickwinkel seiner Betrachtung. Anita Albus betrachtet Marcel Proust als Katholikin und Botanikerin und weiß dabei, Prousts Hingabe an sakrale Baukunst und botanische Poetik zu einer Einheit zu verbinden.

Prousts Werk betrachtet sie im Licht der Finsternis durch die Brille der konservativen Katholikin, die die Trennung von Staat und Kirche genau die Marcel Proust als "Tod der Kathedralen" betrauert.


Im Licht der Finsternis 
Über Proust


Der weitere in diesem Buch aktivierte Blick gehört der Botanikerin auf den botanischen Spuren in Prousts Werk. Prousts enorme botanische Kenntnis ist so verblüffend wie bekannt. Anita Albus folgt den Gedanken Marcel Prousts. In einer spannenden Lektüre führt die Autorin den Leser auf verschlungenen Pfaden durch den Proustianischen Garten der Lüste mit seinem Höllen- und seinem Paradiesflügel. Zahlreiche prächtige Illustrationen ergänzen ihre Deutungen.

Auf einzigartige Weise vereint Anita Albus in ihren Aquarellen, ihren Studien zur Kunst und ihrem gefeierten Buch »Von seltenen Vögeln« intensive Kennerschaft und künstlerische Präzision. Mit diesem subtilen und leidenschaftlichen Blick nähert sie sich Marcel Proust und seinem monumentalen Werk: »Auf der Suche nach der verlorenen Zeit«.

Das Motiv der Kathedrale durchzieht - als sakrales Element - das gesamte Werk des französischen Schriftstellers Marcel Proust. Mit der Kathedrale hat er sich in der grandiosen Übersetzung von John Ruskins »The Bible of Amiens« auseinandergesetzt. Und seinen epochalen Roman »Auf der Suche nach der verlorenen Zeit« hat Proust daselbst als eine "Kathedrale" bezeichnet.





Im Licht der Finsternis 
Über Proust








"Im Licht der Finsternis - Über Proust"
von Anita Albus



S. Fischer Verlag, Gebundene Ausgabe,
Februar 2011,

24,50 EUR.

ISBN-13: 978-3100006240



Weblinks:

Auf der Suche nach der höchsten Wahrheit - www.faz.net

"Ein Werk wie eine gotische Kathedrale" - www.domradio.de